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Veröffentlicht am 25.06.2021

In Ambivalenzen verstrickt

Den Kopf hinhalten
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Dieses Buch von Jens Rosteck ist ein Meisterwerk und ein absoluter Höhepunkt dieses Lesejahres 2021. Es beruht fiktionalisiert auf dem Leben des berühmten britischen Chief Executioners, also Henkers ...



Dieses Buch von Jens Rosteck ist ein Meisterwerk und ein absoluter Höhepunkt dieses Lesejahres 2021. Es beruht fiktionalisiert auf dem Leben des berühmten britischen Chief Executioners, also Henkers Albert Pierrepoint. 1000prozentig packend!!!

Ich befasse mich schon lange mit True Crime. Deswegen sind mir Namen wie Pierrepoint und diverse Klarnamen von Charakteren sehr vertraut. Ein weites Feld, das mich ungemein fesselt.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/AlbertPierrepoint

In diesem Buch heißt er allerdings Rupert Beaufort und die Handlung hält sich sehr sehr eng an das reale Leben Pierrepoints.

Er entstammt einer Henkersdynastie, Onkel und Vater waren ebenfalls Vollstrecker, auch wenn der Vater nicht damit umgehen konnte und infolge eines Zwischenfalls, in welchem Alkohol involviert war, seinen Job verlor.

Seit 1874 erhalten Henker nur noch die Bezahlung pro Auftrag. Also wurde es zwangsläufig ein Nebenjob.

Als Kind bereits wollte Rupert ( Albert ) Hangman werden. Er war zuerst Ausfahrer, heiratete und führte mit ihr den eigenen Pub.

Zuerst klappte es mit seiner Bewerbung nicht, aber dann durfte er doch. Nach einer zurecht gestrengen Ausbildung war er zunächst Assistent. Sogar in Irland nahm er an Exekutionen teil.

Er hatte kein schlechtes Gewissen oder Schuldgefühle, aber unterbewußt eben doch, wie in dem Buch exzellent und subtil aufgezeigt wird, weil er all das sublimierte und sich lediglich als ausführendes Instrument der Justiz sah.

Er legte aber großen Wert auf ethisches Verhalten. Er behandelte seine "Schützlinge" mit Würde, Achtung und Respekt. Mit dem long drop ( langer Fall) und korrekten Berechnungen sorgte er auch mit Tempo dafür, daß es schnell ging und das Genick sofort brach. Auch nach dem Tod behandelte er die Leichen mit Zuwendung und würdevoll.

Berühmt gegen seinen Willen wurde er, der solch großen Wert auf Anonymität legte, als er, längst Chief Executioner geworden, in Hameln und in Österreich 1945 und 1946 Kriegsgefangene richtete. Das beförderte ihn in der Heimat dank der Presse zum Helden.

Er exekutierte jedoch auch Unschuldige wie Derek Bentley und Timothy John Evans infolge von Justizirrtümern.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Derek
Bentley

https://de.m.wikipedia.org/wiki/TimothyEvans

https://de.m.wikipedia.org/wiki/John
Christie(Serienm%C3%B6rder)

Den Frauenmörder Christie beförderte er ebenso in den Tod. So drehte sich der Wind und Hass schlug ihm entgegen, besonders die Mörderin Ruth Ellis betreffend.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Ruth
Ellis

Diese gerade aufgezählten Personen sind durch andere Namen fiktionalisiert worden, aber all die damit verbundenen Fakten sind real.

Zweifel kamen Beaufort dann erst recht, als er einen Bekannten, den er aus seinem Pub kannte hinrichtete. Mouse. ( real: James Corbitt )

https://de.m.wikipedia.org/wiki/James_Corbitt

Er erkannte dann deutlich, daß die Todesstrafe keinerlei abschreckende Wirkung hat. In den USA ist die Mordrate sehr hoch, trotz dieser. Also bringt sie gar nichts.

Der zweite Handlungsstrang, der dann geschickt mit diesem Ruperts verbunden wird, betrifft den fiktionalen genialen jungen Pianisten Sandro Magazzano. Dieser Protagonist ist reine Phantasie, hat kein reales Vorbild, dient aber als hervorragender Kontrapunkt zu Beaufort.

