Das rosa und mit einem Schriftartenmix gestaltete Cover macht einen lockeren, verspielten Eindruck und lässt auf einen Gute-Laune-Roman für Teenagermädchen schließen. Doch dahinter verbirgt sich das tiefgehende und anrührende Schicksal von Flora, einer jungen Frau, die unter ständigem Gedächtnisverlust leidet. Sie kann sich immer nur an kurz zurückliegende Ereignisse erinnern und ist deshalb auf die die ständige Hilfe von ihren Eltern und ihrer besten Freundin angewiesen. Alle wichtigen Informationen hat sie sich auf ihren Händen, Armen, Zetteln und in ihrem Notizbuch aufgeschrieben. Als der Kuss eines Jungen am Strand ihre enge und beschränkte Welt erschüttert, begibt sie sich mit einer gehörigen Portion Mut klammheimlich und ganz alleine auf sich gestellt, auf eine verzweifelte Suche nach diesem Jungen bis in die Arktis...
Ich habe noch nie solch ein beeindruckendes Buch zu diesem Thema gelesen. Man ist sofort fasziniert von dieser jungen Frau, die zwar äußerlich ein 17-jähriges Mädchen ist, aber auf Grund ihrer fehlenden Erinnerungen im Geiste noch das kleine 10 Jahre alte Kind geblieben ist, dass so gerne einen Freizeitpark besuchen möchte und mit ihrem Teddy einschläft.
Nach einem verwirrenden Prolog, der ein späteres Szenario darstellt, dass man zu diesem Zeitpunkt noch nicht einordnen kann, beginnt der Roman mit einem Einblick in Floras Leben, der verdeutlicht, wie schwierig es ist, ohne Erinnerungen und ein klares Bewusstsein, wer man wirklich ist, zurechtkommen zu müssen. Dabei ist die Protagonistin so kindlich unschuldig und ihrem Umfeld fast hilflos ausgeliefert, dass man sie unwillkürlich beschützen möchte. Andererseits ist es bewundernswert, wie sie trotz ihrer Einschränkungen mit kleinen Tricks und Notizen an sich selbst, ihr Leben meistert und sogar scharfsinnig Zusammenhänge erfasst, wenn sie die Chance dazu bekommt. Denn nach und nach bekommt man im Verlauf der Handlung als Leser immer mehr Einzelheiten mitgeteilt, die langsam ein stimmiges, bedrückendes Gesamtbild ergeben. Denn nicht alle Beteiligten handeln zum Wohl von Flora, obwohl man ihre Gründe dafür zum Teil nachvollziehen kann.
Das Buch hat von Anfang an eine richtige Sogwirkung auf mich ausgeübt, so dass ich nicht aufhören konnte, weiterzulesen. Es war spannend, obwohl es keinerlei Action oder reißerische Szenen beinhaltet. Durch die sich ständig wiederholenden Sätze, die Flora aufgeschrieben und nachgelesen hat, kam manchmal eine etwas nervige Monotonie auf, die aber wiederum genau in ihre Empfindungen und das Erleben der Welt in ihrem Kopf eintauchen ließ. So konnte man hautnah ihre Sicht der Dinge nachempfinden.
Ich bin von dieser Geschichte restlos begeistert, auch weil am Ende alle offenen Fragen geklärt werden und trotzdem genug Raum bleibt, für eine eigene Vorstellung, wie es weitergehen könnte. Ein sehr lesenswertes Jugendbuch zu einem faszinierenden Thema!