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Veröffentlicht am 13.03.2018

Ein sprachgewaltiger Roman über die Liebe zur Kunst und die Rolle der Frau in den Jahren der spanischen Revolution und des schillernden Londons der 60er.

Das Geheimnis der Muse
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Das Geheimnis der Muse erzählt von zwei jungen Frauen, deren Leben durch ein Gemälde schicksalhaft miteinander verwoben sind: Olive, eine talentierte Malerin am Vorabend des Spanischen Bürgerkriegs, und ...

Das Geheimnis der Muse erzählt von zwei jungen Frauen, deren Leben durch ein Gemälde schicksalhaft miteinander verwoben sind: Olive, eine talentierte Malerin am Vorabend des Spanischen Bürgerkriegs, und Odelle, eine angehende Schriftstellerin im London der Swinging Sixties.

London, 1967. Odelle Bastien, aus Trinidad nach England gekommen, um ihren Traum vom Schreiben zu verwirklichen, ergattert einen Job in der renommierten Kunstgalerie Skelton. Durch einen sensationellen Fund – ein Gemälde des seit dem Spanischen Bürgerkrieg verschollenen Künstlers Isaac Robles –, wird Odelle in eine Geschichte verstrickt, die ihr Leben völlig auf den Kopf stellt. Denn um das Gemälde rankt sich ein folgenschweres Geheimnis, das ins Jahr 1936 zurückreicht, als Olive Schloss, eine begabte junge Malerin, in Andalusien auf den Künstler und Revolutionär Isaac Robles trifft. Eine Begegnung, die ungeahnte Konsequenzen nach sich zieht ...
Zwischen dem schillernden London der Sechziger und dem schwülheißen Andalusien der Dreißiger entspinnt sich diese fesselnde und betörende Geschichte um große Ambitionen und noch größere Begierden...
(Klappentext)

✵✵✵✵✵

"Am Ende gelingt ein Kunstwerk nur dann, wenn sein Schöpfer den unverrückbaren Glauben daran besitzt, der es ins Dasein bringt." (S. 455 - Ende)

Hier eröffnet sich einem ein Roman über zwei starke Frauen und deren Liebe und Leidenschaft zur Kunst.

Mit Odelle Bastien betreten wir das schillernde London der 60er Jahre.
Sie ist aus Trinidad nach London gekommen, um ihrem Traum Schriftstellerin zu werden näher zu kommen. Doch England ist nicht so schillernd wie es ihr zu Hause erzählt wurde. Sie hat mit Rassismus und Vorurteilen zu kämpfen und ihr großer Traum scheint daran zu zerplatzen. Doch dann tritt die exzentrische Marjorie Quick, Leiterin einer Kunstgalerie, in ihr Leben. Diese nimmt sich ihrer an und ab diesem Zeitpunkt kommt Fahrt in Odelle's Leben. Doch ein Gemälde, welches durch Odelle's Freund den Weg in die Gallerie findet, scheint die starke und selbstbewusste Mrs. Quick völlig aus der Bahn zu werfen und Odelle macht sich auf die Suche nach dem Grund.

Mit Olive gelangen wir in das gebeutelte und kurz vor dem Bürgerkrieg stehende Spanien der 30er Jahre.
Sie führt ein privilegiertes Leben als Tochter einer reichen Erbin als Mutter und einem renommierten Kunsthändler als Vater. Doch glücklich ist sie nicht. Immer steht sie im Schatten ihrer wunderschönen und charismatischen Mutter, welche ihre Depressionen in Alkohol ertränkt. Weder Mutter noch Vater wissen um ihre Leidenschaft zur Malerei. Doch diese Leidenschaft scheint ihr abhanden gekommen zu sein, bis sie auf den Revolutionär Isaac Robles trifft. Dieser entfacht nicht nur die Leidenschaft der ersten Liebe in ihr, sondern auch die zur Malerei. Wie im Wahn beginnt sie zu malen, doch nur für sich und heimlich in ihrem Zimmer, denn als Frau würden ihre Werke nie anerkannt werden. Bis sich die Ereignisse überschlagen und nicht nur der spanische Bürgerkrieg alles zu zerstören droht.

