Fakten und Fiktion
Die Akte BaaderWie werden Idealisten zu Terroristen?
Das ist die zentrale Frage, wenn man sich mit den führenden Köpfen der Rote Armee Fraktion (RAF) beschäftigt. In dem Buch "Die Akte Baader" steht Andreas Baader im ...
Wie werden Idealisten zu Terroristen?
Das ist die zentrale Frage, wenn man sich mit den führenden Köpfen der Rote Armee Fraktion (RAF) beschäftigt. In dem Buch "Die Akte Baader" steht Andreas Baader im Mittelpunkt, der ohne Vater bei Mutter, Tante und Großmutter aufwächst. Früh zeichnen sich trotz verzweifelter Bemühungen der Mutter schulische Probleme und berufliches Scheitern ab. Baader schlittert in die Kriminalität, bewegt sich gern in der halbseidenen Münchener Schickeria, um dann in Berlin einen Politisierungsschub zu erfahren. Mit der Kommune 1 und der Kaufhausbrandstiftung 1968 vollzieht sich sein Weg vom Rebell zum Revolutionär. Mit der Gründung der linksrevolutionären Roten Armee Fraktion (RAF) wird er zum Staatsfeind Nr. 1!
Das Cover ist nicht spektakulär. Es zeigt eine bekannte Schwarz-Weiß-Fotografie. Die grobkörnige Aufnahme ist ein Stück Zeitgeschichte und ein Stück Selbstinszenierung. Andreas Baader wird in Handschellen abgeführt. in seiner freien Hand hält er eine Zeitung. Seine Augen sind hinter einer schwarze Sonnenbrille verborgen. Er ist lässig gekleidet, nicht rasiert und macht einen selbstbewussten, verwegenen Eindruck. Er scheint auf seine Taten stolz zu sein Denn seine aufrechte, selbstbewusste Haltung bringt zum Ausdruck: Schaut her, hier bin ich!
Ehrlich gestanden, habe ich mich mit diesem Buch etwas schwer getan. Stefan Schweizer hat gründlich recherchiert, und ich staune über die Flut an (mir gänzlich unbekannten) Informationen, die er in diesem Werk zusammengetragen hat. Trotzdem kann das geballte Fachwissen ein gewisses Defizit nicht ausgleichen. Meiner Ansicht nach pendelt dieses Werk etwas unentschlossen zwischen einem Sachbuch und einem Biographischen Roman/Krimi hin und her.
Stefan Schweizer entwirft ein spannendes Psychogramm des Terroristen, das Fakten mit Fiktion kombiniert. Leider habe ich den Menschen Andreas Baader hinter dem Mythos kaum entdecken können. Der Autor schildert zwar das aufsehenerregende Geschehen aus der Perspektive des bekannten Terroristen, aber er versetzt sich nicht in seine Lage und erweckt ihn nicht zum Leben. In jeder Zeile spürt man eine deutliche Distanz zu der in den Fokus gerückten (negativ besetzten) narzisstischen, psychopathischen Figur.
Auch der sprachliche Stil dieses Buchs hat mir nicht zugesagt. Auf mich wirkten alle Passagen, in denen wörtliche Rede verwendet wurde, holprig und ungelenk. Aus diesem Grunde kann ich leider nur 4 Sterne für ein interessantes Buch vergeben, das sich mit einer wichtigen Persönlichkeit der deutschen Zeitgeschichte befasst.