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Veröffentlicht am 26.06.2021

Historische Persönlichkeit in fiktiver Liebesgeschichte

Frau Merian und die Wunder der Welt
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Die deutsche Naturwissenschaftlerin und Künstlerin Maria Sibylla Merian flieht in die Niederlande, wo sie ihre Forschungen weiter ausübt und von einer Forschungsreise nach Surinam träumt. Probleme bereitet ...

Die deutsche Naturwissenschaftlerin und Künstlerin Maria Sibylla Merian flieht in die Niederlande, wo sie ihre Forschungen weiter ausübt und von einer Forschungsreise nach Surinam träumt. Probleme bereitet die Finanzierung. Ihr ausgeprägter Wille öffnet Möglichkeiten, die für einer Frau zum Ende des 17. Jahrhunderts nicht selbstverständlich waren. Ihre Töchter unterstützen ihre Arbeit und die künstlerische Darstellung der Forschungsobjekte. Soweit die historische Grundlage, hinzu kommt eine fiktive Liebesgeschichte, die Einblick in die damalige Welt gibt, aber meines Erachtens zu viel Raum einnimmt.

Mir hat die willensstarke und zielstrebige Frau gefallen, die ihren Weg nicht aus den Augen verliert. Der Vorlauf für die Reise nach Surinam ist recht ausführlich. Es h­ätte mir besser gefallen, wenn der Fokus mehr auf die Forschungsarbeit gerichtet gewesen wäre. Angekommen in Surinam, am Ziel ihrer Träume, muss Maria sich der Realität stellen: wilde Natur, eine realistisch dargestellte Sklavenhaltung und die Suche nach Reisemöglichkeiten im Land. Dieser Part ist recht kurz gehalten, hier hätte ich mir mehr Details zu Natur und Forschung gewünscht.

Der Schreibstil gefällt mir, er ist flüssig zu lesen und zeichnet das Leben der damaligen Zeit realitätsnah. Die Recherche über die damalige Zeit und die Schwierigkeiten für eigenständige Frauen ist sehr fundiert. Aufgrund des Erzählstils ist man vor Ort dabei, fühlt die tropische Hitze und ihre Auswirkungen. Ich hatte aber deutlich mehr über naturwissenschaftliche Aspekte rund um die Protagonistin erwartet. Schade, dass dieser Bereich recht kurz kommt und die Liebesgeschichte überproportional ausgeschmückt wird. Daher kann ich leider nicht zu hoch bewerten.

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Veröffentlicht am 15.06.2021

Wie vielfältig Sprache doch ist

Die Sprache des Lichts
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Gleich zu Beginn begegnen wir einer Sprache, die heute nicht mehr verwendet wird, aber sehr ausdrucksstark ist. Eine Spionin der katholischen Liga begegnet ihr in Frankreich und möchte sie für ihre Zwecke ...

Gleich zu Beginn begegnen wir einer Sprache, die heute nicht mehr verwendet wird, aber sehr ausdrucksstark ist. Eine Spionin der katholischen Liga begegnet ihr in Frankreich und möchte sie für ihre Zwecke nutzen, kann sie aber nicht entschlüsseln. Ihr gegenüber steht ein sprachbegabter, protestantischer ehemaliger Lehrer, der auf der Suche nach der Ursprache ist. Er begibt sich nach England, wo er für den Hofastronom der Königin arbeitet. Er lernt die Alchemie und einen der Anhänger kennen. Die drei begegnen sich bei ihren jeweiligen Aufgaben und machen sich gemeinsam auf den Weg durch Europa, um ihre Ziele zu verfolgen.

Alle Charaktere, von den Protagonisten bis zur kleinsten Nebenfigur, sind durchdacht gezeichnet. Sie passen in die Zeit, die viel Potential bietet. Der historische Kontext ist verständlich beschrieben und zugleich spannend mit der erzählten Geschichte verwoben. Die Beschreibung der Lebensumstände und der Landschaften erwecken beim Leser den Eindruck, mittendrin zu leben. Dies ist der Sprachgewandtheit der Autorin zu verdanken. Sie schafft es, stimmungsvolle Szenarien zu entwickeln, ohne den Blick aufs Ganze zu verlieren.

