Profilbild von Caillean

Caillean

Lesejury Star
offline

Caillean ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Caillean über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.01.2018

Feuer und Flamme

Zorn - Lodernder Hass
0

Zorn und Schröder sind wie ein Paar alte Latschen. Die passen einfach zusammen. Und sie müssen gar nicht mehr drüber reden. Jede Stänkerei ist im Grunde ein Freundschaftbekenntnis und man hat jedes Mal ...

Zorn und Schröder sind wie ein Paar alte Latschen. Die passen einfach zusammen. Und sie müssen gar nicht mehr drüber reden. Jede Stänkerei ist im Grunde ein Freundschaftbekenntnis und man hat jedes Mal ein Lächeln auf den Lippen, wenn man die Büro- oder Privatszenen mit den beiden liest. Zumindest mir geht es so.

Der siebte Fall für Zorn & Schröder (bzw. Schröder und Zorn, denn der kleine Dicke ist ja jetzt Chef des großen Grantlers Zorn) geizt nicht mit Blut und heftigen Szenen. Wenn ich die „Kollateralschäden“ mit einrechne, dürfte die Zahl der Toten in diesem Band zweistellig sein. Halle an der Saale ist eben ein gefährliches Pflaster…

Die beiden Hauptdarsteller bleiben sich auch in diesem Krimi treu: der eine grummelt, der andere menschelt und beweist dennoch eine feine Nase für die kriminalistischen Zusammenhänge. Während Zorn noch in Selbstmitleid versinkt, weil er bei einem dienstlichen Unfall mehrere Finger eingebüßt hat, stellt sich Schröder undercover in einer Psychotherapiegruppe seiner traumatischen Vergangenheit. Auch wenn ihm das fast zum Verhängnis wird. Auch wenn Titel und Klappentext vermuten lassen, dass es hauptsächlich um den jugendlichen Pyromanen Ignaz geht, ist die Geschichte weitaus vielschichtiger – es ist also mehr als nur Feuer & Flamme, was hier eine Rolle spielt.

Ich freu mich auf jeden neuen Fall von Zorn & Schröder – und wurde auch diesmal von der Spannung her nicht enttäuscht. Der Krimi entwickelt sich schnell und trotzdem logisch. Am Ende gab es eine für mich unerwartete Überraschung – der Fall blieb für mich bis zum Schluss rätelhaft und undurchsichtig. So muss das sein bei einem Krimi. Nur die doch teilweise recht heftigen Details finde ich manchmal etwas zuviel des Guten (bzw. Schlechten).

Ich bin schon gespannt, was Band 8 bringt!

Veröffentlicht am 05.01.2018

Onehundredandfifty shades of grey – oder noch mehr…

Kleine große Schritte
0

Mein erstes im Jahr 2018 gelesenes Buch und gleich ein Highlight! Ich wage sogar zu behaupten, es wird eins meiner Lesehighlights 2018 sein. Ich habe Jodi Picoult mit „Die Spuren meiner Mutter“ kennengelernt ...

Mein erstes im Jahr 2018 gelesenes Buch und gleich ein Highlight! Ich wage sogar zu behaupten, es wird eins meiner Lesehighlights 2018 sein. Ich habe Jodi Picoult mit „Die Spuren meiner Mutter“ kennengelernt (und ich fand es toll). Dass sie dieses Buch noch toppen würde hätte ich allerdings nicht gedacht.

Die Geschichte um die schwarze Säuglingskrankenschwester Ruth, die angeblich schuld am Tod eines Babys sein soll, ist unheimlich komplex und doch so beschrieben, dass man nie den Faden verliert. Ruth ist eine starke schwarze Frau, eine Persönlichkeit. Aber sie ist auch eine Farbige, die in einer weißen Welt groß wurde und gelernt hat sich anzupassen. Sie lebt ein gutes Leben und ist zufrieden mit dem, was sie erreicht hat. Bis zu dem Tag, an dem die Entscheidung ihrer Vorgesetzten dazu führt, dass sie alles hinterfragen muss, was sie jemals für richtig gehalten oder getan hat.

Die „weiße Seite“ der Geschichte wird aus zwei völlig unterschiedlichen Perspektiven erzählt: aus der des Rechtsextremisten Turk Bauer und der der Anwältin Kennedy McQuarrie. Während Turk und seine Frau offen Rassismus zur Schau stellen, hält sich Kennedy für eine tolerante Person, für die Rassismus quasi ein Fremdwort ist. Bis auch sie in der Konfrontation mit Ruth’s Fall ihre Einstellungen hinterfragen muss.
Und letztlich wird sich kaum ein Leser dieses Buches der Diskussion um „versteckten Rassismus“ entziehen können. Egal ob es um schwarz oder weiß oder sonstige Ethnien geht. Dieses Buch zeigt, dass es es nicht nur schwarz und weiß gibt, sondern auch jede Menge grau. Mindestens onehundredandfifty shades of grey, wenn man so will.

