Wenn Herzen heilen
Hundert kalte WinterSandras Leben gerät völlig aus den Fugen, als sie mit ihrem Sohn Jonah einen Autounfall hat. Sie übersteht ihre körperlichen Verletzungen, doch Jonah wird für hirntot erklärt. Schweren Herzens entscheidet ...
Sandras Leben gerät völlig aus den Fugen, als sie mit ihrem Sohn Jonah einen Autounfall hat. Sie übersteht ihre körperlichen Verletzungen, doch Jonah wird für hirntot erklärt. Schweren Herzens entscheidet sie mit ihrem Mann Jan, die Organe ihres Kindes zu spenden. Damit beginnt für sie allerdings ein langer Leidensweg voller Trauer und Selbstvorwürfen. Dabei verliert sie nicht nur ihr eigenes Leben aus den Augen, sondern auch ihren Mann Jan und ihren Stiefsohn Leo.
Katharinas kleine, fröhliche Tochter Mila lebt mit einem externen Herzen und hofft auf ein Spenderherz, um weiterleben zu können. Das Schicksal will es, dass Mila ein Herz bekommt und damit leben kann. Ihre Familie jedoch ist an der Situation zerbrochen – der Vater ist ausgezogen und die ältere Schwester Nele zieht sich immer mehr in sich zurück. Für Katharina scheint nur noch Mila wichtig zu sein und sie wird blind für die Bedürfnisse ihrer älteren Tochter Nele, während ihr Mann Felix versucht, sich ein neues Leben aufzubauen.
Sandra und Katharina sind sehr unterschiedliche Frauen, deren Wege sich nicht kreuzen würden, käme da nicht ein unglaublicher Zufall ins Spiel. Sie werden zu Nachbarinnen und Freundinnen, ohne dass Katharina weiß, welche Beweggründe Sandra für ihren Einzug ins Nachbarhaus hatte. Bald zeigt sich, wie brüchig die Beziehungen der Familienmitglieder untereinander sind und dass Freundschaft Ehrlichkeit verdient und verlangt.
Kristina Moninger geht mit den Themen Verlust, Trauer, Freundschaft und dem Festhalten an falschen Hoffnungen ganz behutsam um, ohne dabei etwas zu beschönigen. Einfühlsam und berührend erzählt sie vom Schicksal zweier Familien und trifft auch sehr ehrlich den richtigen Ton, der mich ganz langsam immer tiefer in die Geschichte hineingezogen hat. Mir gefällt der Sichtwechsel zwischen den Familienmitgliedern sehr gut, denn so wird die Geschichte von Seiten der Beteiligten beleuchtet und sorgt für Lebendigkeit. Schließlich haben sowohl der Tod von Jonah als auch die Herztransplantation von Mila eine gewaltige Auswirkung auf alle Familienmitglieder. Die Darstellung der unterschiedlichen Charaktere machen sie unverwechselbar und echt. Ob Sandras Trauer oder Neles körperlicher Rückzug, Milas Fröhlichkeit und kindliche Neugier oder Leos Stärke und Empathie, Jans vordergründige, stoische Ruhe oder Felix‘ Flucht aus der Ehe mit Katharina in eine neue Beziehung, die ganze Bandbreite an verschiedenen Emotionen sind spürbar und fesselnd. So fiel es mir immer schwerer, das Buch auf die Seite zu legen. Kristina Moninger hat mich mit „Hundert kalte Winter“ und dessen überraschendem Ende überzeugt, dass sie auch schwere Themen liebevoll und gekonnt in eine berührende, aufwühlende Geschichte verwandeln kann.