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Veröffentlicht am 23.01.2018

Über die Liebe zur Musik

Mister Franks fabelhaftes Talent für Harmonie
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„Es war einmal ein Plattenladen“ – so beginnt nicht nur der neue Roman von Rachel Joyce „Mister Franks fabelhaftes Talent für Harmonie“, sondern dieser Plattenladen steht auch im Zentrum der 1988 beginnenden ...

„Es war einmal ein Plattenladen“ – so beginnt nicht nur der neue Roman von Rachel Joyce „Mister Franks fabelhaftes Talent für Harmonie“, sondern dieser Plattenladen steht auch im Zentrum der 1988 beginnenden Geschichte. Protagonist ist Frank, in den Vierzigern und eingefleischter Vinyl-Liebhaber. CDs, die immer weiter auf dem Vormarsch sind, kommen ihm keinesfalls über die Schwelle. Sein Laden, ebenso wie die anderen Geschäfte in der Unity Street, floriert zwar nicht, aber anstatt des Geldes wegen, führt er seinen Laden vor allem, um den Menschen mit Musik zu helfen. Dabei ist ihm sein ganz besonderes Talent von Nutzen: Er kann in jedem Menschen hören, welches Lied dieser am dringlichsten braucht, um wieder glücklich zu werden. In jedem Menschen? Nein, denn eines Tages steht eine Frau in grünem Mantel vor seinem Schaufenster und in dieser hört Frank nur Stille. Fortan versucht er herauszufinden, was es mit dieser mysteriösen Frau auf sich hat und gleichzeitig die Unity Street vor Vandalismus und dem Aufkauf durch eine Immobiliengesellschaft zu beschützen.

Die verschiedenen Kapitel des Buches (zumeist benannt nach Musikstücken) sind unregelmäßig aus der Gegenwart in 1988 und aus Franks Kindheit und Jugend beschrieben. Während der Leser in der Vergangenheit miterlebt, wie Franks Liebe zur Musik entstand und wie er alles darüber von seiner Mutter Peg gelernt hat, lernen wir diese und die schwierige Beziehung zu ihrem Sohn kennen. In der Gegenwart liegt der Fokus sehr klar auf der Frau in grün und welche Geheimnisse sie umgeben. Gleichzeitig bangt man um die Ladenbesitzer und Anwohner der Unity Street, die füreinander eine kleine Familie sind.

Wann immer Rachel Joyce in den Szenen ein Musikstück einfließen lässt, hat man die Melodie sofort im Ohr. Kennt man es hingegen nicht, gibt es im Anhang eine komplette Playlist zum Nachhören, was ich für einen tollen Einfall halte. Die Vielfältigkeit der unterschiedlichen Genres macht den besonderen Reiz der Zusammenstellung aus. Im Gegensatz zu einigen anderen Lesern, konnte ich die Stücke allerdings nicht während des Lesens hören: ich habe immer versucht, Franks Interpretation darin zu erkennen und konnte mich nicht mehr auf das Lesen konzentrieren. Das ist natürlich nicht dem Buch geschuldet und soll hier nur als Hinweis Erwähnung finden.

Ein weiterer, entscheidender Aspekt in der Qualität dieses Romans sind die Charaktere. Frank, beschrieben als Bär von einem Mann, ist so voller Freundlichkeit und Gutmütigkeit, aber auch Prinzipientreue, dass man ihn sich direkt als Nachbar wünscht. Die anderen Ladenbesitzer sind jeder für sich so vielschichtig, dass sie sehr authentisch wirken. Hier gibt es Sympathieträger, aber auch Charaktere, die ich nicht mochte, doch gerade das macht das Bild einer echten, lebendigen Straße aus. Ganz im Gegensatz dazu: die Frau in grün. Während der Leser nach und nach mehr über sie erfährt, ihre Geheimnisse gelüftet werden und selbst nach einem großen Zeitsprung Erlebnisse aus ihrer Sicht geschildert werden, blieb sie für mich stets kalt und wenig lebendig. Sie zeigt kaum Emotionen und wenn, dann wirken diese auf mich wie von einem schlechteren Schauspieler – auswendig gelernt und unecht. Das ist wirklich schade, weil sie so eine zentrale Rolle in der Geschichte und in Franks Leben spielt.

