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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.03.2024

Bedrückende Lektüre

Geordnete Verhältnisse
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Mit zehn Jahren wünscht sich Philipp nichts sehnlicher als einen besten Freund. Und den soll er bald darauf bekommen: Faina ist gerade mit ihrer Familie nach Deutschland gekommen und froh darüber, dass ...

Mit zehn Jahren wünscht sich Philipp nichts sehnlicher als einen besten Freund. Und den soll er bald darauf bekommen: Faina ist gerade mit ihrer Familie nach Deutschland gekommen und froh darüber, dass Philipp ihr hilft, sich in dem neuen Land zurechtzufinden.
15 Jahre später ist er in einer Beziehung, hat ein kleines Vermögen und zwei Eigentumswohnungen, als es an seiner Tür klingelt und Faina davorsteht: verschuldet und schwanger.
Wieder hilft er ihr. Doch welchen Preis muss sie dafür bezahlen?

"Geordnete Verhältnisse" ist mein erstes Buch von Lana Lux und hat mich gänzlich überzeugt. Es hat von Anfang an eine unglaubliche Sogwirkung.
Die Autorin hat zwei sehr unterschiedliche Charaktere gezeichnet, die beide in schwierigen Verhältnissen aufgewachsen sind und so schon als Kinder eine besondere Verbindung hatten. Gekonnt arbeitet sie die Unterschiede schon im jeweiligen Sprachduktus heraus.

Spürt man anfangs noch die Wärme zwischen den beiden und hat dieses "Heimkommen-Gefühl", wenn sie als Erwachsene wieder aufeinandertreffen, kippt die Stimmung bald. Aus einem unguten Bauchgefühl wird nach und nach Beklemmung und im letzten Drittel war ich dauerhaft angespannt.
Das Buch verdeutlicht sehr anschaulich, wie schnell man in eine toxische Beziehung gerät und wie schwierig es ist, sich aus dieser zu befreien. Dass Außenstehende oft nicht verstehen, wie es hinter den Kulissen aussieht ("er versorgt dich doch so gut", "er ist doch immer so nett"), dass man eben nicht einfach so Schluss machen kann (vor allem wenn Kinder im Spiel sind), dass das Thema für Betroffene oft mit Scham- und Schuldgefühlen behaftet ist.

"Geordnete Verhältnisse" ist ein wahrer Pageturner, der unheimlich wichtige Themen behandelt und Nicht-Betroffenen die Augen öffnet. Für mich war es nicht nur ein Lesen der Geschichte, sondern ein Erleben mit allen Emotionen. Defintiv ein Highlight.

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Veröffentlicht am 22.03.2024

Gut gehütete Geheimnisse

Sommerhaus am See
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Ihre Sommer am See zu verbringen, ist seit Jahrzehnten Tradition der Familie Starling.
Bis die Eltern Lisa und Richard beschließen, ihr Sommerhaus zu verkaufen. Um einen letzten gemeinsamen Urlaub hier ...

Ihre Sommer am See zu verbringen, ist seit Jahrzehnten Tradition der Familie Starling.
Bis die Eltern Lisa und Richard beschließen, ihr Sommerhaus zu verkaufen. Um einen letzten gemeinsamen Urlaub hier zu verbringen, reisen auch die Söhne Michael und Thad mit ihren Partnerinnen an.
Doch direkt am ersten Tag geschieht das Unaussprechliche: ein Junge ertrinkt im See und jedes Mitglied der Familie Starling muss seinen Weg finden, damit zurechtzukommen.

David James Poissant hat mit "Sommerhaus am See" einen einfühlsamen Roman geschrieben, der tief in die Gefühlswelten der sechs Protagonist
innen blicken lässt. Die Kapitel sind abwechselnd aus ihren Perspektiven geschrieben und so lernen wir jeden intensiv kennen. Schnell wird deutlich, dass jeder von ihnen sein eigenes Päckchen zu tragen hat, jeder seine eigenen Probleme, jeder seinen eigenen Fokus.
Es ist faszinierend, in die Gedanken so vieler verschiedener Charaktere einzutauchen. Dabei fällt es einem leicht, jede Sichtweise nachzuvollziehen und mit Empathie zu reagieren.
Ich mochte auch die verschiedenen Zwiegesprächssituationen, die der Autor so zustandekommen lässt. Es hatte für mich fast etwas von einem Bühnenspiel.
Es ist überragend, wie Poissant es geschafft hat, sechs so lebendige Figuren mit ihren eigenen Geschichten zu zeichnen, ohne dabei zu urteilen oder seine Leserinnen in eine Richtung zu drängen.
Es werden ganz automatisch viele verschiedene Themen wie Alkohl- und Drogensucht, ungewollte Schwangerschaft, Ehebruch, Trauer etc. behandelt, dabei wirkt es jedoch nie überladen.

