Berührendes Portrait einer Dichterin
Die Suche nach HeimatMascha Kaléko war ein Ausnahmetalent. Ihre lebendigen und fast prosaischen Gedichte haben noch immer Kraft und Esprit. Würde sie heute leben, wäre sie vielleicht eine berühmte Slam-Poetry-Ikone. Denn die ...
Mascha Kaléko war ein Ausnahmetalent. Ihre lebendigen und fast prosaischen Gedichte haben noch immer Kraft und Esprit. Würde sie heute leben, wäre sie vielleicht eine berühmte Slam-Poetry-Ikone. Denn die Frische, die ihre Texte ausstrahlen ist einfach besonders. Sie wirken modern und doch zeitlos.
Die Autorin, die hier unter ihrem Pseudomym ( Indra Maria Janos) schreibt, hat gut recherchiert und beschränkt sich auf die prägende Phase in Maschas Leben. Innerhalb weniger Jahre zwischen dem Ende der Weimarer Republik und den dunklen Wirren der Nazidiktatur erlebt die junge Frau im Rekordtempo und mit scheinbarer Mühelosigkeit ihr Debüt als Dichterin. Schnell wird sie bekannt und mit nur einundzwanzig Jahren eine Berühmtheit. Und das in einer Zeit, in der so viele Talente wirkten, noch dazu in Berlin. Ihren Stammplatz im berühmten Künstlertreff, dem Romanischen Café, muss sie nicht erkämpfen. Mit Ikonen wie Erich Kästner, Ringelnatz, Brecht, Tucholsky, Rohwolt teilt sie die fruchtbare Inspiration jener Tage U d trifft auf viele berühmte Zeitgenossen.
Verheiratet mit dem eher konservativen, neun Jahre älteren Saul, entdeckt Mascha bald, dass ihr Lebenshunger sehr viel größer ist als der seine und dass sie weit mehr will, als nur eine Ehefrau zu sein.
Mir haben Schreibstil und Geschichte sehr gut gefallen. Die Autorin vermittelt großartig die Zerrissenheit einer begabten Künstlerin, die in Konvention, Zeitgeist und Politik gefangen ist. Ihre Handlungsweisen mögen nicht immer heldenhaft gewesen sein, dennoch war Mascha Kalénko mutig und blieb sich selbst treu. Die sich langsam aufbauende Bedrohung der Juden durch Hitler und seine grauenhafte Ideologie, ist eindringlich und absolut nachvollziehbar geschildert. Man möchte Mascha zurufen, Deutschland sofort zu verlassen, aber sie harrt gefühlte Ewigkeiten aus. Ein wenig schade fand ich, dass die Zeit nach der Emigration in Amerika kaum Raum erhalten hat, aber dafür hat die Autorin sicher gute Gründe.
Auch so ist ihr ein wunderbares Zeitdokument und eine sehr emotionale Biographie gelungen. Mascha Kaléko hat das allemal verdient. Ich wünsche mir, dass noch viele Menschen ihre Gedichte lesen, den sie sind noch immer brandaktuell.