Hochzeitsfotografin Libby McKenzie hat eine lange persönliche Durststrecke überstanden und in New Jersey endlich beruflich Fuß gefasst. Bei einem Hochzeitsfotoshooting auf Gut Woodmont, das Libby schon seit ihrer Kindheit kennt, wird ihr von der Gutsbesitzerin Elaine Grant das Angebot gemacht, die durch den Verwalter Colton Reese durchgeführte Restaurierung der Gärten mit ihrer Kamera zu begleiten und abzulichten. Der Auftrag kommt Libby gerade recht, denn sie hat noch sehr an den Erinnerungen aus ihrer Vergangenheit zu knabbern. Vor allem das alte Gewächshaus von Elaines Großmutter Olivia hat es Libby angetan, das seit mehr als 30 Jahren nicht zugänglich war. Gemeinsam mit Colton taucht Libby in die Vergangenheit des Anwesens ein und setzt nach und nach ein Puzzle von gut gehüteten Geheimnissen zusammen, die auch Einfluss auf Libbys Leben haben…
Mary Ellen Taylor hat mit „Im Schatten der Holunderblüte“ einen unterhaltsamen Roman über unterschiedliche Zeitebenen vorgelegt, der den Leser von der ersten Seite an in den Bann zieht. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser sofort an Libbys Seite gleiten, um ihre eigene Geschichte und ihre Erlebnisse hautnah mitverfolgen zu können. Libby, deren Vater vor kurzem verstarb, wurde als Kind adoptiert und zieht nach ihrer Scheidung in ihr Elternhaus zurück, doch ihre schicksalsträchtige Vergangenheit kann sie nicht einfach so abstreifen wie einen Handschuh. Der Auftrag auf Gut Woodmont verspricht Abwechslung und Ablenkung von tiefschürfenden Gedanken. Die Autorin malt mit ihren Worten einen verwunschenen, geheimnisträchtigen Ort, der vor dem inneren Auge des Lesers lebendig wird. Diese Lebendigkeit überträgt sich auch auf Libby, die nicht nur durch die Bekanntschaft mit Colton aufblüht, sondern sich mit Elan auf Entdeckung der Geheimnisse dieses Ortes macht. Über wechselnde Zeitschienen erlebt der Leser mal die Gegenwart um Libby, mal die Vergangenheit um Olivia und Sadie in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts während des zweiten Weltkrieges. Je mehr Puzzleteile des Geheimnisses ans Licht kommen, umso mehr erkennt der Leser, wie das Leben der Frauen miteinander verknüpft ist. Die Geschichte ist zu keinem Zeitpunkt vorhersehbar, so dass die Spannung durchgängig gegeben ist und der Leser das Buch kaum aus der Hand legen kann, während er immer wieder durch eine Achterbahn der Gefühle gejagt wird.
Die Charaktere sind liebevoll in Szene gesetzt und bestechen mit glaubwürdigen menschlichen Eigenschaften, so dass der Leser sich schnell in ihrer Mitte wohlfühlt und mit ihnen fiebert. Libby ist eine Frau, die schon so einiges in ihrem Leben erlebt, doch nie aufgegeben hat. Sie ist ein eher vorsichtiger Mensch, der lieber nach vorn als zurück blickt, doch muss sie erst ihre Vergangenheit aufarbeiten, um der Zukunft entgegen zu sehen. Trotz vieler Niederschläge hat sie sich ihre Neugier und ihre Begeisterung bewahrt. Colton ist ein einfühlsamer, sympathischer Zeitgenosse mit Visionen. Aber auch Elaine, Olivia, Sadie und weitere Protagonisten spielen wichtige Rollen bei der Offenlegung des alten Familiengeheimnisses.
„Im Schatten der Holunderblüte“ ist ein unterhaltsamer Roman, der den Leser abwechselnd in die Gegenwart und die Vergangenheit entführt. Spannung gepaart mit vielen Emotionen, ein altes Familiengeheimnis vor wunderschöner Kulisse sowie die Suche nach sich selbst bieten ein kurzweiliges Lesevergnügen, dass eine verdiente Leseempfehlung verdient!