"Sommerhaus am See" ist ein Roman, der durch seine genaue Beobachtungsgabe besticht und einen anregt, ab und zu einen Perspektivwechsel vorzunehmen. Ich konnte ihn kaum aus der Hand legen, weil mich die Figuren so in ihren Bann gezogen haben. Einen Stern ziehe ich ab, weil mir das Hollywood-mäßige Happy End so gar nicht gefallen hat und meiner Meinung nach nicht zur restlichen Geschichte passt.

Übersetzt von Sibylle Schmidt

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Veröffentlicht am 20.03.2024

Überzeugt auf schriftstellerischer Ebene

Der Duft von Schokolade
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Wien, 1881: Der ehemalige Leutnant August Liebeskind hat eine außergewöhnliche Begabung: den absoluten Geruchssinn.
Als er in einem Café sitzt, nimmt er einen ganz besonderen Duft wahr: den der selbstbewussten ...

Wien, 1881: Der ehemalige Leutnant August Liebeskind hat eine außergewöhnliche Begabung: den absoluten Geruchssinn.
Als er in einem Café sitzt, nimmt er einen ganz besonderen Duft wahr: den der selbstbewussten und unkonventionellen Elena Pallfy.
Es beginnt eine Liebesgeschichte, deren Verlauf von Elenas Geheimnissen bestimmt wird.

Ewald Arenz besticht auch in diesem Buch wieder durch seinen wunderbaren Schreibstil. Der Epoche angepasst, verzaubert er seine Leser*innen mit seinem einzigartigen Umgang mit Worten.

Leider konnte mich die Geschichte diesmal nicht wirklich mitnehmen.
Augusts Geruchssinn ist zwar auf den ersten Blick interessant, als er dann aber Zukunftsvisionen anhand der Düfte bekommt, wurde es mir etwas zu viel. Dass er seine Begabung benutzt, um Pralinès herzustellen und Elena zu umwerben, fand ich hingegen sehr charmant.
Aus Elena wurde ich auch nicht richtig schlau. Mich hat dieses Hin und Her mit August gestört, dass sie nicht einfach mit offenen Karten gespielt hat, fand ich eher anstrengend als faszinierend.
Ich muss aber gestehen, dass reine Liebesgeschichten auch nicht unbedingt mein bevorzugtes Genre sind.

Bemerkenswert fand ich, wie grandios Arenz die vielen verschiedenen Aromen in Worte gefasst hat, ohne sich ständig zu wiederholen.
Den gesamten Teil mit der Zuckerbäckerei und der Herstellung des Konfekts mochte ich auch sehr gerne.
Darüber hinaus gibt es einige spannende Parallelen zu tatsächlichen historischen Ereignissen, wie z.B. dem Ringtheaterbrand.

Insgesamt konnte Arenz mich also wieder einmal durch sein schriftstellerisches Können beeindrucken, die Geschichte an sich mich aber diesmal leider nicht überzeugen. Wer Liebesgeschichten vor historischem Hintergrund mag, wird sicherlich mehr Freude daran haben.

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Veröffentlicht am 16.03.2024

Überzeugendes Debüt

Das Schweigen des Wassers
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Inspiriert von einem wahren Fall erzählt "Das Schweigen des Wassers" von einer Leiche, die in einem See gefunden wird. Schnell wird das Ganze als Unfall abgetan. Doch für Hauptkomissar Groth ist die Sache ...

