Schau nicht weg, sondern tu was!
Lange bin ich um das Buch herumgeschlichen und habe es doch immer wieder zurückgestellt, weil ich befürchtete, dass es mir zu „hart“ sein könnte. Hier geht es schließlich nicht um irgendwelche fiktiven ...
Lange bin ich um das Buch herumgeschlichen und habe es doch immer wieder zurückgestellt, weil ich befürchtete, dass es mir zu „hart“ sein könnte. Hier geht es schließlich nicht um irgendwelche fiktiven Geschichten, sondern um echte Dramen, die sich in Deutschland Tag für Tag abspielen und die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft treffen. Als Mutter zerreißt es einem nicht selten das Herz, man fragt sich, wie Menschen ihren Kindern so etwas antun können und doch ist es wichtig die Augen nicht davor zu verschließen, sondern sich diesem Tabuthema zu widmen.
Schon oft habe ich mich gefragt, wie vom Jugendamt überwachte Familien ihren Kindern so unaussprechliches Leid zufügen können. Mit dem Buch haben sich einige offene Fragen geklärt. Zum einen erkennen die Beteiligten oft nicht, wann eine Verletzung eben nicht mit einem Unfallgeschehen in Einklang steht, andererseits wollen die meisten Menschen auch einfach nicht glauben, dass es ein Elternteil fertigbringt das Kind in kochend heißem Wasser zu baden oder in den Penis eines kleinen Jungen zu beißen. Es klingt auch wirklich abscheulich, aber noch abscheulicher ist es, dass solche Dinge mitten in unserer Gesellschaft passieren können und selbst Ärzte oft genug nicht die Zeichen richtig deuten, bzw. sich von den Misshandlern Geschichten auftischen lassen.
Unverständlich ist mir auch so einiges in der Rechtsprechung. Wie kann „in dubio pro reo“ nur so angewendet werden? Natürlich finde ich diesen Grundsatz auch richtig, aber wenn ganz klar ist, dass eine Kindesmisshandlung stattgefunden hat, nur nicht genau klar ist, wer zugeschlagen hat und wer den anderen deckt – dann müssen eben beide bestraft werden und sei es nur für das Vertuschen der Tat. Außerdem sollte es selbstverständlich sein, dass ein Kind dorthin nicht mehr zurück darf – doch weitgefehlt. Ich musste so einige Male mit dem Kopf schütteln und so richtig kann ich es eigentlich auch immer noch nicht fassen, wie da in einem aufgeklärten Land wie Deutschland, solche Dinge laufen können.
Das Buch ist unter dem Strich wirklich alles andere als leicht verdaulich und wird mich mit Sicherheit auch noch eine ganze Weile beschäftigten. Des Weiteren ist es sehr informativ, leicht verständlich und nachvollziehbar werden Mechanismen dargestellt, wie es Misshandlern „leicht“ gemacht wird ihre Opfer weiterhin zu quälen. Außerdem wird auch schnell deutlich, wie aus Opfern Täter werden.
Die Rechtmediziner klagen jedoch nicht nur an, sondern zeigen auch Möglichkeiten auf, wie sich die Situation verbessern könnte. Jeder ist hier gefordert, nicht nur die Behörden – also nicht wegsehen, weil es zunächst bequemer erscheint und man sich gar nicht vorstellen will was Eltern – aus jeder Schicht- tun können, sondern direkt aktiv werden, sonst kann es Kinder das Leben kosten…