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Veröffentlicht am 06.11.2018

Perfides Spiel mit dem Tod

Die perfekte Unschuld
2

Im ansonsten eher kühlen Edinburgh hält ein heißer Sommer Einzug und die Menschen vergnügen sich bei einem Festival. Während die lauten Beats zum Tanzen auffordern, geschieht mitten unter den Besuchern ...

Im ansonsten eher kühlen Edinburgh hält ein heißer Sommer Einzug und die Menschen vergnügen sich bei einem Festival. Während die lauten Beats zum Tanzen auffordern, geschieht mitten unter den Besuchern ein grausamer Mord. Zeugen gibt es nicht und durch die Menschenmassen lassen sich keine Spuren sichern. Für Detective Callanach sind dies ganz schlechte Voraussetzungen, den Täter zu finden. Ein Motiv scheint auch nicht greifbar zu sein, denn der Tote war ein s. g. unbescholtener junger Mann, der caritativ tätig war. Dann wird eine zweite Leiche entdeckt und Detective Turner mit den Ermittlungen betraut. Es sieht so aus, als gäbe es zwischen den beiden Morden keinerlei Verbindungen. Zeitgleich kommt den beiden eine Sonderkommission zur Aufklärung von Hackerangriffen in die Quere. Ausgerechnet Avas Ex DI Joe Edgar ermittelt hier und sorgt für jede Menge Wirbel in der Polizeibehörde, die nicht nur beruflicher Natur ist. Ärger ist vorprogrammiert und die Presse schaltet sich auch noch ein.
Die Autorin spart zum Anfang ihres Thrillers nicht mit Leichen und lässt die Ermittler Callanach und Turner lange Zeit im Dunkeln tappen. Zudem sind die beiden mit ihrem Privatleben mächtig beschäftigt und Callanach bekommt es zudem mit dem sehr unangenehmen DI Joe Edgar zu tun. Da spielen auch schon mal die Gefühle verrückt und behindern die Aufklärung der Morde. Die Verbindung aus Mordermittlungen, fieberhafter Suche nach dem Mörder, Vermischung von Privat- und Arbeitsleben und Umgang mit ignoranten Vorgesetzten und skrupellosen Kollegen ist nicht immer ganz gelungen. Zwischendurch überwiegen die privaten Probleme und der Thriller hat dann Pause. So manche Handlung fand ich unglaubwürdig und überzogen. Letztlich hat die Autorin eine gelungene und megaspannende Auflösung parat und es geht noch mal richtig zur Sache. Auch wenn ich den ersten Fall von Callanach und Turner nicht kenne, hatte ich keine Probleme, in die Geschichte hineinzufinden. Ihr Schreibstil zeichnet sich dadurch aus, dass sie den Leser mit Informationen versorgt, die den ermittelnden Beamten nicht zur Verfügung stehen, jedoch nie die Spannung nehmen. Ihre Erzählweise macht durch die wechselnde Perspektive den Plot zusätzlich sehr spannend und treibt die Ereignisse voran. Die Beschreibung der Morde ließen mir das Blut in den Adern gefrieren und ich habe versucht, mir vorzustellen, wer zu solchen Taten fähig ist und welcher Antrieb dahinter steckt. Helen Fields hat es hervorragend verstanden, mich immer wieder in die Irre zu führen und so bin ich stets am Ball geblieben und wollte schnellstens wissen, warum so vermeintlich perfekte „Unschuldslämmer“ ihr Leben lassen mussten. Detective Luc Callanach, ein Schotte mit französischen Wurzeln und ehemaliges Model ist ein außergewöhnlicher Polizist, der mit seiner Vergangenheit hadert und es in diesem Buch mit ganz persönlichen Schwierigkeiten zu tun bekommt. Ganz anders ist da Ava Turner, die sehr unsicher und durch ihr Privatleben abgelenkt wirkt. Auch wenn die beiden sehr unterschiedlich sind, scheinen sie sich doch ganz gut zu ergänzen und aufeinander verlassen zu können. Mir ist vor allem Luc sehr sympathisch und seine Geradlinigkeit gefällt mir. Ava kann ich noch nicht so gut einschätzen. Doch ich würde gerne weitere Thriller mit den beiden lesen. Vielleicht dann mit etwas weniger Privatleben!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Charaktere
  • Idee
  • Handlung
Veröffentlicht am 04.11.2018

Wenn Herzen heilen

Hundert kalte Winter
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Sandras Leben gerät völlig aus den Fugen, als sie mit ihrem Sohn Jonah einen Autounfall hat. Sie übersteht ihre körperlichen Verletzungen, doch Jonah wird für hirntot erklärt. Schweren Herzens entscheidet ...