Zwei Frauen, zwei Geschichten und doch verbindet sie ein Geheimnis, welches von den spanischen 30ern bis ins England der 60er reicht.
Der Gegenstand - das geheimnisvolle Gemälde...(pers. Zusammenfassung)

✵✵✵

Dieser Roman enthält eine unglaubliche Sprachgewalt. Die Autorin schafft es gekonnt die Atmosphäre der jeweiligen Zeit einzufangen und an den Leser zu transportieren. Das heiße und brodelnde Andalusien mit seinen kräftigen, aber auch leicht melancholischen Klängen und dann das kühle, regnerische London - nachdenklich und doch auch bissig.

"....ihre auftoupierte Hochfrisur war fest wie Beton, und die Menge an Eyeliner, die ihre Augen umrahmten, hätte genügt, um fünf Pharaos zu schminken." (S. 21)

Doch eines haben beide Handlungsstränge gemeinsam - die Leidenschaft zur Kunst und vor allem bei Bastien auch die Liebe zur Literatur. Diese äußert sich vor allem durch die Vergleiche zu gelesenen Büchern die Bastien bei Beschreibungen herstellt.

"Der Garten hinter dem Haus war ein bisschen verwildert wie in einem Roman von Hodgson Burnett - ungestutzte Büsche; knorrige Zwetschgenbäume, zerbrochene Tontöpfe mit Minze, prächtig gedeihende Ackerveilchen." (S. 171)

Der Roman enthält Kultur, Geschichte und vor allem den Weg der Frauen zur Emanzipation und Toleranz.
Dies alles in einem unglaublich atmosphärischem Schreibstil, der es erlaubt sich in jede der beiden Hauptprotagonistinnen hineinzuversetzen.
Trotz der vielen Wendungen enthält dieser Roman aber auch ein paar Längen, welche den Lesefluss etwas beeinträchtigen und die Spannung schmälern. Vor allem in Bezug auf die spanische Revolution, die zwar vorhanden ist, einem jedoch trotzdem als Leser sehr weit weg vorkommt.

Das Cover ist einfach unglaublich und nimmt die Thematik gekonnt auf. Auch die Gestaltung des Buchinneren ist wunderschön und passend. Ein wunderschönes Buch in einem wunderschönen Kleid.

Fazit:
Ein unglaublich sprachgewaltiger Roman voller Leidenschaft und packender Thematik, der mich, trotz ein paar vorkommender Längen, gut unterhalten und mitreißen konnte. Dies war mit Sicherheit nicht mein letzter Roman von Jessie Burton.
Von mir gibt es daher eine absolute Leseempfehlung!

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 07.03.2018

Leider überwiegt hier das psychische Drama des Ermittlers und auch das Ende konnte mich nicht vollends überzeugen.

Die Lektion des Todes
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»Das Mädchen, das Sie gefunden haben, ist nicht mein erstes Experiment. Und es wird nicht das letzte sein.« In Liverpool wird die Leiche einer Studentin gefunden. Daneben ein Brief, der ein verbotenes ...

»Das Mädchen, das Sie gefunden haben, ist nicht mein erstes Experiment. Und es wird nicht das letzte sein.« In Liverpool wird die Leiche einer Studentin gefunden. Daneben ein Brief, der ein verbotenes psychologisches Experiment beschreibt. DI David Murphy hält den Brief für ein Ablenkungsmanöver – bis weitere Leichen auftauchen.Auf der anderen Seite der Stadt versucht Rob Barker, seinen eigenen Verlust zu verarbeiten. Vor knapp einem Jahr verschwand seine Freundin spurlos. Rob wurde verdächtigt, doch es gab keinerlei Beweise. Und zwischen beiden Fällen scheint es eine erschreckende Verbindung zu geben …(Klappentext)

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"Bereits in jungen Jahren wird uns die Angst vor dem Tod gelehrt - jener unbegreiflichen Macht, auf die wir alle zustreben, einzig und allein, weil wir existieren." (S. 9 - Anfang)

Klappentext und Anfang des Psychothrillers lassen einem Großes erwarten - Psychothrill durch und durch.
Die Thematik, die der Autor gewählt hat, lässt einem auf jeden Fall die Gänsehaut rauf und runter laufen. Ein Serienkiller treibt in Liverpool sein Unwesen und der Grund ist seine ganz spezielle Mission - Forschung und Experimente an Menschen. Er hält sich dabei an Dr. Sigmund Freuds These "Das Ziel allen Lebens ist der Tod" und genau diesen will er erforschen und dafür benötigt er natürlich auch Publikum. Mit Briefen, welche an den Opfern angebracht sind, wendet er sich an die Ermittler und diese haben es in sich.

