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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.04.2018

Vielfarbig dunkel

Leinsee
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„Leinsee“ ist der Debütroman der Autorin Annette Reinecke. Der weltberühmte Künstler August Stiegenhauer hat sich das Leben genommen, weil seine Frau, mit der er eine sehr enge Verbindung hatte, ins Krankenhaus ...

„Leinsee“ ist der Debütroman der Autorin Annette Reinecke. Der weltberühmte Künstler August Stiegenhauer hat sich das Leben genommen, weil seine Frau, mit der er eine sehr enge Verbindung hatte, ins Krankenhaus gekommen ist und vermutlich nicht überleben wird. Sein Sohn Karl, der sich ebenfalls in Berlin als Künstler einen Namen gemacht hat, obwohl er erst sechs und 20 Jahre alt ist, fährt nach Hause, nach Leinsee, wo seine Eltern gelebt haben. Er selbst ist im Internat aufgewachsen, was er seinen Eltern noch heute Nacht trägt. Er fühlte sich abgeschoben.
Als er nach Leinsee kommt, erfährt er, dass seine Mutter sich wider Erwarten erholt hat. So bleibt er länger, um sich um alles zu kümmern.
Dabei erfährt er, dass alle Ansprüche an ihn haben. Seine Freundin Mara möchte, dass er möglichst bald wieder nach Berlin zurückkehrt. Sein Agent möchte neue Kunstwerke. Seine Mutter möchte, dass er sich um sie kümmert.
Er kann nicht in dem Haus seiner Eltern leben, will es aber auch nicht verlassen. Etwas zur Ruhe kommt er, nachdem Kinder im Garten aufgetaucht sind, vor allem eines, ein Mädchen, Tanja, beeindruckt ihn tief.
Karl braucht lange, um zu Entscheidungen zu kommen, lässt sich treiben, wird selten aktiv.
Da das Buch komplett aus seiner Perspektive geschrieben ist, bleiben alle anderen Figuren seltsam unwirklich, in ihren Beweggründen und Handlungen nicht immer nachvollziehbar. Das liegt auch daran, dass Karl nicht wirklich daran interessiert ist, diese Beweggründe herauszufinden, für sich zu klären. Er nimmt alles hin, Tanjas Besuche genauso wie ihr Verschwinden. Selbst Figuren, die er nicht leiden kann, wie den Assistenten seiner Eltern, nimmt der einfach hin.
Jedes Kapitel ist mit einer ungewöhnlichen Farbe überschrieben, wie Regentageblau oder Föhnblond. Diese Überschriften weisen gleichzeitig auf Karls emotionale Lage hin.
Die Leserinnen und Leser verfolgen Karls Entwicklung über viele Jahre hinweg, dabei kommt der einem nahe, obwohl er eigentlich ein ablehnender bleibt, der kaum Einblicke gewährt, der hauptsächlich um sich selbst kreist, dabei gleichwohl Kraft aus seiner Umwelt entzieht und für sich selbst nutzt.
Das Ende bleibt relativ offen, allerdings scheint es positiv konnotiert zu sein.
Die Sprache der Autorin ist spröde, was gut zu Karls Charakter passt. Besonders interessant ist die Eltern-Kind-Beziehung, die aufzeigt, dass ich nicht vorhersagen lässt, wie bestimmte Entscheidungen sich später auswirken.

Veröffentlicht am 03.04.2018

Krimödie mit Herz

Planetenpolka
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Der Kommissar Arno Tillikowski ist nach einer Verletzung heute den ersten Tag wieder im Dienst, um ihn nicht gleich zu überfordern, soll er erst einmal Innendienst machen. Er langweilt sich zu Tode und ...

