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Veröffentlicht am 05.11.2022

Frauen im Schatten des Trojanischen Krieges

Elektra, die hell Leuchtende
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"Als ich geboren wurde, gab mein Vater mir meinen Namen. Er benannte mich nach der Sonne: die hell Leuchtende. So hatte er es mir erklärt, als ich noch klein war - ich sei das Licht unserer Familie."

Jennifer ...

"Als ich geboren wurde, gab mein Vater mir meinen Namen. Er benannte mich nach der Sonne: die hell Leuchtende. So hatte er es mir erklärt, als ich noch klein war - ich sei das Licht unserer Familie."

Jennifer Saints "Elektra, die hell Leuchtende" behandelt den Trojanischen Krieg aus der Sicht dreier Frauen, deren Schicksale miteinander verbunden sind:
Elektra, die nichts will, außer ihrem Vater Gerechtigkeit zu erweisen;
Klytämnestra, die vor Trauer und Wut um ihre ermordete Tochter ihre lebendigen Kinder vergisst;
und Kassandra, deren furchteinflößenden Visionen niemand Glauben schenken will.

Das Cover des Buches ist mir direkt in die Augen gesprungen: auf dunklem, mattem Hintergrund sieht man goldglänzend Elektra, die sich von ebendiesem abhebt und erstrahlt und somit ihrem Namen alle Ehre macht.

Die Geschichte an sich ist nicht neu. Wer sich mit der griechischen Mythologie auskennt, kennt auch die grundlegende Handlung des Romans. Was jedoch neu ist, ist die Erzählweise: Saint lässt die Frauen in den Vordergrund rücken und gibt ihnen eine Stimme, diesmal geht es nicht primär um die heroischen Taten der Krieger.
Die Autorin lässt uns durch die Ich-Perspektive tief in die Gedanken- und Gefühlswelten der jeweiligen Erzählerin (wechselt zwischen den drei Protagonistinnen) eintauchen, wodurch man gut mit ihnen mitfühlen und ihre Taten nachvollziehen kann. Jede hat mit ihrem eigenen Schicksal zu kämpfen und jede geht auf ihre Art damit um.

Saint hat eine wunderschöne Erzählart, mit wenigen Worten schafft sie es, den Leser in das mythische Griechenland zu versetzen.
Wer sich mit den Geschichten auskennt, der wird viele bekannte Namen wie Helena, Achilles, Odysseus, usw. hören und sich über die kleinen angedeuteten Legenden freuen; kennt man sich nicht aus, so wird man aber auch nicht mit Fragezeichen im Kopf zurückgelassen.
Einzig und allein die Familienkonstellationen der Protagonistinnen könnte für Neulinge verwirrend sein. Deshalb hätte ich mir einen Stammbaum oder eine Auflistung der Personen zum Nachschlagen gewünscht. Gerade wenn man das Buch nicht in einem Rutsch durchliest, kann man durch die vielen Namen aus verschiedenen Generationen, die teils nur einmal erklärt werden, durcheinander kommen.

Alles in allem ist es eine spannende Neuerzählung einer alten Geschichte, die sowohl für Kenner der griechischen Mythologie, als auch für Einsteiger absolut zu empfehlen ist und nochmal eine ganz andere Seite beleuchtet.

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Veröffentlicht am 03.08.2024

Interessant, aber langatmig

Glück
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Marie-Claire und Anahita haben eins gemeinsam: Sie sind beide 39 und kinderlos. Sie haben das Thema bisher auf später vertagt und müssen sich nun damit auseinandersetzen, bevor es zu spät ist.
Doch was ...

Marie-Claire und Anahita haben eins gemeinsam: Sie sind beide 39 und kinderlos. Sie haben das Thema bisher auf später vertagt und müssen sich nun damit auseinandersetzen, bevor es zu spät ist.
Doch was wäre, wenn man die fruchtbare Phase bei Frauen verlängern könnte? Wenn sie ebenso viel Zeit hätten wie Männer?
Und braucht eine Frau überhaupt Kinder, um glücklich zu sein?

In “Glück” erzählt Jackie Thomae die Geschichte verschiedener Frauen desselben Alters. Im Mittelpunkt stehen Marie-Claire und Anahita, beide fühlen sich unter Druck gesetzt von ihrer Biologie: denn beiden bleibt nicht mehr viel Zeit, um die Kinderfrage zu beantworten. Und dann erscheint auf einmal eine Pille auf dem Markt, die den Druck nehmen soll.
Die Kapitel sind abwechselnd aus der Sicht verschiedener Frauen geschrieben, die alle mehr oder weniger miteinander zu tun haben. So erfährt man als Leser*in viel über die verschiedenen Lebensentwürfe und Gedanken rund um das Thema Mutterschaft.