"Was fühlen wir im Augenblick des Todes? Können wir das Gefühl jemals beschreiben? Ohne die wissenschaftliche Forschung, ohne Experimente werden wir keine dieser Fragen je beantworten können." (S. 51)

Man erhält aber nicht nur anhand der Briefe Einsicht in die kranke Gedankenwelt des Täters, sondern auch durch ein paar wenige Erzählstränge des Killers selbst, welche erkennen lassen, dass bei ihm auf psychologischer Ebene so einiges im Argen liegt.

"Die Erste hatte nicht annähernd so sehr geschrien. Dieser nutzlose Haufen Haut und Knochen hatte mit seinem Geheul schier die Wände eingerissen.[...] Die hatte vielleicht Nerven." (S. 134)

Ebenso erhält man Einblick in die Sicht des Opfers "Experiment 2", welches schon seit längerem in seinem Keller sein Dasein fristet, der ganze Stolz des "Wissenschaftlers" ist und mit dem er noch viel vor hat.

Erzählt wird in zwei Handlungssträngen.
Der eine betrifft die Gegenwart und wird hauptsächlich aus der Sicht des leitenden Ermittlers Murphy erzählt, aber zu ihm kommen wir später.
Der zweite Handlungsstrang ist ca. ein Jahr zuvor angesiedelt und enthält die Sichtweise von Rob Barker. Dessen Freundin verschwand nach einem Mädelsabend spurlos, doch keiner will ihm glauben, dass ihr etwas zugestossen sein könnte, da sie in der Vergangenheit schon mehrmals für Monate einfach abgehauen ist. Schließlich gerät er selbst ins Visier der Ermittler.

Bis hierher erscheint der vorliegende Psychothriller ein wahres Goldstück unter den Psychothrillern zu sein - interessante Thematik, der Schreib- und Erzählstil ist durchaus fesselnd und auch der Plot in diesen Bereichen geht einem unter die Haut. Hier erkennt man, dass der Autor, welcher ein Studium in Psychologie und Kriminologie absolvierte, durchaus Ahnung von der Materie hat. Doch leider fällt das Ganze durch den Hauptprotagonisten, den Ermittler Murphy, in sich zusammen.

Dieser hat private Probleme ohne Ende und diese sind wirklich gewaltig. Private Probleme bei Ermittlern sind derzeit ja sehr modern. Kein Krimi/Thriller scheint mehr ohne persönliches Ermittler-Drama auszukommen, aber Luca Veste treibt dies hier wirklich an die Spitze. DI David Murphy hat gleich 3 private Baustellen:

1) er hat den letzten Mordfall versemmelt. Hier wird jedoch keineswegs darauf eingegangen welchen Mist er gebaut hat. Es wird nur immerzu erwähnt.
2) Massive Probleme mit seiner Noch-Ehefrau, einer Junkie-Braut, von der er getrennt lebt
3) ..und das ist fast schon ein eigenständiger Fall...seine Eltern wurden auf bestialische Weise ermordet

und als wäre das nicht schon genug, nimmt ihn dann auch noch der Serienkiller ins Visier. Sorry, aber das ist wirklich absolutely too much! Kein Wunder flennt DI Murphy, ist völlig von der Rolle und kann sich nicht wirklich auf den Fall konzentrieren und dieser dann in dem Ganzen Tohuwabohu und Rumgejammere untergeht..und natürlich immer dann wenn es gerade spannend wird.