Mich hat das Buch zum Nachdenken gebracht, zum Reflektieren. Ich finde, Jodi Picoult hat hier ein ganz wichtiges, komplexes Buch geschrieben, das aus meiner Sicht gern Schullektüre werden dürfte.

Zum Schluss noch ein paar Eckdaten:

Ort der Handlung: New Haven, Connecticut, Nordostküste der USA

Zeit der Handlung/Jahreszeit: Oktober 2015 bis Frühjahr 2016 + Rückblenden

Erzählperspektive: drei Ich-Erzähler (Ruth, Turk, Kennedy)

Hauptfiguren: Ruth Jefferson (Hebamme), Turk und Brittany Bauer (rechtsradikales Elternpaar), Kennedy McQuarrie (Anwältin)

Lieblingszitat: „Ich höre das Plätschern des Brunnens hinter mir und denke an Wasser, das als Dunst aufsteigt, damit kokettiert eine Wolke zu sein und dann als Regen zurückkehrt. Würde man das Fallen nennen? Oder nach Hause kommen?“ - Ruth

Veröffentlicht am 30.12.2017

Wenig Neues in der Bäckerei und Neil ist leider nur noch Statist

Weihnachten in der kleinen Bäckerei am Strandweg
0

Im dritten Band der „Little Beach Street Bakery“-Reihe wird es weihnachtlich. Während die Einwohner des kleinen Örtchens an der Küste Cornwalls sich aufs Fest freuen, haben Polly und Huckle Sorgen – Polly ...

Im dritten Band der „Little Beach Street Bakery“-Reihe wird es weihnachtlich. Während die Einwohner des kleinen Örtchens an der Küste Cornwalls sich aufs Fest freuen, haben Polly und Huckle Sorgen – Polly um ihre beste Freundin Kerensa, die schwanger ist und sich nicht sicher ist, ob ihr Ehemann Reuben der Vater ist. Und Huckle, weil Polly ihm das nicht erzählt hat. Schließlich ist Reuben Huckles bester Kumpel. Und so führt der Ausrutscher von Kerensa fast zur Trennung von Huckle und Polly. Außerdem muss sich Polly mit einem familiären Problem auseinandersetzen, das ihr ebenfalls zu schaffen macht.

Nun wäre ein Weihnachtsbuch kein Weihnachtsbuch, wenn sich nicht am Ende alles in einem richtig fetten Happy End auflösen würde. Und das tut es natürlich auch hier.

Allerdings gibt es nun wohl aus der Bäckerei nicht viel Neues mehr zu erzählen und – Fans der Reihe, bitte schlagt mich nicht – vielleicht ist das auch gut so. Die Charaktere sind mittlerweile vertraut, bieten dadurch aber kaum noch Neues bzw. Überraschungen. Pollys süßer, zahmer Papageientaucher Neil ist fester Bestandteil geworden, hat aber leider keine tragende Rolle mehr, die die Handlung in irgendeiner Weise beeinflusst oder gar voranbringt. Ab und zu piept er niedlich, kuschelt sich auf Pollys Schulter ein, und das war’s auch schon. Schade, denn Neil hätte vielleicht das Zeug dazu, eine weitere Geschichte um die Bäckerei zu tragen und der bekannteste Papageientaucher der Literaturgeschichte zu werden. Gut, ich gebe es zu – das Wort „Literatur“ ist etwas hoch gegriffen. Aber dennoch – nette Unterhaltung ist das Buch allemal. Gerade vor Weihnachten, wo sich doch irgendwie jeder nach einem Happy End sehnt.

Ich habe die Bücher rund um Polly, Neil und ihre Freunde genossen, aber ich traue der Autorin einfach nicht zu, noch eine vierte Geschichte um die Bäckerei zu schreiben, die mitreißen kann.

Veröffentlicht am 26.12.2017

Die Emanzipation der Mrs. Tilling

Der Frauenchor von Chilbury
0

Zeitraum der Handlung: März bis September 1940
Schauplatz: Gemeinde Chilbury, Kent, England
Erzählperspektive: Ich-Perspektive
Besonderes: Der Roman wird ausschließlich in Briefen/Tagebucheinträgen aus ...

Zeitraum der Handlung: März bis September 1940
Schauplatz: Gemeinde Chilbury, Kent, England
Erzählperspektive: Ich-Perspektive
Besonderes: Der Roman wird ausschließlich in Briefen/Tagebucheinträgen aus Sicht der jeweils Schreibenden erzählt (das machte es mir am Anfang etwas schwer, mich auf die Geschichte einzulassen, aber nach einigen Kapiteln hatte ich mich daran gewöhnt).
Kapitellänge: durchschnittlich ca. 7 Seiten


„Mir war, als trüge ich eine Mitschuld an dem Geschehenen, weil ich jahrelang vor diesen aufgeblasenen Männern den Kopf eingezogen hatte, statt meine Meinung mit Mut vor ihnen zu vertreten. Hätten wir Frauen dies schon vor Jahren getan, vor dem letzten oder vor diesem Krieg, würden wir möglicherweise in einer besseren Welt leben.“ – Mrs. Tilling



