Profilbild von Darkangelsammy

Darkangelsammy

Lesejury Star
offline

Darkangelsammy ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Darkangelsammy über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.03.2022

Entwurzelt ...

ewig her und gar nicht wahr
0

Wenn jemand wie ich entwurzelt ist und sich nirgends richtig zugehörig fühlt, kann der sich sehr gut in die Autorin hineinversetzen. Ich selber mit französischen, rumänischen, moldawischen, britischen ...

Wenn jemand wie ich entwurzelt ist und sich nirgends richtig zugehörig fühlt, kann der sich sehr gut in die Autorin hineinversetzen. Ich selber mit französischen, rumänischen, moldawischen, britischen Wurzeln?

Kira, die junge Künstlerin, kam in den Neunziger Jahren mit ihren russisch-jüdischen Eltern aus Moldova nach Deutschland. Dazu muss man wissen, dass über 60 Prozent der Einwohner der Republik Moldova (Bessarabien) Rumänen sind.

Nun ist Kira mit Marc zusammen, hat den Sohn Karl mit ihm, gibt Malkurse für Kinder. Ist aber selbst künstlerisch blockiert. Auch ihre Beziehung ist vereist.

Kira hat eine rege Phantasie, ist desillusioniert und voller Galgenhumor. Einige ihrer Familie und Vorfahren sind ihr nur von Fotos bekannt. In alle Winde zerstreut, sodass sie sich nach Moldova, New York und Israel aufmacht.

Dem besseren Verständnis willen und auch als Inspiration. Denn sie fühlt sich total entwurzelt und zwischen den Welten verloren ...

Kreativ, metaphernstark und emotional ist dieses Debüt, mit einer überzeugenden Protagonistin. Zudem hat die Autorin selbst das Buch eingelesen, mit ihrer sehr angenehmen Stimme, dass das Zuhören eine wahre Wonne ist. Danke, Marina Frenk!!!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.03.2022

Metamorphose

Das verborgene Tal
0

König Philipp erlebt etwas Schreckliches. Auf ihn wird ein Attentat mit dem Messer verübt. Er dadurch schwerverletzt.

Allerdings muss er zu seinem Entsetzen feststellen, dass er im Kerker wieder zu sich ...

König Philipp erlebt etwas Schreckliches. Auf ihn wird ein Attentat mit dem Messer verübt. Er dadurch schwerverletzt.

Allerdings muss er zu seinem Entsetzen feststellen, dass er im Kerker wieder zu sich kommt. Stark abgemagert und äußerlich dadurch verändert, glaubt ihm keiner die "tolldreiste" Geschichte, dass er Philipp sei.

Als sein eigener "Mörder" soll er gehängt werden, aber ein Mitglied einer Räuberbande rettet ihn und nun ist er in dessen Händen. Zu welchem Zweck? Sie befinden sich nun in einem Tal, das nur schwer erreichbar ist.

Wird Philipp Gerechtigkeit widerfahren?

Das Buch hat Wendungen, ist sehr gut durchdacht, kreativ stark, mit sympathischen Protagonisten. So gesehen konnte Philipp nichts "besseres" passieren. Denn durch diesen Einschnitt lernt er das wahre Leben kennen, was ihm nur zum Vorteil gereichen kann und für seine Metamorphose sorgt.

Die Charaktere besitzen Tiefe sowie Ausgewogenheit, ein Buch zum Wohl- und Mitfühlen. Sehr lesenswert und fesselnd bis zum Ende. Danke, Ingeborg Menge!!!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.03.2022

Es wird Blut regnen ...

Die fauligen Felder 2
0

Raffiniert konstruiert, hintersinnig, äußerst fesselnd, unheimlich, beklemmend, ein richtiger Pageturner – not for the faint-hearted!

Das ist Band Zwei der Dilogie. Man muss nicht Band Eins gelesen haben, ...

Raffiniert konstruiert, hintersinnig, äußerst fesselnd, unheimlich, beklemmend, ein richtiger Pageturner – not for the faint-hearted!

Das ist Band Zwei der Dilogie. Man muss nicht Band Eins gelesen haben, aber der ist ebenfalls sehr empfehlenswert und erleichtert das Verständnis des vorliegenden Buches zudem.

Jack Barnes ist es gelungen, das Netzwerk des Todes zu zerschlagen. Jedoch ist die Brut derer auf neuer, blutrünstiger Jagd, mit schrecklichen Folgen.

Jack Barnes ist nach wie vor im falschen Körper gefangen und ist zudem als einer der Most Wanted, als vermeintlicher Serienkiller, zur Fahndung ausgeschrieben. Er ist auf der Flucht.

Zudem sind noch seine psychopathischen Gegenspieler hinter ihm her. Unerwartete Gegner treten noch hinzu, aber Jack gelingt es, neue Verbündete zu gewinnen. Aber der Kampf bis aufs Blut hat gerade erst begonnen ...

