Cover-Bild Rausch und Klarheit
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18,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Goldmann
  • Themenbereich: Biografien, Literatur, Literaturwissenschaft - Biografien und Sachliteratur
  • Genre: Sachbücher / Politik, Gesellschaft & Wirtschaft
  • Seitenzahl: 304
  • Ersterscheinung: 18.09.2024
  • ISBN: 9783442317530
Mia Gatow

Rausch und Klarheit

Der Alkohol, meine Familie, die Gesellschaft und ich - »Eine grandiose Ballade - über Abhängigkeit, Sehnsucht und Liebe« - Daniel Schreiber - SPIEGEL-Bestseller
Von der Schönheit des nüchternen Lebens

Mia liebt den Rausch. Drama, Drinks und Exzess sind fester Bestandteil ihrer Identität. So schlimm wie bei ihrer Oma und ihrem Vater, die der Alkohol umgebracht hat, ist es bei ihr aber noch lange nicht, denkt sie. Doch als die Nächte ihren Glanz verlieren, die Kater schlimmer werden, und sich eine diffuse Hoffnungslosigkeit in ihr ausbreitet, ahnt Mia, dass sie ihr Leben ändern muss.

Mit sprachlicher Wucht seziert Mia Gatow, wie sich die Sucht in ihre Familie und dann in ihr eigenes Leben schlich. Sie erzählt von den romantischen Mythen, die wir einander erzählen, um den Drink nicht loslassen zu müssen – und von der ungeahnten Schönheit, die sich eröffnet, wenn wir es doch tun.

»Ich möchte dieses Buch allen Leuten schenken, die ich kenne. Man liest es förmlich mit angehaltenem Atem. Es ist wie eine grandiose Ballade – über Abhängigkeit, Sehnsucht und Liebe und über das Leben, das so viel echter sein kann als gedacht.« – Daniel Schreiber

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.11.2024

Tolles Buch!

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RAUSCH UND KLARHEIT
Mia Gatow

„Bei mir war es auch noch nicht so schlimm. Die wichtigsten Punkte der Katastrophencheckliste waren bei mir noch offen. Nicht täglich getrunken. Nicht morgens getrunken. ...

RAUSCH UND KLARHEIT
Mia Gatow

„Bei mir war es auch noch nicht so schlimm. Die wichtigsten Punkte der Katastrophencheckliste waren bei mir noch offen. Nicht täglich getrunken. Nicht morgens getrunken. Keine zitternden Hände. Ich war das, was man nach unserer neoliberalen Verwertungslogik „funktional“ nennt. Ich hatte einen Hochschulabschluss, einen Job, einen Boyfriend, eine ebenmäßige Haut und Kleidergröße 36, und niemand, der mich kannte, dachte, dass ich besonders auffällig trank. Ich war eben ein Partygirl.“ (S. 18)

Mia feierte einfach gern. In ihrer Familie war Alkohol immer präsent – das „Alkohol-Gen“ lag ihr quasi im Blut. Während ihre Urgroßmutter den „Stoff“ noch als Klosterfrau Melissengeist aus der Apotheke holte, war ihre Oma Martha Teil der Nachkriegsgeneration, die hart arbeitete und ebenso trank. Ihr Vater, dem sie ambivalent gegenüberstand, rauchte und trank ebenfalls. Während ihrer Kindheit war Mia oft damit beschäftigt, ihm Kippen und Bier von der Tankstelle zu holen.
Warum sollte sie selbst also nicht trinken? In ihrer Generation und kulturellen Blase war Alkohol schließlich ein Symbol für Freiheit und Emanzipation.
Selbst als Mia mit Anfang 30 dachte, sie hätte das wilde Partyleben hinter sich gelassen, das sie des Öfteren bei Fremden in Lederjacken aufwachen ließ, rutschte sie erneut ab und trank weiter, bis nur noch Schwarz und Weiß existierte.
Wie genau diese Abwärtsspirale verlief und wie Mia es schaffte, sich von ihrer Sucht zu lösen, solltet ihr unbedingt selbst lesen!

Dieses Buch ist einfach faszinierend! Ich habe mich in so vielen Szenen wiedergefunden und muss zugeben: Auch ich bin eine funktionale Alkoholikerin. Ich konnte gar nicht anders, als meinem Mann, meiner Mutter und sogar meiner Tochter immer wieder Passagen aus diesem Buch vorzulesen. Manche Beschreibungen sind so treffend – denn auch ich gehörte zu den kleinen, emsigen, umherfliegenden Zigaretten- und Bier-Kurieren, die sich von Vaters Restgeld am Kiosk eine Schlickertüte kaufen durften.