Dieses Zitat beschreibt aus meiner Sicht sehr gut das Wesen dieses Romans. Die Frauen des Dorfes Chilbury sind während des Zweiten Weltkriegs fast auf sich allein gestellt, weil alle nur verfügbaren Männer im Krieg sind. Die neu zugezogene Musikprofessorin Prim versucht der schwierigen Situation mit den ihr gegebenen Waffen zu begegnen: sie formiert den bereits aufgelösten Gemeindechor neu und macht einen reinen Frauenchor daraus. Eine Idee, die nicht bei allen Bewohnern gut ankommt. Es stellt sich jedoch heraus, dass aus dieser besonderen Situation ein Gemeinschaftsgefühl heranwächst, das den Frauen neues Selbstbewusstsein gibt. Auch das ist nicht von jedem gern gesehen… doch der Frauenchor von Chilbury gibt sich in keiner Situation so einfach geschlagen.


Das Buch erzählt authentisch vom Leben der Frauen, der Kriegswitwen und der jungen Mädchen in dieser schwierigen Zeit. Zwar geht es auch um Intrigen und Verwicklungen zwischen der Dorfbevölkerung aus verschiedenen Schichten, aber insgesamt ergibt sich doch ein recht umfassendes Stimmungsbild der damaligen Zeit. Wie die Autorin berichtet, haben sie die Geschichten ihrer Großmutter aus dem Krieg zu diesem Roman inspiriert.


Ich finde, dabei ist eine gute Geschichte herausgekommen, die trotz aller Dramatik die Gemächlichkeit, Robustheit und leichte Kauzigkeit der englischen Landbevölkerung bewahrt.

Veröffentlicht am 25.12.2017

Atemlos durch die Nacht

Origin
0

Zunächst ein paar Eckdaten zum Buch:

Zeitraum der Handlung: hauptsächlich 12 Stunden, nachts, im Jahr 2015
Handlungsorte: Spanien (z.B. Madrid, Barcelona)
Erzählperspektive: 3. Person, Vergangenheit
Kapitellänge: ...

Zunächst ein paar Eckdaten zum Buch:

Zeitraum der Handlung: hauptsächlich 12 Stunden, nachts, im Jahr 2015
Handlungsorte: Spanien (z.B. Madrid, Barcelona)
Erzählperspektive: 3. Person, Vergangenheit
Kapitellänge: durchschnittlich ca. 10 Seiten
Besonderes: Eine große Rolle spielt die Symbolik des bekannten Bauwerks Sagrada Familia in Barcelona.



In seinem neuen Thriller „Origin“ nimmt uns Dan Brown wieder mit auf eine Reise die Tiefen der Symbolik und der Religion. Wie immer erzählt Brown spannend und baut am Ende der Kapitel in schöner Regelmäßigkeit Cliffhanger ein, so dass man eigentlich ständig das Gefühl hat immer weiterlesen zu müssen. Da das Buch größtenteils innerhalb einer einzigen Nacht spielt, hat man das Gefühl, die Geschehnisse „in Echtzeit“ zu verfolgen.



Diesmal wird der ewig alte Streit zwischen Religion und Wissenschaft thematisiert - es geht vorrangig um die Frage, ob tatsächlich eine Schöpfung stattgefunden hat, oder ob sich die Menschheit „nur“ aufgrund wissenschaftlich belegbarer Naturgesetze entwickelt hat. Die Evolutionstheorie gegen Kreationismus, Schöpfungsgedanke gegen wissenschaftliche Lehre. Die großen Fragen, die hier – zum Teil auch philosophisch – angegangen werden, sind: Woher kommen wir? und Wohin gehen wir? Gemeint ist mit „wir“ die Menschheit.



Auch das Thema künstliche Intelligenz spielt eine große Rolle. Wie viel kann künstliche Intelligenz bereits jetzt schon – und wohin soll das noch führen, wenn die Technik sich so rasant weiterentwickelt wie in den letzten 50 Jahren?



Dan Brown hat mich mit seinem neuen Buch wieder überzeugt. Nachdem ich zwischenzeitlich mal den Eindruck hatte, es gebe eine Durststrecke („Das verlorene Symbol“), konnte er mich mit „Inferno“ und auch diesmal mit „Origin“ wieder absolut überzeugen. Es ist nicht einfach nur ein Thriller, es ist ein Buch, über das es sich wirklich nachzudenken lohnt. Und ich bin sicher, wenn ich in ein paar Monaten Barcelona besuche, wird der Roman mir wieder ins Gedächtnis kommen, sobald ich vor der Sagrada Familia stehe (denn dieses Bauwerk ist diesmal ebenfalls eng mit der Geschichte verwoben). Brown scheint zu alter Stärke zurückgefunden zu haben, und deshalb freue ich mich jetzt schon darauf, was er uns als Nächstes präsentiert. Wobei „Origin“ ziemlich schwer zu toppen sein dürfte.