Außergewöhnliche Erzählung um Zwei- und Vierbeiner
DIE KATZEN VON MONTMARTRE – ein wunderschönes Cover, das nicht allein nur Blicke von Katzenfreunden auf sich zieht. Meine letzten Geschichten um vierbeinige Samtpfoten liegen schon einige Jahre zurück, ...
DIE KATZEN VON MONTMARTRE – ein wunderschönes Cover, das nicht allein nur Blicke von Katzenfreunden auf sich zieht. Meine letzten Geschichten um vierbeinige Samtpfoten liegen schon einige Jahre zurück, nichtsdestotrotz sind sie in angenehmer Erinnerung geblieben. Nun also habe ich dank TESSA KORBER erneut das Vergnügen, intelligenten Spürnasen bei der Aufklärung Pariser Kriminalfälle zu folgen. Das handliche Taschenbuch umfasst vierunddreißig Kapitel, eingebettet in Pro- und Epilog. Vorangestellt ist eine kurze Übersicht der tierischen Hauptfiguren, ihren Eigenschaften und Besonderheiten. Da wären unter anderem der junge Herumtreiber Matisse, der besonnene Bonnard, der misstrauische Dégas und der Schwarm aller Kater: Grisette. Doch angefangen hat alles mit den frechen Rabauken Pablo und Miró, die auf dem Cimetière de Montmartre über eine Leiche stolpern. Erzählt wird das Geschehen in überwiegend dritter Person Singular aus Sicht verschiedener Charaktere, jeweils als Kapitelüberschrift deklariert. Einzig Bonnards Worte richten sich direkt an die Leserschaft. Der rot gestromte Kater hat schon viele Geschichten und ebenso viele Anekdoten gehört. Bonnard schreitet er über den Friedhof oder liegt auf der schmiedeeisernen Bank, spendet Trost und lauscht Sorgen, Nöten und manch Geheimnissen der menschlichen Besucher. Und er war selbstverständlich dabei, als das junge Mädchen Madeleine am Grab ihrer Familie tot aufgefunden wurde.
Der Kriminalroman versprüht Lokalkolorit, Charme und Esprit. Montmartre ist jedoch nicht nur ein Stadtteil, sondern eine geistige Einstellung, so heißt es. Ganz wunderbar passen hierzu Madame Chauchat in ihrem Kiosk, Madame Valladon in ihrer Pâtisserie, Monsieur Martis in seinem Souvenirgeschäft, Monsieur Moulin in seinem Bistrot und all die Toten und Erinnerungen darum herum. Die Atmosphäre ist sehr dicht und die Figuren besitzen Tiefe. Nostalgisch und ein klein wenig melancholisch arbeitet die Autorin Erfahrungen, Erlebnisse und Erkenntnisse von Mensch und Tier aus. Eben noch flaniert Grisette geltungsbedürftig auf der Mauer nahe des neuen Malers, dem sie gefallen will, im nächsten Moment ist sie Gefangene in einem Sack. So und ähnlich überraschend betten sich erschreckende Vorkommnisse mitten ins Alltagsgeschehen. Zwischen Gegenwart und Vergangenheit liegen Hoffnung und Verzweiflung nahe beieinander. Ein schmaler Grat, den TESSA KORBER mit viel Fingerspitzengefühl und anrührender Sprache meistert.
So grausam die kriminellen Hintergründe auch sein mögen, so wenig wird im vorliegenden Roman auf harte Action und Knalleffekte gesetzt. Viel mehr stehen Beziehungen und Zusammenhänge im Vordergrund. Leise Töne, die bewegen und bisweilen zu Tränen rühren. Und so sind DIE KATZEN VON MONTMARTRE, ihre Menschen und TESSA KORBER eine beeindruckende Entdeckung für mich!
Fazit: DIE KATZEN VON MONTMARTRE ist eine außergewöhnliche Erzählung von Tieren und Menschen zwischen Gegenwart und Vergangenheit – traurig-schön und nachhaltig beeindruckend. Das hätte ich dem schmalen Büchlein gar nicht zugetraut … TESSA KORBER beweist zweifelsohne Geschick für Sprache, Flair und Emotionen. Eine Autorin, die man sich merken sollte. WOW!