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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.11.2016

Nadja kommt beinahe aus dem Takt

Mainschatten
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Sebastian Dreher, Juniorchef und Tanzlehrer einer angesehenen Würzburger Tanzschule, kommt ums Leben. War es Unfall durch falsche Insulindosierung des Diabetikers oder hat jemand nachgeholfen?
Victor de ...

Sebastian Dreher, Juniorchef und Tanzlehrer einer angesehenen Würzburger Tanzschule, kommt ums Leben. War es Unfall durch falsche Insulindosierung des Diabetikers oder hat jemand nachgeholfen?
Victor de Mancini, der unnahbare Staatsanwalt, stimmt zum großen Erstaunen der Polizeitruppe einem nicht ganz korrekten Undercover Einsatz von Kommissarin Nadja Gontscharewa in der Tanzschule zu. Während die übrige Truppe Angehörige und Angestellte routinemäßig befragt und dabei die Unfalltheorie nach außen weiter stehen lässt, sind die Ergebnisse der Gerichtsmedizin eindeutiger.
Der neue Würzburg Krimi der Autorin Anja Mäderer löst das Versprechen ein, dass sie mit ihrem Debütroman „Mainleid“ gegeben hat. Eine raffiniert ausgedachte Geschichte mit genügend Bodenhaftung zum fränkischen Umfeld und eine ganze Reihe von Verdächtigen, die den Leser lange miträtseln lassen, machen das Lesen wirklich zum Vergnügen. Dabei sind die Protagonisten wirklich toll geschildert. Vom Womanizer bis zum stillen Wasser mit Sprachstörung, findet Nadja viele Charaktere in der Tanzschule versammelt und merkt sehr schnell, dass es trotz der lockeren Stimmung viele unterschwellige Spannungen und Eifersüchteleien gibt. Der Einsatz stellt sich schnell gefährlicher heraus, als sie anfangs dachte.
Besonders gefiel mir der gut dosierte Einsatz von Witz und Dialekt, die das Buch auflockern und eine ironisch-humorvolle Komponente mitbringen. Einmal angefangen, konnte ich das Buch kaum zur Seite legen. Ein gelungener Regionalkrimi, wie so oft aus dem Emons Verlag, der in diesem Genre immer wieder gute Autoren entdecken lässt. Ich freue mich schon auf weitere kriminelle Abstecher nach Würzburg mit Anja Mäderers toller Truppe.

Veröffentlicht am 20.11.2016

Krimi für Katzen- und Paris Fans

Die Katzen von Montmartre
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Hätte mir eine Freundin nicht das neue Buch von Tessa Korber ans Herz gelegt, ich hätte nie dazu gegriffen. Ein Katzenkrimi gehört nicht unbedingt zu meinem Leseschema, aber gut, dass ich mich auf sie ...

Hätte mir eine Freundin nicht das neue Buch von Tessa Korber ans Herz gelegt, ich hätte nie dazu gegriffen. Ein Katzenkrimi gehört nicht unbedingt zu meinem Leseschema, aber gut, dass ich mich auf sie verlassen habe.
Paris – Montmartre – Sacre Coeur – Das Viertel der Maler und Künstler und natürlich der Katzen. Der weise, schwarze Kater Degas, die hübsche Grisette, die frechen kleinen Kater Miro und Pablo, , der Herumtreiber Matisse und natürlich Bonnard, der seine Heimat auf dem Friedhof von Montmarte hat, sind die Hauptpersonen. Sie streunen durch die Straßen und ihrer Aufmerksamkeit und ihren empfindsamen Nasen entgeht nichts. Auch nicht der Mord an einem kleinen Mädchen auf dem Friedhof. Sie übernehmen es, die Spuren zu verfolgen und bei ihren jeweiligen zweibeinigen Gefährten Schicksal zu spielen.
Der Roman atmet viel von der Pariser Atmosphäre, die man erwartet, wenn man an die weiße Kuppel von Sacre Coeur denkt. Liebenswerte Charaktere, unter den Menschen, wie unter den Katzen, machen den Charme des Buches aus. Die Seiten fliegen nur so dahin. Für Katzenliebhaber ist das Buch sicher ein Muss , genau wie für Paris Fans. Aber auch die Krimihandlung kommt nicht zu kurz und ist spannend und gelungen, auch wenn sie nicht unbedingt im Vordergrund steht.
Ich finde, es ist eine Hommage an Paris und seine Straßenkatzen und eine gelungene Krimiunterhaltung obendrein.

