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Veröffentlicht am 04.08.2024

Die Ängste der Vorfahren leben in den folgenden Generationen fort

Sobald wir angekommen sind
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Zweitausend Jahre Anfeindung, Hass, Verfolgung und Pogrome hinterlassen deutliche Spuren in einem Volk. Überlegen wir mal, was allein ein Bürgerkrieg in der Seele eines Volkes für Schaden anrichtet, bis ...

Zweitausend Jahre Anfeindung, Hass, Verfolgung und Pogrome hinterlassen deutliche Spuren in einem Volk. Überlegen wir mal, was allein ein Bürgerkrieg in der Seele eines Volkes für Schaden anrichtet, bis das Volk wieder zusammenfindet und das Trauma überwindet. Sei es der Sezessionskrieg in den USA, der Krieg zwischen Bolschewiki und Weißgardisten in Russland, General Francos Krieg gegen seine Landsleute, Pinochets Krieg in Chile gegen Salvador Allende, oder vor ein paar Jahren der syrische Bürgerkrieg, der bis heute andauert. Die Zäsuren die da entstehen sind gewaltig und schwer zu überwinden.
Aber wenn ein ganzes Volk fast zweitausend Jahre unausgesetzt dem Hass der Mitmenschen ausgesetzt ist, wie kann der einzelne Angehörige dieses Volkes das verkraften? Dieses Volk durfte nie sesshaft werden, es musste ständig bereit sein zu fliehen, oft mit dem nackten Leben nur davonkommen. Ende des 13 Jahrhundert wurden die Juden aus England vertrieben, 1492 wurden sie aus Spanien expulsiert, In anderen Ländern durften sie zwar bleiben, waren aber ständig Pogromen, ausgesetzt und mussten sehr hohe Steuern und Abgaben zahlen, um bleiben zu dürfen, so in den deutschen Ländern, Portugal, Russland, Polen, Frankreich, usw. In den meisten Städten durften sie nur in eigenen Vierteln leben, die bei Nacht abgesperrt wurden und die Juden durften sie bei Todesstrafe nicht verlassen, die Ghettos gehen auf diese Viertel zurück. Sie durften nur einige wenige Berufe ausüben, die meisten der Handwerkstätigkeiten waren ihnen untersagt. ,
Und dann kam das 20. Jahrhundert. Hitlers Schergen starteten eine noch nie dagewesene Kampagne der Judenverfolgung und Deportierung. Zu Millionen wurden sie aus ganz Europa zusammen gekarrt und in Viehwaggons in die KZs und Todesfabriken gebracht.
Die Überlebenden und ihre Kindeskinder haben das bis heute noch nicht überwunden. Leider ist das Thema der Judenverfolgung wieder - oder noch immer - so aktuell wie zur Zeit der ersten Pogrome in Nürnberg 1298 oder in Köln 1349.
Ich wiederhole meine Frage: wie kann ein gesamtes Volk, und jeder einzelne Angehörige dieses Volkes das überwinden?
