Cover-Bild Erzähl's nicht deinem Bruder
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25,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 304
  • Ersterscheinung: 26.07.2023
  • ISBN: 9783257072679
Meir Shalev

Erzähl's nicht deinem Bruder

Ruth Achlama (Übersetzer)

Itamar, ein äußerst gutaussehender Mann, lebt in den USA und kommt jedes Jahr zurück nach Israel, um seinen Bruder Boas zu sehen. Wie es ihre Tradition ist, verbringen die Brüder einen Abend zusammen, trinken und erinnern sich an die Eltern. Doch diesmal erzählt Itamar Boas von seiner Nacht mit einer Frau, die ihn in ihr Haus zwischen Olivenhainen gelockt und in ein vertracktes erotisches Spiel verwickelt hat. Eine überraschende Geschichte über Familie und Verstrickung, Liebe und Sehnsucht, Schönheit und Einsamkeit, Begehren und Widerstreit.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.01.2024

Geheimnisse eines Lebens

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Itamar, ein ungewöhnlich gut aussehender, um nicht zu sagen schöner 65jähriger Mann, fliegt jedes Jahr aus Amerika nach Israel, um seinen zwei Jahre jüngeren Bruder Boas zu sehen. Die beiden verbringen ...

Itamar, ein ungewöhnlich gut aussehender, um nicht zu sagen schöner 65jähriger Mann, fliegt jedes Jahr aus Amerika nach Israel, um seinen zwei Jahre jüngeren Bruder Boas zu sehen. Die beiden verbringen eine Nacht zusammen in einem Hotelzimmer, essen und trinken gemeinsam, erzählen sich gegenseitig Geschichten und schwelgen in Erinnerungen. In dieser Nacht erzählt Itamar erstmalig über eine zwanzig Jahre zurückliegende Begegnung mit einer Frau, die ihn zu sich gelockt und mit einer List dazu gebracht hat, ihr Haus in der Nacht nicht wieder zu verlassen, erotische Spielchen inklusive.

„Die Worte, die bei mir lebenslänglich einsitzen, hatten einander vom frühen Abend an Ausbruchspläne gemorst und waren schließlich meinem Mund entflohen.“ (Seite 60)

Der Aufbau war ungewöhnlich, das Gespräch zwischen den Brüdern unterbrochen von Erinnerungen, Zwischenrufen, Gedanken, weit zurückliegenden Gesprächen, und zwar sowohl der Brüder untereinander, als auch von Itamar selbst. Das klingt chaotisch, allerdings war dies nicht mal halb so kompliziert, wie es klingt. So erfuhr ich im Laufe der Erzählung nicht nur Einzelheiten über die besagte Nacht, sondern einiges über den Werdegang von Itamar, vieles über die Eltern der beiden Brüder und natürlich auch, wer dem Älteren vor so vielen Jahrzehnten das Herz gebrochen hat. Die überwiegend gewählte Ausdrucksweise wurde hier und da von verbalen Entgleisungen unterbrochen, die mir zwar nicht immer gefielen, allerdings zum Gesamtbild passten und die Geschichte vervollständigten, besonders die Episode der nächtlichen Verführung, die stellenweise fast ein Psychothriller war.

Meir Shalev (1948 - 2023) war einer der bekanntesten und beliebtesten israelischen Romanciers und es erstaunt mich, dass ich bis dato noch nicht in den Genuss zumindest eines seiner Werke gekommen bin. Nach dem vorliegenden Buch werde ich das ändern und nun sicherlich weitere Bücher des Autors lesen. Vorerst aber lasse ich die Nacht der Brüder ausklingen, wälze einzelne Sätze hin und her, schreibe andere heraus und erinnere mich an das Gefühl beim lesen, einer Verzückung gleich. Volle Punktzahl gibt es dafür von mir. Absolut lesenswert!

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Veröffentlicht am 04.08.2023

Schönheit und Einsamkeit

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Itamar Diskin, der in den USA lebt, und sein Bruder Boas treffen sich seit Jahren in Israel zur sogenannten Brüdernacht, in der sie sich betrinken und über ihre Familie und Itas Frauengeschichten reden. ...

Itamar Diskin, der in den USA lebt, und sein Bruder Boas treffen sich seit Jahren in Israel zur sogenannten Brüdernacht, in der sie sich betrinken und über ihre Familie und Itas Frauengeschichten reden. Beide sind inzwischen über sechzig, vertragen auch den selbstgebrannten Feigenschnaps nicht mehr so gut. Ita, der ältere der beiden, ist nicht nur sehr schön, sondern auch sehr kurzsichtig.
Wir Leser*innen begleiten Ita, den Ich-Erzähler, eine Nacht lang, in der er Boas von einer Nacht erzählt, die 20 Jahre zurückliegt. Allein seiner auffallenden Schönheit ist es zu verdanken, dass er sich in ein erotisches Abenteuer mit einer Frau verstrickt, die ihn von der Bar weg in sein Bett schleppt. Und diese Frau, die sich Sharon nennt, nimmt ihm seine Brille weg – in einem ihm fremden Haus, irgendwo inmitten eines Gewirrs aus Feldwegen, zwischen Zitrushainen, Gemüsebeeten und Avocadoplantagen.

Es war mein erstes Buch von Shalev und ich war sehr gespannt, denn seine Erzählkunst wird überall hoch gelobt. Und das zu recht, wie ich festgestellt habe. Man muss sehr aufmerksam beim Lesen bleiben, denn Itas Erzählungen über Sharon vermischen sich mit den direkten Erwiderungen seines Bruders, schweifen ab zu anderen Episoden seines Lebens, um unvermittelt wieder an die seltsame Nacht anzuknüpfen. Denn es gibt noch eine Frau in Itas Leben – oder besser gesagt, es gab sie – die ihm noch immer durch den Kopf spukt und jetzt auch durch seine Geschichten. Das lässt Boas nicht unkommentiert, mal witzig, bissig, mal ungeduldig und spöttisch. Ich mochte das sehr, wie Shalev das liebevolle Verhältnis der Brüder beschrieben hat, und es entlockte mir oft ein Schmunzeln.

Die ganze Unterhaltung wird immer wieder mit Szenen aus ihrer gemeinsamen Kindheit gemischt, ihre schwierige Beziehung zu ihren Eltern und der noch schwierigeren Beziehung zwischen Mutter und Vater. Dadurch entsteht eine komplexe Geschichte mit Zeitsprüngen, die Shalevs großes erzählerisches Talent zeigt, alle Fäden zusammenzuhalten, sodass man nie den Überblick verliert.
Es ist zwar eine Geschichte über einen Mann, der scheinbar unter seiner Schönheit leidet, aber es ist auch eine Geschichte über Beziehungen. Zwischen den Eltern an sich, zwischen den Eltern und Kindern und den Brüdern. Und nicht zuletzt zu seiner großen Liebe Michal.
Alles ist mit allem verknüpft, lässt sich nicht losgelöst voneinander betrachten. Und so greift es ineinander, wie auch Shalevs Erzählstränge.
Leider hatte ich so meine Probleme mit Sharon im Zusammenspiel mit Ita, bei dem mir keiner der beiden sympathisch war und dass die Spannung durch die Abschweifungen immer wieder abflachte. Aber das mag Geschmacksache sein und tut meinem Gesamteindruck keinen Abbruch.

Mein Fazit: Meir Shalev war ein grandioser Erzähler, der sein Handwerk in Perfektion beherrschte. Allein deshalb lohnt sich das Buch. Ich werde mir nun nach und nach seine älteren Werke zu Gemüte führen.

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