Da das Buch an sich nicht viel Handlung bietet, sondern mehr ein Einblick in die verschiedenen Gedankengänge ist, zieht sich der erste Teil des Romans etwas. Die beiden Protagonistinnen sind unnahbar und ihre Gedanken manchmal wirr und schwer nachvollziehbar.
Als dann im zweiten Teil die Pille aufkommt, wird es schon interessanter. Hier konnte ich auch einen viel besseren Bezug zu den beiden aufbauen.
Ich mochte die persönlichen Entwicklungen von Marie-Claire und Anahita und ihre jeweiligen Beantwortungen der Frage, was für sie Glück bedeutet.

Der Roman befasst sich nicht mit Frauen, die sich bewusst gegen Kinder entschieden haben, sondern mit solchen, die noch zweifeln und nun von ihrem Alter (und der Gesellschaft) unter Druck gesetzt werden.
Die Autorin schreibt klug, teilweise humorvoll und bewertet keinen der verschiedenen Lebensentwürfe. Angenehm finde ich auch die Darstellung, dass es für eine Frau nicht nur Kind oder Karriere geben muss.
Für den zweiten Teil würde ich volle fünf Sterne vergeben, da der erste meiner Meinung nach aber sehr langatmig ist, gebe ich ⭐️3,5/5⭐️.

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Veröffentlicht am 12.07.2024

Muttersein

Wir sitzen im Dickicht und weinen
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Valeries Mutter erkrankt an Krebs und selbstverständlich kümmert sie sich um sie, obwohl sie nicht die beste Beziehung zueinander haben.
Als dann noch ihr sechzehnjähriger Sohn beschließt, ein Auslandsjahr ...

Valeries Mutter erkrankt an Krebs und selbstverständlich kümmert sie sich um sie, obwohl sie nicht die beste Beziehung zueinander haben.
Als dann noch ihr sechzehnjähriger Sohn beschließt, ein Auslandsjahr einzulegen, gerät ihre Welt völlig aus den Fugen.

Mit “Wir sitzen im Dickicht und weinen” schafft Felicitas Prokopetz einen vielschichtigen Roman über Mutterschaft.
Es geht um die Frage, ob man seinen Eltern etwas schuldet, wie viel man aus seiner eigenen Erziehung mitnimmt und an die eigenen Kinder weitergibt, selbst wenn man beschließt, es anders zu machen.

In kurzen Kapiteln wird die Geschichte von Frauen und ihren Kindern aus vier Generationen erzählt. Es gibt immer wiederkehrende Muster und auch solche, die durchbrochen werden. Besonders auffällig ist die unterdrückte Wut, die immer weitergegeben wird. Je weiter man in die Vergangenheit der Familie eintaucht, desto mehr Erklärungen für heutige Verhaltensweisen findet man. Interessant ist auch zu sehen, wie unterschiedlich Situationen von Mutter/ Vater/ Kind/ Außenstehenden wahrgenommen werden.

Insgesamt ist es ein wirklich interessanter Roman, der viel zum Nachdenken anregt. Ich denke, in dem ein oder anderen Gedankengang erkennt sich jede Mutter wieder.
Der Schreibstil ist nüchtern gehalten, Emotionen werden nicht transportiert, aber ich hatte auch nicht das Gefühl, dass es der Autorin darum geht.
Ein Personenregister oder Stammbaum wäre hilfreich gewesen, da man ab und zu doch schnell durcheinanderkommt. ⭐️3,5/5⭐️

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Veröffentlicht am 09.03.2024

Unterhaltsam, aber sehr oberflächlich

Die sieben Männer der Evelyn Hugo
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Die einstige Hollywood-Ikone Evelyn Hugo lädt Lokaljournalistin Monique unter einem Vorwand zu sich ein und unterbreitet ihr ein verlockendes Angebot: Monique soll die erste Person sein, die Evelyns komplette ...