Den Verlauf der Geschichte kann man nicht als spannend bezeichnen. Natürlich ist es interessant, die Geheimnisse um die Frau in grün zu ergründen und Kapitel für Kapitel neu zu spekulieren. Auch die Abschnitte aus Franks Kindheit werfen zunächst viele Fragen auf und enden zum Teil mit einem Cliffhanger. Am Ende klärt sich jedoch alles auf, mal mehr, mal weniger zufriedenstellend. Der Verlauf ist sehr klassisch vorgezeichnet, einzig Außergewöhnliches: ein großer Zeitsprung zum Ende des Buches. Allerdings denke ich, dass Spannung auch gar nicht das ist, was der Roman vermitteln will. Das zentrale Thema ist und bleibt die Musik und wie diese uns ein Leben lang begleitet.

Rachel Joyce versteht es ausgezeichnet die Magie, die der Musik innewohnt, durch geschriebenes Wort zu vermitteln – ganz sicher eine Kunst, die nur wenige Autoren beherrschen. Für das etwas eilige Ende und vor allem den Charakter der Frau in grün ziehe ich aber einen Punkt ab, sodass ich zu 4 von 5 Sternen komme.

Veröffentlicht am 05.01.2018

Spannend wie immer - Ende etwas enttäuschend

Tod im Höllental
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„Tod im Höllental“ von Astrid Fritz ist das vierte Abenteuer rund um die Begine Serafina Stadlerin im mittelalterlichen Freiburg. Bis zur Hochzeit mit dem Stadtarzt Adalbert Achaz lebt Serafina weiterhin ...

„Tod im Höllental“ von Astrid Fritz ist das vierte Abenteuer rund um die Begine Serafina Stadlerin im mittelalterlichen Freiburg. Bis zur Hochzeit mit dem Stadtarzt Adalbert Achaz lebt Serafina weiterhin bei ihren Regelschwestern. Doch die Idylle wird gestört, als ein Wanderprediger in die Stadt kommt und die Beginen verunglimpft. Als ihre Wände beschmiert werden und die Schwester einer anderen Sammlung tot aufgefunden wird, begibt sich Mutter Catharina auf die gefährliche Reise durchs Höllental zum Bischof in Konstanz. Als es Anzeichen gibt, dass sie in Lebensgefahr schwebt, zögert Serafina nicht lange und macht sich auf die Suche nach ihr.

Ausgestattet mit Karte und Glossar fällt es dem Leser wieder sehr einfach, in das alte Freiburg und Umgebung einzutauchen. Am Ende lese ich den Glossar immer noch einmal komplett und bekomme jedes Mal Lust, eine historische Führung durch Freiburg zu machen.

Auffällig ist direkt, dass in diesem Band erstmals die Erzählperspektive zwischen Serafina und Achaz gewechselt wird. Grund dafür ist, dass Achaz als Verlobter Serafinas eine noch wichtigere Rolle als in den vorherigen Teilen einnimmt. Daraus folgt, dass die Szenen aus seiner Sicht die Spannung noch weiter steigern, da der Leser nicht weiß, was bei Serafina gerade passiert. Durch den Wechsel der Perspektiven erzeugt die Autorin somit einige Cliffhanger, da man immer wissen will, wie es bei dem jeweils anderen Charakter gerade weitergeht.
Generell ist das Buch sehr spannend geschrieben. Da es recht schmal ist, werden die Ereignisse schnell in Gang gesetzt und danach gibt es keine Längen mehr: ein spannender Moment folgt dem nächsten.