"Jeder lauerte nur darauf, dass er irgendeine Schwäche zeigte. Doch er hatte sich daran gewöhnt, die Fassade zu wahren - niemandem gegenüber irgendetwas preiszugeben oder zu teilen." (S. 62)

Tja, hätte sich auch nur der Autor etwas daran gehalten, so wäre der Spannungsbogen auf hohem Niveau geblieben und nicht ständig in sich zusammengesackt, aber da wäre das Buch wohl auch nur halb so dick geworden.

Die Auflösung enthält zwar eine große Überraschung, mit dem Ende bin ich trotzdem nicht zufrieden. Hier wird nämlich keineswegs darauf eingegangen, weshalb der Täter so wurde wie er ist, wieso ihn der Tod so fasziniert oder warum er sich für Experimente an Menschen entschieden hat. Man könnte meinen er macht das Ganze einfach nur, weil er gerade lustig ist und nichts besseres zu tun hat.
Mir fehlt hier der Bezug zur Pathopsychologie und bei einem Autor der ein abgeschlossenes Studium in Psychologie und Kriminologie hat, hätte ich mir eigentlich genau das erwartet.

Fazit:
Dieser Psychothriller hätte durchaus ein richtiggehendes Schmankerl werden können. Thematik top, Plot durchaus spannend (wenn das Zwischendrin-Gejammere nicht gewesen wäre) und toller Schreib- und Erzählstil. Leider wird hier jedoch das persönliche Drama des Ermittlers immer wieder in den Vordergrund gerückt und die Menge und Intensität dieser Schicksalsschläge sind einfach zu viel und zu dramatisch. Mich wundert, dass mir von dem ewigen Augenüberdrehen die selbigen nicht steckengeblieben sind.
Auch das Ende konnte mich nicht gänzlich zufriedenstellen.
Für Leser, welche sich für kaputte Ermittler interessieren und erwärmen können, ist dies sicher ein durchaus empfehlenswerter Psychothriller. Ebenso für Leser bei denen das Weshalb und Warum nicht so sehr im Vordergrund stehen.
Mein Highlight war dieser Psychothriller nicht wirklich. Aufgrund des tollen Schreibstils bleibt der Autor trotzdem auf meinem Radar. Vielleicht macht er es beim nächsten Mal ja besser.

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 07.03.2018

Gelungener Auftakt einer viktorianischen Krimi-Reihe - authentisch, spannend und mit ganz besonderen Charakteren.

Inspector Swanson und der Fluch des Hope-Diamanten
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London 1893, Gordon Wigfield, ein ehrbarer Goldschmied und Damenfreund wurde in seiner Werkstatt auf bestialische Weise ermordet.
Chief Inspector Donald Sutherland Swanson nimmt die Ermittlungen auf.
Doch ...

London 1893, Gordon Wigfield, ein ehrbarer Goldschmied und Damenfreund wurde in seiner Werkstatt auf bestialische Weise ermordet.
Chief Inspector Donald Sutherland Swanson nimmt die Ermittlungen auf.
Doch es bleibt nicht bei einer Leiche. Die Nachforschungen führen Swanson schließlich in die höchsten Kreise der Gesellschaft. Welche Rolle spielen Oscar Wilde und sein Geliebter Lord Douglas? Und was weiß Arthur Conan Doyle?
Die Karten werden neu gemischt, als sich herausstellt, dass der in den Kellern des Londoner Bankhauses Parr am Cavendish Square aufbewahrte „Blaue Hope-Diamant“ eine Imitation ist ...
(Klappentext) - hier wäre es übrigens von Vorteil gewesen nicht gleich zu viel zu verraten.

♔♔♔♔♔

"Die Zeit der Kerzen und der Gemütlichkeit. Die Zeit des dampfenden Kakaos und der duftenden Kerzen. Die Vorweihnachtszeit...." (S. 11 - Anfang)

