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Veröffentlicht am 27.05.2024

Der absolute Wahnsinn

Trophäe
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Trophäe – Gaea Schoeters
Eigentlich wollte ich diesen Roman gar nicht lesen: Ein mittelalter weißer Mann, der mithilfe von einheimischen Führern im afrikanischen Busch seinen Jagdfantasien nachgeht – nein ...

Trophäe – Gaea Schoeters
Eigentlich wollte ich diesen Roman gar nicht lesen: Ein mittelalter weißer Mann, der mithilfe von einheimischen Führern im afrikanischen Busch seinen Jagdfantasien nachgeht – nein danke! Doch dann häuften sich die 5-Sterne-Bewertungen und ich wurde doch neugierig.
Sprachlich ist diese Geschichte ganz wunderbar erzählt. Obwohl ich mich für Safari-Jagden etc. überhaupt nicht interessiere, konnte ich hier gut mitfiebern. Der Schreibstil ist detailreich und fesselnd. Angesichts des Inhalts fällt die Sprache allerdings bald gar nicht mehr ins Gewicht.
Unser weißer Jäger Hunter White (haha) ist nun eben dabei seine Big Five (musste ich ebenfalls erst googeln) vollzumachen. Das Nashorn fehlt ihm noch. So weit so gut. Es ist spannend erzählt, Hunter ist ein Unsympath wie er im Buche steht und eine latente Abneigung gegen das Abschlachten von Tieren zum Spaß (auch wenn diverse Vorteile genannt werden, allem voran die Finanzspritze aus der Ersten Welt), begleitet mich.
Knapp vor der Hälfte des Romans nimmt die Handlung eine radikale Wendung, auf die ich nicht eingehen kann, ohne zu spoilern. Mit so etwas hatte ich auf keinen Fall gerechnet; es liegt jenseits der Vorstellungskraft eines normalen Menschen. Diese Wendung provoziert und hebt die Handlung auf eine gänzlich neue Ebene. Buchstäblich atemlos und starr vor Entsetzen konnte ich diesen Roman nicht mehr zur Seite legen, bis zum bitteren Ende.
Also handwerklich ist das ziemlich gut gemacht. Man könnte allerdings schon fast befürchten, traumatisiert aus dieser Lektüre herauszugehen. Vergessen wird man einige Szenen wohl kaum mehr.
Grandiose Leistung, wenn auch extrem unangenehme Leseerfahrung.
5 Sterne.

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.05.2024

Oda

Wie Inseln im Licht
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Wie Inseln im Licht – Franziska Gänsler
Die fünfjährige Oda verschwindet an der französischen Atlantikküste spurlos. Nach zwanzig Jahren, nach dem Tod der Mutter, sucht ihre große Schwester Zoey ihren ...

Wie Inseln im Licht – Franziska Gänsler
Die fünfjährige Oda verschwindet an der französischen Atlantikküste spurlos. Nach zwanzig Jahren, nach dem Tod der Mutter, sucht ihre große Schwester Zoey ihren damaligen Wohnort wieder auf – auf der Suche nach Antworten. Was ist damals eigentlich passiert?
Ein wirklich hochinteressanter Roman. Literarisch hochwertig und tiefgründig liest er sich fesselnd wie ein Thriller. Eine fantastische Mischung. Obwohl die Sätze oft eher knapp und einfach gehalten sind, steckt eine tiefe Poesie in diesem Text. Der atmosphärische Erzählstil beschreibt detailliert Erinnerungen, Gefühle und (Natur-) Empfindungen. Dennoch bleibt da immer eine gewisse Distanz zu den Figuren.
Was erst wirkt, wie der Versuch einer Aufarbeitung des Verlusts der Schwester, gewinnt immer mehr an Komplexität. Zoeys Erinnerungen an jenen Sommer vor 20 Jahren sind nur bruchstückhaft und widersprüchlich. Anschließend zieht die Mutter sich komplett zurück – über Oda wird nie wieder gesprochen.
Es stecken viele Themen in diesem Roman, mir hat sich vor allen Dingen die ungewöhnlich enge toxische Mutter-Tochter-Beziehung eingeprägt.
Wie in einem Cold-Case gibt es viele Puzzleteile, die sich erst nach und nach ineinander fügen. Die Auflösung scheint am Ende absolut klar, trotzdem wäre ich niemals von selbst darauf gekommen.
Sehr lesenswert – 4 Sterne