Desweiteren ist man – wie gewohnt – immer direkt beim Ermitteln der Hintergründe dabei. Ob zu den Schmierereien, dem Tod der Schwester oder der Situation von Mutter Catharina, der Leser erhält alle Indizien, um sich selbst eine Theorie zu entwickeln, wie es sich zugetragen hat. Zuerst wollte ich diesen Satz enden lassen mit „[…] wie alles zusammenhängt.“, aber genau hier liegt mein Kritikpunkt: Das Ende war etwas schal. Anstelle des großen. zusammenhängenden Ganzen, gab es zwei bis drei unterschiedliche Geschehnisse, die sich als völlig unabhängig voneinander herausgestellt haben. Ein Krimi muss keinesfalls so ausgehen, wie ich es vorhersage, im Gegenteil: ich freue mich, wenn dem nicht so ist. Aber wenn man den Eindruck bekommt, es müsse alles irgendwie zusammenhängen, kann ein Ausgang wie hier etwas enttäuschend sein.
Gerade darin liegt bei einem Krimi meiner Meinung nach die hohe Kunst: Am Ende muss auf einmal alles zusammenpassen und Sinn ergeben, ohne, dass der Leser es schon nach 20 Seiten wittert.

Da ich Astrid Fritz‘ Charaktere aber wie immer toll finde und das Buch durchweg spannend und nicht aus der Hand zu lesen.. ähh.. legen ist, vergebe ich noch 3,5 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 25.12.2017

Spannend und witzig, Protagonistin mangelhaft

Silber - Das zweite Buch der Träume
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In „Silber – Das zweite Buch der Träume“ von Kerstin Gier – dem zweiten Teil der Trilogie – erkundet die 17-jährigen Liv Silber weiter die Traumwelt. Gerade ihren Freund Henry sieht sie dort öfter als ...

In „Silber – Das zweite Buch der Träume“ von Kerstin Gier – dem zweiten Teil der Trilogie – erkundet die 17-jährigen Liv Silber weiter die Traumwelt. Gerade ihren Freund Henry sieht sie dort öfter als in der realen Welt, während sich die anderen Personen aus den Traumkorridoren zurückgezogen haben. Doch immer wieder muss sie feststellen, dass Henry Geheimnisse vor ihr hat. Zu kämpfen hat sie außerdem mit Secrecy, die viel zu viel von ihr weiß, sowie der furchtbaren Großmutter von Grayson und Florence, die es der Patchwork-Familie nicht leicht macht.

Im Großen und Ganzen sind viele positive Aspekte aus dem ersten Teil erhalten geblieben.

Kerstin Giers Schreibstil ist leicht zu lesen. Auch das Layout fördert diese Leichtigkeit: Es sind weniger Zeilen pro Seite als normal, und der Abstand zwischen ihnen ist etwas größer, sodass das Buch sehr schnell von der Hand geht. Die Kapitel sind kurz, dadurch gibt es immer gute Gelegenheiten, eine Pause einzulegen.

Schön sind immer noch die schwarz-weißen Blumenranken am Rand der ersten Seite eines Kapitels. Der optisch ebenfalls hervorgehobene Eintrag des „Tittle-Tattle-Blog“ gibt den neusten Tratsch der Schule wieder und erinnert stark an Gossip Girl. Im ersten Teil war ich diesbezüglich schon zwiegespalten: ich möchte unbedingt wissen, wer dahinter steckt (nach Teil 2 noch mehr als vorher schon), aber es ist keine wirklich neue Idee. Da es aber nur ein Nebenstrang ist, ziehe ich dafür nicht allzu viele Punkte ab.

Im Ausblick auf Band 3 hat die Autorin angekündigt, dieses Geheimnis zu lüften und ich bin total gespannt und hoffe auf ein logisches, nicht enttäuschendes Ergebnis. Bezüglich weiterer kommenden Handlungen bleibt Kerstin Gier bewusst vage, aus Sorge, ihren eigenen Ankündigungen nicht gerecht zu werden. Das macht zwar nicht so neugierig, wie die Ankündigung nach Teil 1, ist für mich aber trotzdem vollkommen in Ordnung, da so niemand enttäuscht wird.

Im gleichen Atemzug schrieb sie, dass sie den Ausblick in Teil 1 auf Teil 2 nicht komplett erfüllt hat. Bis zu diesem Punkt war mir das nicht aufgefallen und hat mich somit auch nicht gestört. Die Handlung in Teil 2 ist hervorragend, so wie sie ist. Ich habe einige Male lachen müssen (mehr als in Teil 1), aber es gibt auch viele aufregende Passagen. Ein paar wenige Szenen empfand ich sogar als gruselig – eine perfekte Mischung. Wie auch in Teil 1 gibt es am Ende des zweiten Teils noch eine kleine Wendung, die mich wieder überrascht hat, sich aber gut in die Geschichte einfügt.