Veröffentlicht am 07.11.2016

Eine Epoche geht zu Ende

Letzte Freunde
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Letzte Freunde ist der abschließende Band der Trilogie um Sir Edward Feathers , Old Filth genannt. Nachdem einmal die Geschichte aus Sicht von Sir Edward erzählt wurde, im zweiten Buch seine Frau Elizabeth ...

Letzte Freunde ist der abschließende Band der Trilogie um Sir Edward Feathers , Old Filth genannt. Nachdem einmal die Geschichte aus Sicht von Sir Edward erzählt wurde, im zweiten Buch seine Frau Elizabeth zu Wort kam, stehen nun alte Freunde und Weggefährten im Mittelpunkt und deren Sicht auf das Ehepaar.
Jetzt habe ich mehr über die lebenslange Fehde zwischen Terry Veneering und Edward Feathers erfahren. Eine Nebenfigur, Fiscal-Smith, wurde ins Rampenlicht gerückt und wurde für mich menschlich, nachdem er in den vorangegangenen Büchern ehe eine Witzfigur abgab.
Für mich war es ein runder Abschluss, aber ohne die Kenntnis der ersten Bücher hätte ich schwer Zugang zur Geschichte, noch zu den einzelnen Personen gefunden, deshalb meine Empfehlung unbedingt die Vorgängerbände zu lesen.
Die Sprache Jane Gardams hat mich auch hier wieder fasziniert. Es ist fantastisch, wie es ihr gelang, ihre Personen darzustellen. Ich schwankte von Sympathie zu Abneigung, je nach Blickwinkel und am Ende bleibt das Verständnis für die menschliche Tragödie, die jede einzelne Figur durchleben muss. Gleichzeitig ist die Trilogie aber auch ein Abgesang auf die große Zeit des englischen Empires. Die Kronkolonie Hongkong fällt an China zurück und die Bedeutung der englischen Oberschicht hat schon in den vergangen Jahrzehnten abgenommen, das wird auch den Protagonisten schmerzlich bewusst.
Jane Gardam ist eine großartige Erzählerin und eine Chronistin dieser Zeit.

Veröffentlicht am 04.11.2016

Der Zweck heiligt nicht die Mittel

Dunkle Marsch
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Der Journalist Gero Schlüter nimmt den Auftrag an, über die Industriellenfamilie Wenckenberg eine Reportage zu schreiben. Bei seinen Recherchen findet er Material, das bis in die NS Zeit zurückreicht. ...

Der Journalist Gero Schlüter nimmt den Auftrag an, über die Industriellenfamilie Wenckenberg eine Reportage zu schreiben. Bei seinen Recherchen findet er Material, das bis in die NS Zeit zurückreicht. Das ist für Gero die Möglichkeit an Geld zu kommen um für seinen Neffen eine Delphin Therapie zu finanzieren. Er fordert von Amon Wenckenberg Geld für sein Schweigen.

Sehr bewegend ist dieser zweite Handlungsstrang, der in die Jugend der Klara Wenckenberg, der Familienmatriarchin, führt. Ihre Schwester Rosmarie, die am Down Syndrom litt, kam - wie viele behinderte Kinder - in einem Pflegeheim ums Leben. Daraus leitet die Familie ihr ganz besonderes Engagement für Behinderte ab.
Aber warum musste Tim, einer der Schützlinge nun das Haus verlassen und warum muss die Angestellte Anette, eine junge Frau mit Down Syndrom, schweigen?


Kurz darauf ist Gero Schlüter tot, er wurde bei einem Treffen mit Amon Wenckenberg, seinem Auftraggeber vergiftet. Galt der Mordanschlag ihm, oder war eigentlich Amon gemeint? Was hat die Familie zu verbergen? Es gibt eine Menge Fragen, die sich dem Team um Beamtin Lyn Harms stellen. Dabei wollte sie doch in Ruhe ihren Hochzeitsvorbereitungen nachgehen.


