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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.10.2023

Ein Kunstwerk

Spitzweg
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Eckhart Nickel beschreibt in "Spitzweg" die Geschichte von drei sehr einzelgängerischen Schülern, die sich durch einen Vorfall im Kunstunterricht anfreunden und beschließen, sich an der Lehrerin zu rächen, ...

Eckhart Nickel beschreibt in "Spitzweg" die Geschichte von drei sehr einzelgängerischen Schülern, die sich durch einen Vorfall im Kunstunterricht anfreunden und beschließen, sich an der Lehrerin zu rächen, um die Ehre wiederherzustellen.

Besonders viel Handlung bietet der Roman allerdings nicht. Vielmehr ist es eine Liebeserklärung an die Kunst selbst, ausgedrückt durch Kunst - denn anders kann man den Schreibstil Nickels nicht bezeichnen.
Dabei wird es sehr unrealistisch, ja, denn niemand in der heutigen Zeit drückt sich derart aus, egal wie hochbegabt und kunstinteressiert. Doch genau das gefiel mir sehr gut. Es bereitete mir Freude, diesen ästhetischen, geradezu malerischen Sätzen zu folgen.
Dabei nehmen die Protagonisten oft Bezug auf Werke aus Kunst, Literatur und Musik, man hat jedoch nicht das Gefühl, alles nachschauen zu müssen, was man nicht kennt.

Allerdings muss ich auch eingestehen, dass es mir irgendwann zu viele Abschweifungen, zu ausgedehnte Kunstbetrachtungen, zu wenig Handlung gab.

Mir fällt es sehr schwer, diesen absolut einzigartigen Roman zu bewerten. In einer Rezension heißt es, er befände sich "irgendwo zwischen Besonders und Sonderbar" und das trifft es sehr gut auf den Punkt.
Trotz der schrulligen, liebenswerten Charaktere, des wunderschönen Schreibstils, der hohen Dichte an Ironie, würde ich ihn nicht uneingeschränkt weiterempfehlen. In diesem Buch geht es nicht darum, eine Geschichte zu erzählen, hier geht es um das Lesen um des Lesens willen. Ab und zu kommt sogar das Gefühl auf, der Autor verspotte die Lesenden selbst.
Und weil ich mich absolut nicht entscheiden kann, ob ich zwei oder fünf Sterne vergeben soll, nehme ich den Mittelwert: ⭐️3,5⭐️

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Veröffentlicht am 26.09.2023

Bleibt im Gedächtnis

Eva
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Verena Kesslers "Eva" beleuchtet die Leben von vier Frauen, deren Schicksale alle miteinander verbunden sind: Eine spricht sich öffentlich dafür aus, dass die einzige Lösung für den Klimawandel ist, keine ...

Verena Kesslers "Eva" beleuchtet die Leben von vier Frauen, deren Schicksale alle miteinander verbunden sind: Eine spricht sich öffentlich dafür aus, dass die einzige Lösung für den Klimawandel ist, keine Kinder mehr zu bekommen. Eine hat einen unerfüllten Kinderwunsch. Die nächste hat drei Kinder und die letzte hat ihres an einer Krankheit verloren.
Im Mittelpunkt stehen dabei die Themen Klimawandel und Mutter-/ Frausein.

Es wird nacheinander aus der Sicht der jeweiligen Personen geschrieben, dabei kann man sich gut in die Gedanken- und Gefühlswelt jeder einzelnen versetzen und alles nachvollziehen.
Es wird deutlich, dass es kein Richtig und Falsch beim Thema Kinderwunsch gibt, wie ambivalent Muttergefühle sein können und dass keine der Optionen ein Garant für Glück sein muss.

Auch das kontroverse Thema, sich aufgrund des Klimas nicht mehr fortzupflanzen, finde ich sehr interessant ebenso wie die im Buch aufgeführten Diskussionen darüber. Mich als Mutter beschäftigt das Thema sehr, auch schon vor den Schwangerschaften.
Kessler lässt hier viel Meinungsfreiraum und drängt in keine Richtung.

Das Ende und Fazit des Buches hat mir auch sehr gut gefallen (obwohl der letzte Teil nochmal sehr emotional und schwer zu ertragen war), somit war es ein absolut rundes und gelungenes Werk, defintiv ein Highlight.

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Veröffentlicht am 22.09.2023

Spannender Thriller mit einigen Schwächen

Erinnere dich!
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Seit zwanzig Jahren hat Arno nicht mehr an das ungeklärte Verschwinden seiner damaligen Freundin Maja gedacht. Ein Klassentreffen weckt jedoch Erinnerungen. Außerdem sind da die anonymen Anrufe, die Arno ...

Seit zwanzig Jahren hat Arno nicht mehr an das ungeklärte Verschwinden seiner damaligen Freundin Maja gedacht. Ein Klassentreffen weckt jedoch Erinnerungen. Außerdem sind da die anonymen Anrufe, die Arno dazu auffordern, sich zu erinnern:
Hatte er was mit Majas Verschwinden zu tun?

