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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.12.2024

Aussage gegen Aussage

Sie sagt. Er sagt.
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Der Titel lässt es schon vermuten: “Sie sagt. Er sagt.” behandelt einen Gerichtsfall, in dem Aussage gegen Aussage steht. Der Hintergrund: eine erfolgreiche TV-Moderatorin zeigt ihren Ex-Geliebten an, ...

Der Titel lässt es schon vermuten: “Sie sagt. Er sagt.” behandelt einen Gerichtsfall, in dem Aussage gegen Aussage steht. Der Hintergrund: eine erfolgreiche TV-Moderatorin zeigt ihren Ex-Geliebten an, sie vergewaltigt zu haben.
Wie so oft in der Realität gibt es weder Zeugen noch Beweise, nur die Aussagen der zwei Parteien.
An diesem fiktiven Beispiel zeigt Ferdinand von Schirach die Problematik in einem solchen Fall auf. Er lässt einen aber auch seine eigene festgefahrene Meinung überdenken und unvoreingenommen die andere Seite betrachten. Auf diese Weise empfindet man Empathie sowohl für das eventuelle Opfer, welches vielleicht nie wieder in sein altes Leben zurückkehren kann, wenn der Täter nicht verurteilt wird, als auch für den möglicherweise unschuldig Verhafteten.
Der Autor lässt seine Figuren noch einmal alle Fakten, die es in einem solchen Fall zu bedenken gibt, nennen. Dabei fand ich die Stellungnahme der psychologischen Sachverständigen besonders interessant.
Am Ende muss man als Leser*in sein eigenes Urteil fällen. Wieder einmal bringt Ferdinand von Schirach einen zum Nach- und Überdenken der eigenen Voreingenommenheit. ⭐️5/5⭐️

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Veröffentlicht am 20.12.2024

Schwächster Fitzek bisher

Die Einladung
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Puh, wo fange ich an? Sebastian Fitzek war einer der ersten “richtigen” Autoren, die meine Liebe zum Lesen geweckt haben. Jahrelang habe ich alles von ihm verschlungen, die letzten Bücher haben mir allerdings ...

Puh, wo fange ich an? Sebastian Fitzek war einer der ersten “richtigen” Autoren, die meine Liebe zum Lesen geweckt haben. Jahrelang habe ich alles von ihm verschlungen, die letzten Bücher haben mir allerdings immer weniger gefallen. Das mag an meinem Lesegeschmack liegen, der sich definitiv geändert hat oder an der Qualität seiner Thriller. Auch wenn es mir wirklich nicht leichtfällt, muss ich sagen, dass “Die Einladung” für mich persönlich der Tiefpunkt ist.
Fitzek-typisch sind für mich der locker-leichte Schreibstil, die Cliffhanger, die einen nach jedem Kapitel “nur noch ein Kapitel” lesen lassen und die vielen überraschenden Wendungen am Ende.
All das bekommen wir auch hier wieder, jedoch fand ich den Schreibstil diesmal so platt und lieblos, dass ich mich an mehreren Stellen gefragt habe, wie die durchs Lektorat kommen konnten.
Die Cliffhanger sind zwar vorhanden, aber wirken so erzwungen reißerisch, dass sie ihre Wirkung bis auf wenige Ausnahmen verloren haben.
Und das Ende? Es gab viele Wendungen, ja, jedoch war es zum Schluss nur noch ein nicht nachvollziehbares, sehr konstruiertes Wirrwarr, das ich dem Autor beim besten Willen nicht abnehmen konnte.
Außerdem finde ich es zwar in Ordnung, für die Dramatik etwas zu übertreiben, aber wie viele Schläge auf den Kopf und stundenlange Ohnmachten musste denn bitte die Protagonistin ertragen (natürlich ohne irgendwelche Schäden davonzutragen)?
Das Nachwort lohnt sich hingegen wieder sehr, denn auch wenn ich in Zukunft wahrscheinlich auf Fitzeks Bücher verzichten werde, lässt sich eins nicht leugnen: Er ist und bleibt einfach einer der sympathischsten Autoren unserer Zeit. ⭐️2/5⭐️

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Veröffentlicht am 20.12.2024

Leichte Lektüre

Marianengraben
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In Jasmin Schreibers Roman “Marianengraben” treffen zwei Welten aufeinander: das schwere Thema Trauer und ein lockerer, humorvoller Schreibstil. Überraschenderweise passt das genauso gut zusammen wie die ...

