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Veröffentlicht am 06.09.2018

Beharrlichkeit und Beständigkeit

Königskinder
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Eine Nacht eingeschneit im Auto auf dem Jaunpass, weil man wie Tina und Max aus purem Übermut die Absperrung einfach umfahren hat, ist eigentlich keine angenehme Vorstellung. Trotzdem hätte ich beim Lesen ...

Eine Nacht eingeschneit im Auto auf dem Jaunpass, weil man wie Tina und Max aus purem Übermut die Absperrung einfach umfahren hat, ist eigentlich keine angenehme Vorstellung. Trotzdem hätte ich beim Lesen gerne mit Tina getauscht, denn Max ist ein so begnadeter Geschichtenerzähler, dass mir beim Zuhören auch bei 12 Grad Innentemperatur warm ums Herz geworden wäre.

Was er Tina erzählt, um die Zeit bis zur Rettung zu verkürzen und keine Panik aufkommen zu lassen, ist belegt, soweit es um die äußeren Daten und den groben Ablauf der Handlung geht. Alex Capus hat sie in Schweizer Archiven und sogar in Versailles recherchiert, wo sie in den Briefen und Tagebüchern einiger Adeliger Spuren hinterlassen hat. Helden dieser Erzählung sind der arme Kuhhirte Jakob Boschung und Marie-Françoise Magnin, Tochter eines reichen Bauern, aus dem Greyerzerland. Ihrer Liebe steht zehn Jahre lang Maries Vater im Weg, doch ihrem geduldigen Beharren und ihrer unerschütterlichen Beständigkeit muss auch dieser „ungehobelte Grobian“ schließlich nachgeben. Freilich braucht es dafür den Einsatz einer wahrhaftigen Prinzessin, der Schwester Ludwigs des XVI., in deren Diensten Jakob 1789 kurz vor dem Ausbruch der Französischen Revolution als Kuhhirte stand. Während die Welt aus den Fugen geriet, revoltierende Bauern die Schlösser und Klöster niederbrannten, in Paris hungernde Kleinbürger die Waffenarsenale der Polizei plünderten und Versailles sich langsam entvölkerte, konnten Jakob und Marie am 26.05.1789 auf dem Puppenstuben-Bauernhof der Prinzessin endlich heiraten.

Nun könnte man befürchten, die märchenhaft anmutende Geschichte wäre gar zu kitschig. Diese Klippe umschifft Alex Capus gekonnt durch die kritischen Kommentare und Zwischenfragen Tinas, die immer genau zum richtigen Zeitpunkt kommen. Außerdem verhindert der leichte, humorvolle und dichte Erzählstil, der die romantischen Details nicht unnötig vertieft, dass man nicht zu sehr ins Schwelgen gerät. Mit den Schlussworten „Na also… Geht doch.“ überlässt uns Alex Capus dann unserer Fantasie und unseren Träumen sowohl bezüglich Tina und Max als auch Jakob und Marie.

Der kleine, knapp 200 Seiten umfassende Roman "Königskinder" ist keine tiefschürfende Auseinandersetzung mit den Problemen unserer Zeit, sondern ein warmherziges, optimistisches Buch, wie ich es von Zeit zu Zeit unbedingt brauche und sehr gerne verschenke.

Veröffentlicht am 22.07.2024

La tercera es la vencida - Aller guten Dinge sind drei

Solito
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"Dieses Buch ist […] für alle, die die Grenze überquert haben, die es versucht haben, die es jetzt im Augenblick tun und weiter versuchen werden." (Schlusssatz S. 472)

Als kleinstes Land Zentralamerikas ...

"Dieses Buch ist […] für alle, die die Grenze überquert haben, die es versucht haben, die es jetzt im Augenblick tun und weiter versuchen werden." (Schlusssatz S. 472)