Herzlichen Dank, liebe @mia für dein ehrliches und authentisches Buch. Ich drücke dir für deine Zukunft fest die Daumen.
Ganz große Leseempfehlung für dieses wichtige Buch.
5/ 5

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Veröffentlicht am 20.09.2024

Kluge, nüchterne, schonungslose Selbstanalyse

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An dem Tag, als Mia aufgehört hat, ist sie voller Euphorie. Wie sie die Welt jetzt wahrnimmt, das Sonnenlicht, die Vogelstimmen, den Wind in ihrem Haar, sich selbst.

Zuvor hatte sie einen Bogen um Selbsthilfegruppen ...

An dem Tag, als Mia aufgehört hat, ist sie voller Euphorie. Wie sie die Welt jetzt wahrnimmt, das Sonnenlicht, die Vogelstimmen, den Wind in ihrem Haar, sich selbst.

Zuvor hatte sie einen Bogen um Selbsthilfegruppen für Ex-Trinkerinnen gemacht, weil einem stets eine aus der Seele spricht, was bedeutet, dass man da richtig ist, hingehört, dass man mit dem Trinken aufhören muss.

Mia war eine funktionale Alkoholikerin. Sie trank nicht jeden Tag, doch wenn, dann mehr als sie sich vorgenommen hatte. Sie hatte nicht gleich als Jugendliche damit angefangen, obwohl es viele Berührungspunkte gab, denn sie ist damit aufgewachsen. In ihrer Familie war der Missbrauch von Alkohol normal, nicht der Rede wert. Sie fing damit an, weil es sie zu etwas Besonderem machte, schneller, wilder, verrückter, tiefsinniger, weniger langweilig und spießig.

Die Sucht hatte Mia schon vor ihren Alkoholexzessen besessen. Zuerst flutete der Dopaminkick sie in leidenschaftlichen Beziehungen. Sie war nicht wählerisch bei ihren Partnern, bis sie sich auf Männer einschoss, die doppelt so alt waren, wie sie, die gierig war zu gefallen und leicht zu kontrollieren und am Ende emotional ausblutete.

Als sie aufhörte, war das nur der erste Schritt, denn danach trat alles in klare Sicht, was zuvor nebulös geblieben war:

Meine brennende Wut, meine ungeheilten Kindheitswunden, mein irrationales Verhältnis zu Geld, mein verrücktes Beziehungsverhalten, meine Selbstsabotage, mein Selbstmitleid, meine Ausreden, meine falsche Toleranz … S. 12

Den Tiefpunkt, irgendein wirklich schlimmes Ereignis gab es bei ihr nicht. Ja sicher Blackouts:

Man hat ganze Stunden partieller Amnesie erlebt, in denen man wie ein Zombie herumgelaufen ist, sich unterhalten und am Leben teilgenommen hat, ohne selbst dabei gewesen zu sein. S. 17

Fazit: Ich bin ergriffen. Noch nie habe ich eine so glasklare, ehrliche Selbstanalyse einer ehemaligen suchtkranken Frau gelesen. Mia Gatow geht mit klugem, nüchternem, präzisem Erzählstil auf die Suche nach den Mechanismen der Sucht, die vielfältiger nicht sein könnten. Sie zeigt mir ihre Familie, den alkoholkranken Vater, die alkoholkranke Großmutter. Sie erzählt davon, wie die traumatisierte Nachkriegsgeneration in die kapitalistische Falle tappte, die der gestressten Frau Entspannung durch „Frauengold“ und „Klosterfrau Melissengeist“ versprach. Die Autorin verschont weder die emotional unreifen „Sugar Daddies“ noch sich selbst und ihren Hang zu Dramen oder den Hunger nach Aufmerksamkeit und Wertschätzung. Die Autorin hat aus dem Vollen geschöpft und eine Lebenserfahrung gesammelt, die man einer deutlich älteren Frau zutrauen würde. Sie hat sich ihrer eigenen Wahrheit gestellt und emanzipiert. Mia Gatow „spricht mir aus der Seele“ Ihre Geschichte ist meine eigene und ganz sicher die vieler anderer Frauen. Es hat mich getroffen, einen anderen Menschen aussprechen zu sehen, was ich selbst erlebt habe und ich empfinde die gleiche Achtung vor ihr und ihrer Selbsthilfe, wie vor mir. Was für ein wichtiges und auch feministisches Buch, ein Tabubruch.

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