Es gibt Gewalt im Buch, die nicht "verschämt" geschildert wird, also für schwache Nerven nicht geeignet. Aber sie ist auch nicht Mittel zum Zweck, sondern dient ausschließlich der Handlung, ist also sinnvoll eingebunden.

Das Werk ist ungeheuer spannend, fesselt durch seine sympathischen Protagonisten versus den abgrundtief bösen Antagonisten. Beklemmend, unheimlich, atmosphärisch, packend. Mit ein paar handfesten, nicht vorauszuahnenden Überraschungen.

Ein Thriller, der vom ersten bis zum letzten Wort überzeugt. Danke, Oliver Kohl!!!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.03.2022

Mehr zuhören und verinnerlichen ...

Ungeschminkt hält besser
0

Jakob ist ein zwanzigjähriger Student, Philomena schon weit über sechzig. So gesehen haben die beiden keinerlei Berührungspunkte. Scheinbar.

Sie lernen sich durch Zufall in einer Berliner Uni in der ...

Jakob ist ein zwanzigjähriger Student, Philomena schon weit über sechzig. So gesehen haben die beiden keinerlei Berührungspunkte. Scheinbar.

Sie lernen sich durch Zufall in einer Berliner Uni in der Mensa kennen. Er revidiert bald seine Meinung über sie, denn sie vertritt dezidierte Meinungen, die nicht zwangsläufig dem Mainstream der Gesellschaft entsprechen.

Sie treffen sich mehr als einmal. Politik, Krankheit, Philosophieren über Sterben und Tod. Jakob verändert sich selbst durch diese Kommunikation, weil er zuhört und verinnerlicht. Und auch über Corona wird geredet.


Ich glaube, dass jeder Mensch etwas zu erzählen und zu sagen hat. Nur damit er oder sie mehr bleibt, als der einsame Rufer in der Wüste, sollte auch jemand wirklich zuhören, auch zwischen den Worten und Zeilen. Nicht es einfach an sich vorbeirauschen lassen oder es (bewusst) missverstehen wollen.

Das ist sehr schade. Deswegen ist das Buch umso bemerkenswerter, dass Jakob eine Genese durchläuft, die durchaus überzeugend ist und mehr Achtsamkeit entwickelt. Wenn er sich das für die Zukunft erhalten kann, umso besser. (Und natürlich jeder, dem das im wahren Leben gelingt).

Das Buch jedenfalls versteht es, den Blick zu schärfen und seine eigenen Augen auf Weitwinkel zu stehen. Danke, Lothar Beutin!!!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.03.2022

Der Schatten hat tausend blaue Augen

Guter Mann im Mittelfeld
0

Ich hatte vor circa drei Monaten dieses Buch schon einmal rezensiert, es nun aber noch einmal gelesen. Deswegen habe ich die alte Rezension gelöscht und veröffentliche nun eine revidierte.

Es ist äußerst ...

Ich hatte vor circa drei Monaten dieses Buch schon einmal rezensiert, es nun aber noch einmal gelesen. Deswegen habe ich die alte Rezension gelöscht und veröffentliche nun eine revidierte.

Es ist äußerst spannend sowie fesselnd, über Rumänien und die unheimliche Securitate zu schreiben. Deswegen ist dieser Komplex auch einer meiner bevorzugten Themen meines eigenen schriftstellerischen Schaffens. Andrei Mihailescu weiss, einen zu inspirieren, auf eine faszinierende und düstere Weise.

Der DSS (Departament Securitatii Statului). Es heißt, dass auf fünfzig Rumänen ein Securist (Secu) kam. Wenn man die Einwohnerzahl Rumäniens von 1980 zugrunde legt, ist die Zahl leicht auszurechnen. Geschweige die endlose Schar an informellen Mitarbeitern, von denen allerdings viele zur Mitarbeit gezwungen worden sind

Bukarest 1980: Journalist Ștefan Irimescu ist in seinen Dreißigern, Single und lebt bei seiner Mutter. Das goldene Jahrzehnt Rumäniens ist vorbei und Land wie Leuten geht es immer schlechter, nur nicht der kommunistischen Nomenklatur, natürlich unter seiner Hoheit Fürst Nicolae Ceaușescu und Fürstin Elena.

Ștefan arbeitet für eine renommierte Zeitung und sein Chefredakteur steht hinter ihm – zunächst. Aber die Dinge wenden sich zu seinen Ungunsten..

Verstrickt in einem immer erstickenderen Netz der berechtigten Paranoia, kann man sich wohl zurecht immer und überall beobachtet und verfolgt wähnen. Augen all überall.

Natürlich ist bei dieser Zeitung auch ein Secu nebst eigenen Büro vertreten, der ein scharfes Auge auf alles Unbotmäßige hat. Of!

Ștefan, der in sich einen Rebell verborgen hat, wagt es, kritische Leserbriefe nicht an jenen Offizier weiterzugeben, wie es eigentlich vorgesehen ist. Das ist seine Art des Widerstands, um zumindest etwas Widerstand gegen das System zu leisten.