Micha Lewinsky setzt uns mit Benjamin Oppenheim einen einzelnen Vertreter des jüdischen Volkes vor. Der aktuelle Krieg in Europa beunruhigt ihn, lässt ihn nicht zur Ruhe kommen. Aus einem Impuls heraus und als Folge von zwei Kriegsnachrichten flieht er mit Martina und den Kindern nach Brasilien. Ben Oppenheim ist labil, ängstlich, immer bereit zur Flucht, unentschlossen, ich-zentriert, ständig zaudernd und überlegend, voller Angst, das Falsche zu sagen, um dann doch kein Fettnäpfchen auszulassen. So will er seiner Frau Marina mal eine persönliche Frage stellen, nicht weil er wirklich neugierig wäre, sondern um ihr das Gefühl zu geben, gesehen zu werden. Und nach langen Überlegungen, während Martina darauf wartet, ‘Ben beschloss, aufs Ganze zu gehen. Er musste die Frage stellen, die ihm wirklich auf dem Herzen lag: “Wie findest du meine Drehbuchidee?” ‘ (S. 179). Er schafft es einfach nicht, sich auf andere Menschen wirklich einzustellen, sei es Martina, sei es seine Geliebte Julia oder seine Eltern. Er betrachtet alles nur von seiner Sicht aus und welchen Impakt die Taten und Meinungen der anderen auf ihn haben. Manchmal hätte ich ihn schütteln und ihm zurufen können, er solle mit der Nabelschau aufhören und wirklich auf andere Menschen zugehen, die Nähe zulassen. Er will mit seiner Geliebten Julia Schluss machen, aber als sie einwilligt und keine Einwände hat, sondern lapidar sagt: “Dann machen wir halt Schluss” (S. 209) und auflegt, ist er beleidigt. und schreibt ihr eine lange E-mail, “Julia, ich bin traurig und enttäuscht…” (S. 210), weil sie ihn als Trostpflaster instrumentalisiert hatte.
Ben ist ewig auf der Flucht, vor politischen Regressionen, dabei lebt er in der Schweiz, eines der sichersten Länder Europas und vor seinen Mitmenschen. Er steht sich selbst im Weg, kann einen einmal gefassten Entschluss nicht halten, überlegt, verwirft, ändert, tritt die Flucht nach vorn oder nach hinten an. Aber er kann nicht auf der Stelle bleiben.
Sein Sohn Moritz hat nächtliche Alpträume mit Monstern, obwohl er nie welche gesehen hat oder je in bedrohliche Situationen geraten war. Ich frage mich, was von den vielen Phobien des Vaters da auf den Sohn vererbt wurde? Bens Verhalten verstört Moritz: ’ “Ich habe Angst", sagte Moritz. Ben strich ihm übers Haar. “Du hattest doch immer schon Angst.” “Aber nur vor Monstern”, sagte Moritz. “Jetzt habe ich auch Angst vor Menschen.” ‘ (S. 262).
Als der Atomkrieg ausbleibt, beenden Ben und Martina mit den Kindern das brasilianische Abenteuer und kehren in die Schweiz zurück.
Bens Faszination für Stefan Zweig, über den er ein Drehbuch schreiben wollte, findet in Petropolis, in Zweigs Haus sein Ende: “Was suchte er hier eigentlich” (S. 276)
Salcia Landmann hat ein unübertroffenes Buch über den jüdischen Humor geschrieben und darin auch erklärt, wie und welche tiefen Wurzeln dieser besondere Humor hat. Lewinsky wirft ab und zu Pointen und Bemerkungen ins Buch, die Paradebeispiele des jüdischen Witzes sind: ‘Ein Museumswärter kam auf Ben zu. Er schien etwas sagen zu wollen. Vielleicht eine Botschaft des Hausherren? Ein letztes Geheimnis? Er sagte: “É proibido fumar!” ‘ (S. 276)

