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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.11.2017

Gefühlvoll

Die Lichter von Paris
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Margie lebt 1924 und wächst mit den Zwängen einer reichen Oberschichtgesellschaft auf. Dadurch kommt sie sich immer wieder und schließlich ständig unvollkommen vor, fehlerhaft, nicht liebenswert. Das führt ...

Margie lebt 1924 und wächst mit den Zwängen einer reichen Oberschichtgesellschaft auf. Dadurch kommt sie sich immer wieder und schließlich ständig unvollkommen vor, fehlerhaft, nicht liebenswert. Das führt dazu, dass sie sich zurückzieht und schließlich nicht rechtzeitig (in den Augen der Gesellschaft) verheiratet ist. Sie soll ihre zu lebhafte Cousine nach Europa begleiten. Doch die verschwindet dort und lässt Margie allein in Paris zurück. Die lernt dort den Maler Sébastien kennen und verwandelt sich in Marguerite, die Schriftstellerin.

Madeleine lebt 1999, ist verheiratet und ihr Mann ist so reich, dass sie nicht zu arbeiten braucht, nicht arbeiten darf, da er sie zum Repräsentieren braucht. Doch Madeleine ist unglücklich, sie möchte eine Aufgabe im Leben, will geliebt werden und Dinge tun, die ihr gefallen, z.B. Schokolade essen und Malen. Sie flieht zu ihrer Mutter, als es zu einer Auseinandersetzung mit ihrem lieblosen Mann kommt.

Beide Frauen fühlen sich unsicher, ungeliebt und vor allem so unzulänglich, dass sie kein Recht auf Liebe und Erfüllung zu haben glauben.
Eleanor Brown entführt die Leserinnen an den Anfang des Jahrhunderts, die Zeit zwischen den beiden großen Kriegen und fängt dabei die Lebensbedingungen ein, sodass Margie sofort zur Protagonistin wird, der man gerne folgt.
Madeleines Leben ist etwas sperriger, der Zugang zu ihr fällt schwerer.
Beiden gemein ist, dass sie ihre Sorgen und Probleme (zu ?) oft wiederholen. Als Leserin hat man recht schnell verstanden, wo es bei den beiden Frauen hakt, sodass ein kleiner Zweifel, ein, zwei Sätze ausgereicht hätte, es hätte nicht immer eine ganze Seite sein müssen.
Ansonsten ist die Geschichte einfühlsam erzählt, erzeugt ein angenehmes Gefühl von Vertrautheit mit den Figuren und beleuchtet gleichzeitig, wie sehr Schicksale von der Familie einerseits und der individuellen Wahrnehmung und Persönlichkeit andererseits bestimmt werden können.

Veröffentlicht am 09.11.2017

Biber in Not

Bibergeil
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Die Bauern im Markt Hallerbach sind sehr unglücklich darüber, dass ihr kleiner Bach von Bibern als Wohnort auserkoren wurde. Sie stauen nicht nur das Wasser auf, sondern unterhöhlen auch Äcker und bringen ...

Die Bauern im Markt Hallerbach sind sehr unglücklich darüber, dass ihr kleiner Bach von Bibern als Wohnort auserkoren wurde. Sie stauen nicht nur das Wasser auf, sondern unterhöhlen auch Äcker und bringen Kapellen zum Wanken.
Kein Wunder, dass man auf Abhilfe sinnt, obwohl die Tiere eigentlich unter Naturschutz stehen. Eines Nachts wird der Bau gesprengt. Kurz darauf taucht eine Leiche auf dem Bau aus, ausgerechnet den Mann von der Naturschutzbehörde hat es dahingerafft. Alles sieht danach aus, als hätten ihn die Biber umgebracht – waren sie natürlich nicht.
Die Geschichte beginnt langsam, stellt viele Figuren vor, die Spannung ergibt sich nur aus der Atmosphäre und den angedeuteten Geheimnissen der Leute. Wir als Leser bleiben aber weit entfernt. Der allwissende Erzähler berichtet abwechselnd aus den verschiedensten Perspektiven, richtig nahe dran kommt man an die Figuren kommt man erst später. Dann nimmt die Handlung auch Fahrt auf, dann wächst uns die Hauptfigur, Kommissar Karl Holzinger, langsam ans Herz. Es gibt überraschende Wendungen, die allerdings etwas übertrieben ausfallen. Überhaupt gibt es viele Geheimnisse, viele unredliche Menschen in und um den Ort herum. Dabei wäre das Geheimnis des Karl Holzinger allein schon ein ganzes Buch wert gewesen.
Hauptsächlich denke ich jedoch, dass die gewählte Perspektive der Hauptgrund dafür ist, dass ich mich nicht richtig einfühlen, mit der Geschichte und den Figuren nicht richtig warm werden konnte.

