"Gegensätze soll man nicht auszugleichen trachten, sondern produktiv gestalten." (Richard von Schaukal)
Der knapp 55-jährige Junggeselle George Emmerson wird nach 30 Jahren Lehrertätigkeit vorzeitig in Pension geschickt, was dem zurückhaltenden und mit Zwangsneurosen bestückten, altmodisch anmutenden Einzelgänger ...
Der knapp 55-jährige Junggeselle George Emmerson wird nach 30 Jahren Lehrertätigkeit vorzeitig in Pension geschickt, was dem zurückhaltenden und mit Zwangsneurosen bestückten, altmodisch anmutenden Einzelgänger gar nicht schmeckt. Doch die Begegnung mit der lebensbejahenden, energiegeladenen Künstlerin Willow West stellt die Zeichen auf Veränderung in Georges Leben. Ist er zu Beginn noch misstrauisch und eher ablehnend, beginnt er nach und nach, sich der lebenslustigen Willow zu öffnen und sich seinen eigenen Dämonen aus der Vergangenheit zu stellen. Aber auch in Willows Leben bahnen sich einige Veränderungen an…
Melody Carlson hat mit „Ein Junggeselle zum Verlieben“ einen unterhaltsamen und anrührenden Roman vorgelegt, der vor allem von der Gegensätzlichkeit der Charaktere und deren Schicksal lebt. Mit flüssigem, bildhaftem und gefühlvollem Erzählstil lässt lädt die Autorin den Leser ein, mal an der Seite von George, mal an der von Willow deren unterschiedliche Lebenslagen und individuellen Verhaltensweisen kennenzulernen und dabei tief in ihre Gedanken- und Gefühlswelt einzutauchen. Der Unterschied zwischen den Hauptprotagonisten ist frappierend. Während Willow dem Leben zugewandt ist, alles auskostet, positiv in Welt schaut und ihrem Umfeld manchmal eher zu viel zutraut, lebt George abgekapselt von seiner Umwelt, pflegt seine Marotten und ist vielleicht auch deshalb allein, weil er sich in seinem Leben so eingerichtet hat, um andere auf Abstand zu halten. Gerade der Spagat zwischen den so unterschiedlichen Persönlichkeiten wurde von der Autorin wunderbar ausgeführt und zeigt, dass man nur etwas mehr auf andere zu- und eingehen sollte, damit das Zusammenspiel klappt. Der christliche Aspekt wurde warmherzig, unaufdringlich und sehr schön mit der Handlung verwoben. Es geht gelebten Glauben, Festhalten an Traditionen, Nächstenliebe und vor allem Vertrauen. Je mehr der Leser aus dem Leben der Protagonisten erfährt, umso mehr entdeckt er ihre unterschiedliche Umgangsweise damit, was sich im Zusammenspiel aus durchaus positiv erweist.
Die Charaktere sind mit glaubwürdigen Ecken und Kanten versehen und lebendig in Szene gesetzt. Der Leser heftet sich gern an ihre Fersen, um alles über sie zu erfahren und zu beobachten, wie sie sich nach und nach zusammenraufen. Willow ist eine herzensgute, fröhliche und optimistische Frau, die sich ihr Interesse an Menschen bewahrt hat. Sie ist manchmal etwas fordernd, jedoch eher im positiven Sinne. Tochter Josie ist trotz ihres Alters bisher nicht erwachsen geworden. Sie macht ihre Mutter für ihre Misere verantwortlich, vernachlässigt aber gleichzeitig ihren eigenen Sohn Collin. Sie ist ein unsicherer Mensch, die bisher nicht gelernt hat, Eigenverantwortung zu übernehmen. Collin ist ein feiner Kerl, der in seiner Oma einen sicheren Hafen hat. George ist ein verschroben wirkender Mann, der seinen Eigenheiten immer mehr Macht in seinem Leben eingeräumt hat, um seine Vergangenheit zu kompensieren. Daraus resultiert auch seine Einsamkeit, weil er nie jemanden mehr näher an sich herangelassen hat.
„Ein Junggeselle zum Verlieben“ ist ein unterhaltsamer warmherziger Roman, der den Leser von Beginn an mit in die Handlung hineinzieht. Wunderbar gestaltete Charaktere sowie eine Geschichte wie aus dem realen Leben lassen das Kopfkino anspringen und die Zeit vergessen. Verdiente Leseempfehlung für diese kurzweilige Lektüre!