Allerdings zeitigt das äußerst bittere Folgen für ihn, denn er wird für eine Woche verschleppt, festgesetzt im Gefängnis und von dem DSS gefoltert.

Als er freikommt, lernt er durch Zufall lernt er die Architektin Raluca kennen. Sie bringt den Verletzten ins Hospital.



Sie lernen sich näher kennen und beginnen eine Affäre. Ilie Stancu ist Ralucas Ehemann, aus der Provinz und ein aufstrebender Parteisekretär.

Dieser hat ohnehin Minderwertigkeitskomplexe seiner gebildeten und urbanen Frau gegenüber und kaschiert das dadurch, daß er sie verspottet und fordert, dass sie nach der Geburt des Sohnes zu Hause zu sein hätte. Sie verhielte sich im Namen des Sozialismus für eine Frau unangemessen. Sie habe gefälligst noch die Quote zu erfüllen und vier weitere Kinder zu bekommen.

Er erfährt jedoch und dennoch von jener Affäre seiner Frau mit Ștefan. Er zieht die Scheidung durch. Ein Freund von dem DSS macht ihm ein verführerisches Angebot, wie er an Ștefan Vergeltung üben kann. Der tiefe Fall Ștefans und Ralucas hat damit gerade erst begonnen ...

2015 wurde dieses Debüt von Andrei Mihailescu veröffentlicht. Er ist 1965 in Bukarest geboren und floh 1981, mit seiner Familie, in die Schweiz.

Er hat Informatik, Politikwissenschaften und Ethnologie studiert.

Er schafft es hier, die Beklemmung und Bedrückende jener Epoche exzellent und sehr authentisch wiederzugeben. Es passt, gerade jetzt in diesen Tagen dieses Buch gelesen zu haben, weil sich nun die ( unvollendete ), verratene Revolution von Spätdezember 1989 zum 32. Mal gejährt hatte, was Ceaușescus Sturz und Exekution nach sich zog.

Anfang der 80er Jahre erkannte der im Größenwahn gefangene "Vater" des Landes offenbar nicht, wie er das Volk ausblutete. Kaum noch Lebensmittel, die für alle ausreichten, stundenlanges Anstehen, Schwierigkeiten mit Wärme und Strom.

Und dann überall die unerbittlichen Machtstrukturen, auf die der Diktator noch zählen konnte. Der offizielle DSS ( Securitate ) mit seinen nicht wenigen Mitarbeitern und den bereits zahllosen Spitzeln im ganzen Land. Kein Wunder, dass das dazu führte, dass alles in Auflösung begriffen war, eine auszehrende Krankheit namens Regime.

Und dann das Eingesperrtwerden wegen kleinster Kleinigkeiten, Denunziation, Folter der psychischen und körperlichen Art. Quälende Verhöre, bei denen die betreffende Person nur verlieren konnte. Grausam und inhuman. Nach wie vor steht eine Aufarbeitung dieser Jahrzehnte aus. Lieber wird verdrängt und vergessen, inklusive der verratenen Revolution, über die man ebensowenig sprechen will. Sogar Schreibmaschinen mussten registriert werden, sonst galten sie als illegal und waren mit Gefängnisstrafe zu ahnden.

Dieses Überwachungsapparat und der staatliche Terror hat für immer kollektiv etwas zerstört, das nie mehr heilen kann. Es ist in die Seelen der Menschen damals gedrungen und hat sie im Grunde zerschmettert. Kein Wunder, wenn man dann sogar Angst vor dem eigenen Schatten bekam und absolut niemandem traute. Absolut nachvollziehbar.

Das Buch ist packend und wühlt auf, ist emotional und weist ein unerwartetes Ende auf. Ich mag Ștefan und Raluca sehr. Secus wurden auch das blaue Auge genannt – wegen der blauen Aufnäher auf dem Kragenspiegel und der blauen Umrandung der cascheta (Offiziersmütze).

Andrei Mihailescu schreibt in einem fließenden und becircenden Schreibstil, der durchaus sehr einnimmt. Ein äußerst wichtiges Buch, weil viele über diese Zeit kaum etwas wissen oder über Rumänien wissen. Was schade ist, denn das Land hat viele faszinierende Facetten. Aber leider ist ein Teil des Westens noch zu sehr von sich selbst eingenommen, arrogant und paternalistisch. Zu sehr kreist der westliche Blick um den eigenen, egozentrischen Bauchnabel. Dafür ist aber ein anderer Teil des Westens umso engagierter, wissbegieriger und schaut weit über den eigenen ach so harmonischen Tellerrand hinaus. Wird endlich Zeit, dass ärgerliche Vorurteile, die nicht nur über Rumänien kursieren, sondern insgesamt über Südosteuropa passé sein werden.

Mulțumesc! An Andrei Mihailescu, daß er dieses Buch geschrieben hat. Wäre das schön, das Buch in Rumänisch lesen zu können.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere