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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.12.2017

Fantastische Welten

Der Weihnachtosaurus
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William wünscht sich zu Weihnachten einen echten Dinosaurier. Er liebt Dinosaurier über alles und könnte wirklich etwas brauchen, das ihn aufmuntert, denn er sitzt im Rollstuhl, seine Mutter ist tot und ...

William wünscht sich zu Weihnachten einen echten Dinosaurier. Er liebt Dinosaurier über alles und könnte wirklich etwas brauchen, das ihn aufmuntert, denn er sitzt im Rollstuhl, seine Mutter ist tot und dann kommt noch Brenda Pein, eine böse Schülerin, in seine Klasse.

Williams Vater liebt Weihnachten und erzählt William oft die Geschichten vom Nordpol. Von den Wichteln, die da arbeiten, um all die Weihnachtsgeschenke zu ernten und dass sie immer in Reimen sprechen …
Diese Geschichten unterscheiden sich deutlich von denen, die andere Menschen so erzählen. Aber Williams Vater behauptet steif und fest, dass es so ist.
Eigentlich hadert William nicht mit der Tatsache, dass er im Rollstuhl sitzt, doch seit Brenda da ist, wird er immer unsicherer und unglücklicher, denn sie versucht mit allen Mitteln, ihn fertig zu machen, und das gelingt ihr zunehmend.
Was William nicht weiß, die Leser aber schon ist, dass er beobachtet wird.
Am Nordpol laufen die üblichen Festvorbereitungen. Dabei finden die Wichtel ein Ei, aus dem ein Dinosaurier schlüpft. Er wächst beim Weihnachtsmann heran, beneidet die Rentiere, die den Schlitten ziehen und fliegen können und fühlt sich ziemlich einsam, weil es so einen wie ihn nicht noch einmal gibt.
Als der Weihnachtsmann Williams Wunschzettel liest, beginnt er höchstpersönlich, einen Flauschdino für William zu basteln. Damit beginnt das Unheil.

Die Geschichte ist von überbordender Fantasie geprägt. Die Figuren sind einem sofort sympathisch oder unsympathisch (was sich durchaus im Laufe der Geschichte noch ändern kann), jeder hat seine Macken oder Vorlieben, Schwächen oder Eitelkeiten. Doch alle sind gut zu verstehen.
Die Schwarz-Weiß-Illustrationen sind zielgruppengerecht, ebenfalls sehr humorvoll, zeigen aber nicht immer, was im Text steht, was an manchen Stellen ein wenig verwundert.
Zudem ist das Buch ziemlich brutal (jedenfalls an einigen Stellen), gleich zu Anfang werden alle Dinosaurier vernichtet, nicht im Rückblick, sondern die Leser sind life dabei, jemand wird gefressen und auf jemanden wird geschossen. Insgesamt ist für mich nicht ganz klar geworden, wozu das notwendig ist, sicher hätte man die Gefahr (und damit die Spannung) auch anders darstellen können.
Sprachlich lässt es sich sehr flüssig lesen, Kommentare des Autors stehen in Klammern und erzeugen eine weitere humorvolle Ebene, es gibt viele Dialoge, der Text ist breit gesetzt und sowohl zum selber Lesen als auch zum Vorlesen geeignet.
Ein wenig eingeschränkt ist das bei den (doch sehr) langen gereimten Passagen (die Wichtel reden nur in Reimen), die sich schwierig vorlesen lassen und nicht wirklich schön geraten sind. Diese Passagen sind oftmals nicht so leicht verständlich, da sie wegen des Reims eben etwas besonders formuliert wurden.
Insgesamt macht es Vergnügen, dieses Buch zu lesen. Die Kinder sollten jedoch keinesfalls jünger als 8 Jahre sein, eher noch etwas älter.

Veröffentlicht am 08.12.2017

Poetisch

Die Sternennacht
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Zwei Außenseiter finden zueinander und verbringen eine Zeit miteinander, die ihr Leben für immer beeinflussen wird.

Ein Mädchen und ein Junge, beide Außenseiter in der Schule und aus Elternhäusern, die ...

Zwei Außenseiter finden zueinander und verbringen eine Zeit miteinander, die ihr Leben für immer beeinflussen wird.