Als kleinstes Land Zentralamerikas stellt El Salvador trotzdem die zahlenmäßig zweitgrößte Gruppe nach Mexiko bei der jährlichen illegalen Einwanderung in die USA. Auch die Eltern des 1990 in El Salvador geborenen Autors Javier Zamora flohen vor dem Bürgerkrieg und dessen Folgen: der Vater vor dem zweiten, die Mutter vor dem fünften Geburtstag ihres Sohnes. Javier wuchs arm, aber liebevoll behütet von den Großeltern und einer Tante als Klassenbester einer Nonnenschule auf. Ohne Chance auf eine legale Familienzusammenführung sparten die Eltern für einen Schleuser, der Javier schließlich im Alter von neun Jahren 1999 innerhalb von zwei Wochen zu ihnen nach Kalifornien bringen sollte. Die „Reise“, die am 6. April 1999 begann, dauerte jedoch bis zum 11. Juni 1999 und führte über etwa 3500 Meilen (ca. 5650 Kilometer) durch Guatemala und Mexiko nach „La USA“. Sieben Wochen lang wusste die Familie nichts über Javiers Verbleib, bis der erlösende Anruf kam und die Eltern ihn abholten:

"Mein Name dröhnt durch den Raum. Zwei Schatten erscheinen. Endlich." (S. 459)

Danach wurde über die traumatischen Erlebnisse geschwiegen. Erst eine notwendig gewordene Therapie holte die Erinnerungen zurück, die sich im Debütroman "Solito" des Lyrikers niederschlagen, einer wahren Geschichte, einem Memoir über die Odyssee eines unbegleiteten Flüchtlings.

Abschied und Aufbruch
Am Beginn steht der Abschiedsschmerz, abgemildert durch Vorfreude auf die Eltern und die Verlockungen von „Gringolandia":

"Das Land der Filme, das Land von Popcorn, von Pizza in Schulcafeterien, von Schneeballschlachten, von Swimmingpools, von Toys „R“ Us und McDonald’s." (S. 252)

Familie auf Zeit
Bis Guatemala begleitet ihn der Großvater, dem er in diesen Tagen so nah wie nie zuvor kommt, dann ist Javier allein in seiner kleinen Flüchtlingsgruppe. Schon die Reise zur Grenze zwischen Mexiko und den USA mit Bussen, Lastwagen, Bicitaxis und einem kaum seetauglichen Boot ist lebensgefährlich, immer wieder gibt es Verzögerungen, Planänderungen und Razzien. Wie in einer Perlenkette werden die Flüchtlinge in Gruppen wechselnder Größe von einem „Kojoten“ (Schleuser) zum nächsten und von Versteck zu Versteck weitergereicht. Das alles ist jedoch ein Kinderspiel im Vergleich zum Höllentrip durch die Sonora-Wüste, den Javier dreimal erleidet. Seine Rettung ist die Fürsorge und Menschlichkeit seiner Mitflüchtlinge, des 19-jährigen Chino und Patricia mit ihrer zwölfjährigen Tochter Carla:

"Unsere Schatten sind ganz klein, aber sie berühren einander. Wir sind ein einziger großer Schatten. Unsere eigene Familie." (S. 451)

Perspektive und Stilmittel
"Solito" ist ein ebenso anrührender wie aufwühlender Roman, der durch die strikte Perspektive des tapferen Neunjährigen komplett auf politische Erklärungen verzichtet und stattdessen von Menschlichkeit unter unmenschlichen Bedingungen erzählt. Was allerdings zur Verarbeitung seiner Erlebnisse für den Autor wichtig, für mich als Leserin jedoch zumindest in der ersten Hälfte ermüdend war, ist die Detailgenauigkeit, die ein Originalzeitgefühl vermittelt. Diese repetitiven Längen sind ebenso Stilmittel wie die permanenten spanischen Einschübe, deren Nachschlagen in einem kapitelweise geordneten Anhang den Lesefluss ohne Mehrgewinn bremst. Schmerzlich vermisst habe ich außerdem eine Landkarte.

Trotz dieser Kritikpunkte empfehle ich den eindrücklichen Roman als horizonterweiternden Beitrag zur anhaltenden Flüchtlingsdebatte weltweit. Sollte es eine Fortsetzung aus Erwachsenenperspektive ähnlich dem herausragenden kurzen Nachklapp aus dem April 2021 geben, ich wäre garantiert dabei.

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Veröffentlicht am 02.04.2024

Gespenster der Vergangenheit

Das Schweigen des Wassers
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Kriminalhauptkommissar Arno Groth ist im Herbst 1991 frisch zurück in seiner mecklenburgischen Geburtsstadt, dem fiktiven Wechtershagen nahe Demmin. Nicht ganz freiwillig hat er Hamburg verlassen, wo er ...