Sandras Leben gerät völlig aus den Fugen, als sie mit ihrem Sohn Jonah einen Autounfall hat. Sie übersteht ihre körperlichen Verletzungen, doch Jonah wird für hirntot erklärt. Schweren Herzens entscheidet sie mit ihrem Mann Jan, die Organe ihres Kindes zu spenden. Damit beginnt für sie allerdings ein langer Leidensweg voller Trauer und Selbstvorwürfen. Dabei verliert sie nicht nur ihr eigenes Leben aus den Augen, sondern auch ihren Mann Jan und ihren Stiefsohn Leo.
Katharinas kleine, fröhliche Tochter Mila lebt mit einem externen Herzen und hofft auf ein Spenderherz, um weiterleben zu können. Das Schicksal will es, dass Mila ein Herz bekommt und damit leben kann. Ihre Familie jedoch ist an der Situation zerbrochen – der Vater ist ausgezogen und die ältere Schwester Nele zieht sich immer mehr in sich zurück. Für Katharina scheint nur noch Mila wichtig zu sein und sie wird blind für die Bedürfnisse ihrer älteren Tochter Nele, während ihr Mann Felix versucht, sich ein neues Leben aufzubauen.
Sandra und Katharina sind sehr unterschiedliche Frauen, deren Wege sich nicht kreuzen würden, käme da nicht ein unglaublicher Zufall ins Spiel. Sie werden zu Nachbarinnen und Freundinnen, ohne dass Katharina weiß, welche Beweggründe Sandra für ihren Einzug ins Nachbarhaus hatte. Bald zeigt sich, wie brüchig die Beziehungen der Familienmitglieder untereinander sind und dass Freundschaft Ehrlichkeit verdient und verlangt.
Kristina Moninger geht mit den Themen Verlust, Trauer, Freundschaft und dem Festhalten an falschen Hoffnungen ganz behutsam um, ohne dabei etwas zu beschönigen. Einfühlsam und berührend erzählt sie vom Schicksal zweier Familien und trifft auch sehr ehrlich den richtigen Ton, der mich ganz langsam immer tiefer in die Geschichte hineingezogen hat. Mir gefällt der Sichtwechsel zwischen den Familienmitgliedern sehr gut, denn so wird die Geschichte von Seiten der Beteiligten beleuchtet und sorgt für Lebendigkeit. Schließlich haben sowohl der Tod von Jonah als auch die Herztransplantation von Mila eine gewaltige Auswirkung auf alle Familienmitglieder. Die Darstellung der unterschiedlichen Charaktere machen sie unverwechselbar und echt. Ob Sandras Trauer oder Neles körperlicher Rückzug, Milas Fröhlichkeit und kindliche Neugier oder Leos Stärke und Empathie, Jans vordergründige, stoische Ruhe oder Felix‘ Flucht aus der Ehe mit Katharina in eine neue Beziehung, die ganze Bandbreite an verschiedenen Emotionen sind spürbar und fesselnd. So fiel es mir immer schwerer, das Buch auf die Seite zu legen. Kristina Moninger hat mich mit „Hundert kalte Winter“ und dessen überraschendem Ende überzeugt, dass sie auch schwere Themen liebevoll und gekonnt in eine berührende, aufwühlende Geschichte verwandeln kann.

Veröffentlicht am 02.11.2018

Der Raub des Sommernachtstraums

Narren und Sterbliche
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Im Winter 1595 bekommt es die Schauspielertruppe um William Shakespeare und seinen Bruder Richard nicht nur mit der Kälte zu tun, sondern auch mit Konkurrenz. Diese ist sich nicht zu schade, ein neues ...