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Veröffentlicht am 04.08.2024

Gibt es gerechte Kriege?

Die Unvollkommenheit des Glücks
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Clara Maria Bagus schreibt so leicht, fast oberflächlich und gleichzeitig erschütternd über den Krieg, dass es mir den Atem verschlagen hat. Zunächst glaubt Lew der Propaganda, belächelt seine Mutter und ...

Clara Maria Bagus schreibt so leicht, fast oberflächlich und gleichzeitig erschütternd über den Krieg, dass es mir den Atem verschlagen hat. Zunächst glaubt Lew der Propaganda, belächelt seine Mutter und erst nach zahlreichen Einsätzen und endlich aufkeimenden Fragen merkt er im Gespräch mit seinem Kopiloten, wofür er sich eigentlich hergibt. Lew wird das auch nicht mehr lange mitmachen, er wird aktiv gefangene Kinder retten und sich in Gefahr im eigenen Land bringen. Denn ein unzurechnungsfähiger und machtgieriger Präsident hat auch genau solche Wasserträger, die blind seinen Befehlen gehorchen. Der Traum vom einstigen Reich, die eingebildete Schmach, das eigene Streben nach immer mehr Macht, und die Motive und Hintergründe für einen ungerechten Angriffskrieg sind da.
Der Gegenspieler von Lew ist Ana, lange Zeit ein richtiges Mauerblümchen. In der Kindheit und Jugend von Mutter und Schwester drangsaliert und unterdrückt, wird ihre achtjährige Beziehung zu Mika auch immer mehr zu einem Gefängnis. Langsam, sehr langsam, findet sie aus dieser seelischen Gefangenschaft heraus, begegnet anderen Menschen, öffnet sich in Gesprächen mit Margret, der Leiterin eines Waisenhauses im Urlaubsort von Ana. Nun blüht Ana auf, arbeitet im Waisenhaus mit und bringt sich da voll ein.
Das Buch zerfällt in zwei Teile, die abwechselnd zu Wort kommen. Lews Teil liest sich mit Spannung, ist brisant, weil wir den Krieg in der Nachbarschaft erkennen und den Aggressor verachten. Die Sprache ist unverblümt, direkt, reißt uns mit. Lews Gedankengänge und Schlussfolgerungen sind direkt nachvollziehbar und einleuchtend. Auch seine schwere Zeit im Gefängnis, die dermaßen an die Ära des KGB und an das berüchtigte Lubjanka erinnert, dass es mir Schauer über den Rücken gejagt hat,.Aber es stehen nicht alle hinter dem psychopathischen Präsidenten. Plötzlich hören Lews Misshandlungen und Schläge auf. Der brutalste und gefährlichste aller Wärter nimmt ihn unter seine Fittiche, weil ein Freund ihn darum bittet. Es ist diese stillschweigende und verborgene, aber selbstverständliche Solidarität, die an den unglaublichsten Stellen in Erscheinung tritt, die uns Hoffnung macht, dass dieses wunderbare Land und seine offenherzigen und ehrlichen Menschen doch noch zu einem zivilisierten und mitfühlenden Leben fähig sind.
Bei den Kapiteln über und mit Ana musste ich schwer arbeiten, um nicht einzuschlafen, um weiterzulesen, ohne direkt zu Lew weiterzublättern. Erst später, als sie aktiv im Waisenhaus mitarbeitet und sie sich um gerettete Kinder kümmert, wurde es wieder interessant. Für meinen Geschmack hat Bagus viel zu viele alte, ausgelutschte Gemeinplätze da verwendet, solche philosophischen Platituden zu Papier gebracht, dass sie kaum tragbar für das Buch sind. Diese Gedanken, die sich um die gleiche Mitte drehen, egal ob Ana oder Margaret, sie äußern, kratzen hart am Oberflächlichen vorbei. Da muss ich leider einen Punkt abziehen. (und an mich vergeben, weil ich trotz Gähnen und nervösen Fingerzucken zum nächsten Kapitel zu blättern, drangeblieben bin). “Wir alle müssen uns auf den Weg machen. Ganz gleich, wie lang er ist und wohin er uns schiebt” (S. 100) oder “Wir leben nur einmal. Wir haben nur dieses eine Leben…” (S. 176) oder: “Sie ist endlich zurück in ihrem eigenen Leben, zu ihren eigenen Bedingungen.” (S 194) “Niedrige Erwartungen zu haben, ist die glücklichere Variante. Dann wird man nicht so oft enttäuscht…. Das Schicksal formt uns, unsere Persönlichkeit, unseren Charakter. Niemand weiß, wie man lebt. Leben ist ein Ausprobieren. Versuch und Irrtum” (S. 197). Unter uns Pastorentöchter gesagt, was ist der genaue Unterschied zwischen Persönlichkeit und Charakter?
Das Buch hat ein versöhnliches Ende. Der Wahnsinnspräsident verliert an allen Fronten und muss seine Niederlage eingestehen. “Sein (des Präsidenten) Gesicht ist verhärtet, grau und müde - wie rissiger Granit -, als er abgeführt wird. Abgeführt von der Bühne einer Welt, die er schlechter gemacht hat, als sie vor seiner Präsidentschaft war” (S. 403)
Aber Ana und Lew finden zueinander. Als Lew nach langen Haft bei Kriegsende endlich aus dem Gefängnis entlassen wird, sind alle 37 von ihm geretteten Kinder - davon einige mittlerweile erwachsen geworden - zur Stelle, um ihn zu begrüßen, ihre Dankbarkeit zu zeigen. Zusammen mit Ana sind sie alle gekommen. Ana und Lew lassen einander nicht mehr los. Zu kostbar ist das Leben um getrennt zu sein.
Das Buch hat ein paar Szenen, die richtig zu Herzen gehen, ohne kitschig zu sein: als 36 Kinder in Fallschirmen über der norddeutschen Halbinsel in Fallschirmen zu Boden gehen und die Menschen aus der Umgebung sofort zu Hilfe eilen, oder die Szene, als Ana bei Lews Prozess auftaucht und sie sich erkennen. Die nächste bewegende Szene ist Lews Entlassung aus der Haft und schließlich die letzte Szene im Buch. Sie ist die logische Schlussfolgerung von Anas und Lews Geschichte.

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Veröffentlicht am 22.07.2024

Der King lebt

Graceland – Die Geschichte eines Sommers
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Töchter und Mütter - seit jeher ein zwiespältiges Verhältnis, Und so wird die Fahrt nach Graceland auch zu einer Fahrt und zum Verhältnis zwischen Mutter und Tochter. Die Tochter - Grace - wirft der Mutter ...

