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Veröffentlicht am 02.01.2018

Eine bittersüße Liebesgeschichte

Die Farben im Spiegel
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Alex und Koray wachsen als Kinder eines türkischen Vaters und einer deutschen Mutter in zwei befreundeten Familien auf. Sie sind Freunde und teilen ein ähnliches Leben voller Liebe, eingebettet in die ...

Alex und Koray wachsen als Kinder eines türkischen Vaters und einer deutschen Mutter in zwei befreundeten Familien auf. Sie sind Freunde und teilen ein ähnliches Leben voller Liebe, eingebettet in die türkische Familie ihrer Väter. Alev ist zurückhaltend, unsicher, zaghaft und ängstlich. Wie aufregend aber auch beängstigend muss ihr da das Verhalten von Koray vorkommen. Koray ist frech, unternehmungslustig und freiheitsliebend. Die beiden spüren eine Verbindung zueinander, welche sich Alev jedoch nicht eingestehen will. Die gesellschaftliche Kluft zwischen den beiden scheint für sie unüberwindbar zu sein.
Als Alevs und Korays Familien nach Deutschland ziehen, fühlt sich Alev wie ein Fremdkörper. Sie ist zwar der deutschen Sprache mächtig, doch ihr fehlt sich entwurzelt, während ihre Mutter in ihrer Heimat geradezu aufblüht. Alevs Vater scheint sie immer vor der Welt beschützen zu wollen und es grenzt schon an Gängelei, wie er sie behandelt. Zudem verliert sie den Sonderstatus, den sie in der Türkei hatte: als blondhaariges und blauäugiges Mädchen war sie dort die Sensation. In Deutschland ist sie dagegen ganz „gewöhnlich“ und wird mit der Hochbegabung ihres Bruders Dalan konfrontiert. Sie zieht sich zunehmend zurück und flüchtet in die Einsamkeit. Koray dagegen lebt sich aus. Kein Risiko ist ihm zu groß um es zu scheuen. Alev und Koray bleiben einander verbunden. Dieses Gefühl geht viel tiefer, als sich Alev eingestehen will und so entflieht sie ihrem Elternhaus durch eine Beziehung mit dem leidenschaftlichen, kontrollsüchtigen, eifersüchtige und egoistischen Laurenz. Ihre Ängste, die sie schon ihr Leben lang mit sich trägt, lassen sie nie los und sie fügt sich immer wieder in ihr fremdbestimmtes Leben – es bietet ihr eine gewisse Sicherheit und für ein selbstbestimmtes Leben fehlt ihr der Mut.
Alev und Koray ziehen sich magisch an. Bei ihm kann sie so sein, wie sie ist und sich auch fallen lassen. Trotzdem glaubt sie nicht an ihre Liebe und flüchtet immer wieder vor ihm. Koray dagegen verlangt nie eine Entscheidung von ihr und ist für sie da – auch wenn die beiden drohen, sich aus den Augen zu verlieren. Alev und Koray verbindet eine ungewöhnliche Liebe, die Jahre, Beziehungen und Schicksalsschläge überdauert. Doch scheint sie unerfüllt zu bleiben.
Deniz Selek hat die Gabe, die Leser so in ihre Geschichten mitzunehmen, dass ihm nach dem Ende die Hauptfiguren fehlen – als wären sie Familienmitglieder oder Freunde. Dabei muss sie nicht in die Kitsch-Kiste greifen oder Klischees bedienen. Mit „Die Farben im Spiegel“ ist ihr ein sehr gefühlvoller Liebesroman voller Herzenswärme, viel Ehrlichkeit und ein Schuss Lebensweisheit gelungen. Sie zeigt Alevs Zerrissenheit ganz anschaulich und beschreibt sehr gelungen, wie uns Erziehung aber auch unsere kulturelle Prägung formen. Zudem wiederholen sich die „Fehler“ bzw. Entscheidungen der Eltern bei deren Kindern und dies zu erkennen und den „Teufelskreis“ zu durchbrechen, ist oft schwierig und mühsam. Doch es lohnt sich und lässt den Menschen reifen. Bei diesem Roman sind zudem alle Sinne gefordert, denn die Beschreibung der kulinarischen Köstlichkeiten ließ mir das Wasser im Mund zusammenlaufen und ich konnte die Gerichte fast riechen. Ich habe jede Seite genossen und fühlte mich bisweilen auch an „Die Frauen am Meer“ erinnert.
Von solchen Geschichten kann ich nicht genug bekommen und ich hoffe, dass ich noch so manches Buch von Deniz lesen kann.