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Veröffentlicht am 21.05.2024

Der stumme Protest der Frauen

Und alle so still
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Und alle so still – Mareike Fallwickl
Was würde denn eigentlich passieren, wenn die Frauen einfach all ihre Arbeit niederlegen würden? Sich einfach wortlos auf den Boden legen würden und nicht mehr verfügbar ...

Und alle so still – Mareike Fallwickl
Was würde denn eigentlich passieren, wenn die Frauen einfach all ihre Arbeit niederlegen würden? Sich einfach wortlos auf den Boden legen würden und nicht mehr verfügbar wären. Wer würde all die Care-Arbeit übernehmen – zuhause oder auch im Krankenhaus? All die schlecht bezahlten, typischen „Frauenberufe“ – was würde geschehen?
Das Grundthema dieses Romans ist die fehlende Wertschätzung der überwiegend von Frauen ausgeübten Tätigkeiten und die anhaltende Erschöpfung vieler Frauen.
Wieder ein wütendes, feministisches Werk von der österreichischen Autorin. Während „Die Wut, die bleibt“ einen Ist-Zustand dokumentierte, spielt „Und alle so still“ mit der Möglichkeit eines Protests, eines kollektiven Burn-outs.
Erzählt wird diese Geschichte in drei Handlungssträngen. Da ist einmal Elin, eine junge Influencerin, die Gewalt erfahren hat und sich in ihrem Leben nicht mehr wohl fühlt. Nuri ist ein junger Mann mit Migrationshintergrund, Schulabbrecher, der keinen Fuß auf den Boden bekommt und zusätzlich mit einem toxischen Männlichkeitsbild kämpft. Und dann ist da noch Ruth, eine Pflegefachkraft in ihren Fünfzigern, die im Krankenhaus arbeitet und ihre Belastungsgrenze eigentlich längst erreicht hat. Diese drei Figuren geraten nun in diese stummen Proteste der Frauen.
Mit Ruth konnte ich mich noch am besten identifizieren. Der Pflegenotstand, der eskaliert – ein wichtiges, spannendes Thema. Elin blieb für mich leider relativ blass. Und Nuri ist eigentlich eine sympathische Figur, allerdings ist er im gesamten, durchgehend Männer bashenden Roman, der einzige vernünftige Vertreter seiner Gattung. Dass dies ausgerechnet ein junger Mann mit Migrationshintergrund vom Rande der Gesellschaft sein musste, passt für mich nicht so richtig.
Meiner Meinung nach hat sich die Autorin hier ein wenig übernommen mit dem Versuch, die Themen für drei Romane in einen einzigen zu quetschen. Ich finde, das Pflege-Thema hätte ein eigenes Buch verdient gehabt, ohne durch andere, nur halb ausgearbeitete Themen überlagert zu werden. Das ist schade, denn Fallwickl hat einen wunderbaren Schreibstil. Dennoch hat sie mich hier nicht so sehr fesseln können, wie in ihrem Vorgänger.
3 Sterne

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Veröffentlicht am 17.05.2024

Die letzte Front

Yellowface
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Yellowface – Rebecca F. Kuang
Ein fesselnder Roman mit tiefen Einblicken in den Literaturbetrieb und das Verlagsgeschäft.
June Hayward und Athena Liu haben sind beides ambitionierte junge Autorinnen. Während ...