Töchter und Mütter - seit jeher ein zwiespältiges Verhältnis, Und so wird die Fahrt nach Graceland auch zu einer Fahrt und zum Verhältnis zwischen Mutter und Tochter. Die Tochter - Grace - wirft der Mutter vor, sie nicht in Schutz gegen den abusiven Vater genommen zu haben. Die Mutter hat sich in ihre Verehrung für Elvis Presley gestürzt, hat alles andere ausgeblendet und Memorabilia und Nippesfiguren von Elvis gesammelt. Dies alles kommt peu à peu während der Reise zur Sprache. Kristen Mei Chase lässt diese Erinnerungen sehr geschickt einfließen, so dass wir auf dem Weg der beiden zu Elvis und zu ihren Erinnerungen mitverfolgen können. Für beide wird es aber auch ein Weg in ein neues Leben, trotz schwerer Erkrankung der älteren und Scheidung der jüngeren.
Ich frage mich, was für einen Impakt Elvis Presley auf seine Fans gehabt haben muss, wenn heute noch, so lange Jahre nach seinem Tod, alles aus Elvis' Leben noch so bedeutungsvoll ist. Tupelo, sein Geburtsort, da pilgern Fans hin, gehen in die kleine Kirche, in die seine Familie ging, essen in dem Lokal und am liebsten an dem Tisch, an dem er einst als Jugendlicher saß, sogar der Supermarkt, wo seine Mutter einst arbeitete ist von Bedeutung. Wieviel Privatsphäre war dem Mann wohl vergönnt?
Im vorliegenden Roman wird Elvis Mittel zum Zweck. Auf der Fahrt zu den Stationen seines Lebens finden Mutter und Tochter wieder zueinander und bauen ihre verlorene Vertrautheit wieder auf. Je mehr sie in die Elvis Sphäre eindringen, umso mehr scheint die Mutter von ihrer Besessenheit abzukommen und wird wieder zur Mutter von Grace. Grace selbst beginnt ihre Ängste abzubauen, wird innerlich ruhiger, ihre Panikattacken verschwinden. Loralynn, die Mutter, zieht zur Tochter von El Paso nach Chicago. Gemeinsam meistern sie den Alltag. Dieser versöhnliche Ausklang des Romans klingt weder kitschig noch seicht oder an den Haaren herbeigeholt. Es ist einfach das logische Ende einer langen Reise quer durch die USA.
Eine gute Prise Humor und treffende Bemerkungen lockern den Stil auf und machen das Buch zu einem richtigen Lesegenuß.
Mädels, aufgepasst: Falls Ihr noch offene Streitpunkte mit Euren Müttern habt, unternehmt eine Reise mit ihnen. Muss ja nicht gleich ein lilafarbenes Cabrio sein. Das Leben ist zu kurz und zu schön, um mit der eigenen Mutter im Streit zu liegen.

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Veröffentlicht am 09.07.2024

Wird irgendwann der Ukraine Krieg auch zu Legendenstoff werden?

To Gaze Upon Wicked Gods – Falsche Götter
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Das Buch hat mich beeindruckt. Und hat mich an die gegenwärtig in der Welt geführten Kriege denken lassen. Der Vergleich drängt sich einem regelrecht auf und ist unvermeidbar. Besatzer sind immer die Herren, ...

Das Buch hat mich beeindruckt. Und hat mich an die gegenwärtig in der Welt geführten Kriege denken lassen. Der Vergleich drängt sich einem regelrecht auf und ist unvermeidbar. Besatzer sind immer die Herren, führen sich wie Götter auf, unter ihren Stiefeln wird alles Leben erstickt und erdrückt. Chang erfasst diese schreckliche Atmosphäre schmerzhaft genau.