In Ligurien vor dem Krieg geboren und in diesen hinein aufwachsend, als Sohn eines Handwerkers, erlernt er durch eine russische, ältere, vornehme Exilantin namens Irina das Klavierspiel.

Mit vierzehn Jahren gerät er jedoch bereits in die Fänge einer ausweglosen Falle, als er der Protégé der englischen Agentin Brenda wird. Später heiraten sie sogar und er muß im ihm verhassten London leben.

Brenda ist manipulativ, besitzergreifend, kontrollsüchtig, herrisch und gefühlsfrigide. Sandro kommt sich immer mehr erstickt vor. Sie droht ihm unverhohlen, falls er sie verlassen wolle. Die Schlinge wird immer enger. Es gelingt ihm eine kleine Flucht und Auszeit in Paris, inklusive einer verhängnisvollen Amour Fou mit einer Femme Fatale, einer Französin. Bis sich Sandros Weg auf immer mit jenem Ruperts kreuzt und verbindet ...

Die damalige Ära von den 30er Jahren bis in die Fünfziger, die hauptsächlich abgedeckt wird, ist superb eingefangen, regelrecht mit Händen zu greifen, von atmosphärischer Intensität. Das gilt für das Setting auf den Britischen Inseln wie Paris als auch Hameln wie Italien usw. Außerordentlich authentisch!

Beeindruckend, wie painstakelingy Jens Rosteck recheriert hat und wie ausgeklügelt das Buch ausgestaltet wurde. Er zeigt mit schmerzlicher Präzision die Ambivalenzen von Rupert und Sandro. Mit viel Empathie und Humanität. Denn beide sind durch und durch sympathisch. Er beschreibt all das Widerstreitende dieser Charaktere.

Auch all die unterschiedlichen Individuen, die Rupert sterben ließ und hier zur Sprache kommen sind in all ihrer Unterschiedlichkeit ausgezeichnet geschildert.

Tragisch, emotional, packend, Psychogramme zweier Individuen und einer Nation wie einer Ära zugleich. Schwarzweißmalerei und Stereotypen werden vermieden. Von anrührender Tiefe und zwar eher Stellung gegen die Todesstrafe nehmend, aber dennoch keine einfache Antwort gebend, ob die Todesstrafe gerechtfertigt ist.

Das Buch regt dadurch zum Philosophieren und Reflektieren an, wie man selbst zu diesem komplexen Thema steht, denn viel mehr Implikationen sind damit verbunden, als so mancher denken mag. Faszinierend ist es zudem. Und Zeitgeschichte klasse verpackt in einem fluiden, eleganten Schreibstil. Nicht abgehoben, verständlich und durchaus gänsehautauslösend!

Ein Highlight auch dieses Jahrzehnts! Danke, Jens Rosteck!!! Auch für die sehr gelungene Metapher mit dem Rattenfänger von Hameln!

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Veröffentlicht am 25.06.2021

Narben, die die Zeit transzendiert

Zeit verteilt auf alle Wunden
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Martin Wachs, Mitte Fünfzig, Gymnasiallehrer, fragt such, ob das schon alles war, was er vom Leben erwarten darf.

Als Single mit sicherem Job lebt er zwar vermeintlich sorgenfrei, wenn da nur nicht der ...

Martin Wachs, Mitte Fünfzig, Gymnasiallehrer, fragt such, ob das schon alles war, was er vom Leben erwarten darf.

Als Single mit sicherem Job lebt er zwar vermeintlich sorgenfrei, wenn da nur nicht der Frust und die innere Leere wären. Das Ewiggleiche seines Daseins erstickt ihn aber allmählich, dämpft seine Lebensgeister, tötet seine Seele ab.

Die einschneidende Zäsur erfolgt, als er am Sterbebett seiner Großmutter steht. Seine noch letzte lebende Verwandte. Das wirft ihn erst einmal aus der Bahn. Wie ein Maulwurf wühlt das Reminiszenzen an ein Trauma seiner Kindheit auf.

Er beschließt, Tabula Rasa zu machen, bricht die bisherigen Zelte ab und startet von Neuem in ein ganz anderes Leben, möchte ein außergewöhnliches Projekt realisieren, das seine Liebe zum Wort und zur Sprache tangiert. Den SecondWord - Laden. Was ist das? Lesen!

Hendrik, Paule, Luise, wahre Freunde gibt es dann in seinem Leben. Und eventuell die große Liebe mit der hinreißenden Anouk May?

Mit imposanter Empathie hat Birgit Jennerjahn-Hakenes Martin zum Leben erweckt, durch ihre exzellente Art zu schreiben. Sehr schnell wird man beim Lesen in die Geschichte integriert und partizipiert sehr eng an Martins Emotionen. Und das alles sehr überzeugend.

Er durchläuft eine authentische Genese. In diesem Buch gibt es herrlich kreative Worte, viele Neologismen zu genießen. Zum Abschreiben und Zitieren schön!

Das Buch ist stilistisch auf hohem Niveau und ein Hochgenuß. Martin ist sehr liebenswert, aber die anderen bereits erwähnten Charaktere ebenso. Lebende,, atmende Menschen mit Tiefe, die überhaupt nicht "ausgedacht" wirken.

Die ganze Klaviatur der Emotionen wird kitschfrei und realistisch geschildert. Es ist nie zu spät, sich neu zu erfinden. Und Martins Narben transzendieren sich zu neuartiger Erfüllung, die er so wohl nicht für möglich gehalten hätte.

Auch gestutzte Flügel können nachwachsen und das zeigt das Buch sehr ein - und nachdrücklich. Das gehört in die Galerie der Poesie in Prosa. Danke, Birgit Jennerjahn-Hakenes!!!


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Veröffentlicht am 31.05.2021

Mmmmm! Mmmmmm! Diese Glut tut dem Engländer gut!!! 💕🎩

Begegnung um Mitternacht
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Kurzmeinung: Mann, bin ich froh, dieses exzeptionelle Buch entdeckt zu haben! Spannend, emotional, erotisch aufgeladen und sehr, sehr gefährlich! 👬

Der pure Zufall brachten mich und dieses Buch zusammen, ...

Kurzmeinung: Mann, bin ich froh, dieses exzeptionelle Buch entdeckt zu haben! Spannend, emotional, erotisch aufgeladen und sehr, sehr gefährlich! 👬

Der pure Zufall brachten mich und dieses Buch zusammen, worüber ich mehr als beglückt bin. Denn dieses Buch ist Lesefreude ohne Ende bis zum letzten Satzzeichen. 

Captain Archie Curtis, ein etwas steifer, unterkühlter Engländer war 1902 in Südafrika, im Kampfe gegen die Buren begriffen. Allerdings wurden ihnen, seiner Einheit ( mit krimineller Absicht! ) fehlerhafte Waffen geliefert. Diese Dinger explodierten ihnen in der Hand. Einige starben, erlitten schwere Gesichtsverletzungen oder Verstümmelungen der Hand. Dazu zählt auch der junge Curtis. An der rechten Hand hat er nun mehr nur noch Daumen und Zeigefinger. Er trägt immerzu einen schwarzen Handschuh, um das zu verbergen. Schmerzen im Knie und Gehschwierigkeiten hat er ebenso, weil infolge diesen verheerenden Desasters eine Kugel in seinem Knie steckt.

Jetzt 1904, hat er keine Zukunft beim Militär mehr, keine Freunde und ist vollkommen allein. Er ist psychisch angeschlagen und ringt auch noch mit anderen Aspekten seiner Identität. Aber er ist voller Rachegelüste, weil Spuren darauf hindeuten, daß es kein bedauerlicher Unfall, sondern Sabotage war.

In einem abgelegenen Landhaus verspricht eine sehr heiße Spur endlich die quälenden Fragen zu beantworten, vielleicht sogar seine Revanche zu bekommen. 

Dort lernt er Daniel da Silva kennen, der im Londoner East End aufgewachsen war, ganz das Gegenteil zum adligen Archie, der zwar Vollwaise ist, aber aus reichem Umfeld stammt. Dieser Gast irritiert Archie zunächst. Schwarzhaarig, äußerst intelligent und sehr attraktiv ist dieser ach so dekadente, fremdländisch wirkende Mann. Er macht quasi als offenes Geheimnis kein Hehl daraus, daß er homosexuell ist. 