Der Kommissar Arno Tillikowski ist nach einer Verletzung heute den ersten Tag wieder im Dienst, um ihn nicht gleich zu überfordern, soll er erst einmal Innendienst machen. Er langweilt sich zu Tode und ist zuerst hocherfreut, als Stella Albrecht bei ihm auftaucht. Doch dann kippt alles. Stella erzählt ihm, dass sie wegen eines Horoskops fest davon überzeugt ist, dass die schwerreiche Cäcilie von Breidenbach ermordet wurde und keineswegs, wie vom Arzt bestätigt, eines natürlichen Todes gestorben ist.
Er schickt sie weg und ist fest davon überzeugt, es mit einer Irren zu tun zu haben.
Doch Stella ist nicht verrückt. Sie versteht sich als Lebensberaterin und zieht die Aussagen der Sterne als Grundlage für ihre Empfehlungen zurate. Gleichzeitig begegnen einem im Roman aber auch andere Sterndeuter, die es mehr auf Macht und Geld abgesehen haben und nicht darauf, den Menschen zu helfen.
Stella lässt sich nicht beirren und beginnt, gemeinsam mit ihrem Freund, dem Journalisten Ben, der ebenfalls eine saftige Story wittert, zu ermitteln. Etwas schwierig für die Situation, als sich herausstellt, dass Ben und Arno befreundet sind.
Wir erleben Stella als gestandene Frau, die zwischen Mutter und Großmutter steht, sich aber in ihrem Leben eingerichtet hat und eigentlich zufrieden ist.
Genau wie Arno fehlt ihr allerdings ein Lebenspartner.
Der Kriminalfall entwickelt sich mit einigen Überraschungen und Verwirrungen, doch das steht gar nicht so sehr im Vordergrund. Das Lesevergnügen entwickelt sich in erster Linie aus dem schnoddrigen Erzählstil, der Situationskomik, dem (angemessenen und auch von Lesern aus anderen Bundesländern zu verstehenden) Dialekt und der Tatsache, dass sich weder Autorin noch Ermittlerin zu ernst nehmen.
Lotte Minck hat mit Loretta Luchs bereits eine Ermittlerin geschaffen, mit der die Leserinnen und Leser humorvoll durch einen Kriminalfall wandern können, doch mit Stella erschafft sie nun eine Ermittlerin, die einerseits überlegter vorgeht, andererseits durch ihren Beruf, eben die Astrologie, für interessante Einsichten steht.
Der Kriminalroman kündigt sich selbst als Krimödie an, was den Nagel auf den Kopf trifft. Viel Atmosphäre, ein akzeptabel spannender Kriminalfall und fantastische Figuren.

Veröffentlicht am 16.03.2018

Gemeinsam sind wir stark

Darlington Road Kids, Band 1
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Kurz vor Weihnachten im Jahr 1803 wird der kleine George, der als Gehilfe bei einem Kaminkehrer arbeitet, beschuldigt, eine teure Kaminuhr gestohlen zu haben. Er wird zur Verbannung in Australien verurteilt, ...

Kurz vor Weihnachten im Jahr 1803 wird der kleine George, der als Gehilfe bei einem Kaminkehrer arbeitet, beschuldigt, eine teure Kaminuhr gestohlen zu haben. Er wird zur Verbannung in Australien verurteilt, kann jedoch fliehen und braucht dringend Hilfe.