In Jasmin Schreibers Roman “Marianengraben” treffen zwei Welten aufeinander: das schwere Thema Trauer und ein lockerer, humorvoller Schreibstil. Überraschenderweise passt das genauso gut zusammen wie die junge Studentin Paula und der Rentner Helmut, die sich darin anfreunden.
Das Leseerlebnis ist in etwa das gleiche wie beim Schauen eines Karoline-Herfurth-Filmes: hier und da schmunzelt man, ab und zu gibt's was fürs Herz, wichtige und ernste Themen werden angerissen, Probleme aber ein bisschen zu kitschig gelöst. Alles in allem eine kurzweilige, nette Unterhaltung, mehr aber auch nicht.
Hatte auch öfter das Gefühl, die Geschichte in verschiedenen Variationen schon öfter gelesen zu haben (Roadtrip als Selbstfindungstrip, bei dem sich zwei ungleiche Personen anfreunden).
Lutz mochte ich aber sehr gerne, genauso wie die Anekdoten an den kleinen, wissbegierigen Bruder.
Die Wunderheilung von Paulas Depressionen war mir allerdings etwas zu simpel. ⭐️3,5/5⭐️

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Veröffentlicht am 20.12.2024

Schonungslos eindringlich

Kukolka
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Lana Lux ist mit “Kukolka” ein sehr ergreifendes Debüt gelungen. Wir erfahren den ganzen Leidensweg Samiras durch sie selbst. Durch ihre Kinderaugen sehen wir die Welt, wie sie sie wahrnimmt. Dabei tut ...

Lana Lux ist mit “Kukolka” ein sehr ergreifendes Debüt gelungen. Wir erfahren den ganzen Leidensweg Samiras durch sie selbst. Durch ihre Kinderaugen sehen wir die Welt, wie sie sie wahrnimmt. Dabei tut ihre kindliche Naivität an manchen Stellen fast weh. Trotz all der Brutalitäten glaubt sie weiter an das Gute in jedem Menschen. Da sie nie in einem behüteten Familienumfeld aufwachsen durfte, weiß sie nicht, was richtig und falsch ist, ja nicht einmal, dass sie Rechte (und sei es nur an ihrem eigenen Körper) hat. Manche Grausamkeiten bleiben vor ihr verborgen, weil sie sie nicht kennt und verstehen kann, wir erwachsene Leser*innen leider schon.
Zwischendurch wollte ich das Buch zuklappen und die Autorin anschreien, dass es doch jetzt endlich mal reiche! Aber sie schickt ihre Protagonistin von einer Misere in die nächste, spielt nicht nur mit deren Gefühlen, sondern auch mit denen ihrer Leserschaft. Jede Hoffnung wird schnell wieder zunichte gemacht.
Damit hat sie eine realistische Darstellung einer fiktiven Biografie erschaffen.
Lana Lux schreibt eindringlich, bewegend und absolut authentisch. Wir werden ebenso wenig verschont wie Samira, leiden und hoffen auf jeder Seite mit ihr mit. Trotzdem ist unsere Protagonistin kein wehrloses “Püppchen” (wie der Spitzname Kukolka vermuten lässt), sondern kämpft um jeden Preis für ihren Traum.
Am Ende gibt es so viel Happy End wie möglich. Absolute Leseempfehlung für alle nicht so zart Besaiteten. ⭐️5/5⭐️

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Veröffentlicht am 20.12.2024

Großartiger Schreibstil, inhaltlich eher schwach

Der längste, strahlendste Tag
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“Der längste, strahlendste Tag” ist eine 18 Kurzgeschichten umfassende Sammlung, die Benjamin Myers in den letzten 15 Jahren geschrieben hat.
Thema sind oftmals Männer, die an ihrer veralteten Vorstellung ...

“Der längste, strahlendste Tag” ist eine 18 Kurzgeschichten umfassende Sammlung, die Benjamin Myers in den letzten 15 Jahren geschrieben hat.
Thema sind oftmals Männer, die an ihrer veralteten Vorstellung vom Mannsein scheitern. Zeit und Ort werden selten benannt, meistens fühlt es sich aber nach einem vergangenen, sehr ländlichen England an.
Myers hat dabei einen sehr nüchternen und trotzdem Sehnsüchte weckenden Schreibstil, der ein nostalgisches Gefühl und Naturverbundenheit in den Lesenden hervorruft. Auch die Charaktere finde ich ganz fantastisch. Auf nur wenigen Seiten verleiht der Autor ihnen Tiefe und Vielschichtigkeit.
Der Inhalt hat mich teilweise etwas ratlos zurückgelassen. Die Enden lassen oft viel Deutungsspielraum oder ich habe sie nicht richtig verstanden. Auch gibt es einige sehr ausformulierte Gewaltszenen, die im krassen Gegensatz zu dem harmonischen Schreibstil stehen.

Sprachlich hat mich Myers mit seinen Kurzgeschichten vollkommen überzeugt, inhaltlich leider nur mit einem Bruchteil der Sammlung. ⭐️3,5/5⭐️

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