Im Winter 1595 bekommt es die Schauspielertruppe um William Shakespeare und seinen Bruder Richard nicht nur mit der Kälte zu tun, sondern auch mit Konkurrenz. Diese ist sich nicht zu schade, ein neues Manuskript von Shakespeare zu stehlen. Dabei handelt es sich um „Der Sommernachtstraum“, der zur Hochzeit einer Adeligen uraufgeführt werden soll. Die Schauspieler besitzen zwar die Gunst der Königin, aber das hilft Shakespeare wenig. Nur sein gutaussehender Bruder Richard, der endlich aus seinen Frauenrollen heraus will, wittert hier seine Chance, zu einer männlichen Hauptrolle zu kommen. Er will das Manuskript zurückholen und seinem Bruder so beweisen, dass er mehr kann, als nur schöne Rollen zu spielen. Ganz nebenbei trifft Richard auf die junge und patente Sylvia, die er umgarnt und für sich zu gewinnen hofft. Doch gelingt Richards Plan?
Schon äußerlich haben die beiden Brüder wohl keine Ähnlichkeit. William ist herrisch und gängelt seinen Bruder Richard und der ist von diesem abhängig. Widerlich, dass William seinen Bruder in ein Jungenbordell geschickt hat. Wie kann er ihm dies antun? Später nähern sich die beiden an, doch meist ist William nicht sonderlich nett zu seinem Bruder und gibt ihm Frauenrollen. Vielleicht ändert sich etwas, wenn Richard der Diebstahl des Skriptes gelingt.
Dieses zentrale Thema beherrscht das Hörbuch „Narren und Sterbliche“, in dem Bernard Cornwell geschickt Geschichte mit Fantasie verwebt. Besonders aufgefallen ist mir die detailgenaue Beschreibung von Kleidung, Gepflogenheiten am Theater und vieles mehr. Die Sprache ist der Zeit angepasst, manchmal deftig, aber auch humorig und leicht zu verstehen. Der Autor scheint eine besondere Liebe zur Theaterwelt zu haben, das spricht aus jeder Zeile. Die Geschichte ist zudem spannend und lebt auch vom Sprecher Frank Stieren. Er gibt jedem Charakter eine eigene Stimme und macht sie somit unverwechselbar. Besonders die Männer in Frauenrollen waren sehr lustig, aber sicherlich nicht immer leicht zu sprechen. Ich habe mit Richard mitgefiebert, mitgelitten und hätte William Shakespeare wegen seines ungerechten Verhaltens seines Bruders gegenüber schütteln können. Ich befand mich mitten in der Theaterwelt, dem kalten Winter Londons und der Stimmung innerhalb der bunten Künstlertruppe, so dass die Zeit für mich lebendig wurde. Es hat viel Spaß gemacht, diesen historischen Roman zu hören und daher fällt es mir leicht, fünf Sterne zu vergeben.

Veröffentlicht am 25.10.2018

Das eiskalte Geschäft mit Menschen

In eisiger Nacht
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Tony Parsons lässt seinen Charakter DC Max Wolfe vom West End Central in London die Geschichte um Menschenschmuggel, Gangsterlegenden, alte Zuhälter, Pflegekräftemange und ein Flüchtlingslader in Dünkirchen ...

Tony Parsons lässt seinen Charakter DC Max Wolfe vom West End Central in London die Geschichte um Menschenschmuggel, Gangsterlegenden, alte Zuhälter, Pflegekräftemange und ein Flüchtlingslader in Dünkirchen erzählen. Max Wolfe hat trotz seines harten Jobs ein gutes und weiches Herz. Nicht nur seine kleine Familie – seine Tochter Scout, Spaniel Stan und die treusorgende Mrs Murphy – liegen ihm am Herzen. Er sorgt sich ebenfalls um seine Kollegen Billy Greene und Edi Wren. Als er eines Tages nach Chinatown gerufen wird, findet er dort einen Kühllaster mit 11 toten Mädchen ganz unterschiedlicher Herkunft vor. Nur eine – Hana Nowak aus Rumänien – lebt, stirbt aber kurze Zeit später im Krankenhause, während er an ihrem Bett sitzt. Bei seinen Ermittlungen ergeben sich immer neue Spuren oder Ansätze und das brutale und schmutzige Geschäft mit Mädchen aus kriegsgebeutelten und/oder armen Ländern rückt immer mehr in den Fokus. Nicht nur der Tod vieler Mädchen, sondern auch die ungewöhnliche Kälte seiner Vorgesetzten DCI Pat Whitestone setzen Max Wolfe zu. Trotz seines harten Jobs und der Brutalität, der er fast täglich begegnet, hat er sich seine Menschlichkeit und Empathie bewahrt. So ist es wenig verwunderlich, dass Max im Laufe des Falles an seiner Berufung zweifelt und die Vorgehensweise seiner Vorgesetzten hinterfragt.
In diesem Krimi werden ganz aktuelle Themen aufgegriffen und geschickt miteinander verbunden. Der Autor ist auch nicht zimperlich bei blutigen Auseinandersetzungen, da finde ich es ganz erfreulich, dass Max Wolfe einen starken Charakter hat und dadurch einen Gegenpol bildet. Viele Protagonisten in Kriminalromanen sind verschrobene Typen, die das Gesetz oft auf ihre ganz eigene Art auslegen oder total kaputt und selbstmörderisch daherkommen. So ist es angenehm, einen geradlinigen Polizisten mit Tochter, Hund und einer irischen Haushälterin mit Familienanschluss kennenzulernen. Für mich war der Schreibstil ganz angenehm zu lesen und die meisten Handlungen gut zu verstehen. Mit DCI Whitestone hatte ich so meine Probleme. Zwischendurch fiel der Spannungsbogen ab, was aber der Geschichte keinen Abbruch tat. Einige Charaktere neben Max, Edie und Nesha, z.B. den tätowierten, falschen Troy konnte ich mir dank der guten Beschreibung recht lebhaft vorstellen. Auch die Gepflogenheiten in Chinatown wurden für mich wie auch Keit Li und Ginger Gonzales lebendig. Es lohnt sich bestimmt, auch die vorherigen Bücher von Tony Parsons zu lesen. Obwohl ich die Vorgeschichte von Max Wolfe nicht kannte, hatte ich nie das Gefühl, der Geschichte nicht folgen zu können. Der Krimi „In eisiger Nacht“ kann gut als alleinstehender Roman gelesen werden.
Wäre es kein Krimi, könnte man von einem schönen Ende sprechen – wie Max Wolfe vor Edies Wohnung steht und schließlich bei ihr läutet.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Charaktere
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Spannung
Veröffentlicht am 05.10.2018