Die einstige Hollywood-Ikone Evelyn Hugo lädt Lokaljournalistin Monique unter einem Vorwand zu sich ein und unterbreitet ihr ein verlockendes Angebot: Monique soll die erste Person sein, die Evelyns komplette Lebensgeschichte erfährt und diese als Biografie niederschreiben. In dieser sollen etliche Geheimnisse gelüftet werden, unter anderem, warum Evelyn ganze siebenmal verheiratet war.
Erst ganz zum Schluss wird Monique bewusst, auf welch tragische Weise sie mit dem Filmstar verbunden ist.

Der Schreibstil Taylor Jenkins Reids ist locker und flüssig, sodass man schnell in die Geschichte eintaucht. Die atmosphärische Darstellung des vergangenen Hollywoods vereint mit der Neugier auf Evelyn Hugos dunkle Geheimnisse lassen einen das Buch gut weglesen - was wohl auch der Grund ist, warum es als großer Tik-Tok-Trend bekannt wurde.
Außerdem werden einige Themen behandelt, die gut den aktuellen Zeitgeist treffen.

Ich musste leider feststellen, dass ich mit dem Hype nicht ganz mitgehen kann; mir ist die ganze Story zu flach, die Gefühle zu oberflächlich, die ganze Lektüre einfach zu trivial.
Es gab zwar einen überraschenden Twist am Ende der Handlung - das letzte große Geheimnis - aber auch dieser konnte mich nicht so recht überzeugen.

Wer auf der Suche nach einer leichten Lektüre ist, wird hier definitiv seinen Spaß haben, denn unterhalten hat mich das Buch auf jeden Fall. Bei mir ist nur einfach der Funke nicht übergesprungen, weil alles zu oberflächlich beschrieben wurde - aber vielleicht passt es genau deshalb perfekt zur Hollywood-Thematik.

*Aus dem Englischen übersetzt von Babette Schröder.

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Veröffentlicht am 27.02.2024

Zwischen zwei Welten

Mühlensommer
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Ein Anruf lockt Maria aus der Stadt zurück in ihre alte Heimat aufs Land: Der Vater hatte einen Unfall und so kehrt sie zurück zur Mühle, in der ihre Familienmitglieder aus drei Generationen leben.
Aufgrund ...

Ein Anruf lockt Maria aus der Stadt zurück in ihre alte Heimat aufs Land: Der Vater hatte einen Unfall und so kehrt sie zurück zur Mühle, in der ihre Familienmitglieder aus drei Generationen leben.
Aufgrund der lebensbedrohlichen Lage des Vaters wird endlich über ein Thema gesprochen, das bisher lieber verdrängt wurde: Die Zukunft des Hofes.

Das Cover von "Mühlensommer" lässt einen die Hitze und die Landluft geradezu spüren und genauso ergeht es einem beim Lesen: Martina Bogdahn schafft mit Worten eine Atmosphäre, in die man mit Leichtigkeit eintauchten kann.
Die Geschichte wird abwechselnd aus der Gegenwart und Marias Kindheit erzählt, welche offenbart, dass das Leben auf dem Land zwar schön, aber auch alles andere als einfach war.
Sehr gelungen fand ich die Darstellung des Streitthemas: Wie es mit der Mühle und dem Hof weitergehen soll, ob er noch eine Zukunft hat und dass die Viehhaltung allein aus wirtschaftlicher Sicht nicht mehr ausreicht.
Auch Marias innerer Konflikt ist sehr nachvollziehbar: Einerseits genießt sie die Freiheiten in der Stadt, andererseits liebt sie die Mühle auf dem Land, ihre Heimat, und möchte diese nicht ganz aufgeben.

Etwas zu viel waren mir die detaillierten, seitenlangen Gewaltdarstellungen an Tieren (Schlachten des Lieblingsschweines, Ertränken der ungewollten Katzenbabys etc.): Nicht weil die Tatsache, dass es tagtäglich so passiert, mich sonderlich schockiert, sondern weil die Beschreibungen zu aufdringlich sind. Man hätte auch unterschwelliger zeigen können, wie hart und teilweise brutal das Landleben ist - hier wäre weniger mehr gewesen.

Auch das sehr offene Ende kam mir etwas zu plötzlich. So erfährt man zwar viel über Marias Kindheit, der gegenwärtige Konflikt wird allerdings nicht wirklich aufgeklärt.

Weil mir zwar die Geschichte und vor allem die Erinnerungen vor dem Setting der alten Mühle sehr gefallen haben, mir aber eine Entwicklung der Protagonistin und etwas mehr Tiefe gefehlt haben, gebe ich ⭐️3,5/5⭐️

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