Schwierige, unsympathische Charaktere; zu wenig Thrill; verschenktes Potenzial - schade
Keiner sagt die WahrheitLesegrund
Im Juni 2017 habe ich mit Begeisterung das Debüt des Autors gelesen und anschließend rezensiert. Als mir dann, eher durch Zufall, das neue Buch von Caleb Roehrig ins Auge sprang, war meine Freude, ...
Lesegrund
Im Juni 2017 habe ich mit Begeisterung das Debüt des Autors gelesen und anschließend rezensiert. Als mir dann, eher durch Zufall, das neue Buch von Caleb Roehrig ins Auge sprang, war meine Freude, und meine Erwartung an das Buch, groß. Ich erwartete einen ähnlich spannenden Pageturner, wie ich ihn vom Autor schon kannte. Ich habe nicht lange gezögert und das Buch beim cbj Verlag als Rezensionsexemplar angefragt und auch erhalten.
Charaktere
Ja…nichts auf dieser Welt ist nur schwarz oder weiß, nicht nur gut oder böse – alles hat seine Graustufen. Doch bei den Charakteren in diesem Buch wusste ich nie so recht woran ich bin. Jeder hatte – mal mehr, mal weniger – Eigenschaften an sich, die ich nicht mochte; teilweise sogar verabscheute. Mir war bewusst, dass Rufus und Sebastian zu den “Guten” gehören, doch auch sie zeigten Seiten an sich, die es mir zeitweise schwer machten, sie sympathisch zu finden.
Rufus – der Protagonist
Rufus ist 15 und ehrlich gesagt hatte ich zweitweise wirklich Schwierigkeiten damit, ihn mir als 15-Jährigen vorzustellen. Er wirkte auf mich nicht wie ein minderjähriger Teenager, sondern eher wie ein junger Erwachsener. Das mag unter Umständen daran liegen, dass er es gewohnt ist viel Verantwortung zu übernehmen, da seine Mutter alleinerziehend ist und er mit seiner “Familie” und seinem Umfeld in der Vergangenheit ganz schön zu kämpfen hatte.
Rufus ist schwul und hatte bereits vor einiger Zeit ein unfreiwilliges Coming Out. Insgesamt hat das Leben ihn ganz schön geprägt und das merkt man ihm auch an. Ich war mir beim Lesen tatsächlich nicht immer ganz einig darüber, ob ich Rufus mag oder ob er mir nicht doch zu krass ist. Er hat viele tolle Eigenschaften und Seiten an sich, die ihn sympathisch machen. Andere Eigenschaften wiederum ließen mich stocken und mental wieder etwas Abstand zu ihm nehmen.
Sebastian – Rufus’ Sidekick
Sebastian ist Rufus’ Ex-Freund. Er hat ganz schön mit sich selber und seinen Taten aus der Vergangenheit zu kämpfen und zu allem Überfluss hat er sich öffentlich noch nicht geoutet. Er hat daher Angst davor, wie seine Umwelt darauf reagieren wird.
Obwohl Sebastian echt scheiße gebaut hat, mochte ich ihn tatsächlich lieber als Rufus. Die beiden sind auch die einzigen Charaktere, die ich auf gewisse Art und Weise mochte und doch hatte ich Schwierigkeiten damit mich vollständig auf sie einzulassen. Das mag vielleicht daran liegen, dass ich selber ziemlich behütet aufgewachsen bin und Partys mit Alkohol und anderen, härteren Drogen nicht in mein Leben gehörten. Hier in diesem Buch scheint es Normalität zu sein, auch dass Minderjährige sich abschießen und das hat mich abgeschreckt.
April und die restlichen Nebencharaktere
April ist im Vergleich zu den anderen Nebencharakteren noch echt harmlos. Ich habe selten (wenn überhaupt) ein Buch gelesen, in dem so viele, so unglaublich unsympathische Charaktere drin vorkamen. Habe ich zu Beginn des Buches noch gedacht, dass April sich wie eine B**ch verhält, änderte sich meine Meinung recht schnell, als ich auf die anderen reichen, privilegierten Gören gestoßen bin.
Ihr merkt, mit den Charakteren und auch mit dem Setting des Buches hatte ich so meine Schwierigkeiten.
Schreibstil
Am Schreibstil habe ich prinzipiell nichts auszusetzen. Ich konnte das Buch flüssig und zügig lesen und war in der Lage mir das Geschehene bildlich vorzustellen, was für mich immer ein Zeichen für einen guten Schreibstil ist.
Allerdings konnte mich das Buch dieses Mal nicht wirklich packen und ich musste mich zeitweise mehr oder weniger dazu zwingen es in die Hand zu nehmen. Im Vergleich zu Roehrigs erstem Buch, war das hier eher langweilig geschrieben.
Was war doof?
Wie bereits weiter oben erwähnt bin ich mit den Charakteren nicht warm geworden. Sie waren mir alle zu viel. Nur auf ihr eigenes Wohl bedacht, sie haben weniger privilegierte Menschen mit Spott und Verachtung bestraft und wollten, dass ihnen die Welt zu Füßen liegt. Mit solch einem Kaliber von Mensch kann ich persönlich gar nichts anfangen.
Außerdem hat es mir überhaupt nicht gefallen wie sehr die Themen Alkohol- und Drogenmissbrauch, Nötigung und Gewalt hier im Vordergrund standen. Ja, es ist ein Jugendthriller und es ist durchaus ok, wenn es in so einem Buch auch mal ein wenig heftiger zugeht, aber die Masse an Dingen, mit denen Jugendliche (und auch niemand anderes) zu tun haben sollte, war einfach zu viel für mich.
Fazit
Ich wollte dieses Buch wirklich mögen und vielleicht war auch das der Grund wieso es im Endeffekt nicht so gut abschneiden konnte bei mir. Vielleicht waren meine Erwartungen einfach zu hoch, weil ich das Debüt des Autoren so großartig fand. Ich weiß es nicht.
Dieses Buch konnte mich allerdings nicht so richtig packen und ich habe mir ständig andere Dinge zu tun gesucht, anstatt das Buch zur Hand zu nehmen und weiterzulesen. Als ich dann aber im Lesefluss war, wusste ich wieder wieso ich Caleb Roehrigs erstes Buch so mochte – er lässt durch seinen Schreibstil Bilder in meinem Kopf entstehen.
Für einen Thriller fand ich das Buch ein wenig zu langweilig. Erst die letzten 50 Seiten haben so richtig an Fahrt aufgenommen und ich habe Fingernägel kauend vor dem Buch gesessen.
Leider kann ich dem Buch daher nur knappe 3 von 5 Sternen geben.