Glück und Unglück eines jungen Mannes in der ewigen Stadt

Römisches Fieber
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Das Schicksal hat es mit Franz Wercker nicht gut gemeint. Völlig verzweifelt und kraftlos flieht er vor dem Gesetz in seiner Heimat Bayern über die Alpen an den Gardasee. Bevor er seinem Leben im See ein ...

Das Schicksal hat es mit Franz Wercker nicht gut gemeint. Völlig verzweifelt und kraftlos flieht er vor dem Gesetz in seiner Heimat Bayern über die Alpen an den Gardasee. Bevor er seinem Leben im See ein Ende setzen kann, trifft er den erfolgreichen, aber überheblichen Schriftsteller Cornelius Lohwaldt. Diese Begegnung wird für Franz zum Wendepunkt in seinem Leben. Durch ein großes Unglück schlüpft er in die Identität des Künstlers und setzt dessen Reise samt Stipendium König Maximilians nach Rom fort. Dort angekommen taucht er tief in die Künstlerkreise jener Zeit ein und baut ein Lügengerüst auf, das in bald zu ersticken droht. Stets geplagt von Gewissensbissen und erfüllt von der Freundschaft zum Maler Georg ist ihm wohl bewusst, dass sein Leben auf Dauer nicht vom Glück begünstigt ist. Anfangs sieht er seinen Wunsch, als Schriftsteller erfolgreich und frei zu sein, immer näher kommen und genießt seine kleinen Erfolge und die Gemeinschaft mit den anderen Künstlern. Da beschließt Lohwaldts Schwester Isolde, nach Rom zu reisen, um der Enge ihres Elternhauses zu entfliehen und getrieben vom Misstrauen gegenüber den Briefen ihres vermeintlichen Bruders. Spätestens jetzt droht Franz‘ Täuschung aufzufliegen.
Die Geschichte spielt im Jahre 1818 als sich viele deutsche Künstler in Rom eine eigene kleine Gemeinschaft aufgebaut hatten. Der Autor versteht es wunderbar diese Gesellschaft vor dem inneren Auge des Lesers lebendig zu machen. Seine Landschaftsbeschreibungen des Gardasees sind ebenso bildhaft wie auch die bunte Vielfalt der Künstler in der Ewigen Stadt. Sein Schreibstil ist der damaligen Zeit angepasst und zeichnet sich durch Ironie und manchmal bissigem Humor aus. Ganz wunderbar finde ich so kleine Begebenheiten wie z.B. der mitreisende Herr, der ständig in seinen Taschen nach etwas sucht oder Herr Köhler aus Sachsen, dessen Mundwerk nie stillsteht. Da konnte ich mir so manches Mal das Lachen nicht verkneifen. Neben den historischen Fakten kam die Spannung im Roman nicht zu kurz und ich habe mit Franz/Cornelius mitgelitten und gehofft, dass die ganze Geschichte gut für ihn ausgeht. Dies macht für mich einen gelungenen und lebendigen Roman aus, in den ich eintauchen und meinen Alltag ausblenden kann. Christian Schnalke hat die Charakterzüge von Franz sehr gut herausgearbeitet und ihn authentisch dargestellt. Auch die verschiedenen Protagonisten sind sehr differenziert beschrieben, so dass ich mir jeden Einzelnen gut vorstellen konnte.
Ganz besonders überrascht und fasziniert war ich, dass Franz Wercker in Grünenfurt bei Memmingen aufgewachsen ist. Als Memmingerin kam ich da besonders auf meine Kosten, da ich das Schloss Grünenfurt zumindest von außen kenne und nun dazu noch recherchiert habe.