Ruhig und besinnlich scheint dieser Krimi zu beginnen doch lasst Euch nicht täuschen, denn hier geht es alles andere als ruhig und besinnlich zu. Bereits ein paar Seiten weiter war es das mit der Idylle und die unerklärlichen Morde an Englands Goldschmieden nehmen ihren Anfang - im Jahre 1878.
15 Jahre später - Chief Inspector Swanson wird zu einem Mord gerufen. Ein geachteter und ehrbarer Goldschmied wurde auf bestialische Weise ermordet. Alle Beweise und Hinweise scheinen ins nichts zu führen, bis ein weiterer Goldschmied auf ähnlich brutale Art ermordet aufgefunden wird. Parallelen sind der Beruf und die Räucherkegel die um und auch in den Leichen gefunden werden. Bei den Ermittlungen wird schnell klar, dass diese Goldschmiede gar nicht so ehrbar waren wie es zunächst schien. Jeder von ihnen hat Dreck am Stecken und das nicht zu knapp.
Doch was dies alles mit dem Hope-Diamanten zu tun hat und weshalb die Zeit läuft, tja, das liest man am besten selbst.

Ich liebe viktorianische Krimis aufgrund ihres ganz eigenen Flairs und sofern sie authentisch sind und dieser reizte mich besonders.
Dieser Krimi sprüht nämlich nahezu vor Authentizität. Dies liegt vor allem an den vorhandenen Protagonisten.
Der Großteil der im Buch vorkommenden Personen existierte wirklich. Oscar Wilde, Arthur Conan Doyle und auch die kleine Agatha Christie kreuzen unseren Weg. Aber allen voran Chief Inspector Donald Sutherland Swanson. Ja, richtig gelesen. Dieser Krimi beruht auf eine einst tatsächlich existierenden Person. Ebenso gibt es auch den berüchtigten Hope-Diamanten, wie auch sein Fluch, der angeblich vielen Besitzern Unglück und Tod bescherte.
Mit diesem Wissen erhält dieser Krimi einen ganz besonderen Charme.
Der Autor schafft es auf sehr einnehmende Art und Weise diese Personen auftreten zu lassen, welche den Leser nicht nur einmal schmunzeln lässt.
Die Charaktere sind durchwegs gut und vor allem authentisch gezeichnet und behalten ihren für sie typischen Charme bei.

Die Charakterzeichnugnen sind im Allgemeinen sehr gut gelungen und die an die Zeit angepasste Dialogführung trägt ebenso dazu bei sich in die damalige Zeit zurückversetzt zu fühlen.
Die Zahl der Protagonisten wäre auch durchaus überschaubar gewesen, wenn der Autor bei den Angaben der Namen nicht des Öfteren zwischen der Familien- und Vornamen, sowie der Kurzform der Vornamen switchen würde. Das führte manchmal etwas zur Verwirrung.

Historische Ereignissen werden hier ebenso auf amüsante Weise eingeflochten.

"Es war das Jahr 1893. Jenes Jahr, in welchem die Welt ihr Augenmerk skeptisch auf Neuseeland gerichtet hatte. Man sprach vom Verfall der Moral, man sah sich einer unglaublichen Bedrohung ausgesetzt, man zitterte und schauderte bei dem Gedanken daran, eine Welle weiblicher Gewalt könne amazonenhaft und feministisch auf die heilen Kontinente männlicher Herrschaft schwappen und sie überspülen." (S. 19)

Die Rede ist von der Wahlberechtigung der Frauen und welche Reaktionen diese in der damaligen Zeit auslöste.
Aber auch die Geschichte der Forensik wird hier thematisiert. Diese steckte damals noch in den Kinderschuhen und so etwas wie die Möglichkeit Täter anhand von Fingerabdrücken zu überführen, wurde nur müde belächelt.

"Trotz seiner Offenheit den geheimnisvollen wissenschaftlichen Methoden der noch jungen forensischen Abteilung des Yards gegenüber war Swanson ein skeptischer Mann der alten Schule..." (S. 33)

Der Autor hat hier wirklich viel Zeit und Mühe in die Recherche gesteckt und historische Ereignisse genauso packend beschrieben wie den Krimi selbst.
Der Schreibstil ist flüssig und die Erzählweise packend. Der Plot enthält unzählige Wendungen und die Auflösung war selbst für mich mehr als überraschend. Es gab im Verlauf der Story absolut keine Hinweise und trotzdem war es doch logisch und nachvollziehbar.
Hier wird auch nicht am typisch britischen Humor gespart - morbide und trocken, bissig und treffend, also ganz meins. Daher musste ich mehr als nur einmal laut lachen.

