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Veröffentlicht am 16.10.2021

Das Verpuppen des 14jährigen Giacomo

Sommer am See
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»Sommer am See«, eine Novelle, wurde erstmals 1958 aufgelegt. Der italienische Autor Alberto Vigevani lebte von 1918 bis 1999.

Dieses Buch sollte, nein, muß unbedingt wiederentdeckt werden. Aus der Rubrik: ...

»Sommer am See«, eine Novelle, wurde erstmals 1958 aufgelegt. Der italienische Autor Alberto Vigevani lebte von 1918 bis 1999.

Dieses Buch sollte, nein, muß unbedingt wiederentdeckt werden. Aus der Rubrik: "Total unterschätzte Bücher". Sogar ich entdeckte es nur durch pure Koinzidenz.

Die Handlung ist in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts angesiedelt. Der vierzehnjährige Giacomo entstammt dem bürgerlichen Milieu in Milano.

Es ist ein Wendepunkt in seinem Leben. Jener Sommer. Kein Kind mehr, aber noch nicht erwachsen. Der klandestine nicht humane Hauptdarsteller neben ihm, ist der Comer See.

Alberto Vigevani war ebenfalls aus Mailand und Verleger. Warum erschien dieses schimmernde Juwel erstmals in Deutsch so spät in erster Auflage? 2007? 49 Jahre, nachdem literaturverliebte Stiefeletti sich an diesem Werk erfreuen hatten können.

Man merkt, daß der Autor vom Proust'schen Duktus auf sehr einnehmende Art inspiriert worden war.

Die Geschichte scheint ruhig und unspektakulär, aber es ist die Verpuppung des Giacomo und seine inneren Umbrüche, die Leser*in vom ersten Moment an irisierend bannen.

Wie annual Usus, verbringen die Eltern auch in jenem Jahr den Urlaub am Comer See.

Die Sprachgewalt ist poetisch und authentisch werden die psychischen Aufrüttler Giacomos geschildert.

Eine linde Wehmut nach dem für immer verlorenen, vermeintlichen Paradies der Kindheit, die er spürt, aber ( noch ) nicht in voller Breitseite verbal ausformulieren könnte, wenn man ihn denn fragte.

Die Neugier und Unruhe wegen der rapide anmutenden Veränderungen, das sich Hingezogenfühlen zu Mädchen, erstmals so richtig bewußt. Alles in einer fragilen und schmetterlingssensiblen Anmut verfasst.

Giacomo und die anderen Charaktere sind in Pastell gezeichnet, mit einem ungeheuren Tiefensog.

Eine Geschichte, zutiefst human und durch des Autoren ausgeprägt hohen Talentes larger than life.

Eine Elegie ebenso. Denn es ist die Ruhe vor dem drohenden verheerenden Sturm. Giacomo spiegelt selbstredend fiktionalisiert den Schriftsteller, weil beide Juden sind bzw. waren.

Mit dem Wissen, daß die Vigevanis zwar hatten flüchten können, aber als Exilanten bei den Eidgenossen leben mußten, verleiht dem Werk eine ernste und melancholische Note.

Marianne Schneider hat das Nachwort geschrieben, in welchem man noch einiges über Alberto Vigevani erfährt. Es gibt noch weitere Literatur aus seiner Feder.

Ich wünschte, dieser sehr lesenswerte Autor bekäme mehr Beachtung, jene, die er sehr verdient hätte. Chapeau an den zwar kleinen, aber feinen Verlag Friedenauer Presse!

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Veröffentlicht am 15.10.2021

Immer drohend das Lebenslicht ausgeblasen zu werden entlangschrammend ...

Monster & Magie: Diebe des Drachendolchs
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Das Leben ist gut, denkst du, als du das Dorf im äußersten Winkel des Königreichs Windórin erreichst. 

So beginnt das Spielbuch von Dane Rahlmeyer, das erste dieser Art überhaupt aus seiner gespitzten ...

Das Leben ist gut, denkst du, als du das Dorf im äußersten Winkel des Königreichs Windórin erreichst. 