Ein friedliebender Kontinent wird durch ein Portal urplötzlich angegriffen und geknechtet. Besonders perfide wie die Römer es im Buch tun: sie machen die Bevölkerung drogenabhängig und dadurch gefügig. Der Krieg wird dargestellt wie ein Kampf zwischen Wissenschaft (auf Seiten der Eroberer) und Magie (auf Seiten der Eroberten). Ich finde es schade, wie Chang das darstellt: Wissenschaft steht in den Diensten des Bösen. Aber Wissenschaft ist gut oder böse, allein abhängig vom Anwender. Die Römer bringen die Wissenschaft als Waffe und nicht zum Wohl der Eroberten. Die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki oder Agent Orange im Vietnam Krieg. Das war Wissenschaft im Dienst des Bösen, wie man es sich nicht böser vorstellen kann. Höchstens die Drohnenangriffe in den gegenwärtigen Kriegen. Aber Wissenschaft kann auch so viel Gutes bewirken, die Menschheit voranbringen. Solarenergie, Windkraft, moderne Medizin, umweltfreundliche Fahrzeuge, und so vieles mehr. Chang hat wohl einen Gegenpol zur Magie benötigt und hat es Wissenschaft genannt.
Die Magie gehört dem eroberten Volk an. Einige wenige Menschen verfügen über magische Kräfte. Unsere Heldin im Buch, Ruying, kann den Tod heraufbeschwören und auf Menschen loslassen. Der römische Prinz Antonius nimmt Ruying gefangen und macht sie zu seiner Komplizin. Ihm unliebsame Menschen werden von ihr getötet. Dabei gibt Antonius vor, er tue dies nur um des Friedens willen, weil sonst ein erneuter, noch grausamerer Krieg ausbrechen würde. Wie das stattfindet, wie Antonius sie subtil überzeugt, ohne Gewalt anzuwenden, nach dem Prinzip eiserne Hand im samtenen Handschuh, und was erst geschehen muss, bis Ruying merkt, wie sie manipuliert wird, ist spannend und sehr aufschlussreich. Unter uns gesagt: Putin hat diesen Samthandschuh nie angehabt.

Molly X. Chang schrieb diesen Roman mit den Hintergedanken an den japanischen Überfall auf die Mandschurei in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Besetzung der Mandschurei, die Gründung des Marionettenstaates unter Puyi, letzter Kaiser von China, die brutale Plünderung der Bodenschätze der Mandschurei, all dies findet sich im Buch wieder. Der schwache Kaiser von Er-lang steht für Puyi, die Wissenschaft wurde von Japanern angewandt in den Bombardements, Gasangriffen und Menschenexperimenten. (Josef Mengele war nicht der erste!). dies sind lauter Parallelen zwischen historischer Wirklichkeit und Fiktion, über die man nicht hinwegsehen kann und darf.

So wie das Buch endet, schreit es direkt nach einer Fortsetzung.

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Veröffentlicht am 26.06.2024

Ein Fantasy zum Träumen

Vengeance (Academy of Dream Analysis 1)
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Interessanter Fantasy, der aber so einige Fragen aufwirft. Warum sind Menschen, die Träume beeinflussen, besser als Menschen, die in die Träume anderer eindringen können? Die einen werden direkt “herangezüchtet” ...

Interessanter Fantasy, der aber so einige Fragen aufwirft. Warum sind Menschen, die Träume beeinflussen, besser als Menschen, die in die Träume anderer eindringen können? Die einen werden direkt “herangezüchtet” und hochgelobt, die anderen verteufelt und verdammt. wo ist eigentlich bitte der Unterschied? Die Direktorin der Traumakademie, Jupiter Sterling, sagt: 'Wir träumen um die reale Welt zu beeinflussen… um die Welt zu verbessern” (S. 11). Aber dafür lässt sie ziemlich sadistische Lehrer auf ihre Zöglinge los, wie Professor O. Andere Frauengestalten im Roman kommen auch nicht so gut weg, wie zum Beispiel die zwei Mütter von Nemesis und Victoria. Kalt, egoistisch, quälen sie ihre Töchter und geben ihnen das Gefühl, nie gut genug zu sein. Nemesis von Winthers Counterpart ist der gutaussehende (wie denn sonst?) Mercy Sterling, Vollwaise und Neffe der Schulleiterin. Wie es zu erwarten war, sind sie zuerst verfeindet und werden dann allmählich zu Liebenden. Ist auch gut so, sonst wären wir um einige treffende Repliken ärmer.
Ich weiß, Sex sells, aber dieses Buch ist gar nichtmal so schlecht. Es hat ein paar interessante Ideen, die weiter verfolgt und ausgebaut werden. Es hat interessante jugendliche Hauptgestalten und einige fragwürdige Erwachsene. Dass sich Nemesis und Mercy ineinander verlieben ist unausweichlich. Weshalb also die expliziten und schwachen Sexszenen? Es hätte sie wahrlich nicht gebraucht. Es bringt wirklich nichts, wie Audrey Carlan zu schreiben, bloß Minuspunkte.

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