Veröffentlicht am 08.11.2017

Speziell

The Romantics, oder wie Gael das mit der Liebe lernte
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Bei Gael läuft es gerade gar nicht rund. Seine Eltern lassen sich scheiden. Seine kleine Schwester weigert sich, diese Information zur Kenntnis zu nehmen und dann macht auch noch seine Freundin Anika mit ...

Bei Gael läuft es gerade gar nicht rund. Seine Eltern lassen sich scheiden. Seine kleine Schwester weigert sich, diese Information zur Kenntnis zu nehmen und dann macht auch noch seine Freundin Anika mit ihm Schluss, weil sie nun mit seinem besten Freund Mason zusammen ist.

Erzählt wird uns diese Geschichte von der Liebe selbst. Sie betrachtet es als ihre Aufgabe, möglichst vielen Menschen zu einem erfüllten und glücklichen Liebesleben zu führen. Damit hat sie natürlich sehr viel zu tun und so kann es geschehen, dass sie manchmal etwas übersieht – wie z.B. die Scheidung von Gaels Eltern, die eigentlich füreinander geschaffen sein sollten – aber eben auch Gaels Problem mit Anika.
Um ihre Aufgabe erfüllen zu können, hat die Liebe Kategorien geschaffen, in die sie die Menschen eingeteilt hat. Gael ist ein Romantiker und all seine Probleme rühren daher, dass er eben ist, wie er ist, die Welt sieht, wie er sie sieht und immer zweifelt.
Die ganze Geschichte ist sehr humorvoll erzählt. Die Leserinnen und Leser sind immer nahe an Gael dran, wissen zu jeder Zeit, was er denkt und fühlt. Gelegentlich tauchen wir auch in andere Figuren ein, aber dann berichtet die Liebe darüber. Sie schaltet sich fast nach jedem Kapitel ein und ordnet ein oder kommentiert.
Eigentlich weiß man von Anfang an, worauf es hinauslaufen wird (das steht im Prinzip schon auf der Rückseite im Klappentext), trotzdem ist der Weg dorthin äußerst amüsant.
Das Buch liest sich sehr flüssig, die einzelnen Kapitel sind recht kurz und erzählen immer eine Episode aus Gaels Leben und Lieben.
Ein weiteres Thema des Romans sind Filme. Gael liebt Filme, und ein großer Teil seiner Beziehungen findet im Kino, im Gespräch über Filme oder im „Heimkino“ statt.
Außerdem geht es zusätzlich um Gaels Verhältnis zu seinen Freunden, vor allem zu seinem besten Freund, Mason, der ihn betrogen hat. Doch Mason liebt Anika aus tiefstem Herzen, und so kann Gael ihm irgendwann verzeihen, auch wenn der Weg dorthin schwierig ist.
Das Titelbild/der Umschlag präsentiert sich so, dass weder Mädchen noch Jungen explizit angesprochen werden, trotzdem ist das Thema vermutlich eher bei Mädchen beliebt, obwohl die Hauptfigur ein Junge ist.
Insgesamt liegt hier ein großartiges Buch vor, das mit seiner besonderen Perspektive überzeugt und ein amüsantes Leseerlebnis bietet.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Figuren
  • Gefühl
  • Lesespaß
Veröffentlicht am 08.11.2017

Atmosphärisch

Eine alte Schuld
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Während einer Ausgrabung wird unvermutet eine moderne Leiche gefunden. Ray, der sich beim Graben schon unwohl gefühlt hatte, weil er sich beobachtete fühlte, macht sich erst einmal vom Acker. Genau wie ...

