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Veröffentlicht am 08.01.2022

Detailreicher historischer Roman

Propaganda
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Wie in Kopetzkys anderem historschen Roman "Risiko" erfährt man auch in "Propaganda" zahlreiche spannende, weniger bekannte Details über die Zeit der Handlung - bei ersterem Werk ist es der Erste Weltkrieg, ...

Wie in Kopetzkys anderem historschen Roman "Risiko" erfährt man auch in "Propaganda" zahlreiche spannende, weniger bekannte Details über die Zeit der Handlung - bei ersterem Werk ist es der Erste Weltkrieg, bei letzterem der Zweite.
Propaganda erzählt die Endzeit der Wehrmacht im Hürtgenwald, von dem vor dem Lesen nur eingefleischte Militärnerds gehört haben dürften. In Guerillamanier haben die Deutschen sich in den Wäldern der Eifel verschanzt und fügen den Amerikanern, auf deren Seite der Protagonist für die Propagandaabteilung agiert, bittere Niederlagen zu.
Kopetzky schafft es mit diesem Buch, die Schrecken des Krieges einzufangen und auch berühmte Persönlichkeiten wie Ernest Hemingway dürfen nicht fehlen - ein wenig effekthascherisch und für den Plot nicht relevant, wie ich finde.
Die Rolle des indianischen Fährtenlesers fügt sich meiner Ansicht nach nicht gut in die Story ein - doch dazu nicht allzu viel, um nicht zu spoilern.
Insgesamt gefiel mir das ganze jedoch deutlich besser als "Risiko", denn hier bleibt der Autor näher an den Fakten - was meiner Meinung nach bei historischen Romanen zwingend erforderlich ist.

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Veröffentlicht am 08.01.2022

Ahistorischer historischer Roman - passt das?

Risiko
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Das aus meiner Sicht wichtigste zuerst: Steffen Kopetzkys Roman "Risiko" bietet vieles, wonach der typische Leser historischer Romane sucht: eine Reise in eine längst vergangene Zeit, die Einbettung einer ...

Das aus meiner Sicht wichtigste zuerst: Steffen Kopetzkys Roman "Risiko" bietet vieles, wonach der typische Leser historischer Romane sucht: eine Reise in eine längst vergangene Zeit, die Einbettung einer spannenden Story mit mehreren Handlungssträngen in dieselbe und Charaktere, bei denen man gerne mitfiebert.
Das Cover und die integrierten Karten sind toll gelungen und man kann die Schauplätze des Romans prima darauf nachvollziehen.
Was mir nicht so sehr zugesagt hat, war die Verwendung ungleicher "Quasi-Protagonisten" und einiger "Nebenprotagonisten", deren Verbindung teilweise etwas obskur blieb. Kopetzky liebt offenbar Brettspiele - sowohl das altbekannte "Mensch ärgere dich nicht" als auch das Strategiespiel "Risiko" kommen im Roman vor. Letzteres ist zwar inflationär häufig Thema der tolkienesken Odyssee nach Afghanistan, bleibt jedoch so oberflächlich beschrieben, dass man sich nicht so recht vorzustellen vermag, wie genau es funktioniert.
Der schiere Berg an detailliert recherchierten Eindrücken einer Reise durch den Orient vor über 100 Jahren wird vielen Leser jedoch wohl gefallen - auch wenn man auf den über 700 Seiten vieles schlicht überlesen wird, um sich nicht in Kleinigkeiten zu verzetteln. Das größte Problem des Romans ist jedoch aus meiner Sicht, dass das Ende kontrafaktisch ist. Warum endet ein historischer Roman, der zur Zeit des Ersten Weltkriegs spielt und dem Leser mit bis in die Haarspitzen ausgereizter Akribie klarmachen zu wollen scheint, was die Themen, Spiele und, ja, sogar Gerüche der Zeit sind, mit Dingen, die so nicht passiert sind? Manche Literaturkritiker feiern das als Mut, doch ich bin eher ein Anhänger derer, die für historische Romane den Grundsatz fordern: "So nah an der quellenmäßig verbürgten Geschichte wie möglich - nur gerade so viel erzählerische Freiheit wie nötig!"

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Veröffentlicht am 12.01.2022

Leider nicht besonders historisch

Tyll
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Obwohl Daniel Kehlmann einen handwerklich gut gemachten Roman über die schillernde Figur Till Eulenspiegel vorgelegt hat, konnte ich nicht so richtig mit ihm warm werden. Vermutlich lag das vor allem an ...

Obwohl Daniel Kehlmann einen handwerklich gut gemachten Roman über die schillernde Figur Till Eulenspiegel vorgelegt hat, konnte ich nicht so richtig mit ihm warm werden. Vermutlich lag das vor allem an dem steten Bewusstsein, dass diese Geschichte so historisch definitiv nicht passiert sein kann. Dennoch lernt man viel über die Zeit des 30-Jährigen Krieges, einer der prägenden Epochen europäischer Geschichte.

