Die Lebensgeschichte einer emanzipierten Medizinerin
Nur nachts ist es hell"Nur nachts ist es hell" ist die Fortsetzung des Buches "Über Carl reden wir morgen". Ich muss ehrlich gestehen, dass mir der Einstieg anfangs schwer gefallen ist. Es wäre vielleicht besser den ersten ...
"Nur nachts ist es hell" ist die Fortsetzung des Buches "Über Carl reden wir morgen". Ich muss ehrlich gestehen, dass mir der Einstieg anfangs schwer gefallen ist. Es wäre vielleicht besser den ersten Teil vorab zu lesen. Hinten im Buch befindet sich ein Stammbaum der Familie, das erleichtert dann das Verständnis.
Elisabeth Brugger schaut auf ihr sehr interessantes Leben zurück und berichtet ihrer Großnichte aus der Ich-Perspektive darüber.
Elisabeth ist das jüngste von vier Kindern und wächst wohlbehütet auf. Während des ersten Weltkriegs arbeitet sie als Lazarettschwester. Anschließend studiert sie Medizin. Dies ist für die damalige Zeit etwas ganz besonderes, denn Frauen waren in Universitäten nicht gerne gesehen und mussten mit einigen Schwierigkeiten und Hürden rechnen. Elisabeth ist ihrer Zeit voraus und sehr emanzipiert, sie weiß was sie will und verfolgt ihr Ziel sehr zielstrebig.
Sie heiratet Georg den Freund ihres Bruders. Dieser ist versehrt aus dem Krieg zurückgekehrt und Sohn einer wohlhabenden Ärztefamilie aus Wien. Gemeinsam führen sie in Wien eine Praxis und bekommen zwei Kinder.
Da immer mehr Frauen ungewollt schwanger werden, setzt Elisabeth sich damit auseinander und betreibt Aufklärungsarbeit.
Innerhalb ihrer Herkunftsfamilie versteht sich Elisabeth mit ihrem Bruder Eugen am besten. Dieser lebt jahrelang in den USA und schreibt sehr interessante Briefe. Seiner Schwester vertraut er auch die Affäre mit Luzia, der Frau seines Zwillingsbruders Carl an.
Elisabeth beschreibt ihre Abneigung dem nazionalsozialistischem Regime gegenüber sehr authentisch. Auch ihr Eingreifen in Wien mitten auf der Straße um ein junges jüdisches Mädchen zu retten und die darauffolgenden Konsequenzen sind bildlich. Ich finde es auch realistisch und ehrlich als sie schreibt, dass die Wiener Bevölkerung serwohl wußte was da passiert, wer von den Sanktionen und Gräueltaten der Machthaber betroffen war, und dass sie persönlich aus Angst nicht mehr getan hat. Es klingt selbstreflektierend und glaubwürdig.
Ihr Bruder Eugen versteckt eine jüdische Familie und wird plötzlich von der SS gesucht. War es Carl aus Rache, den ihn verraten hat?
Durch die immer wiedekehrenden Zeitsprünge ist man als Leser teilweise verwirrt. Es gibt einige Kapitel, die ich dadurch nicht so flüssig wie von mir gewünscht lesen konnte. Dennoch ist es ein interessantes Buch und es konnte mich auch meistens gut unterhalten.