Sehr imponiert hat mir die ausgezeichnete Recherchearbeit, die sich in vielen, oft kleinen, Details zeigt. Sie spiegelt sich auch in der historischen Übersicht zum Ende des Buches wieder, die ich total gelungen finde. Ebenso die Wort-Erklärungen zu oft nicht geläufigen Bezeichnungen. Eine gute Idee sind auch die kurzen Einleitungen zu jedem Kapitel. Ein rundum gelungenes Buch, das ich gerne weiter empfehlen möchte, denn neben dem Thema Sprache hat mich auch der bildgewaltige Sprachstil der Autorin überzeugt.

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Veröffentlicht am 07.06.2021

Eine etwas andere Biographie

Dostojewski
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Die Rezension bezieht sich auf das Buch, das ich hier leider nicht finden konnte.

Geschrieben von Stefan Zweig im Jahr 1920 handelt sich hier nicht um eine für die heutige Zeit typische Biographie, sondern ...

Die Rezension bezieht sich auf das Buch, das ich hier leider nicht finden konnte.

Geschrieben von Stefan Zweig im Jahr 1920 handelt sich hier nicht um eine für die heutige Zeit typische Biographie, sondern um ein eigenständiges Werk, das Stefan Zweig und sein Verständnis von Literatur aufzeigt. So fehlen beispielsweise direkt zu Beginn Angaben zu Geburts- und Sterbedatum wie auch die Ortsangaben hierzu. Anschaulich wird aber sein Aussehen mit der Bezeichnung Antlitz wiedergegeben, Genial. Mir hat auch gefallen, dass Zeitgenossen wie Balzac, Dickens oder seine russischen Kollegen einbezogen werden und zum besseren Verständnisses des Dichters Dostojewski beitragen. Seinen Protagonisten ist ein Kapitel gewidmet, das dem Leser die Romanfiguren bis tief in die Seele näher bringt. Er zeigt sein Russland und die Menschen des Landes in seinen Geschichten. Mit diesen Informationen im Hinterkopf sollte man seine Werke (noch einmal) lesen.

Dieses, wenn auch kurze Buch, lässt sich nicht einfach lesen. Es erfordert aufgrund der Sprache höchste Aufmerksamkeit. Wer den Sprachstil von Stefan Zweig schätzt, ist hier genau richtig und wird gut sowie außergewöhnlich über den russischen Schriftsteller Fjodor Michailowitsch Dostojewski informiert. Zweig geht nicht nur auf den Menschen ein, auch seine Herangehensweise an die Werke, sein Bezug zu Russland und die tiefgründigen Themen seiner Bücher werden durchleuchtet und bringen uns beides näher, Werke und Schriftsteller. Mir hat diese etwas andere Biographie gut gefallen.

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Veröffentlicht am 02.06.2021

Die dunkle Seite Wiens

Das Buch des Totengräbers (Die Totengräber-Serie 1)
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Ein neuer Inspektor aus Graz eckt in der Wiener Polizeidirektion mit seinem Verhalten und seiner hochdeutschen Aussprache bei Kollegen und Vorgesetzten an. Kein leichter Einstand. Auch sein Kontakt zum ...

Ein neuer Inspektor aus Graz eckt in der Wiener Polizeidirektion mit seinem Verhalten und seiner hochdeutschen Aussprache bei Kollegen und Vorgesetzten an. Kein leichter Einstand. Auch sein Kontakt zum Totengräber des Wiener Zentralfriedhofs ist seinem Umfeld ein Dorn im Auge. Doch zusammen mit ihm, einer Telefonistin und dem zuständigen Pathologen kommt er neben dem aktuellen Fall weiteren Ungereimtheiten auf die Spur und steuert mit seinen unorthodoxen, neuartigen Ermittlungsmethoden auf ein persönliches Desaster zu. Einen Totengräber mit einem Polizeiagenten zusammenarbeiten zu lassen, diese Idee gefällt mit sehr gut, denn dieses Ermittlerteam ist einfach mal etwas Neues und Außergewöhnliches.