Ein Mädchen und ein Junge, beide Außenseiter in der Schule und aus Elternhäusern, die wenig Wärme und Zuneigung bieten, lernen sich kennen und finden zu einander. Gemeinsam laufen sie davon, aufs Land, in die Gegend, wo das Mädchen viel Zeit bei den Großeltern verbracht hat. Sie erleben zusammen besonders schöne Momente.
Doch nach ihrer Rückkehr in die Stadt wird das Mädchen sehr krank, und der Junge zieht mit seinen Eltern weg. Die beiden werden sich vermutlich nie mehr wiedersehen.
Trotzdem bleibt ein Funken Hoffnung, denn die Nacht in den Bergen, unter dem strahlendsten Sternenhimmel, hat sie verändert, ihnen etwas Bleibendes geschenkt, das sie mit dem Schicksal versöhnt und das Positive sehen lässt.
So ist „Die Sternennacht“ auch eine poetische Geschichte über das Erwachsenwerden. Doch sie enthält noch viel mehr, was sich, sozusagen als zweite Ebene, durch die durchaus ungewöhnlichen Illustrationen ergibt.
Starke Farben, surreale Elemente und gelegentlich Bilder, die dem Text widersprechen oder seine Bedeutung verändern, zeigen, wie sehr hier Autor und Illustrator in einer Person das jeweils Beste aus den beiden Metiers ziehen und das Buch für die Leserinnen und Leser zu einer ganz besonderen Reise werden lassen. Liao „zitiert“ große Werke der Weltliteratur, einerseits, indem er sie als Wandschmuck in den Bildern auftauchen lässt, aber auch, indem er seinen eigenen Stil variiert und Assoziationen zu van Gogh, Margritte und anderen erweckt.
Mein Lieblingssatz: „Er ist wie eine Pflanze in einem Irrgarten: Er interessiert sich nicht dafür, den Weg hinaus zu finden“ unter einem Irrgarten, der an die Holocaust-Stelen in Berlin erinnert, die aber von einer Unmenge an blühenden Pflanzen bewachsen sind.
Zu entdecken gibt es auf jeder Seite etwas. Weshalb man das Buch auch immer wieder in die Hand nimmt und nach weiteren Details fahndet.
Ein Bilderbuch für Kinder, das Erwachsenen viel zu sagen und zu zeigen hat.

Veröffentlicht am 08.12.2017

Kraftvoll

Max
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Sechs Frauen bestimmen das Leben von Max Ernst – oder bestimmt er ihres? Jedenfalls hat Markus Orths das Leben des genialen Malers und Bildhauers, das er in seinem Roman erzählt, nach ihnen gegliedert. ...

Sechs Frauen bestimmen das Leben von Max Ernst – oder bestimmt er ihres? Jedenfalls hat Markus Orths das Leben des genialen Malers und Bildhauers, das er in seinem Roman erzählt, nach ihnen gegliedert. Es dauert lange, bis Max seine „Stimme“ und die endgültige Frau als Begleiterin findet. Doch den Weg dahin beschreibt Orths mit Verve und Leidenschaft, anhand zahlreicher Episoden, die Verständnis erzeugen, gleichzeitig aber auch Fragen stellen, denn es hätte alles auch ganz anders ausgehen können, wenn die Zeitumstände andere gewesen wären.
So entsteht aus den zahlreichen Puzzlesteinen ein spannendes Bild der Entwicklung Max Ernsts, aber auch der Zeitgeschichte.
Man taucht in das Buch ein treibt bis zum Ende, einziger Wermutstropfen, das Ende kommt – und das ein bisschen ruckartig. Gerne hätte man mehr erfahren über Ernsts letzte Station.

Veröffentlicht am 08.12.2017

Schlüssig

Raumkrank
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Nero reist zur Raumstation, auf der er glaubt, seinen Dienst als Arzt anzutreten, denn es handelt sich um eine intergalaktische Krankenstation – vollautomatisiert, von Außerirdischen betrieben. Die Menschen ...