Veröffentlicht am 03.12.2017

Raues Land und tiefe Gefühle

Die Rückkehr der Wale
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Hebriden-Insel Harris im rauen Atlantik
Die äußeren schottischen Hebriden sind nichts für verwöhnte Menschen. Das Leben auf den Inseln ist geprägt von schwerer Arbeit in einer recht kargen Landschaft, ...

Hebriden-Insel Harris im rauen Atlantik
Die äußeren schottischen Hebriden sind nichts für verwöhnte Menschen. Das Leben auf den Inseln ist geprägt von schwerer Arbeit in einer recht kargen Landschaft, abhängig vom rauen Wetter, den Eigenheiten der Bewohner, voller Mythen und Legenden und eingebettet in sehnsuchtsvolle Musik. Die freie schottische Kirche spielt ebenso eine große Rolle und es ist ganz normal, sonntags in die Kirche zu gehen und dem Pfarrer aufmerksam bei seiner Predigt zuzuhören. Dieses Leben kennt und liebt Kayla – verheiratet mit Dalziel, der verbittert vom Tod seiner geliebten Frau Caitriona und dem Weggang seiner erwachsenen Sohnes Iain, ihr Leben beschwert und sie nur noch als notwendiges Übel ansieht. Kayla hatte ihren Stiefsohn bei seinen Plänen und Wünschen stets unterstützt – sehr zum Ärger von Dalziel, der erwartet, dass sein Sohn einmal sein Croft übernimmt. Darüber geraten Kayla und Dalziel immer wieder in Streit und ihre Ehe scheint zum Scheitern verurteilt. Eines Tages tritt der gutaussehende, fremde und geheimnisvolle Brannan in das Leben der Inselbewohner. Mit seiner Empathie und dem Wissen über das Meer gewinnt er schnell das Vertrauen der Männer und auch der Frauen auf der Insel. Eine ganz besondere Verbindung baut sich ganz langsam zwischen ihm und Kayla auf. Bald fühlt sie sich in ihren Überzeugungen und in ihrem Glauben erschüttert und sie sieht vor allem ihren Mann mit ganz anderen Augen. Brannan zieht Kayla magisch an und sie fragt sich, ob sie in ihrer Ehe weitermachen kann wie bisher. Über die Musik, Brannan ist ein begnadeter Fiddle-Spieler und Kayla eine wunderbare Sängerin, kommen sich die beiden gefährlich nahe.
Isabel Morland hat einen stimmungsvollen, gefühlvollen und intensiven Liebesroman mit eindrucksvollen Landschaftsbeschreibungen geschrieben, der nie ins Kitschige abdriftet. Ihre Liebe zu den Hebriden, der gälischen Sprache und dem Wesen der Schotten ist im ganzen Buch zu spüren und macht den Roman so authentisch. Die unterschiedlichen Charaktere hat die Autorin durchweg identisch und detailreich beschrieben, als würden sie dem Leser wirklich begegnen. Mit Kayla hat sie eine starke, treue und loyale Frau geschaffen, die zu ihrem Wort steht und nach langen Jahren der Anpassung einen Schritt zur Verwirklichung ihrer verborgenen Träume wagt und aus sich herausgeht. Dabei geht sie nicht über Leichen und es kostet sie nicht nur Mut, sondern auch viel Kraft, neue Gefühle und Lebensperspektiven zuzulassen bzw. aufzugreifen. Ihr Schreibstil ist durchwirkt mit der gälischen Sprache, der Mythen und Legenden um Selkies (Robbenmenschen) und wunderbaren Wortspielen. „Sie fühlte sich wie eine Handvoll Maiskörner, die in einer gusseisernen Pfanne rösteten und kurz davor waren zu explodieren.“ (Seite 260) „Es kam ihr vor, als läge der Mount Everest zwischen ihr und der Zukunft, die sie sich wünschte, und als hielte sie nichts weiter als ein Plastikschäufelchen in der Hand, um den Berg zu versetzten.“ (Seite 359) Das verleiht dem Roman zudem eine zauberhafte Magie.
Am Anfang der Geschichte spaziert Kayla traurig am Meer entlang und das Ende beschreibt eine ähnliche Situation – so schließt sich der Kreis.

Veröffentlicht am 15.11.2017

Ein Chefinspektor im Himmel und Gott spielt Golf

Tödliches Handicap
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Vorweg sei gesagt: Hier handelt es sich um einen ungewöhnlichen Krimi in Verbindung mit einer himmlischen Komödie. Auch ohne die Vorgänger zu kennen, findet der Leser gut in die Geschichte hinein.
Nun ...