Erst betrachtet Archie ihn argwöhnisch und ängstlich, ja, und es wühlt ihn massiv auf, ist er doch selbst sehr verunsichert, was seine sexuelle Identität betrifft. In Südafrika hatte er was mit einem Kameraden. Begegnungen mit bezahlten Frauen bringen ihm nichts. Aber es fällt ihm sehr schwer, aus seinem Herzen keine Mördergrube zu machen und sich selbst einzugestehen, daß er Männer liebt. War ja auch verboten und unter Strafe gestellt. Nur einige Jahre davor mußte Oscar Wilde das bitter zu spüren bekommen. 

Aber Archie fühlt sich zunehmend zu dem glutäugigen, sexy Daniel hingezogen. Daniel ist sehr kultiviert und verbirgt etwas. Er ist nicht zufällig in jenem Landhaus. Seine eigene Agenda verfolgt er. 

Hinter der ach so gediegenen Gesellschaft tun sich Abgründe auf und Daniel wie Curtis sind noch die einzigen beiden, die einander trauen können, Alliierte werden, in mehr als einer Hinsicht ... Bald schon dräut tödliche Gefahr ....

Der Plot mit dem potentiell sehr kriminell aufgebauten Ausgangspunkt ist kongenial konstruiert, um das Buch in bester Agatha Christie - Manier im Landhaus spielen zu lassen. 

Die Protagonisten sind sehr gut durchdacht, mit Tiefe und Profilschärfe. Archie fühlt sich sehr labil und angreifbar wegen seiner Verletzungen und hadert zudem schmerzlich mit seiner Sexualität. Es ist berührend und manchmal auch witzig, was für Situationen daraus erwachsen. ( Jaaa! Wachsen!! Hä! Hä!)

Obendrein ist ebenso Daniel verletzlich, nicht nur, weil er mit portugiesischen Wurzeln, obwohl Brite, als "Kanake" gilt, sondern er ist, "shocking" Jude, und "shocking zum zweiten" mehr oder weniger offen mit seinen sexuellen Präferenzen. 

Archie und Daniel könnten sich gegenseitig sehr gut tun, komplementär sein. Durch absurde, verwickelte Umstände nähern sie sich an. Und sieh an! Archie kommt ins Grübeln - mit weitreichenden Folgen, die positiv sein könnten.

Aber es wird auch spannend, als jemand entführt wird und es zur Belagerung kommt, aber sie bekommen unerwartete Hilfe von einem weiblichen Liebespaar. 

Humor ist jedenfalls gegeben und gegen Ende wird man auch Der Widerspenstigen Zähmung erinnert. Sehr heiße, geradezu dampfende, erotische Szenen sind enthalten, die einfach gleitend ( 😜 ) schön, herrlich romantisch und emotional geschrieben sind. 

TpuahrebÜ tsi sad hcuB nöhcs llovlhüfeg, enho hcstiK. 

Sehr, sehr empfehlenswert!!!!








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Veröffentlicht am 31.05.2021

In fremden Zungen ...

Die Sprache des Lichts
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Großartiger, komplexer Roman, der aber gut verständlich ist, die Sprachenvielfalt feiert, hervorragend recheriert und generiert einen Flow!

Katharina Kramer hat Englisch, Französisch, Journalistik und ...

Großartiger, komplexer Roman, der aber gut verständlich ist, die Sprachenvielfalt feiert, hervorragend recheriert und generiert einen Flow!

Katharina Kramer hat Englisch, Französisch, Journalistik und Pädagogik in Hamburg, Durham / England und Paris studiert. Sie arbeitete als Journalistin, Übersetzerin sowie als Lehrerin und lebt in Hamburg. Dies hier ist ihr Debüt und welch ein exzellentes. Sie selber konnte ihre Erfahrungen mit fremden Sprachen einfließen lassen. Das Buch ist großartig, painstakelingy ( kein Wort drückt es besser als dieses aus ) recheriert und so wirkt es, auch wenn natürlich einige künstlerische Freiheiten vorherrschen, größtmöglich authentisch.