Nero reist zur Raumstation, auf der er glaubt, seinen Dienst als Arzt anzutreten, denn es handelt sich um eine intergalaktische Krankenstation – vollautomatisiert, von Außerirdischen betrieben. Die Menschen sind gerade erst zur Gemeinschaft der interstellar reisenden Völker hinzugekommen und kennen sich noch nicht so wirklich gut aus, versuchen aber ihr Bestes. Entsprechend erwartungsvoll betritt Nero die Station. Er hofft, bald außerirdische Lebensformen zu treffen. Doch da wird er enttäuscht – die Leser übrigens auch – erst einmal geht es um Formalitäten, da unterscheiden sich die Außerirdischen nicht sehr von den Menschen, Bürokratie und technische Vorbereitungen. Aber genau wie bei Nero trägt dieser Umstand dazu bei, dass sich die Erwartung und damit die Spannung auf die ersten Aliens weiter steigert. Die technischen Details sind zwar lang, aber immer in die Handlung eingebettet und begleitet von den Gedanken und Empfindungen Neros, sodass es zwar gemütlich, aber keinesfalls langweilig vorangeht. Der Autor hat sich sehr intensiv mit seiner Welt auf der Raumstation auseinandergesetzt und setzt diese detailreich in Szene.
Im letzten Drittel des Romans beschleunigt sich das Tempo ganz enorm. Neben vielen Aliens, die auch schon eine Herausforderung für Nero darstellen, tauchen auch noch Raumpiraten auf, die die Station angreifen. Nero muss sich bewähren.
Das Ende – nach der Action – ist dann – meines Erachtens – ein bisschen schade, weil es (allerdings nur mit einem Detail) einen traurigen Schlusspunkt setzt.
Fazit: Eine schlüssige Welt, ein liebenswerter Held und ein spannendes Abenteuer, durchsetzt mit humorvollen Intermezzi.

Veröffentlicht am 08.12.2017

Unterkühlt

Leere Herzen
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Babak und Britta führen ein Unternehmen, das Selbstmörder sucht: entweder, um sie vom Selbstmord abzuhalten oder um sie zu Selbstmordattentätern zu machen. Sie verkaufen die Kandidaten an die entsprechenden ...

Babak und Britta führen ein Unternehmen, das Selbstmörder sucht: entweder, um sie vom Selbstmord abzuhalten oder um sie zu Selbstmordattentätern zu machen. Sie verkaufen die Kandidaten an die entsprechenden Organisationen, weshalb Attentate nur noch perfekt, aber seltener stattfinden.
Die Geschichte spielt in naher Zukunft, an der Regierung ist eine Partei, die nach und nach die Grundrechte einschränkt und abschafft. Britta ist desillusioniert. Sie ist verheiratet, hat Freunde, ein Kind, ihr Mann scheint plötzlich Erfolg mit seinem Unternehmen zu haben, oder doch nicht?
Dann taucht auch noch Julietta auf – die erste Frau, die ein Selbstmordattentat begehen will – und plötzlich sprengen sich am Leipziger Flughafen zwei junge Männer in die Luft – und niemand weiß warum. Doch sie waren mal in Brittas und Babaks Firma und natürlich noch in ihrer Kundendatei …
Die Geschichte überrascht inhaltlich an vielen Stellen. Sie wirkt kühl, weil Britta versucht, so kühl zu sein, um nicht unterzugehen. Doch dadurch wirkt das Buch insgesamt recht kühl, linear, zielstrebig, ohne aber am Ende tatsächlich einem Ende, einer Überraschung, einem Highlight entgegen zu streben. Das Ende bleibt diffus, undeutlich.
Während die anfänglichen (im Text als nicht besonders gut versteckte Belehrungen) Warnungen Brittas vor einem Rechtsruck noch zeigen, wie sehr die Menschen sich treiben lassen, wenn sie ein Gefühl der Ohnmacht haben bzw. wenn sie keine ausreichenden Informationen besitzen, driftet der Roman in der zweiten Hälfte ins Unwirkliche ab. Der erste Teil wird von den Belehrungen (bzw. Warnungen) dominiert, der zweite von Aktionismus, beides überzeugt nicht wirklich.
Trotzdem kann man das Buch gut lesen, es bleibt aber ein Gefühl, dass da noch was fehlt.