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Veröffentlicht am 07.01.2022

Star-Autor gleich lesenswerter Roman? - Hartes "Nein"!

Hard Land
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Wäre dieses Buch ohne den vorangegangenen Hype um seinen Autor jemals veröffentlicht worden? Ich würde einmal die nicht besonders gewagte These aufstellen, dass diese Frage zu verneinen ist.
Hier einige ...

Wäre dieses Buch ohne den vorangegangenen Hype um seinen Autor jemals veröffentlicht worden? Ich würde einmal die nicht besonders gewagte These aufstellen, dass diese Frage zu verneinen ist.
Hier einige der vielfältigen Gründe:

Erstens: Grammatik
Folgendes hat mich beim Lesen erst irritiert und dann zum Griff nach dem Duden inspiriert: Heißt es eigentlich "das Diner" wie in Benedict Wells' Roman oder muss es nicht viel eher "der Diner" heißen, wie mir mein Sprachgefühl weismachen wollte? Nun: Denkt man dabei an ein "[festliches] Abend- oder Mittagessen mit mehreren Gängen", dann müsste man sich laut duden.de für das Neutrum entscheiden. Ist es das, was Wells meint? Mitnichten! Die Clique in Wells' Roman hat ihren "Hang-out" in einem Schnellrestaurant und ein solches "einfacheres [Schnell]restaurant, besonders in den USA", wie man es vielleicht von "Pop's Chock'lit Shoppe" aus Riverdale kennt, ist laut duden.de - so muss spitzfindigerweise leider konstatiert werden - als Maskulinum zu behandeln. Sorry, lieber renommierter Diogenes Verlag! Wären Lektorat und Korrektorat des Lesens von Lautschrift mächtig gewesen, bzw. hätten sie sich Zeit dafür genommen, wäre ihnen aufgefallen, dass "das Diner" französisch und "der Diner" englisch ausgesprochen wird. Kleiner Tipp: nächstes Mal etwas genauer hinsehen. Da ist euch seitenweise etwas durch die Lappen gegangen! Doch Schluss mit solch haarspalterischen Petitessen.

Zweitens: sprachliche Mittel
Was viel schwerer wiegt, sind die für meinen Geschmack viel zu regelmäßig - und in massiv zu kurzen Abständen - in die Story gezwängten und mühsamen Vergleiche, in denen der Autor den Erzähler die haarsträubendsten Dinge miteinander verbinden lässt. Meine Frau musste jedes Mal lachen, wenn ich ob solcher Qualen beim Lesen in lautes Stöhnen verfiel, um die Schmerzen ertragen zu können.

Drittens: Plot und Charaktere
"Dieses Buch hat ganz gewiss keinen hervorragenden literarischen Hintergrund" hätte vielleicht der große Marcel Reich-Ranicki in seiner unnachahmlichen Art an ebendieser Stelle angemerkt. Was bitteschön soll daran interessant sein? Ein bisschen 80er-Jahre-Nostalgie hier, ein bisschen Highschool dort, ein Nebenjob im Kino, eine blutige Nase, eine Liebelei, ein wenig Herzschmerz, Verlustschmerz und vielleicht auch Weltschmerz - aber das gibt es alles schon tausendfach in jedweder Couleur. Ein Ausraster beim Requiem der eigenen Mutter? - Man müsste schon sehr wohlwollend sein, um das mit der Persönlichkeit des Protagonisten in Einklang zu bringen. Keine der Figuren ist wirklich überzeugend angelegt. Und der fiese Englischlehrer, der alle Jahre wieder mit einem scheinbar uninterpretierbaren Epos namens "Hard Land" auf die armen Schülerseelen einprügelt, nur um ihnen schlechte Noten zu erteilen, ist derart stereotyp und dumpf, dass man sich schon fragen muss, was den Autor da geritten hat.

Fazit:
Für mich zeigt sich bei diesem Buch, für das - wie könnte es anders sein - sogar eigens ein Trailer (ja, kein Witz!) gedreht wurde, was das Problem des deutschsprachigen (und vielleicht auch weltweit jedes) Literaturbetriebs ist: Der Leser liest, was die finanzstarken Großverlage ihm mit ihren aufgeblähten Werbeetats servieren und so können sogar Bücher in der Spiegel-Bestsellerliste und zigtausendfach in den heimischen Bücherregalen landen, die jeder vernünftige und mit kaufmännischer Vorsicht agierende Verlag abgelehnt hätte, wenn, ja wenn sie denn nicht von einem hochgejubelten Superstar verfasst worden wären, dessen Status ob der abgelieferten Schreibleistung bei "Hard Land" künftig ernsthaft infrage zu stellen sein dürfte.

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