1582: Jacob Greve kommt aus Leipzig, ist Präzeptor ( Lehrer ) für Latein, Griechisch und Hebräisch an einer Knabenschule in Pforta. Nicht sehr beliebt und ein Außenseiter ist er Synästhetiker und hat das absolute Gehör. Er als Polyglotter beherrscht zwölf Sprachen und ist ein genialer Kryptologe. Er kommt aus einer Schuhmacherfamilie, in der er auch ein Außenseiter war.

Die Umstände wollen es, daß er Hals über Kopf Pforta verläßt und trifft durch Zufall ( oder Vorsehung? ) auf den Engländer Edward Kelley, der sich allerdings Edward Talbot nennt. Er hat vielerlei Talente und war Engelsmedium bei dem Hofastronomen der Königin Elisabeth I. Er besitzt vielerlei Talente, ist aber ebenso ein Gauner, der das Tafelsilber John Dees entwendet hatte und in deutschen Landen einen Diamanten. Dee besitzt tausende Bücher, unter anderem das Buch Soyga, das decodiert alle Mysterien des Buches Enoch enthüllen soll, also die Ursprache Gottes, der Schöpfung. Es heißt, daß jedes Wort, in dieser Lingua Deus gesprochen, das Verlautete sich manifestieren läßt, also Gold zum Beispiel. Deswegen kommt ihm Jacob gerade recht.

Im Béarn, an der Grenze zu Katalonien in Frankreich, soll Jacob die Pfeifsprache der Hirten entschlüsseln, weil diese Reste der Ursprache von Ihm enthalten soll. Die Decodierung ist noch niemandem gelungen. Über einen Umweg nach England bei John Dee, bei dem Jacob das Buch Soyga entwendet, trifft er Edward in Pau, im Béarn wieder.

Der zweite, zunächst parallele Handlungsstrang dreht sich um Margarète Labé, Tochter eines Zimmermanns und ebenfalls sehr begabt in Sprachen und Kryptologie. Sie ist katholisch und arbeitet für die Liga ( die aus überwiegend adeligen Männern in der Führung besteht ), die den calvinistisch geprägten Béarn rekatholisieren soll.

Jacob erregt die Aufmerksamkeit der falschen Leute und so wird Margy bald auf ihn angesetzt und die drei, sie, Jacob und Edward lernen sich "zufällig" kennen. Aber das ist der Beginn der Verwicklungen, Intrigen, unerwarteten Wendungen und es wird unter anderem für den scheinbar unbedarften Jacob bald sehr sehr gefährlich.

Das Trio ist sehr sympathisch und wächst einem schnell unvergessen ans Herz. Zuerst hatte ich Schwierigkeiten in das Buch hineinzukommen, aber das lag nicht daran, daß das Buch langatmig, langweilig oder schwerfällig wäre, sondern ausschließlich an mir, weil ich mich erst orientieren und adaptieren mußte. Aber dann ging es recht schnell, daß das Buch einen starken Sog generierte und einen einzigartigen Leseflow aufwies.

Es ist bis ins letzte Detail und Nebencharakteren liebevoll ausgestaltet, sehr reichhaltig und opulent, mit vitalen Protagonisten, sodaß die Geschichte sich plastisch vor einem ausbreiten kann, wie ein Triptychon, erster Teil: Parallele Handlung, zweiter Teil: die Stränge werden zusammengeführt, dritter Teil: kann ich nicht verraten, ohne zu spoilern. 😀

Die Protagonisten haben Tiefe, Facettenreichtum und sind überzeugend. Vielleicht scheint es manchem Leser so vorzukommen, daß es den einen oder anderen Zufall zuviel gäbe. Finde ich nicht, ich weiß aus eigener Erfahrung, daß es manchmal die seltsamsten Entwicklungen und Kehren im Leben geben kann.

Das Buch ist auch ein Fest der Sprachen, ein geradezu linguistischer Rausch und eine Feier der Kryptologie. Walisisch, Latein, usw. Schade, daß jeden Tag Sprachen auf der Welt aussterben und so die Vielfalt schrumpft.