Vorweg sei gesagt: Hier handelt es sich um einen ungewöhnlichen Krimi in Verbindung mit einer himmlischen Komödie. Auch ohne die Vorgänger zu kennen, findet der Leser gut in die Geschichte hinein.
Nun zum Inhalt:
Inspektor Sollstein wird bei einer Veranstaltung angeschossen und sein Chef und Freund Neuhorn danach regelrecht hingerichtet. Schnell stellt sich das Team die Frage, wem der Anschlag nun galt und welche Motive dahinter stecken. Die Ermittlungen gehen in alle erdenklichen Richtungen: das ist zum einen das Projekt „Vergnügungspark Plesching“ und eine entsprechende Bürgerinitiative und zum anderen eine mögliche Verbindung zu einem Mädchenhändlerring. Oder handelt es sich um persönliche Rache. Die Ermittler tappen im Dunkeln, während sich im Himmel einer ganz besonders auf die Ankunft von Chefinspektor Neuhorn freut: Petrus, der total überarbeitet an der Himmelspforte seinen Dienst versieht. Hoppla – was hat denn nun der Himmel mit dem Anschlag auf Sollstein und den Tod von Neuhorn zu tun? Viel, sehr viel sogar. Auf ganz ungewöhnliche Art und Weise verbindet die Autorin die Geschehnisse auf der Erde mit denen im Himmel. Der große Zusammenhang erschließt sich mit jeder Seite mehr und mehr. So vermischen sich die recht amüsanten Ereignisse im Himmel mit den fieberhaften Ermittlungen auf der Erde. Ein Feuerwerk an Spannung und Spaß!
Dabei verhält sich die himmlische Schar oft keineswegs so himmlisch und zurückhaltend wie sie sollte: Petrus ist total überarbeitet, gestresst und genervt, weil sich an der Pforte ein Stau bildet. Erzengel Gabriel wurde zum Golfjungen degradiert und er findet wenig Geschmack an seiner neuen Aufgabe – höflich ausgedrückt. Gott ist vollauf mit seinem Handicap beschäftigt und kümmert sich kaum ums Tagesgeschäft. Drei vorwitzige Engel spielen Schicksal und bringen damit jede Menge Unruhe sowohl auf Erden als auch in den Himmel. Ja, und der Teufel mischt auch noch kräftig mit! Da wird es höchste Zeit, dass ein praktisch denkender und geradliniger Kommissar sich und seine Talente einbringt und für Ruhe und Ordnung sorgt. Die Gefühle kochen über und es grenzt schon an ein Wunder, dass der Himmel nicht im Chaos versinkt. Die herrlich komischen Einblicke in das Treiben im Himmel liefern genug Stoff für eine eigene Geschichte. Sich das Lachen zu verkneifen, war oft gar nicht möglich.
Der Schreibstil fließt leicht dahin, wobei die Ernsthaftigkeit der Handlung nicht zu kurz kommt. Das Buch ist eine verrückte Mischung aus Krimi und Komödie. Ein paar meiner Mitleser/innen haben dafür eine neues Wort kreiert: Krimödie! Das finde ich sehr passend.

Veröffentlicht am 03.11.2017

Romanze mit Tiefgang

Inbetween - Zwischen Bahnsteig und Bestatter
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Der 46jährige Halbschwede Ilian steht mit beiden Beinen im Leben und weiß genau, was er will. Da trifft er auf dem Hamburger Bahnsteig den 22jährigen, etwas tollpatschigen Leonard. Diese flüchtige Begegnung ...

Der 46jährige Halbschwede Ilian steht mit beiden Beinen im Leben und weiß genau, was er will. Da trifft er auf dem Hamburger Bahnsteig den 22jährigen, etwas tollpatschigen Leonard. Diese flüchtige Begegnung hinterlässt bei beiden Spuren und sie ahnen nicht, wie nah sie sich noch kommen werden. Später treffen sie sich jedoch wieder und trotz des Altersunterschiedes spüren sie beide eine starke Anziehungskraft. Ilian und Leonard lassen sie sich auf eine lockere Affäre ein, die besonders von Ilian gesteuert wird. Er will stets alles im Griff haben und stößt damit den jungen Leonard oft vor den Kopf. Doch dann bekommt Ilian die schreckliche Diagnose: Hirntumor. Ilians Leben gerät aus den Fugen und plötzlich stehen ganz andere Dinge im Vordergrund: Freundschaft, Zusammenhalt und auch Liebe.