Yellowface – Rebecca F. Kuang
Ein fesselnder Roman mit tiefen Einblicken in den Literaturbetrieb und das Verlagsgeschäft.
June Hayward und Athena Liu haben sind beides ambitionierte junge Autorinnen. Während die Werke der asiatisch stämmigen Athena gehypt werden, interessiert sich für Junes Debüt kaum jemand. Als Athena unerwartet stirbt, nimmt die schockierte anwesende June im Affekt deren Manuskript an sich. Sie veröffentlicht es als Juniper Song unter dem Titel „Die letzte Front“ und muss fortan alles dafür geben, ihr Geheimnis zu bewahren.
Zuerst einmal war ich überrascht, wie fesselnd und eingängig diese Geschichte geschrieben ist. Ich war sofort in der Handlung angekommen und habe mich keine Sekunde gelangweilt.
Im Prinzip handelt es sich hierbei um eine Abrechnung mit dem Literaturbetrieb. Rassismus, gegenseitiger Neid und Missgunst, ein Wirrwarr aus Agenten, Lektoren und Verlegern machen den Erfolg eines Romans zu einem Spiel in der Lotterie. Tatsächliches Talent rückt in den Hintergrund, es zählt nur, was sich vermarkten lässt. Wobei man der Autorin zugute halten muss, dass sie die Umstände in ihrer Geschichte in vielen Schattierungen präsentiert; es gibt nicht nur Schwarz und Weiß. Im Gegenteil, die Grenzen verschwimmen. Oftmals ist es eine eher moralische Frage, was ist hier Recht oder Unrecht. Wobei durchaus das Wesen des Urheberrechts eine Rolle spielt.
Kuang hat selbst einen asiatischen Hintergrund. Ihre Ich-Erzählerin in diesem Roman ist weiß und fühlt sich gerade dadurch benachteiligt. Eine spannende Perspektive. Rassismus wird hier aus vielen verschiedenen Blickwinkeln thematisiert.
Ebenfalls eine sehr große Rolle spielen die Schnelllebigkeit in der Buchbranche sowie die Schattenseiten der Sozialen Medien.
Somit ist dies ein Werk, das mich bestens unterhalten hat.
4 Sterne

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Veröffentlicht am 12.05.2024

Extrem handlungsarm

Sie und der Wald
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Sie und der Wald – Anais Barbeau-Lavalette
Ein Roman, den ich kaum als solchen bezeichnen würde. Eigentlich wirkt er auch etwas aus der Zeit gefallen, dank der Corona-Pandemie, die hier als Schlüsselmoment ...

Sie und der Wald – Anais Barbeau-Lavalette
Ein Roman, den ich kaum als solchen bezeichnen würde. Eigentlich wirkt er auch etwas aus der Zeit gefallen, dank der Corona-Pandemie, die hier als Schlüsselmoment dient, ist der Zeitraum der Handlung jedoch recht klar eingegrenzt.
Während sich die Welt diversen Corona-Maßnahmen beugt, entschließen sich vier Erwachsene mit fünf Kindern dazu, diese Zeit abgeschieden im Wald zu überbrücken. Es ist eine Aussteigergeschichte auf Zeit. Angst vor dem Virus ist zu keinem Zeitpunkt ein Thema; es sind die Maßnahmen, vor denen diese Leute flüchten.
Seltsamerweise erfährt man im gesamten Roman kaum etwas über diese neun Personen. Die Ich-Erzählerin schwelgt vielmehr in Erinnerungen und Geschichten von Nachbarn die ebenfalls im Wald hausen, immer schon. Ganz besonders haben es der Autorin aber Flora, Fauna und Botanik des Waldes angetan. Seitenlange Beschreibungen von Pflanzen und Tieren sind keine Seltenheit. Eine Handlung darüber hinaus, im herkömmlichen Sinne, erwartet man vergebens.
Auch der Schreibstil ist ungewöhnlich. Die Sätze sind an sich zwar einfach und knapp, dennoch unerwartet poetisch und extravagant. Zusammenhänge werden kaum erklärt. Ohnehin sind es immer nur Häppchen, die über die Personen oder das Leben im Wald serviert werden.
Insgesamt herrscht eine ganz besondere Atmosphäre in diesem Werk, dennoch war es für mich ein eher unbefriedigendes Leseerlebnis.
3 Sterne

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