Inspiriert von einem wahren Fall erzählt "Das Schweigen des Wassers" von einer Leiche, die in einem See gefunden wird. Schnell wird das Ganze als Unfall abgetan. Doch für Hauptkomissar Groth ist die Sache nicht so eindeutig: Denn der Tote war nur zwei Tage vorher bei ihm, weil er sich verfolgt fühlte.
Und was hat die Kellnerin Regine damit zu tun, die Groth immer wieder bei seinen Ermittlungen begegnet?

Susanne Tägder ist mit ihrem Roman ein spannendes Debüt gelungen.
Die Geschichte spielt 1991, kurz nach der Wende. Neben Hauptkomissar Groth, der als Aufbauhelfer Ost aus dem Westen kam, hat die Autorin eine Vielzahl weiterer interessanter Charaktere geschaffen; und jeder einzelne scheint seine Geheimnisse zu haben. Dies trägt maßgeblich zur Spannung bei, denn mit jeder neuen Figur, die man als Leser*in kennenlernt, eröffnen sich auch neue Fragen.
Schnell wird auch klar, dass der aktuelle Fall mit einem ungeklärten Mordfall von vor zehn Jahren zusammenhängt. So gilt es, nicht nur die Lösung für den einen, sondern gleich für zwei Fälle zu finden.
Ich liebe es, wie Tägder einem nach und nach Informationshappen zuwirft und man so ganz langsam die Fäden verbinden kann - immer im von der Autorin vorgegebenen Tempo.

Insgesamt ist "Das Schweigen des Wassers" zwar ein ruhiger, aber dennoch sehr spannender Kriminalroman, der ganz ohne reißerische Floskeln auskommt. Ich konnte ihn kaum aus der Hand legen, daher bekommt er von mir 4,5 Sterne und ich freue mich schon auf weitere Veröffentlichungen der Autorin.

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Veröffentlicht am 13.03.2024

Leider sehr flache Story

Das siebte Mädchen
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Für die zwölfjährige Chloe bricht eine Welt zusammen, als ihr Vater zum Mord an sechs Mädchen verurteilt wird.
Zwanzig Jahre später ist sie promovierte Psychologin und hat immer noch Schwierigkeiten damit, ...

Für die zwölfjährige Chloe bricht eine Welt zusammen, als ihr Vater zum Mord an sechs Mädchen verurteilt wird.
Zwanzig Jahre später ist sie promovierte Psychologin und hat immer noch Schwierigkeiten damit, Vertrauen zu fassen. Als plötzlich eine ihrer Klientinnen verschwindet und tot aufgefunden wird, muss sie sich die Frage stellen, ob ein Nachahmungstäter sein Unwesen treibt. Oder ist ihr Vater unschuldig inhaftiert und der wahre Mörder immer noch auf freiem Fuße?

"Das siebte Mädchen" ist Stacy Willinghams Debutroman. Nachdem ich viele positive Rezensionen gelesen hatte, landete das Buch direkt auf meiner Wunschliste. Fand ich doch die Perspektive so spannend, aus der die Geschichte geschildert wird und die zeigt, dass für die Familie des Täters oft genauso eine Welt zusammenbricht wie für die Angehörigen des Opfers.

Leider hat mich der Thriller sehr enttäuscht. Ich fand von Anfang an sehr eindeutig, wer der Täter ist, jede falsch gelegte Fährte kam mir so offensichtlich falsch vor und die Protagonistin Chloe ging mir ehrlich gesagt sehr auf die Nerven. Oft sind ihre Gedanken und Handlungen nicht wirklich nachvollziehbar.
Die ganze Story ist sehr flach, konstruiert und zieht sich ziemlich in die Länge und auch den Charakteren fehlte es an Tiefe.
Der Schreibstil ist zwar flüssig, aber ebenso anspruchslos.

Insgesamt kam für mich also kaum Spannung auf und obwohl ich nichts gegen ruhigere Thriller habe, kann ich hier nur ⭐️2,5/5⭐️ geben.

Die Hörbuchinszenierung von Julia Nachtmann hat mir allerdings gut gefallen und dafür gesorgt, dass ich am Ball bleibe. Sie vermittelt gerade Szenen mit viel wörtlicher Rede sehr lebendig.

aus dem Englischen übersetzt von Alice Jakubeit.

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