Die bekommt er von den Darlington Road Kids, zwei Jungen und zwei Mädchen, Jo, Alicia, René, Rufus, die eng miteinander befreundet sind, obwohl sie sehr unterschiedlich sind, sowohl was ihre Herkunft angeht als auch in Bezug auf ihre Charaktereigenschaften.
Die Anführerin ist Jo, Tochter des Wirts des Farnworth Inn in eben der Darlington Road, die dem Buch ihren Namen gegeben hat. Neu hinzu kommt Terry, ein Straßenjunge, der im Inn als Gehilfe arbeitet. Die Freunde sind sich sicher, dass George unschuldig ist und beginnen zu ermitteln. Das erweist sich als ziemlich gefährlich. Gut, dass die Fünf ganz unterschiedliche Fähigkeiten mitbringen und sich gegenseitig ergänzen.
Ohne die Kenntnisse und Verbindungen Terry in die Straßenjungenszene hätten sie allerdings keine Chance.
Der Kriminalfall wirkt im ersten Augenblick verworren, weil viele Personen beteiligt sind und Verkleidungen genutzt werden. Außerdem gibt es politische Hintergründe, die schon recht kompliziert sind. Doch da die Leserinnen und Leser die Entwicklungen Schritt für Schritt, gemeinsam mit den Figuren entdecken, ist das kein Problem. Dadurch erfahren die Leserinnen und Leser unglaublich viel über die Lebensumstände in London um 1800. Man taucht quasi in die Atmosphäre ein und erlebt sie hautnah mit. In mal längeren, mal kürzeren Passagen, die kursiv gedruckt sind, erfährt der Leser aus erster Hand was die Figuren denken, was natürlich einerseits dazu führt, dass man sie besser kennenlernt, aber auch zeigt, wie unterschiedlich (oder ähnlich) bestimmte Situationen eingeschätzt werden.
Der Roman ist recht lang (404 Seiten), ziemlich spannend, obwohl man schon sehr aufmerksam lesen muss, um alle Details zu verstehen, sodass ich denke, dass er Leserinnen und Leser ab 12 Jahren ansprechen wird. Natürlich darf man nicht den Anspruch haben, dass hier die Realität eins zu eins abgebildet wird, doch ein Gefühl für die Probleme der Zeit (in einigen Aspekten) gewinnt man doch. Es ist ein wahrhaftes Vergnügen, sich mit den Darlington Road Kids auf Streifzug durch London zu begeben und den unterschiedlichsten Charakteren zu begegnen.
Am Ende des Buches gibt es ein Personenverzeichnis, das dabei helfen kann, die einzelnen Akteure besser einzuordnen und eventuell noch einmal nachzuschlagen. Vielleicht wäre das am Anfang des Buches besser aufgehoben?
Band 2 der Reihe ist bereits erschienen, Teil 3 in Vorbereitung.

Veröffentlicht am 15.03.2018

Humorvolles Abenteuer

Akte Ahhh...! (1). Nachbarn des Grauens
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Kim Kaballo, ein Junge, ist 11 Jahre alt und sehr davon überzeugt, dass er die Welt besser kennt und durchschaut als alle anderen um ihn herum.

Abgesehen von seinem Großvater natürlich. Denn Kim glaubt, ...

Kim Kaballo, ein Junge, ist 11 Jahre alt und sehr davon überzeugt, dass er die Welt besser kennt und durchschaut als alle anderen um ihn herum.

Abgesehen von seinem Großvater natürlich. Denn Kim glaubt, dass die Welt von außerirdischen Lebensformen infiltriert wird. Diese Außerirdischen wollen langfristig die Weltherrschaft übernehmen und beginnen damit – ausgerechnet und unvorsichtigerweise – in dem Haus neben dem, in dem Kim wohnt.
Unmittelbar, nachdem in der Nacht ein Meteorit in Kims Garten eingeschlagen ist, ziehen neue Nachbarn ein und die sind mehr als schräg, da ist sich Kim völlig sicher.
Sofort beginnt er, alle Fakten zusammenzutragen.
Tatsächlich stößt er auf zahlreiche Ungereimtheiten, sodass ihm sowohl sein Großvater – mit dem gemeinsam er schon zahlreiche (ältere) Science-Fiction-Filme geschaut hat – als auch seine beste Freundin Emily bei seinen Untersuchungen unterstützen. Dazu trägt auch bei, dass überall in der Umgebung Katzen verschwinden.
Vermutlich ernähren sich die Aliens von ihnen …
Berenz zeigt in seinem Roman, wie wichtig es für Kinder ist, Bezugspersonen zu haben, die ihnen genau zuhören, die sie unterstützen und ernst nehmen – das alles jedoch mit einem Augenzwinkern, denn auch Träume und verrückte Ideen sind wichtig im Leben und tragen dazu bei, dass Kinder sich weiterentwickeln können.
Der Humor schimmert bei jedem Satz deutlich durch und doch ist es eindeutig, dass auch der Autor Kim und seine Überlegungen ernst nimmt, schließlich könnte es ja sein, oder doch nicht?
Sprachlich ist die Geschichte sehr gut an das Lese- und Verständnisvermögen der Zielgruppe (ab 8 Jahren angepasst). Auch die Gestaltung der Seiten (breiter Zeilenabstand, gut leserliche Schrift, viele kleine Schwarz-Weiß-Illustrationen im Comicstil) trägt zum Lesevergnügen bei.
Zudem ist die Geschichte ziemlich spannend und vermutlich (für die Zielgruppe) auch nicht so leicht vorhersehbar, denn der Autor wartet mit einigen Überraschungen auf.
Letztlich verwendet er Situationen, die alle im Erfahrungsbereich der Zielgruppe liegen, nur dass Kim sie eben ein wenig abseitig interpretiert. Doch das zeigt, dass er bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, sich auch gegen Widerstände einzusetzen und sich nicht so leicht von seinem Vorhaben abbringen lässt. Gleichzeitig ist er bereit, Fehler zuzugeben und versucht, sie wiedergutzumachen.
Damit eignet er sich hervorragend als Identifikationsfigur für die Jungs.
Insgesamt handelt es sich um ein spannendes, liebenswertes und sehr humorvolles Buch für neugierige Jungs.