Grausame Morde führen die drei Protagonisten zusammen, ihre Kooperation ist bestens konstruiert. Auch die Konstellation mit den anderen Fällen und die privaten Strängen sind gut gewählt. Die Hinweise zur Auflösung der Mordfälle werden schon früh gestreut, eventuell auch etwas zu deutlich. Mir gefällt der Schreibstil des Autors, der mich schon mit anderen Büchern überzeugen konnte. Neben dem Wiener Dialekt kommen humorvolle Einwürfe nicht zu kurz. Historisch hervorragend recherchiert entführt er uns in ein atmosphärisch interessantes Wien. Von der ersten Zeile an haben mich die Beschreibungen und die Zeichnung der Charaktere überzeugt. Insbesondere der Totengräber und seine Arbeit haben mir gefallen. Neben den Wegbeschreibungen innerhalb der Stadt und ihrer Außenbezirke, einschließlich des Wiener Zentralfriedhofs, werden die Lebensumstände der einzelnen Schichten anschaulich gezeichnet. Hilfreich zur Orientierung in der Wiener Innenstadt ist die Karte auf der Innenseite des Cover. Die neuen Ermittlungsmethoden finde ich verständlich erklärt und gut dargestellt. Den Start der neuen Reihe von Oliver Pötzsch sollten Liebhaber von historischen Romanen nicht verpassen.

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Veröffentlicht am 26.05.2021

Eine bemerkenswerte Frau

Die Architektin von New York
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Als Frau des Chefingenieurs der Brooklyn Bridge in New York ist das Interesse der Protagonistin für die technischen Aspekte des Brückenbaus geweckt. Nur dass in der Mitte des 19. Jahrhunderts dies Frauen ...

Als Frau des Chefingenieurs der Brooklyn Bridge in New York ist das Interesse der Protagonistin für die technischen Aspekte des Brückenbaus geweckt. Nur dass in der Mitte des 19. Jahrhunderts dies Frauen nicht zugestanden wird. Sie haben sich auf ihre Familie und den Haushalt zu konzentrieren. Man verwehrt ihr nicht nur die Anerkennung, sie erntet auch Spott und Häme für ihren Einsatz und ihr Wissen.

Sie haben einen gemeinsamen Traum: Washington Augustus Roebling und seine Ehefrau Emily Warren Roebling möchten eine Brücke über den East River verwirklichen, um Manhattan und Brooklyn miteinander zu verbinden und die gefährlichen Fährüberfahrten zu vermeiden. Als ihr Mann schwer erkrankt, übernimmt sie im Hintergrund die Führung, denn das notwendige Ingenieurwissen und die mathematischen Kenntnisse hat sie sich angeeignet. Bis zur Fertigstellung der zu diesem Zeitpunkt längsten Hängebrücke der Welt ist ihr Leben sehr turbulent.

Der Autorin ist es mit ihrem erfrischenden Schreibstil gelungen, einen interessanten Roman auf Basis der Biographie einer bemerkenswerten Frau zu schreiben. Die ausgewählte Zeitspanne zeigt den beeindruckenden Mut und das Selbstbewusstsein einer Frau, die sich im 19. Jahrhundert den Konventionen der Zeit widersetzt und ihren Weg zielstrebig verfolgt. Mir hat ihre Darstellung gut gefallen, denn es werden neben den positiven Elementen, die Schwierigkeiten nicht verschwiegen. Auch ihr Charakter wird realistisch geschildert, was sie sehr sympathisch macht. Den gelungenen biographischen Roman empfehle ich gerne weiter, denn er hat mir gut gefallen.

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