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Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte aus norwegischem Blickwinkel erzählt

Das Haus der verlorenen Kinder
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Oda und Lisbet wachsen an der norwegischen Küste auf. Als sie Teenager sind, bricht der zweite Weltkrieg aus. Für die Mädchen ändert sich damit im Grunde nichts – in den weiten Schärengärten bekommt man ...

Oda und Lisbet wachsen an der norwegischen Küste auf. Als sie Teenager sind, bricht der zweite Weltkrieg aus. Für die Mädchen ändert sich damit im Grunde nichts – in den weiten Schärengärten bekommt man kaum etwas mit von der Gewalt in Zentraleuropa. Doch dann wird Norwegen von den Deutschen besetzt und norwegische Familien werden dazu verpflichtet, deutsche Soldaten in ihre Häuser aufzunehmen.
Was dann passiert, ist vorhersehbar: die Mädchen verlieben sich in die Männer, die aus dem fernen Deutschland in ihre Heimat gesandt wurden. Sie sehen sie nicht mit den Augen der Erwachsenen – als Feind – sondern einfach als nette junge Männer, die genauso voller Träume und Hoffnungen sind wie sie selbst. Sie müssen ihre Liebe geheim halten, denn norwegische Mädchen, die sich mit „dem Feind“ einlassen, sind verpönt und haben es schwer. Als beide Mädchen Kinder von den deutschen Soldaten erwarten und sie sich mit ihren Familien überwerfen, wird aus der erträumten wunderbaren Zukunft nach Kriegsende ein Minenfeld, in dem Oda und Lisbet viele Träume begraben und viele Opfer bringen müssen.

Die Mädchen haben Glück im Unglück, als sie an ein Haus des „Lebensbornvereins“ verwiesen werden, in dem für norwegische Mädchen gesorgt wird, die Kinder von Deutschen erwarten. Im Buch erfährt man, welche Rolle diesem Verein zukam: er vermittelte Adoptionen solcher Kinder nach Deutschland – mit dem Hintergrund, dass die Kinder von Deutschen und Norwegern als arisch rein galten. Nicht umsonst wurden Lebensbornheime hinter vorgehaltener Hand als „Zuchtanstalten“ bezeichnet. Sie hatten eine zwiespältige Rolle inne: einerseits haben sie tatsächlich vielen jungen Mädchen ohne Perspektive Zuflucht geboten und sie „durchgebracht“ – wer weiß, was sonst aus ihnen geworden wäre. Andererseits war der dahinter liegende Gedanke vom reinen Rassendenken getrieben.

Diesen Zwiespalt stellt die Autorin im zweiten Teil des Buches gut in den Mittelpunkt des Geschehens, besonders da Oda als samisch-stämmige Norwegerin gerade nicht dem Rassenideal der Deutschen entsprach.

Trotz aller interessanten und wichtigen Gedanken, die das Buch transportiert, erschien es mir insgesamt etwas „weichgespült“. Die Dramatik hinter der Geschichte war zu erahnen, wurde aber aus meiner Sicht dennoch nicht allzu zu deutlich formuliert. Das passte zum Erzählstil des Buches, war mir aber für ein eindeutiges geschichtliches Zeugnis etwas zu wenig. Zudem wurde beispielsweise auch nicht erläutert, woher der Name Lebensborn eigentlich kommt und warum die Heime genau so genannt wurden. Das ließ sich zum Glück mit Hilfe des Internets schnell herausfinden.

Schade fand ich auch, dass die Geschichten zweier Nebenfiguren, nämlich Erich (der Vater von Lisbets Kind) und Gertrud (eine Pflegekraft, mit deren Hilfe sich Lisbets Enkelin auf die Spur ihrer Herkunft begibt) nicht zu Ende erzählt wird. Ihnen wird am Anfang sehr viel Raum gegeben und es werden kleine Spuren ausgelegt, die einen neugierig machen auf die Figur. Am Ende geht aber dann plötzlich alles ganz schnell und man erfährt z. B. nicht, wie es mit Gertrud, die auch glaubt, ein Lebensbornkind zu sein, weitergeht. Die Figuren sind am Ende einfach von der Bildfläche verschwunden, das fand ich sehr schade.

Ich habe das Buch sehr gern gelesen, es war flüssig geschrieben, mitreißend und hat nebenher dieses dunkle Kapitel der Geschichte gut vermittelt. Aufgrund der oben beschriebenen kleinen Mankos kann ich aber leider keine volle Punktzahl vergeben und es bleiben gute vier Sterne.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Umfassende Beleuchtung eines Kriminalfalls mit viel Einblick in die Psyche der Beteiligten

Die Witwe
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Ich hatte mich sehr auf dieses Buch gefreut, denn es wurde viel Werbung dafür gemacht und sollte die Geschichte eines Kriminalfalls aus ganz ungewöhnlicher Perspektive erzählen: aus der Sicht der Ehefrau ...