Obwohl schon der 5. Fall um Lyn Harms, ist es das erste Buch, das ich aus dieser Reihe gelesen habe und ich bin begeistert. Die Krimi ist in sich geschlossen, man also ohne Vorkenntnisse einsteigen, aber ich werde sicher die früheren Bände nachholen.
Das liegt an den sehr vielschichtig geschilderten Persönlichkeiten, der Spannung, die sich im Verlauf der Geschichte immer weiter steigert und dem raffiniert angelegten Plot. Die Handlungsstränge Vergangenheit und Gegenwart sind gut verknüpft und stimmig aufgelöst. Die Rahmenhandlung um die Kriminalbeamten und ihr Privatleben haben den Krimi etwas aufgelockert, es machte Spaß Lyns Kabbeleien mit ihren Töchtern zu verfolgen, aber es blieb gut im Hintergrund. Es waren kleine Verschnaufpausen, die die Spannung und die Dramatik noch weiter aufbauten. Mir hat das Buch sehr gut gefallen, ich konnte es kaum aus der Hand legen und ich bin nun schon sehr neugierig auf die anderen Bücher der Autorin geworden.

Veröffentlicht am 31.10.2016

Abgründe in Speyer

Speyerer Geheimnisse
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Der pensionierte Kriminalrat Ferdinand Weber nimmt an einer Demonstration zum Erhalt der historischen Reithalle im Quartier Normand teil. Federführend ist Ingeborg Schindler, eine Industriellengattin mit ...

Der pensionierte Kriminalrat Ferdinand Weber nimmt an einer Demonstration zum Erhalt der historischen Reithalle im Quartier Normand teil. Federführend ist Ingeborg Schindler, eine Industriellengattin mit vielen Verbindungen und Ambitionen, die sich die Bewahrung des historischen Baus auf die Fahnen geschrieben hat. Bei der Demo lernt Weber Clèment Aust kennen, einen ehemaligen französischen Soldaten, der in Speyer geblieben ist und am Ende der Demonstration nur durch einen beherzten Griff von Weber vor einem Sturz vor ein Auto bewahrt wurde. Aust ist sich aber sicher, dass er gestoßen wurde.
Als Aust einige Tage später tatsächlich überfahren wird und stirbt, ist Weber skeptisch und hält einen vorsätzlichen Anschlag für möglich, ganz im Gegensatz zu aktiven Polizei, die ihn abwimmelt. Ein pensionierter Beamter, der halt nicht loslassen kann und sich langweilt, so stellt Polizeichef Maulbeer fest und verbietet seinen Mitarbeitern mit Weber Kontakt zu halten. Was Weber aber nicht abhält, weiter in der Sache zu ermitteln.
Die Konstellation – pensionierter Kriminalist gegen aktive Dienststelle – hat mir gut gefallen. Die Verwicklungen und Verdächtigungen, die sie dadurch ergeben, geben dem Buch einen eigenen Reiz. So auch der Loyalitätskonflikt der ehemaligen Kollegen, die sehr menschlich geschildert sind. Aber ganz besonders gut fand ich den historischen Hintergrund des Kriminalromans. Der Kampf um die historischen Bauten und die Aufklärung des Todesfalls – auch die Polizei muss allmählich erkennen, dass Weber richtig lag – haben eine Schnittstelle und das fand ich sehr spannend inszeniert. Wie ein roter Faden zieht sich der Papstbesuch 1987 in Speyer durch die Handlung. Der pensionierte Weber, der jede menschliche Schwäche kennt und sich nicht beirren lässt, ist eine durch und durch gelungene Figur. Mir gefielen auch die Dialoge, sie lassen die Figuren sehr lebensecht werden und passen zu den einzelnen Charakteren.
Ein vielschichtiger und spannender Krimi mit einem sympathischen Ermittler. Ich hoffe Ferdinand Weber findet noch viele Rätsel, die er lösen kann.