Berührender Roman über Einsamkeit
Suzu ist Mitte zwanzig, Single und lebt zurückgezogen in einer japanischen Großstadt. Sie arbeitet vor sich hin, lässt sich irgendwie durchs Leben treiben und hat Schwierigkeiten, Sozialkontakte zu knüpfen. ...
Suzu ist Mitte zwanzig, Single und lebt zurückgezogen in einer japanischen Großstadt. Sie arbeitet vor sich hin, lässt sich irgendwie durchs Leben treiben und hat Schwierigkeiten, Sozialkontakte zu knüpfen. Als sie ihre Arbeit als Kellnerin verliert und eine neue Stelle als Leichenfundortreinigerin für Kodokusha antritt, einsam Verstorbene, deren Leichen längere Zeit unentdeckt blieben, verändert sich ihr Leben nachhaltig.
Das ungewöhnliche Setting des Romans hat mich neugierig gemacht, zumal ich erst kürzlich ein Sachbuch über Tatortreiniger gelesen hatte. Auch die Grundthemen des Buches, Einsamkeit, soziale Isolation und Anonymität in der Großstadt, fand ich sehr interessant, da der gesellschaftliche Wandel auch bei uns zu Vereinsamung insbesondere im Alter führt. Nicht nur anhand der Verstorbenen, sondern auch mittels der Figuren im Buch gelingt es der Autorin Milena Michiko Flašar, Einsamkeit in vielen Facetten aufzuzeigen. Da ist nicht nur Suzu, sondern auch ihr junger und stiller Kollege Takada mit dem Gespür für Worte, ihr Chef, der schrullige und doch liebenswerte Herr Sakai und einige weitere, die alle ihre eigene, besondere Geschichte mitbringen. Der klare, leise Schreibstil mit den glaubhaft und eindrücklich ausgearbeiteten Charakteren hat mich von Anfang an berührt, und ich konnte mich gut in die Protagonistin Suzu hineinversetzen. Meine Lieblingsfigur war auf gewisse Weise Herr Sakai, der immer wieder für Überraschungen gut ist und es auf seine ganz eigene Art versteht, Suzus Lebenseinstellung zu beeinflussen. Trotz der ernsten Thematik hat der Roman auch eine gewisse Leichtigkeit und an einzelnen Stellen blitzt auch leiser Humor und eine gewisse Situationskomik durch.
Zudem liefert die Geschichte einige interessante Einblicke in die japanische Lebensart, und ein ausführliches Glossar am Ende des Buches erläutert die wichtigsten Begriffe.
Fazit: Ein runder, nachdenklich stimmender und berührender Roman, der zeigt, dass bereits kleine Gesten im Miteinander einen großen Unterschied machen. Unbedingt lesenswert!