Alle europäischen Sprachen sind indogermanischen Ursprungs bis auf Baskisch. Bis heute sind deren Wurzeln in der Forschung mysteriös. Erst andere Sprachen zu kennen, zollt vielfachen Völkern Respekt und man lernt viel mehr über die Wechselwirkungen von Kulturen, als wenn man sich nur unilingual durch die Welt bewegt. Natürlich kann nicht jeder polyglott wie Jacob sein, aber zumindest einiges der fremden Sprache zu können ruft freundliche Reaktionen der Einheimischen hervor, weil das zeigt, daß man sich Mühe gibt und echtes Interesse zeigt.

Es ist arrogant, ignorant und vermessen, von den Einwohnern des jeweiligen Landes zu erwarten, daß die gefälligst meine Sprache zu sprechen haben, wenn ich schon Geld dalasse. Dabei ist eine Mischung aus Teilen der Sprache, radebrechen sowie Hand und Fuß doch viel schöner. Das ermöglicht unvergessliche Begegnungen und Interaktionen.

Dieses Buch hier ist jedenfalls packend, fesselnd, emotional, zum Mitfiebern, sehr informativ und lebendig. Es enthält ein hilfreiches Register vor der Geschichte, ein Glossar sowie Erläuterungen zu den Kapiteln.

Ich bin gespannt, ob es jemals eine Fortsetzung gibt. Denn Stoff gäbe es noch und wäre garantiert auch ein faszinierendes Buch, das in den Bann ziehen wird. Danke, Katharina Kramer! Ein unbedingt lesenswertes Buch, bei welchem die 494 Seiten nur so dahinschmelzen.

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Veröffentlicht am 24.03.2021

Celestialer Beistand für den desolaten Zustand! 👼😇

Sieben Tage am Meer
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Es gibt manchmal wundersame Wege des Lebens. Gitta, Marlies und Cornelia sind schon scheinbar seit ewigen Zeiten Freundinnen seit der Schulzeit.

Anfang 50 sind sie nun und verbringen ein rein feminines ...

Es gibt manchmal wundersame Wege des Lebens. Gitta, Marlies und Cornelia sind schon scheinbar seit ewigen Zeiten Freundinnen seit der Schulzeit.

Anfang 50 sind sie nun und verbringen ein rein feminines Weekend auf Sylt. Gin Tonic ist der anästhesierende Strom, der reichhaltig fließt.

Die Ladies sehen leider nur die dunklen Punkte in ihrem Leben, ein unerfüllter Wunsch nach einem Baby, ein Ehemann, der freiwillig perdu ist, Karriereknick.

Als dann der düstere Teil des Tages seine samtene Decke über die Insel breitet, passiert etwas höchst Mysteriöses in der Stille der Nacht.

Ein Engel begegnet ihnen, der ihnen profunde nahelegt, mehr Dankbarkeit für das Gute, Schöne sowie Positive in ihrem Leben zu zeigen und altruistischer zu werden.

Als dem Morgen graut und das Licht all die nachtenen Schatten vertrieben hat, glauben die drei nicht wirklich an die Authentizität dieses Vorkommnisses. Alkoholinduzierte Träume? Oder doch Realität?

Die Damen waren mir zunächst etwas jammerlastig, aber schnell generierte ich Verständnis für sie, als auch Sympathie.

Das Buch hat etwas Zaubrisches, Märchenhaftes. Man mag einwenden,vdaß sich Umstände der eher unwahrscheinlichen Art sich ereigneten. Aber was soll's. Es ist magischer Realismus der locker - leichten Art, ohne banal oder zuckersüß zu sein.

Ella Rosens Schreibstil ist humorvoll, fluide und enthält durchaus die eine oder andere zu beherzigende Botschaft und Wahrheit.

Denn es stimmt schon, wir Menschen neigen dazu, unseren Fokus zu sehr auf das Negative ( unseres Lebens ) zu richten, anstatt all die schönen Momente angemessen zu würdigen.

Eine gute, entspannende Lektüre mit kleineren Schwächen in der Stimmigkeit, aber doch dazu angetan, einen beschwingt zu machen. Und ein Engel als Protagonist der Handlung? Klasse! Da hat man mich immer. Danke, Ella Rosen!



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