So beginnt das Spielbuch von Dane Rahlmeyer, das erste dieser Art überhaupt aus seiner gespitzten Feder. Aber nicht die Premiere für mich. Ein paar Male hatte ich bereits solche, aber bisher im Setting der Krimis und jedesmal hatte ich große Freude sowie Spaß dabei. Dieses Werk hier ist übrigens noch als preisgünstiges Taschenbuch beim großen A erhältlich.

Jedoch ist dies das erste Mal, daß ich mich in Fantasy austoben kann. Klasse! Das oben zu lesende Zitat ist der einleitende Satz dieses Werkes. 

Wie man sieht, in der zweiten Erzählperspektive, sodaß man, derart unmittelbar angesprochen, direkt in die Haut des Helden/ Heldin schlüpfen kann. Es muß ja nicht zwangsläufig ein Mann sein. :P. Das wird nirgends explizit ersichtlich. Das ist sehr zu begrüßen und läßt der Phantasie der Leserinnen und Abenteuerinnen ungezügelt Raum. 

Nach jedem Kapitel hat man die Tortur der Wahl zwischen mindestens zwei Optionen, wenn nicht gar gleich einem Trio dergleichen. Nachdem man die Entscheidung getroffen hat, wird man durch die Angabe der entsprechenden Seitenzahl zum nächsten Abschnitt weitergeleitet.

So er- und durchlebt man/frau aufregende Explorationen in Gefahr und Nervenkitzel, je nachdem was man eben bevorzugt wählt. Aber Warnung! Dies kann durchaus letal enden! 

Im Kontrast zum wahren Leben hat man jedoch hier die Chance zum letzten Ausgangspunkt zurückkehren und die getroffene Wahl zu revidieren. Räuber, Monster, Hexen, Irrlichter, finstere Wälder, Ritterin, Kämpfe, Festung, Kerker ... was will man mehr? 

Alle Ingredienzen sind enthalten, um das Buch zu einem perfekten Begleiter macht, um sich potentiell öde Stunden auf sehr angenehme, kreative und originelle Art zu exorzieren.

Das Werk enthält ebenso diverse, sehr stimmige und wunderschöne SW-Sketches. Eye Candy vom Allerfeinsten. 

Herrlich, daß man das Buch mehrmals "durchexerzieren" kann und deswegen das Interesse mitnichten abnimmt. Au contraire! Es wirkt anregend und inspiriert die eigene Kreativität als auch Imaginationskraft. Ein Schatz und wahre Perle von Spielbuch! Danke, Dane Rahlmeyer ( der übrigens kein Däne ist! Oder? Har! Har! )!!!!!

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Veröffentlicht am 14.10.2021

Nicht aus der menschlichen Welt ...

Keeper of the Lost Cities – Der Aufbruch (Keeper of the Lost Cities 1)
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Shannon Messenger, Bestsellerautorin aus den USA ( was erst einmal noch nichts über ihre Schreibgüte aussagt ) hat hier einen großartigen Auftakt ihrer Saga vorgelegt.

Sophie Foster, zwölf Jahre alt, ...

Shannon Messenger, Bestsellerautorin aus den USA ( was erst einmal noch nichts über ihre Schreibgüte aussagt ) hat hier einen großartigen Auftakt ihrer Saga vorgelegt.

Sophie Foster, zwölf Jahre alt, ist ein durch und durch unkonventionelles und exzeptionelles Mädchen. Nicht nur, daß sie derart hochbegabt ist wie ein Savant und bereits mehrere Klasse skippen konnte, nein.

Sie kann die Gedanken anderer vernehmen und verfügt über ein eidetisches Gedächtnis. Die Erwachsenen sind verblüfft, aber ihre Mitschüler sehen durch ihre Brille der Vorurteile "nur", daß sie ein freakiger Nerd und Geek sei.

Bei einem Schulausflug ( Ich dachte, Gebäude seien immobil? Wie kann die Schule dann einen Ausflug machen? ) kann sie jedoch von einem Jungen namens Fitz gar nichts "hören".

Sie ahnt nicht, daß sie eine Elfe ist und er sie aufspüren sollte, um sie ins Elfenreich zu bringen. Der Beginn eines aufregenden neuen Lebensabschnitts? Sie will und muß alles über die Geheimnisse, die sich um ihre eigene Person ranken, herausfinden. Sie soll auch instrumentalisiert werden. Warum und zu welchem Zweck? Und warum war sie unter Menschen?