Trotz der vielen negativen Rezensionen zu dem Buch wollte ich ihm eine Chance geben.
Der größte Kritikpunkt war für viele die fehlende Spannung; dies empfand ich anders. Zwar ist "Erinnere dich" kein nervenaufreibender Thriller, der einen auf 300 Seiten den Atem anhalten lässt, dennoch tauchen nach und nach mehr Fragen auf; Was ist damals wirklich passiert? Kann Arno seinen eigenen Erinnerungen trauen? Wer steckt hinter den Anrufen und was hat der eigenbrödlerische Student Wolfsohn eigentlich mit der ganzen Sache zu tun? So musste ich mich keineswegs durch das Buch quälen und war doch gespannt auf die Auflösung des Ganzen.

Leider wurde es im letzten Drittel teils etwas vorhersehbar, konstruiert und unglaubwürdig. Das Ende konnte mich nicht überzeugen.
Außerdem fand ich persönlich den Schreibstil wenig ansprechend. Obwohl er sich sehr flüssig lesen lässt, ist er doch ziemlich simpel, fast plump, und strotzt nur so vor Wortwiederholungen.
Auch mit dem Protagonisten Arno wurde ich nicht richtig warm und konnte ihn bis zum Schluss nicht einschätzen. Er wirkte wenig ausgearbeitet.

Insgesamt hat das Buch also definitiv seine Schwächen, obwohl ich die Grundidee interessant finde, gerade die Frage, inwieweit Erinnerungen manipuliert werden können.

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Veröffentlicht am 16.09.2023

Was ist Richtig oder Falsch?

Der Club
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Hans wird mit fünfzehn Vollwaise, kommt aufs Internat und lernt dort Boxen.
Irgendwann lädt seine Tante Alex ihn auf eine Universität in Cambridge ein: Dort gibt es einen elitären Boxclub, in dem ein Verbrechen ...

Hans wird mit fünfzehn Vollwaise, kommt aufs Internat und lernt dort Boxen.
Irgendwann lädt seine Tante Alex ihn auf eine Universität in Cambridge ein: Dort gibt es einen elitären Boxclub, in dem ein Verbrechen begangen wurde. Unter einem Decknamen soll Hans Mitglied werden und das Rätsel lösen.

Den Einstieg in Takis Würgers Debütroman "Der Club" mochte ich sehr: Er wirkt zugleich schnörkellos und märchenhaft, ich war sofort gebannt.
Dieser nüchterne, präzise Schreibstil zieht sich durch das gesamte Buch, man hat als LeserIn teilweise das Gefühl, man habe eine Enthüllungsreportage vor sich. Im Gegensatz zu "Unschuld" lässt Würger den LeserInnen hier auch deutlich mehr Spielraum für eigene Gedanken und Meinungen.

Insgesamt werden wieder sehr viele wichtige Themen angesprochen, aber keins besonders detailliert ausgearbeitet - bis aufs Boxen. Man bemerkt hier definitiv die eigenen Erfahrungen des Autors. Für mich persönlich hätte dieses spezielle Thema ruhig etwas kürzer, die anderen dafür ausführlicher behandelt werden können.

Obwohl früh klar ist, worin das Verbrechen besteht und wer dafür verantwortlich war, wird der Spannungsbogen bis zum Schluss gehalten. Denn es geht vielmehr um die Frage: Welchen Preis ist Hans bereit zu zahlen, um endlich dazuzugehören? Was ist richtig und falsch? Gibt es verschiedene Wahrheiten?

Am Ende verlief mir wieder alles zu glatt und wurde zu rund aufgelöst. Dennoch hat mir das Buch etwas besser gefallen als "Unschuld".

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Veröffentlicht am 13.09.2023

Kritik an der amerikanischen Gesellschaft

Unschuld
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Noch 35 Tage bis zu Florentin Carvers Hinrichtung. Bis dahin hat seine Tochter Molly Zeit, um herauszufinden, wer der wahre Schuldige ist und warum ihr Vater vor zehn Jahren ein falsches Geständnis abgelegt ...

Noch 35 Tage bis zu Florentin Carvers Hinrichtung. Bis dahin hat seine Tochter Molly Zeit, um herauszufinden, wer der wahre Schuldige ist und warum ihr Vater vor zehn Jahren ein falsches Geständnis abgelegt hat.

Neben diesem kriminalistischen Oberthema geht es in Takis Würgers Roman "Unschuld" vor allem um Kritik an der amerikanischen Gesellschaft: Waffenpolitik, Medikamentenmissbrauch, die Kluft zwischen Arm und Reich, sowie die Todesstrafe kommen zur Sprache und beweisen Würgers präzise Beobachtungsgabe.

Er schreibt nüchtern und schnörkellos, wechselnde Perspektiven und kurze Sätze lassen einem das Buch sehr kurzweilig erscheinen. Großartige Spannung kam allerdings nicht auf, dafür war die Storyline zu geradlinig, das Ende zu vorhersehbar.

Dennoch war es interessant, durch die verschiedenen Themen geführt zu werden und sich darüber Gedanken zu machen (obwohl Würger die Meinung klar vorgibt und nicht viel Gedankenfreiraum lässt). Positiv zu erwähnen sind außerdem die gut ausgearbeiteten Charaktere, allen voran die dreiundzwanzigjährige Protagonistin Molly. Durch ihr Stottern und ihre Ängste wirkt sie auf den ersten Blick gar nicht nach einer Heldin, beweist aber im Laufe der Geschichte Mut und wächst über sich hinaus.

Für mich war es kein Highlight, dem großen Hype zu diesem Buch kann ich mich nicht anschließen. Dennoch wurde ich gut und kurzweilig unterhalten, daher gibt es ⭐️3,5/5.⭐️

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