Veröffentlicht am 09.03.2018

Hobbydetektive

Geheimnis Nr. 32
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David und Daniel sammeln Geheimnisse. Schon immer. Die schreiben sie auf kleine Zettel, die sie durchnummerieren und in einer Pringles-Dose verstecken. Die vergraben sie dann im Schrebergarten von David. ...

David und Daniel sammeln Geheimnisse. Schon immer. Die schreiben sie auf kleine Zettel, die sie durchnummerieren und in einer Pringles-Dose verstecken. Die vergraben sie dann im Schrebergarten von David. Doch das Geheimnis, das jetzt in die Dose wandern müsste, fordert sie heraus.

Jemand hat das Fenster zum Lehrerzimmer mit einem Fußball eingeschossen, und nun ist das Geld für die Fahrt zur Eislaufbahn weg. Der Ausflug muss ausfallen. Dagegen wollen David und Daniel etwas unternehmen, nicht unbedingt, weil sie so besonders sportlich wären, sondern wegen Bianca. Die kann nämlich richtig gut Schlittschuhlaufen und hat auch noch Schlittschuhe zum Geburtstag bekommen.
Die überraschenden Wendungen, die Milan in die Geschichte eingearbeitet hat, erzeugen in Zusammenhang mit der doch recht eigenwilligen Erzählerstimme Daniels einen mitreißenden Kinderkrimi im Schulmilieu, der die Hauptfiguren fordert und an die Grenzen ihrer Integrität und Moralvorstellungen bringt. Das Ganze sorgt aber auch dafür, dass sie kreativ werden, dass sie zusammenhalten und für einander einstehen.
Milan erzählt in kurzen Kapiteln, wie sich alles entwickelt. Seine Sprache ist dabei klar und überaus angemessen für die Zielgruppe.
Erwachsene/Lehrer sind nicht besonders hilfreich, nah am Klischee, aber immerhin doch als Typen zu erkennen und zu akzeptieren.
Das Buch hat nur 168 Seiten. Die Kapitel sind recht kurz und damit übersichtlich. Die Hauptfiguren laden zum Mitfiebern ein. Sie sind sympathisch und haben ihre Ecken und Kanten. Ich denke, dass sich das Buch gut als Klassenlektüre eignet, obwohl es keine weiblichen Identifikationsfiguren gibt – weil eben doch Mädchen eine durchaus entscheidende Rolle in dem Ganzen spielen. Es gibt zahlreiche Diskussionsanlässe und viele Aspekte, die man durchaus unterschiedlich bewerten kann, was sicher zu spannenden Gespräche in den Gruppen führt.
Das Titelbild ist eher schlicht gehalten, in gedeckten Farben, stellt aber einen der wichtigen Aspekte des Buches dar und verlockt zum Lesen.