Ich hatte mich sehr auf dieses Buch gefreut, denn es wurde viel Werbung dafür gemacht und sollte die Geschichte eines Kriminalfalls aus ganz ungewöhnlicher Perspektive erzählen: aus der Sicht der Ehefrau des (vermeintlichen) Täters.

Und es ist tatsächlich ein ungewöhnliches Buch, schon weil es viele psychologische Feinheiten enthält, die nicht in den Vordergrund stellen, WAS passiert, sondern WIE die Betroffenen damit umgehen.

Die Protagonistin blieb leider etwas hinter meinen Erwartungen zurück (ich war davon ausgegangen, dass das ganze Buch aus ihrer Perspektive erzählt wird, was sich als falsch erwies). Da die Geschichte auf mehreren Zeitebenen aus der Sicht von mehreren Personen erzählt wird(Ehefrau/Witwe, Polizeibeamter, Journalistin, Mutter des entführten Kindes), war der Aufbau und die Wirkung einfach anders, als wenn man nur eine Sicht der Dinge gelesen hätte. Andererseits wurde auf diese Weise mal ein Kriminalfall „rundum“ beleuchtet und man erhielt einen Einblick in die teilweise skrupellose Maschinerie der Presse, in die schwierige und zum Teil wirklich frustrierend unbefriedigende Arbeit der Polizei, aber eben auch in das Privatleben eines Menschen, der plötzlich sein gesamtes Weltbild aus den Fugen geraten sieht.

Einige andere Leser haben bemängelt, dass es dem Buch an Spannung fehlt. Diesen Eindruck hatte ich gar nicht. Gerade durch die Perspektivwechsel gab es immer wieder neue Erkenntnisse, neue Blickwinkel, neue Theorien. Man traut irgendwann jedem alles zu…. Das ist etwas, was einem als Autor erstmal gelingen muss! Für einen Erstlingsroman finde ich ihn sehr gelungen.

Einzig die Diskrepanz zwischen Erwartungshaltung (geweckt durch Klappentext und Werbung für das Buch) und der tatsächlichen Story gebe ich einen Stern Abzug. Trotzdem empfehle ich das Buch sehr gern weiter, denn es stellt einen Kriminalfall mal auf eine ganz andere Art und Weise - und trotzdem absolut fesselnd - dar.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Guter Krimi mit ungewöhnlichem Hintergrund

Totengebet
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Dies war mein erster Roman, den ich aus der Reihe um Anwalt Vernau gelesen habe. Ich kenne bisher nur andere (eigenständige) Bücher von Elisabeth Herrmann wie z. B. das Dorf der Mörder.

Ich konnte aber ...

Dies war mein erster Roman, den ich aus der Reihe um Anwalt Vernau gelesen habe. Ich kenne bisher nur andere (eigenständige) Bücher von Elisabeth Herrmann wie z. B. das Dorf der Mörder.

Ich konnte aber das Buch auch ohne Vorkenntnisse gut verstehen, die Zusammenhänge zwischen den Hauptpersonen, wie z. B. Marie-Luise und Vernau, wurden angerissen und ich konnte viele Gedankengänge und Handlungen daher gut nachvollziehen. Ob dieses Buch besser oder schlechter ist als die anderen Romane dieser Reihe, vermag ich nicht zu sagen. Aber gefallen hat es mir auf jeden Fall.

Denn die Hintergrundgeschichte dieses Krimis war für einen deutschen Kriminalroman eher ungewöhnlich und schon deshalb unheimlich interessant: dass vor fast 30 Jahren vier junge Männer in Israel in einem Kibbuz gearbeitet haben und dort der Schlüssel zu einem Kriminalfall liegt. Die Autorin erklärt ja im Nachwort, dass sie selbst als junge Frau in Israel zu einem solchen Arbeitseinsatz war. Deshalb bin ich mir sicher, dass sie die Gegebenheiten und die Stimmungen dort wahrheitsgetreu wiedergegeben hat. So etwas aus erster Hand zu lesen, hat mich - neben dem clever aufgebauten Fall - besonders für den Roman eingenommen.

Etwas übertrieben fand ich manches zwar schon (z. B. dass Vernau sich mit schweren Verletzungen selbst aus dem Krankenhaus entlässt und sofort nach Israel reist). Irgendwie wirkte er nicht sooooo heldenhaft, dass das für ihn passend gewesen wäre. Aber insgesamt war es eine "runde Sache" und ein gut aufgebauter, spannender Roman.