Sehr kreativ und liebevoll aus ihrer reich blühenden Phantasie gepflückt, präsentiert uns die Autorin hier eine kindgerechte Fantasygeschichte für alle ab dem zehnten Lebensjahr, aber dieses Buch ist ebenso für Erwachsene jeglichen Alters geeignet.

Ich hätte es begrüßt, wenn es mehr feminine Identifikationsfiguren gegeben hätte. Wichtig für minderjährige, weibliche Leser.

Auf jeden Fall ist das Buch von einer immensen, originellen Imaginationskraft geküsst und es macht Spaß, das Werk zu lesen. Sehr vielversprechend! Macht auf jeden Fall mehr als neugierig auf die nächsten Teile!

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Veröffentlicht am 14.10.2021

Barrieren aufbrechen?

Ein Fest für den Meister
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Exzellenter und intimer Einblick in die schwule Szene des SM in den 80er Jahren. SM ist eben doch mehr als Unterwerfung und Schmerz.

John Preston lebte von 1945 bis 1994. Er war einer der bekanntesten ...

Exzellenter und intimer Einblick in die schwule Szene des SM in den 80er Jahren. SM ist eben doch mehr als Unterwerfung und Schmerz.

John Preston lebte von 1945 bis 1994. Er war einer der bekanntesten schwulen Autoren der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er engagierte sich schon früh in der LGBTQI und arbeitete als Redakteur bei The Advocate. Mr. Benson, ein weiteres Highlight der SM-Literatur, stammt auch aus seiner Feder. Sein literarischer Nachlass befindet sich in Rhode Island, genauer Providence, der Lovecraftstadt.

Ich finde es klasse, daß der Verlag Bruno Gmünder, Salzberger, dieses Buch der Öffentlichkeit zugänglich macht.

Das Cover ist schon großartig mit dem offenbar männlichen Sub, dem schon der Schweiß sichtbar auf der Stirn steht und der schwarze Hintergrund kontrastiert superb, wie schwarzes Leder eben.

Ein Autor, dem ein legendärer Ruf vorauseilt und lange in San Francisco gelebt hatte ( in den 60er und 70er Jahren ) möchte zu Ehren einer Schriftstellerfreundin, die zwar über SM schreibt, aber es selber noch nie gemacht hat ( oder machen wird ) ein gediegenes SM - Fest schenken.

Er gibt eine dementsprechende Anzeige auf, daß er Sklaven für ein Fest sucht. Er selber ist ein schwuler Meister oder Dom, wie man es heute nennen würde, Ende Dreißig.

Spinner und Neugierige melden sich auf die Chiffre, aber ebenso ernstzunehmende Bewerber. Die, die er in die engere Auswahl zieht, prüft er höchstpersönlich auf Herz, Nieren, Hintern, Waden, Hand- und Fußgelenke.

Zu seiner Überraschung und Freude hört auch wieder von seinem ehemaligen Sub und große Liebe Martin wieder, der ihm beim Fest assistieren wird.

Christopher ist, wie Martin es ausdrückt, eine "Schrankschwester", Geschäftsmann und Bodybuilder mit massiven Muskeln, der devot und masochistisch ist. Er ist verheiratet und hat ein Kind, geht heimlich seinen Neigungen nach. Er erträgt Schmerzen und Demütigungen, aber kleine, harmlose Glöckchen treiben ihn schier in den Wahnsinn. Warum? Selber lesen! Durch dies und andere Vorkommnisse gibt es auch einen gewißen Humor im Buch. Es ist also nicht todernst.

Glen und Philipp lieben sich wahrhaftig, sind auch ein eingespieltes Dom/ Subpaar. Glen möchte aber erleben, wie es ist, ein Sub zu sein. Der Icherzähler tut ihm gerne den Gefallen und Phillip kommt bei der Session aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Der junge Schwule Keith, ursprünglich aus Ohio möchte mit dabei sein, weil er immerzu spitz ist. Aber wie wird er wohl auf die Premiere reagieren, gespankt zu werden?

Carl, ein ehemaliger Soldat of color, hat einen Fetisch fürs Militär, Disziplin und Uniformen, sehr zur Freude des Erzählers.