Kriminalhauptkommissar Arno Groth ist im Herbst 1991 frisch zurück in seiner mecklenburgischen Geburtsstadt, dem fiktiven Wechtershagen nahe Demmin. Nicht ganz freiwillig hat er Hamburg verlassen, wo er seit seinem Weggang aus der DDR 1960 lebte und arbeitete, als Kriminalpolizist, weil aus dem Germanistikstudium für den passionierten Leser und Sammler von Erstausgaben nichts wurde. Nun soll er in der alten Heimat ermitteln und als Aufbauhelfer Ost ehemalige DDR-Volkspolizisten schulen, keine dankbare Aufgabe und nicht dazu angetan, sich Freunde unter den neuen Kolleginnen und Kollegen zu machen. Eine Scheidung, der Tod seiner Tochter und eine unverzeihliche berufliche Fehleinschätzung setzen dem von Zweifeln geplagten Mann darüberhinaus schwer zu.

Ein Toter am Wechtsee
Kaum angekommen, trifft Groth im Hof der Polizeiwache auf den Ex-Musiker und jetzigen Tretbootverleiher Siegmar Eck, einen verwahrlosten Alkoholiker, der sich verfolgt fühlt. Bevor dieser dem zweifelnden Groth Beweise dafür bringen kann, wird er tot am Bootsanleger des Wechtsees aufgefunden. Ohne Hinweise auf Fremdeinwirkung und mit einem plausiblen Unfallszenario wird der Tod als Unglücksfall eingestuft. Nur Groth mag sich damit nicht abfinden, gar zu seltsam erscheint rückblickend seine Begegnung mit dem Opfer. Als sich auch noch herausstellt, dass Eck zehn Jahre zuvor im Mordfall an der 19-jährigen Polizistentochter Jutta Timm als Hauptverdächtiger galt, wegen seines bombensicheren Alibis jedoch freigesprochen wurde, ist Groths Ermittlerinstinkt endgültig geweckt. Warum fehlen in diesem abgeschlossenen Altfall aus dem Mai 1980, in dem nie ein Schuldiger ermittelt wurde, sämtliche Akten? Entgegen der Anordnung seines neuen Chefs verbeißt sich Groth in den Fall, wohlwissend, dass er sich keinen weiteren Fauxpas leisten darf.

Und noch jemand ist neu in Wechtershagen: die Kellnerin Regine Schadow aus Berlin, wesentlich jünger als Groth, aber mit nicht weniger Altlasten. Sie arbeitet im zweitklassigen Ausflugslokal am Wechtsee, löst nebenher die Wohnung ihrer Großmutter auf und scheint einiges zu verbergen. Jedenfalls gibt sie immer nur so viel zu, wie Groth bereits weiß. Welche Verbindung hatte sie zum Opfer und warum hat sie wirklich ihre Stelle im Kempinski aufgegeben?

Viel mehr als ein Whodunit-Roman
Die 1968 in Heidelberg geborene ehemalige Richterin Susanne Tägder hat ihr sehr empfehlenswertes Krimidebüt "Das Schweigen des Wassers", das auf einem realen Mordfall von 1979 fußt, in der ehemaligen Heimat ihrer Eltern angesiedelt: Vorbild für Wechtershagen war die Stadt Neubrandenburg. Was den Krimi aus der Masse der Neuerscheinungen heraushebt, sind seine sprachliche Gewandtheit, die Wahl der beiden Zeitebenen kurz vor bzw. nach der Wende, die die politischen und gesellschaftlichen Umbrüche und Stimmungen beleuchten, die ruhige, melancholische Atmosphäre sowie die glaubhaften Charaktere. Alle sind verwundet, sei es das Mordopfer Eck, dessen Leben nach der Anklage aus der Bahn geriet, der Kafka lesende Ermittler Groth mit seiner schwierigen Vergangenheit, sein neuer Kollege Gerstacker, der im Fokus der Stasi-Begutachtungskommission steht, oder die traumatisierten Mitglieder der Familie Timm. Ausgerechnet die alten DDR-Seilschaften, die den Mordfall von 1980 weitgehend vertuschten, haben die Zeiten allgemeiner Auflösung, Verunsicherung und Entwurzelung um 1989 unbeschadet überlebt.

Einziger Wehmutstropfen beim Lesen war für mich, dass ich die Auflösung recht früh – und richtig – durchschaute, was ich selbst bei diesem literarischen Krimi, der viel mehr als nur Whodunit-Roman ist, schade finde. Auf eine Fortsetzung hoffe ich trotzdem, denn Susanne Tägder, Arno Groth und Wechtershagen haben unbedingt das Potential dafür.

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Veröffentlicht am 27.03.2024

Zeit und Schicksal

Das andere Tal
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Der Debütroman des Kanadiers Scott Alexander Howard spielt in einem auf den ersten Blick idyllischen Tal: eine Stadt, ein See, Obstbaumwiesen, hohe Berge. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich der Ort als ...

Der Debütroman des Kanadiers Scott Alexander Howard spielt in einem auf den ersten Blick idyllischen Tal: eine Stadt, ein See, Obstbaumwiesen, hohe Berge. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich der Ort als isoliert, umgeben von Stacheldrahtzäunen, Wachtürmen und patrouillierenden Gendarmen. Niemand darf das Tal ohne Zustimmung des Conseils verlassen, um in die identische Stadt im Osten zu gelangen, die 20 Jahre in der Zeitlinie voraus ist, oder im Westen, wo es 20 Jahre früher ist. In 20-Jahres-Schritten wiederholen sich die Täler in unendlicher Abfolge. Flüchtlinge werden gnadenlos gejagt. Wer auf eine Eingabe hin eine der seltenen Besuchsbewilligungen in die Zukunft oder Vergangenheit erhält, meist im Zusammenhang mit einem Trauerfall, darf die Zeitlinie bei Androhung drakonischer Strafen weder stören noch gar verändern:

"Verlass nie dein Tal, misch dich nirgendwo ein." (S. 100)

Ein ungeplanter Zwischenfall
Die zunächst jugendliche Erzählerin Odile Ozanne steht als 16-Jährige zu Beginn des Romans kurz vor dem Schulabschluss und soll sich auf Wunsch ihrer Mutter für das Auswahlverfahren zum Conseil bewerben, wo ihr dauerhaft Macht, Ansehen und finanzielle Sicherheit winkt. Odile ist eine schüchterne, unsichere Außenseiterin, die gerade erst eine Gruppe von Freunden gefunden hat. Während sie am strengen Ausscheidungswettbewerb teilnimmt, wird sie zufällig Zeugin eines Besuchs aus dem Osten, der Zukunft. Odile erkennt in den trauernden Besuchern ausgerechnet die Eltern ihres Freundes Edme, ihrer ersten Liebe, und erfährt auf diese Weise, dass er bald sterben wird. Der ungeplante Zwischenfall, der dem Conseil nicht verborgen bleibt, stürzt Odile in einen Loyalitätskonflikt: Soll sie dem Conseil gehorchen, der jede Einflussnahme streng verbietet, oder ihren Freund warnen?

Eine gebrochene Biografie
Im zweiten Teil des Romans, der sich nun nicht mehr wie ein Jugendroman liest, ist Odile 20 Jahre älter. Ihre gebrochene Biografie hat sie als einzige Frau in die Grenzgendarmerie geführt, wo sie Flüchtlinge abfängt oder Besucherinnen und Besucher begleitet und in ihrer einsamen Freizeit Holzschnitte anfertigt. Noch einmal erhascht sie einen verbotenen Blick, dieses Mal in die eigene Zukunft. Wieder steht sie vor einer Entscheidung, doch ist sie nun nicht mehr die unerfahrene Jugendlich, sondern eine desillusionierte erwachsene Frau.

Ein spannendes Gedankenexperiment
Obwohl ich nie Science-Fiction lese, hat mich das dem Buch zugrundeliegende Gedankenexperiment mit den zeitverschobenen Orten sofort gereizt. Was, wenn man die Vergangenheit oder die Zukunft ändern könnte, wenn Schicksale auf ungeahnte Weise veränderbar wären? Der promovierte Philosoph Scott Alexander Howard hat wohlüberlegt und sorgfältig konstruiert ein Universum erschaffen, in das ich gerne eingetaucht bin. Die bedrückende Atmosphäre der streng abgeriegelten, diktatorisch regierten Stadt, die genauen Ortsbeschreibungen, spannende Nebenschicksale, die gut begründete Entwicklung der Protagonistin und das rasante Ende haben mir gefallen. Sprachlich ist der Roman unspektakulär und eher einfach, gedanklich verlangt er jedoch bisweilen größte Konzentration, wenn es um die Konsequenzen der Zeitverschiebung geht.

"Das andere Tal" ist ein sehr besonderer Roman über Zeit und Schicksal, Fremdbestimmung und freien Willen. Weniger als die Geschichte von Odile wird mir die ungewöhnliche Prämisse im Gedächtnis bleiben, über die sich immer wieder neu nachdenken lässt.

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Veröffentlicht am 04.02.2024

Die Kripo Akranes ermittelt wieder

Verborgen
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"Zwei Leichen in einer Woche, das ist ja unerhört. Was ist hier in Akranes eigentlich los?“ (S. 156)

Zwei Jahre arbeitet die 34-jährige Ermittlerin Elma inzwischen bei der Kripo Akranes, einem Küstenstädtchen ...

"Zwei Leichen in einer Woche, das ist ja unerhört. Was ist hier in Akranes eigentlich los?“ (S. 156)

Zwei Jahre arbeitet die 34-jährige Ermittlerin Elma inzwischen bei der Kripo Akranes, einem Küstenstädtchen mit rund 8000 Einwohnern nördlich von Reykjavík. Die Trauer und Wut, die sie nach dem Selbstmord ihres Partners Davið zurück in ihren Heimatort geführt haben, sind ebenso verblasst wie die Zweifel über die Richtigkeit dieser Entscheidung. Nicht zuletzt hat dazu ihr Kollege Sævar beigetragen, mit dem sie das letzte Weihnachtsfest auf Teneriffa verbracht hat.

Zwei Leichen – ein Fall?
Anders als zunächst vermutet, hat es Elma auch in Akranes keinesfalls nur mit Verkehrsdelikten und Einbrüchen zu tun. Nach einem Leichenfund am alten Leuchtturm von Akranes in Band eins und einem weiteren im Lavafeld bei Grábrók im zweiten Band beginnt der dritte gemeinsame Fall mit der Brandstiftung in einer Villa im September 2019. Am Unglücksort findet die Polizei die Leiche des unauffälligen jungen Informatikstudenten Marinó, der in seinem Bett verbrannte. Kurze Zeit später entdecken die Ermittler im Schuppen der Villa eine weitere Leiche, die bereits einige Tage vorher dort versteckt wurde. Hängen die beiden Fälle zusammen, und wenn ja, wie? Wurden die beiden Morde von derselben Person begangen oder gibt es mehrere Täter bzw. Täterinnen? Und welches Motiv oder welche Motive stecken dahinter?

Von Februar bis November 2019
Der erste Teil von "Verborgen" ist in acht Kapitel unterteilt, in denen wir dem Geschehen – beginnend mit „In der Nacht davor“ – acht Tage lang folgen. In Teil zwei werden die acht weiteren Ermittlungstage unterbrochen durch Rückblenden in die Monate vor den Taten, mit genauen Zeitangaben überschrieben und kursiv gedruckt. Drei abschließende Kapitel handeln von den beiden Monaten nach Abschluss der Ermittlungen, die weitere Überraschungen bereithalten.

Spannend, aber kaum Islandflair
Wie schon die beiden Vorgängerbände "Verschwiegen" und "Verlogen" hat mich "Verborgen" als ansprechend geschriebener, spannender Krimi gut unterhalten, sowohl bezüglich der komplexen Krimihandlung und der Ermittlungsarbeit, bei der Gründlichkeit vor Schnelligkeit geht, als auch in Bezug auf das Privatleben des Ermittlerteams. Hier liegen Trauer und Freude dicht beieinander und stehen die Zeichen auf Veränderung, so dass ich auf die Fortsetzung sehr gespannt bin. Gefallen hat mir auch das Motiv Mutterschaft, das die 1988 geborene Isländerin Eva Björg Ægisdóttir, selbst dreifache Mutter, gekonnt variiert. Psychologisch interessant ist der Blick in unterschiedliche Familien und Paarbeziehungen mit teilweise erschreckender Kälte. Die dritte Säule dieser Krimireihe habe ich dieses Mal allerdings schmerzlich vermisst: Im Gegensatz zu den anderen Bänden gibt es wenig Lokalkolorit, man erfährt fast nichts über Island, weder geografisch noch kulturell, und braucht auch die sonst sehr nützlichen Landkarten in den Buchdeckeln nicht.

Insgesamt kommt "Verborgen" für mich nicht ganz an die Vorgängerbände heran, aus der Hand legen konnte ich das Buch trotzdem nicht. Ich freue ich mich schon jetzt auf die Fortsetzung.

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