Die Liebesgeschichte zwischen Ilian und Leonard ist nicht originell, aber schön erzählt – mit einer Prise Drama, ausgelassenem Sex, wachsender Freundschaft und einer „ungewöhnlichen“ Liebe gewürzt. Die Perspektive wechselt hauptsächlich zwischen Ilian und Leonard und knüpft nahtlos beim jeweilig anderen an. Somit erhält der Leser Einblicke in die Gedankenwelt der beiden und ihre Geschichte wird ganz unterschiedlich beleuchtet. Mir gefällt dieser Erzählstil sehr gut, da ich nicht nur eine Seite der Liebesgeschichte kennenlernte. Die Handlung spielt in zwei großen, ganz tollen Städten: Hamburg und Stockholm. Da ich Schweden sehr liebe und schwedisch spreche, habe ich ein Gefühl für den Schweden Ilian bekommen – rutscht ihm doch so manches Mal das eine oder andere schwedische Wort heraus. Am Anfang der Geschichte liegt der Fokus ganz klar auf den Themen sexuelle Freiheiten und Kontrolle – das war mir bisweilen zu viel. Doch dann wendete sich das Blatt und ganz andere Themen wurden wichtig: Freundschaft, Ehrlichkeit, Vertrauen, Zusammenhalt und Liebe. Der Autorin gelang es, der Geschichte mit der Zeit einen gewissen Tiefgang zu geben. Die Charaktere von Ilian und Leonard fand ich in ihren Handlungen glaubwürdig, jedoch bei Alexejs Wandlung blieben mir Zweifel. Für mich ist der Roman ganz schön zu lesen, aber er hat leider keinen so tiefen Eindruck bei mir hinterlassen, dass ich mehr als 3 Sterne vergeben möchte.

Veröffentlicht am 31.10.2017

Schlafwandlerisch auf Mörderjagd

Mordsmäuschenstill
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Prolog: Ein Taxifahrer wird mit einer Waffe bedroht, was seinen Tag nicht sonderlich angenehm gestaltet.
Die Psychotherapeutin Hanna findet sich nach dem Duschen plötzlich erschlagen und in ihrem eigenen ...

Prolog: Ein Taxifahrer wird mit einer Waffe bedroht, was seinen Tag nicht sonderlich angenehm gestaltet.
Die Psychotherapeutin Hanna findet sich nach dem Duschen plötzlich erschlagen und in ihrem eigenen Blut liegend außerhalb ihres Körpers wider. Der verwendete Golfschläger und der Mörder am anderen Ende haben jedoch nicht ganze Arbeit geleistet. So liegt Hanna im Koma und verfolgt nun in einer Art Zwischenwelt, wie sich zwei ihrer Patientinnen vor ihrer Praxis einfinden. Die kurvige, resolute Nele ist sauer auf ihre Therapeutin und will sie zur Rede stellen, die junge und naive Jenny dagegen weint bittere Tränen und ist der Verzweiflung nahe. Wo steckt Hanna? Und wer ist der schlaksige, junge Kerl, der plötzlich auftaucht und dann wieder verschwindet? Ehe sich Nele versieht, zieht sie mit Jenny los, um nach dem „Mörder“ von Hanna zu suchen. Bald ermittelt ein illustrer Patientenhaufen auf eigene Faust und kommt dabei der Polizei in Gestalt von Phil immer wieder in die Quere.
Allein schon die Krankheitsbilder (Schlafstörungen unterschiedlicher Art) von Nele, Jenny, Finn und Phil sind schräg und bescheren dem Leser immer wieder Lacher und die kuriosesten Situationen. Doch wie passt Sascha mit seiner kleinkriminellen Energie zu ihnen? War er auch ein Patient von Hanna? Durch Beharrlichkeit, Zusammenhalt und Ideenreichtum schaffen es die Patienten, dem Mörder von Hanna auf die Spur zu kommen. Anfangs verfolgt dabei jeder eigene Interessen, aber mit der Zeit wachsen sie zu einem guten Team zusammen und letztlich über sich hinaus.
„Mordsmäuschenstill“ hat mir mordsmäßig viel Lesespaß bereitet. Die Kapitel sind meist recht kurz gehalten und dadurch, dass sie aus der Sicht aller Protagonisten geschrieben sind, wird die Geschichte zusätzlich sehr lebendig. Der Leser erhält Einblicke in das Leben und die Macken der Charaktere – auch das Mordopfer Hanna kommt immer wieder zu Wort. So liest sich die Geschichte ganz leicht, driftet aber nicht in völligen Klamauk ab. Das farbenfrohe Cover samt Quietsche-Entchen passt ganz wunderbar zu diesem nicht ganz ernstzunehmenden Krimi und den „verwirrten“ Patienten. Wer hier Hochspannung erwartet, wird unweigerlich enttäuscht. Dafür ist der Autorin Natalie Tielcke ein sehr unterhaltsamer, teils abstruser Liebeskrimi gelungen.