François ist ein Franzose an der Westküste, Flugbegleiter und Fußfetischist. So bekommt der Erzähler noch so nebenbei eine perfekte Fußmassage und formvollendete Pediküre. Jedem seinen ureigenen Fetisch, aber wie es geschildert wird, ist humorvoll, aber ohne François der Lächerlichkeit preiszugeben und ohne ihn zu verhöhnen.

Überhaupt werden die Protagonisten alle mit gebührendem Respekt und Ernsthaftigkeit dargestellt.

Der Erzähler berichtet auch von seinen utopischen ( erotischen ) Phantasien, die ihren ganz eigenen Sog generieren. Gesellschaftskritik übt John Preston scharfzüngig, hellsichtig und analytisch genau, mit all der Doppelmoral und allgegenwärtiger Heuchelei, vor allem in den USA.

Man merkt natürlich, daß das Buch von 1986 ist, wegen der Abwesenheit der modernen Technik und weil die HIV / Aidskrise da noch sehr frisch war. Konsequent tragen alle im Buch Kondom, auch bei oralen Freuden.

Das Buch ist kurzweilig und erlaubt einen intimen sowie erhellenden Einblick in die schwule SM - Subkultur. Die Erortik ist nicht platt, sondern auf hohem Niveau geschrieben, mit vielen subtilen Zwischentönen und welch große Rolle doch die Psyche spielt. Denn nicht jeder weint in diesem Buch wegen Schmerzen oder Demütigungen, sondern weil eine psychische Barriere aufgebrochen wurde. Wird das Fest des Meisters ein voller Erfolg?

Schmerz und Lust liegen eben doch dicht beieinander. Viele der gesellschaftskritischen Aussagen gelten noch heute. Ein intensives, exzellentes Buch. Wer vor dem Thema nicht zurückschreckt, aber wer das tut, weiß gar nicht, was er oder sie verpasst! John Preston ist klasse! Er könnte ruhig (wieder) entdeckt werden.

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Veröffentlicht am 14.10.2021

Aus den Schatten schleicht sich die Großkatze auf samtenen Pfoten heran ...

Der weiße Panther (Lemke-von Stain-Serie 2)
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1958: Die geteilte Stadt Berlin und die Geheimdienste agieren im Hintergrund. Spooks und andere Schleicher im Schatten.

Harry's Ballroom ist DIE It Location der Metropole. Der versierte Barkeeper Gottfried ...

1958: Die geteilte Stadt Berlin und die Geheimdienste agieren im Hintergrund. Spooks und andere Schleicher im Schatten.

Harry's Ballroom ist DIE It Location der Metropole. Der versierte Barkeeper Gottfried wird mit Armbrust ermordet und Harry Renner, der Inhaber als auch Otto werden zu Verdächtigen. Harry war früher bei einem israelischen Geheimdienst. Ist das für den Fall von Bedeutung?

Kriminalassistent Fred Lemke und Kollegin Ellen von Stain grasen so ziemlich alles ab, auch im östlichen Berlin. Wer schnell ist, kommt davon?!

Leipnitz hilft Fred, wo er kann. Man muß sich durchsetzen in der Polizei-Hierarchie und Fred muß ein bißchen jonglieren.

Die CIA und die Stadtverwaltung; keiner weiß, was der andere tut. Ein komplizierter, ineinander verflochtener Ouroborus.

Mit Spürsinn und Raffinesse geben die beiden Ermittler gewiß nicht auf. Die beiden haben ein stillschweigendes Abkommen. Den Schlaf kann man damit aber nicht aufhalten.

Das Cover paßt sehr gut, mutet nach Crime oder Film Noir an. Äußerst stimmig!

Hervorragend recheriert und der Autor legt raffiniert falsche Spuren. Was vermeintlich durchsichtig am Plot scheint, ist es gar nicht. Wie "durchtrieben" vom Schriftsteller! Har!

Die Atmosphäre der Epoche ist superb wiedergegeben. Die Handlung als auch die Charaktere sind komplex angelegt.

Leicht verständlich und es hat mir außerordentlich zugesagt wie gefallen. Lateinische Zitate lernt man als Zugabe noch obendrein. Turbulente Zeit damals! Danke, Leonard Bell!!!!!

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