Trotzdem sollte man nicht allzu zart besaitet sein, denn die Morde sind alles andere als 08/15 und werden hier nicht nur angedeutet.

"Die Hände mit Draht gefesselt. Der Kopf im Nacken. Die Augen entsetzt aufgerissen. Schwache Rauchschwaden stiegen noch immer aus der verbrannten Mundhöhle auf [.....]. Der Mörder hatte den Mann auf den Stuhl gesetzt und ihm das geschmolzene Gold in den Rachen gegossen." (S. 29)

Und das ist die harmloseste vorhandene Beschreibung.

Fazit:
Dies ist der Auftakt einer viktorianische Krimi-Reihe, welche definitiv ganz nach meinem Geschmack ist und das Zeug dazu hat einer meiner Lieblingsreihen zu werden - authentisch, spannend, mit viel britischem Humor und ganz besonderen Charakteren. Von mir gibt es daher eine absolute Leseempfehlung und ich freue mich jetzt schon den 2. Teil zu lesen.

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 28.02.2018

Eine wundervolle Hommage an das Lesen und die Queen - britischer Humor trifft auf Tiefsinnigkeit und Bibliophilie.

Die souveräne Leserin
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Die Hunde sind schuld. Beim Spaziergang mit der Queen rennen sie los, um den allwöchentlich in einem der Palasthöfe parkenden Bücherbus der Bezirksbibliothek anzukläffen. Ma'am ist zu gut erzogen, um sich ...

Die Hunde sind schuld. Beim Spaziergang mit der Queen rennen sie los, um den allwöchentlich in einem der Palasthöfe parkenden Bücherbus der Bezirksbibliothek anzukläffen. Ma'am ist zu gut erzogen, um sich nicht bei dem Bibliothekar zu entschuldigen, leiht sich ebenfalls aus Höflichkeit ein Buch aus - und kommt auf den Geschmack. Von da an deckt sie sich jede Woche mit Lesestoff ein und lernt den Küchengehilfen Norman kennen, mit dem sie sich fortan über ihre Lektüre unterhält (wie übrigens auch mit dem verdutzten französischen Präsidenten)...(Klappentext)

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"Auf Windsor gab es ein abendliches Staatsbankett, und als der französische Präsident seine Position neben Ihrer Majestät eingenommen hatte, reihte sich die königliche Familie dahinter auf, und die Prozession setzte sich langsam in Richtung Waterloo Chamber in Bewegung." (S. 5 - Anfang)

Man scheint hier kleine Einblicke in das Leben der Queen, die Hofetikette und die Abläufe von Staatsbesuchen zu erhalten. Ob dies nun wirklich der Wahrheit entspricht sei mal dahingestellt. Sicher ist, wäre ich an der Steller Ihrer Majestät, würde ich mich ebenso in die Welt der Bücher flüchten. Denn genau das tut sie, nachdem sie eines Tages die Bekanntschaft mit einem Bücherbus und einem Jungen namens Norman gemacht hatte. Vor allem durch Norman entdeckte sie die Liebe zur Literatur und zum Lesen. Anfangs war sie in der Hinsicht noch etwas zurückhaltend.

"Man hatte keine Vorlieben zu haben. Ihr Beruf verlangte Interesse zu zeigen, aber keine Interessen zu haben. Und außerdem war Lesen nicht tun. Sie war ein Mensch der Tat." (S. 8)

Doch das änderte sich schnell, je mehr sie in die Welt der Bücher eintauchte. So sehr, dass ihr Staatsbesuche und Eröffnunsgalas lästig wurden und sie es sich erlaubte dafür zu spät zu kommen, ja sogar hin und wieder eine Krankheit vorzuschieben, nur um nicht teilhaben zu müssen und sich stattdessen mit einem Buch zurückzuziehen.
Die Queen verändert sich und entzieht sich zunehmend der Kontrolle des gesamten Hofstaates. Dieser ist darüber alles andere als begeistert und schreitet zur Tat - mit unvorhergesehenen Konsequenzen.

Dieses Büchlein ist eine wahre Hommage an die Queen, aber vor allem an die Literatur und das Lesen selbst. Eine Geschichte über Bücher, wie sich das Leseverhältnis durch zunehmendes Lesen verändert, man sich selbst verändert.
Dies alles sieht man hier am Beispiel der Queen, welche sich nur noch mit Büchern und dem Lesen beschäftigen möchte. Auch sie verändert sich - wird zunehmend offener, direkter, quasi mehr sie selbst. Ihr Hofstaat hingegen sieht das jedoch als schleichende Vergreisung - die Schrullen einer alten Lady.
Dadurch ergeben sich äußerst witzige Dialoge, die den typisch trockenen und oft bissigen britischen Humor beinhalten.

">>Ich spinne hier nur mal ein paar Gedanken, Ma'am, aber es wäre sicher hilfreich, wenn wir eine Presseerklärung des Inhalts herausgeben könnten, dass Ihre Majestät neben englischer Literatur auch ethnische Klassiker liest."<<
>>An welche ethnischen Klassiker hatten Sie da gedacht, Sir Kevin? Das Kamasutra?<<"
(S. 43)


Doch auch tiefsinnige Gedanken, die jeden Bibliophilen beschäftigen sind hier enthalten.

">>Für mich<<, so schrieb sie, >> ist Literatur ein riesiges Land, zu dessen fernen Grenzen ich mich aufgemacht habe, die ich aber unmöglich erreichen kann. Und ich bin viel zu spät aufgebrochen. Ich werde meinen Rückstand niemals aufholen.<<" (S. 46)


Endlos könnte man aus diesem Büchlein zitieren und ebenso endlos darin verweilen.

Fazit:
Ich tauchte für paar Stunden darin ein, schmunzelte, lachte und nickte des öfteren bestätigend wenn es um die Liebe und die Gefühle zur Literatur ging. Es ist ein Buch in dem ich mich regelrecht zu Hause fühlte und wie gerne wäre ich noch bei der Queen und ihren Büchern verblieben.
Alan Bennett schreibt locker-flockig, mit viel Witz und doch auch so eindringlich und mit Tiefe. Daher bekommt dieses bibliophile Büchlein von mir eine absolute Leseempfehlung und mit Sicherheit war dies nicht mein letzter Bennett.

In diesem Sinne - "Man legt sein Leben nicht in seine Bücher. Man findet es in ihnen" (S. 97)

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 27.02.2018

Selten konnte mich eine Autobiografie so packen und gut unterhalten.humorvoll mit viel Selbstironie, aber auch direkt und schonungslos

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Bruce Dickinson ist ein einzigartiges Universalgenie. Er ist seit über fünfunddreißig Jahren gefeierter Sänger der erfolgreichsten Heavy-Metal-Band der Welt - Iron Maiden. Er ist gleichzeitig Pilot (er ...

Bruce Dickinson ist ein einzigartiges Universalgenie. Er ist seit über fünfunddreißig Jahren gefeierter Sänger der erfolgreichsten Heavy-Metal-Band der Welt - Iron Maiden. Er ist gleichzeitig Pilot (er fliegt die Ed Force One, die bandeigene 747!), Motivationsredner, Drehbuch- und Romanautor, Radiomoderator und war jahrelang erstklassiger Fechter auf Weltklasseniveau. Von seinen Fans wird er regelrecht verehrt. Jetzt erzählt er die besten Geschichten aus seinem abenteuerlichen Leben, darin schreibt er auch über seinen dramatischen Kampf gegen den Zungenkrebs, der ihm beinahe das Leben gekostet hätte.

Iron Maiden sind mit über 90 Millionen verkauften Alben und über 2.000 Konzerten eine der erfolgreichsten Rockbands aller Zeiten. Bruce Dickinson ist darüber hinaus auch als Solokünstler regelmäßig in den Charts zu finden. Seine Memoiren hat er handschriftlich selbst verfasst...
(Klappentext)

♫♫♫♫♫


Die Band "Iron Maiden" begleitet mich schon nahezu mein ganzes Leben - von meiner rebellischen Jugend ausgehend bis heute, noch immer etwas rebellisch, aber zumindest etwas ruhiger geworden. Ich bin also Iron Maiden-Fan durch und durch. Daher war diese Autobiografie für mich Pflicht und ich muss gestehen, ich bin mehr als nur positiv überrascht, sondern regelrecht begeistert.

"Ich war schon zwei Stunden über Murmansk gekreist, aber die Russen ließen uns einfach nicht landen. >>Landeerlaubnis verweigert<<, teile man mir mit breitem Mr. Chekov-Akzent mit." (S. 9 - Anfang/Vorwort)

So beginnt Bruce Dickinson seine Autobiografie und ab diesem Zeitpunkt konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen.
Und er beginnt dabei ganz von vorne -

"Meine frühere Kindheit war gar nicht mal so übel: lange Spaziergänge im Wald, Kaninchenlöcher, die magischen Sonnenuntergänge eines Winters im Flachland und Frost, der unter dem purpurnen Himmel glitzerte." (S. 13)

- von seiner frühen Kindheit an, in einfachsten Verhältnissen, über seine Jugend, sein Leben mit und ohne Iron Maiden, bis hin zu seiner Krebserkrankung.

Was Privates betrifft, erhält man tiefe Einblicke in das Leben und Denken von Bruce Dickinson:

+wie Bruce durch seinen Onkel die LIebe zu Flugzeugen entdeckte

+weshalb er sich nie tätowieren ließ
seine Erfahrung mit Mobbing, da er anders war, nämlich ein absoluter Nerd

"Bücher, die Bibliothek, das Schreiben und die Schauspielerei wurden zu meiner Zuflucht." (S. 32)

+sein Leben im "Oundleschen Alcatraz" (privat. Internat), wo noch die Prügelstrafe zum guten Ton gehörte und die ersten Berührungen mit dem Fechten und Rock Bands erfolgte.

+über den Beginn seiner Zeit bei Iron Maiden und die damaligen Modesünden

"Die Bandfotos jener Zeit, in Schritthöhe betrachtet, ließen an die Auslage eines Gemüseladens denken, gut bestückt mit Paprika, Auberginen und Silberzwiebeln." (S. 161)


+ wie so manche Idee eines Songs entstand und seine Erwartungen an die Band und an sich selbst

"Ich suchte nach dem Heiligen Gral der Unschuld und der Erfahrung. Meine Vision war noch unscharf, aber meine Berufung war glasklar. Unterhaltung, ja, aber über allem anderen stand die Wahrheit." (S. 60)

+ sein Ausstieg und seine Solo-Projekte und sein Wiedereinstieg bei Iron Maiden

+was die Diagnose Krebs in ihm auslöste und sein Weg durch die Chemo-Hölle

Dies alles in einem unglaublich packenden Erzählstil mit viel Witz und einer großen Prise Selbstironie, welche mich oft laut auflachen ließ.

Doch auch direkt und schonungslos, ohne jedoch reißerisch zu wirken. Hier geht es ausschließlich um ihn selbst - Bruce Dickinson, daher werden Geburten, Hochzeiten, Scheidungen und Auseinandersetzungen innerhalb und außerhalb der Band nicht thematisiert. Und um ehrlich zu sein habe ich diese Themen auch absolut nicht vermisst. Das liegt vor allem daran, dass alles andere so viel interessanter und mitreißender war.

"Meine Absicht war es einzig und allein, eine gute Geschichte zu erzählen."

Bruce, you did it and you rocked it!

Fazit:
Selten das mich eine Autobiografie so packen und gut unterhalten konnte. Eine Autobiografie wie der Autor selbst - außerordentlich humorvoll und mit viel Selbstironie, aber auch direkt und schonungslos ehrlich zugleich.
Der unbeschreiblich gute Schreib- und Erzählstil machen diese Autobiografie zu einem wahren Leseerlebnis, sodass dieses Buch sogleich zu einem meiner Lese-Highlights 2018 katapultiert wurde.
Von mir gibt es daher natürlich eine absolute Leseempfehlung. Vor allem für Iron Maiden-Fans ist diese Autobiografie ein absolutes Must-Have und ist aufgrund seiner qualitativ hochwertigen Ausgabe das Geld wert.

© Pink Anemone (mit Fotos, Leseprobe, Buch-Trailer)