Ein absolutes Highlight ist die neu eingeführte Großmutter. Bei fast allem, was sie sagt, stockte mir der Atem, wie jemand so unverschämt und unhöflich sein kann, sich selbst aber für etwas Besseres hält. Kerstin Gier versteht es hier außergewöhnlich gut, einen Antagonist zu erzeugen, für den kein Leser Verständnis aufbringen kann und auf den er seinen Ärger projizieren kann.

In meiner Rezension zu Teil 1 schrieb ich, wie sympathisch ich Liv finde. Daran hat sich nichts geändert. Es gibt allerdings einen mehrere Seiten (oder Kapitel) umfassenden Zeitraum, in dem ich ihr Verhalten und ihre Reaktion unrealistisch finde. Sie erfährt ein furchtbares Geheimnis über Henry, zeigt sich aber nur kurz verletzt oder bestürzt. Bei den nächsten Gelegenheiten lässt sie sich sofort wieder von ihm einwickeln, anstatt ihn zu meiden und ihm die kalte Schulter zu zeigen. Livs Verhalten empfand ich hier als absolut unauthentisch.

Immer noch fehlt mir die Erklärung, warum bestimmte Personen durch die Traumkorridore wandeln können. Es verbleibt noch ein Teil der Trilogie um dies aufzuklären. Ich hoffe – wie auch bei der Auflösung wer hinter Secrecy steckt -, dass diese Erklärung kommt und vor allem schlüssig ist. Für mich ist die Trilogie sonst rückwirkend verdorben.

Zusammenfassend ist die Idee der Autorin immer noch genial. Die Handlung hat mir besser gefallen als in Teil 1, die Protagonistin Liv etwas weniger. Für ihre mangelnde Authentizität in einer der entscheidenden Szenen des Buchs, gibt es einen Stern Abzug, sodass ich den zweiten Teil mit insgesamt 4 von 5 Sternen bewerte.

Veröffentlicht am 22.12.2017

Sehr spannend mit nicht zu viel Romantik

Die Bucht
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In „Die Bucht“ von Sarah Alderson geht es um die 17jährige Ren Kingston, die ihren Sommer als Au-pair auf Nantucket verbringt. Dort lernt sie Jeremy kennen, der sie in seine Clique auf der Insel einführt. ...

In „Die Bucht“ von Sarah Alderson geht es um die 17jährige Ren Kingston, die ihren Sommer als Au-pair auf Nantucket verbringt. Dort lernt sie Jeremy kennen, der sie in seine Clique auf der Insel einführt. Obwohl er ihr Herz höher schlagen lässt, fühlt sie sich gleichzeitig von dem düsteren, geheimnisvollen Jesse angezogen. Der ist jedoch mit einem von Jeremys Freunden bis aufs Blut verfeindet und niemand weiß warum. Als Ren dann auch noch erfährt, dass vor einem Jahr ein Kindermädchen auf der Insel ums Leben kam, ist klar, dass jemand ein großes Geheimnis verbirgt.

Ich habe „Die Bucht“ angefangen zu lesen, direkt nachdem ich „Salzige Sommerküsse“ beendet habe. Erst da fiel mir auf, dass ich die volle Dosis Nantucket gekauft habe. Dennoch sind beide Bücher sehr verschieden. In „Die Bucht“ geht es natürlich auch darum, dass Ren ihre Liebe findet und zwischen zwei Jungen hin- und hergerissen ist. Vielmehr steht aber das Geheimnis um Jesse im Mittelpunkt.

Der Roman ist aus der Perspektive von Ren geschrieben und im Präsens verfasst, sodass sich auch für den Leser die einzelnen Puzzleteile der Geheimnisse nach und nach zusammensetzen – man weiß nie mehr als Ren, zumindest nicht mit Sicherheit, denn manche Aspekte waren vorhersehbar. So war mir relativ schnell klar, worin Jesses Motivation liegt. Das ganze Ausmaß dessen und was mit dem Kindermädchen geschehen war, hat sich mir allerdings erst am Ende offenbart. Ich habe zwischendurch kurz befürchtet, dass Letzteres nicht aufgeklärt würde, waren doch nur noch so wenige Seiten übrig. Aber keine Panik: alles wird aufgedeckt.