Nur der Titel erschließt sich mir bis jetzt nicht... Meiner Meinung nach passt er überhaupt nicht zum Inhalt und ich fürchte, es sollte einfach nur möglichst dramatisch klingen, damit das Buch als Krimi/Thriller wahrgenommen wird. Auch über das Cover kann man sich streiten... mir gefällt es - gerade nachdem ich nun den Inhalt des Buches kenne - nicht. Daher reicht es am Ende nicht zur Höchstpunktzahl, sondern "nur" zu 4 Sternen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Warmherzige Geschichte mit sympathischen Figuren - so muss ein Frauenroman sein

Im Herzen das Glück
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Dieses Buch ist eine herzerwärmende Geschichte, die keine Längen aufwies und mich gut unterhalten hat. An einigen Stellen kommt sogar richtig Spannung auf - was bei einem solchen Frauenroman nicht unbedingt ...

Dieses Buch ist eine herzerwärmende Geschichte, die keine Längen aufwies und mich gut unterhalten hat. An einigen Stellen kommt sogar richtig Spannung auf - was bei einem solchen Frauenroman nicht unbedingt
üblich ist.

Es geht einerseits um ein junges Paar, Libby und Jason, die das etwas in die Jahre gekommene kleine (Land-)Hotel von Jasons Mutter wieder auf Vordermann bringen wollen. Andererseits wird das Leben von Libby durcheinandergewirbelt, als auf der Landstraße vor dem Hotel eine junge Frau angefahren wird, die keine Papiere bei sich hat und sich nach dem Unfall noch nicht einmal daran erinnern kann, wie sie heißt - geschweige denn, warum sie auf dieser Straße unterwegs war. Libby nimmt sich der jungen Frau an und es entsteht eine Freundschaft, die beide Frauen zu sich selbst finden lässt.

Die Geschichte ist mir beim Zuhören (ich habe sie als Hörbuch genossen) an keiner Stelle langweilig geworden, die beiden Frauen fand ich beide sehr sympathisch und lebensnah - mit ihren ganz eigenen Hoffnungen, Ängsten und Träumen. Lucy Dillon hat sie sehr warmherzig gezeichnet und es war eine Freude, sie beide zu begleiten.

Nachdem ich schon einmal ein Buch von Lucy Dillon gelesen hatte, von dem ich nicht ganz so begeistert war, muss ich sagen: hier hat sie ordentlich einen draufgesetzt und ich freue mich jetzt schon auf die nächste Geschichte von ihr, die ich auf jeden Fall wieder lesen werde!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine Geschichte, die immer mehr ins Märchenhafte abdriftet - nicht jedermanns Sache

Der Zirkus der Stille
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„Alles, was du als Anleitung fürs Leben brauchst, steht zuoberst auf jedem Feuerlöscher: Ruhe bewahren!“ Das war für mich der beeindruckendste Satz dieses Buches und sicherlich einer, den ich mir noch ...

„Alles, was du als Anleitung fürs Leben brauchst, steht zuoberst auf jedem Feuerlöscher: Ruhe bewahren!“ Das war für mich der beeindruckendste Satz dieses Buches und sicherlich einer, den ich mir noch oft ins Gedächtnis rufen werde. Denn letztlich ist es so einfach: mit Hektik, Angst und Panik vergrämt man sich das Leben. Mit Ruhe und Besonnenheit kommt man weiter. Auch wenn es schwer ist, sollte man diese Worte vielleicht immer mal wieder aus der Schublade zaubern.

Leider war für mich nicht die gesamte Erzählung von solchen Perlen begleitet. In den ersten zwei Dritteln fand ich sie noch gut zu lesen, ich wusste noch nicht wohin die „Reise“ letztlich gehen würde und mit welchem Ende (sprich: welcher Selbsterkenntnis) das Buch gesegnet sein würde. Als im letzten Drittel dann das Märchenhafte der Geschichte überhand nahm und ich als (zugegebenermaßen eher rational veranlagter Leser) keine für mich ausreichende Erklärung der Geschehnisse bekam, war ich ein wenig enttäuscht. Von dem mehr als offenen Ende ebenso. Ich hatte irgendwie mit einem Paukenschlag gerechnet, der das bisher Gelesene plötzlich gerade rückt und in einen nachvollziehbaren Zusammenhang bringt. Das war so nicht der Fall, statt dessen nenne ich das Ende jetzt einfach mal „interpretationsfreundlich“

Ich gebe zu, dass ich wohl nicht der richtige Konsument für diese Story war. Viele andere Leser werden sie sicherlich lieben und gerade das daran mögen, was mir zum Verhängnis wurde: die am Ende nicht greifbare Geschichte, die viel Raum für Spekulationen, Nachdenken, Träumen lässt.

Von mir daher (nur) gutgemeinte 3 Sterne.