Während einer Ausgrabung wird unvermutet eine moderne Leiche gefunden. Ray, der sich beim Graben schon unwohl gefühlt hatte, weil er sich beobachtete fühlte, macht sich erst einmal vom Acker. Genau wie Tim, der Versicherungsagent, der eigentlich die Regatta prüfen sollte, die Jack für den jährlichen Jahrmarkt „auf amerikanische Art“ organisieren soll.
Sarah und Jack fühlen sich – erneut – angesprochen und beginnen, ganz langsam, aber beharrlich zu ermitteln, die Ungereimtheiten zusammenzutragen und aufzudröseln.
Der Krimi lebt vom Ambiente, von den interessanten Figuren, von den Spannungen zwischen British und American, aber auch von der Landschaft und dem Humor, mit dem Jack sein Leben und alles andere betrachtet.
Er lässt sich nur schwer aus der Ruhe bringen und stellt so einen angenehmen Gegenpart zu Sarah dar, die immer mal etwas hektisch wird. Sie kennt sich aus, kennt die Menschen, die Geschichten und Gerüchte. Er hat den neutralen Blick.
Insgesamt liest sich der Krimi sehr flüssig, viele Dialoge, kurze Szenen, nicht ganz so viel Spannung, aber genug, dass man dranbleibt. Zurück bleibt ein schönes Gefühl, nette Menschen getroffen zu haben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Lesespaß
  • Charaktere
  • Erzählstil
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 02.11.2017

Beschaulich

Tod an der Wien
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Die pensionierte Lateinlehrerin Ernestine Kirsch liebt Operetten, und so schleppt sie ihren Bekannten Anton Böck, Apotheker, in die Premiere der „Gelben Jacke“ ins Theater an der Wien. Anton gefällt die ...

Die pensionierte Lateinlehrerin Ernestine Kirsch liebt Operetten, und so schleppt sie ihren Bekannten Anton Böck, Apotheker, in die Premiere der „Gelben Jacke“ ins Theater an der Wien. Anton gefällt die Musik, Ernestine zuliebe nimmt er sie in Kauf. Star der Operette ist Hermine Egger, eine schwierige, schon etwas ältere Sängerin, die mit vielen „ins kurze Gras“ geraten war, wie sich im Laufe der Ermittlungen herausstellt.
Ermittlungen im herkömmlichen Sinne finden nicht wirklich statt. Zwar ermittelt ein ehemaliger Schüler Ernestines als Kommissar, doch da der Fall der toten Sängerin als Unfall durchgeht, kümmert er sich eher um Antons verwitwete Tochter Heide als um den Fall.
Doch Ernestine, die ein glühender Fan von Hermine Egger war, ahnt, dass die Ungereimtheiten, die bei den polizeilichen Untersuchungen aufgetaucht sind, einen Mord nahelegen. Deshalb beginnt sie zu ermitteln.
Der Roman spielt im Wien der Zwanziger Jahre und vermittelt viel Atmosphäre und Zeitgeist. Ernestine und Anton sind ein interessantes Ermittlerpaar, zwischen denen sich wohl zarte Liebesbande entwickeln.
Neben dem offensichtlichen Fall geht es auf einer zweiten Eben auch um die Situation an österreichischen Schulen in dieser Umbruchzeit. Die Bandbreite reicht vom Prolog, der in einem sadistisch-strengen Internet spielt, bis zu der Schule, die für Antons Enkelin Rosa ausgesucht wurde, die nach den Prinzipien Maria Montessoris arbeitet.
Insgesamt lebt der Krimi eher vom Ambiente und den interessanten Figuren, von der humorvollen Erzählweise und den mannigfaltigen Informationen aus den Zwanziger Jahren.
Der Fall entwickelt sich gegen Ende zwar auch noch, richtig spannend wird es aber nicht, dazu ist das Motiv zu vorhersehbar. Außerdem spielt Kommissar Zufall den Ermittlern mehrmals in die Hände, und Ernestine erweist sich ausgerechnet an entscheidender Stelle als unzuverlässige Erzählerin.