Natürlich ist eine Lektüre immer interessanter, wenn man nicht weiß, was passiert. Letztendlich ist für die Spannung aber der Weg dahin ausschlaggebend. Dies hat Sarah Alderson hervorragend gemeistert. Die Story ist von vielen kleinen Szenen gespickt, die Ren (und somit auch dem Leser) Hinweise liefern. Da das Buch mit einem Prolog startet, der völlig aus dem Zusammenhang gerissen den Höhepunkt der Geschichte wiedergibt, weiß der Leser grob, worauf es hinauslaufen wird. Selbstverständlich bleiben die entscheidenden Personen dabei unbekannt und man versucht somit im Laufe der Lektüre herauszufinden, wer dieser kommende Antagonist wohl sein könnte. Der Höhepunkt ist ein wahrer Pageturner und wenn man gerade denkt, es sei vorbei, passiert wieder etwas – ein Stilmittel, dass ich aus einigen guten Krimis schätze.

Nicht gefallen hat mir dabei allerdings, dass Ren mehrfach von befreundeten Jungs gerettet wird. Hier hätte ich mir ein starkes Mädchen gewünscht, welches mit Erfolg um sein Leben kämpft – zumindest in manchen der gefährlichen Situationen. Mir hat hingegen gut gefallen, dass sie nicht eins dieser perfekten Mädchen ist, sondern auch peinliche Situationen erlebt oder durch ihr Asthma gehandicapt ist.

Auch waren manche der Personen (besonders in Jeremys Freundeskreis) überflüssig und hätten gestrichen werden können, damit es übersichtlich bleibt. Gerade wenn jemand „Parker“ heißt, was ein Mädchen- oder Jungenname sein kann, und dann keine wichtige Rolle oder außergewöhnliche Eigenschaft hat, kann er problemlos entfallen. Hinzu kommt noch ein Beziehungswirrwarr oder wie die Protagonistin selbst anmerkt: es wäre leichter sich zu merken wer mit wem noch nichts hatte.

Insgesamt handelt es sich um ein spannendes Jugendbuch mit vielen Krimi-Aspekten und nicht zu viel Romantik – eine sehr angenehme Abwechslung zu den Themen, die sonst den Jugendbuchbereich dominieren. Die Protagonistin ist zwar sympathisch, könnte aber etwas mehr Tapferkeit oder Heldenmut beweisen. Außerdem war das Happy End etwas übertrieben, sodass ich in Summe 4 von 5 Sternen gebe.

Veröffentlicht am 20.12.2017

Einfühlsame Geschichte über den Wert von Freundschaft, Liebe und Familie

Salzige Sommerküsse
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In „Salzige Sommerküsse“ („Nantucket Blue“) von Leila Howland geht es um Cricket Thompson, die sich auf einen Sommerurlaub mit ihrer besten Freundin Jules auf Nantucket freut und hofft, dabei ihrem Schwarm ...

In „Salzige Sommerküsse“ („Nantucket Blue“) von Leila Howland geht es um Cricket Thompson, die sich auf einen Sommerurlaub mit ihrer besten Freundin Jules auf Nantucket freut und hofft, dabei ihrem Schwarm Jay näher zu kommen. Als Jules ihr mitteilt, dass sie doch nicht mitkommen könne, sucht sie sich kurzentschlossen selbst einen Job und Unterkunft auf der Insel. Aber nicht nur dadurch verläuft dieser Sommer ganz anders, als geplant.

Was dem Leser direkt zu Beginn ins Auge springt, ist ein Vorschlag für eine Playlist, die man während des Lesens hören kann. Ich selbst lese lieber im Stillen und habe die Liste daher nicht ausprobiert. Ich kann mir aber vorstellen, dass es eine tolle Erfahrung ist, sich durch die von der Autorin gewählte Musik noch mehr in die Geschichte einzufühlen. Ich weiß allerdings ebenfalls nicht, ob die Lieder auch unmittelbar zu den Kapiteln passen, denn dann wäre die unterschiedliche Lesegeschwindigkeit ein Faktor, der diese Erfahrung wieder zunichtemachen könnte. Nichtsdestoweniger finde ich die Idee sehr gelungen.

Noch vor der Playlist allerdings, nimmt der Leser natürlich das Cover wahr – nicht nur optisch, denn es ist auch von leicht angerauter Haptik. Mir gefällt es immer gut, wenn sich ein Buch auf diese Weise von anderen Büchern unterscheidet.
Was mir hingegen gar nicht zusagt, ist das Bild auf dem Cover. Generell missfällt mir der Trend, Fotos auf dem Cover zu verwenden. Während das natürlich noch Geschmackssache ist, frage ich mich allerdings, nach welchen Kriterien diese Bilder ausgewählt werden. Ich könnte durchaus verstehen, wenn die Protagonistin dort abgebildet wird. Cricket hat allerdings blonde, gelockte Haare und nicht glatte, braune. Ein absolut beliebiges Mädchen auf dem Cover abzubilden, finde ich nicht besonders ansprechend. Da hätte der Verlag das Foto direkt weglassen können – der vermeintliche Hintergrund ist nämlich sehr schön gestaltet. Aber: „Don’t judge a book by its cover!“- ich habe diesen Punkt bei meiner Bewertung außer Acht gelassen.

Der Schreibstil von Howland zeigt keine Auffälligkeiten. Es liest sich flüssig, auch wenn zwischendurch ein- oder zweimal so glaube ich, Namen vertauscht wurden.

Das absolute Glanzstück für mich, sind bei diesem Buch allerdings die Themen und die Entwicklung, die Cricket erlebt, auch viele Aspekte, die der Leser (zumindest ich – Mitte 20) selbst aus seiner Jugend kennt. Einige Rezensenten empfinden manche Handlungsstränge als „zu dramatisch“. Genau das ist es auch. Aber rückblickend weiß ich genau, dass ich in dem Alter genau dieses Drama auch gelebt habe. Was uns heute als lächerliches Problem erscheint, war mit 13-17 Jahren nun mal der Weltuntergang für uns. Dieses Gefühl bzw. diese Erinnerung bringt die Autorin bezogen auf Liebe, Familie und Freundschaft sehr gut zurück.

Was mir schon bei einem anderen Ravensburger Titel („Tochter der Flut“) negativ auffiel, ist der Klappentext. Bei einer „verbotene[n] Liebe und ein[em] lang gehütete[n] Geheimnis“ habe ich wirklich sehr viel mehr erwartet. Die verbotene Liebe nehme ich Howland noch ab, gerade in Anbetracht der von mir oben erläuterten Dramatisierung im Teenager-Alter. Das lang gehütete Geheimnis hätte man allerdings komplett aus der Story streichen können, ohne dass die Geschichte schlechter geworden wäre. Ich bin mir noch nicht mal hundertprozentig sicher, was nun dieses Geheimnis gewesen sein soll. Auf jeden Fall nichts so Nervenaufreibendes, wie der Klappentext suggeriert. Da dies allerdings nicht allzu viel Einfluss auf das Leseerlebnis hat, strafe ich es nicht in zu hohem Maße ab.

Inhaltlich hat mir außerdem die Entwicklung der Freundschaft zwischen Cricket und Jules nicht gefallen. Crickets Erinnerungen zeigen dem Leser zwar die Intensität ihrer Beziehung auf, in der Gegenwart kommt dies allerdings kaum rüber. Gerade am Ende hat es den unangenehmen Nachgeschmack von „Ich brauche keine Freunde, wenn ich einen festen Freund habe“ – eine Message, die ich nicht gut finde. Besonders wertvoll ist hingegen, die andere Moral, die übermittelt wird: Sei du selbst, es ist nur wichtig, dass du mit dir zufrieden bist.

Ich muss zugeben, dass ich keine hohen Erwartungen an das Buch hatte. Es hat mich mit seiner Emotionalität und Tiefe aber sehr berührt und vor allem empfinde ich es als authentische Beschreibung der Probleme, die das Erwachsenwerden mit sich bringt. Daher 4 von 5 Sternen.
In der Originalsprache gibt es wohl schon einen zweiten Teil („Nantucket Red“), den ich auf jeden Fall auch gerne lesen würde.