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Veröffentlicht am 29.08.2020

Ein Roman mit dem Potential, uns die Augen zu öffnen

Der unsichtbare Garten
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Der Roman “Der unsichtbare Garten" von Karine Lambert ist am 25.05.2020 im Diana Verlag erschienen. Auf 288 Seiten konfrontiert uns die Autorin mit dem Schicksal des 35-jährigen Vincent: Eine seltene Augenkrankheit ...

Der Roman “Der unsichtbare Garten" von Karine Lambert ist am 25.05.2020 im Diana Verlag erschienen. Auf 288 Seiten konfrontiert uns die Autorin mit dem Schicksal des 35-jährigen Vincent: Eine seltene Augenkrankheit wird ihn innerhalb von wenigen Wochen fast vollständig erblinden lassen. Nicht viel Zeit für den jungen Mann seine Liste an Wünschen abzuarbeiten und einen Weg in die Zukunft zu suchen. Erst im alten Haus und verwilderten Gemüsegarten seines Großvaters findet er seine Chance.
Bereits der erste Eindruck des Buches in Form des Covers und Schutzumschlages ist umwerfend. Das Cover kommt mit satten Farbtönen daher, was man im ersten Moment durch den milchig-weiß durchscheinenden Schutzumschlag nicht erkennt. Als Lesender kommt man damit auch vor der Lektüre gleich in die richtige Grundstimmung für dieses Buch.
Inhaltlich holt die Autorin den Lesenden dann auch sofort ab: Bereits in den ersten Sätzen bekommt Vincent die Diagnose, dass er nicht mehr lange sehend durchs Leben gehen wird. Besonders beeindruckend ist hier der Schreibstil der Autorin. Der Schock der Diagnose, das Nicht-Akzeptieren-Wollen aber auch die Unsicherheit der Zukunft von Vincent sind fast schon greifbar. Kurze Sätze, sprunghafte Inhalte – einfach großartig. Mit der Zeit der Akzeptanz ändern sich auch die Satzkonstruktionen und man fühlt nicht nur inhaltlich, wie Vincent zu sich findet, sondern kann das auch stilistisch sehr gut erkennen.
Ein weiteres stilistisches Merkmal, dass ich sehr mochte und inhaltlich auch eine gewisse Ironie, aber auch viel zum Nachdenken bringt, sind kurze Notizen von Vincent, die immer wieder eingestreut werden. Bemerkenswert hierbei ist, wie sich die Schriftgröße dieser Notizen mit dem Fortschreiten der Krankheit ändert. Erst sehr subtil, später aber nicht mehr zu ignorieren.
Aber nicht nur stilistisch, auch inhaltlich fand ich das Buch sehr gut und es passt sehr gut in unsere Zeit, in der viele Menschen auf der Suche nach sich selbst sind. Nach dem Motto:
“Beeil dich mit der Langsamkeit, das würde ich dir gern mit auf den Weg geben.”
findet Vincent sein neues Leben und lernt dieses zu wertschätzen. Die Erdung, die er dabei erfährt, wird nicht nur durch den Garten symbolisiert, sondern auch die zwischenmenschlichen Beziehungen, die in seinem Leben deutlich an Wert und Qualität gewinnen.
Für mich ein wirklich tolles Buch, das unterschiedliche, wichtige Themen behandelt und dass ich sehr genossen habe. Denn auch die Nacht hat viele Farben, die wir nicht nur mit unseren Augen versuchen sollten zu sehen!

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Veröffentlicht am 26.08.2020

Mein Jahreshighlight: Spannend, kraftvoll, emotional

Zugvögel
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Das Buch “Zugvögel” ist der 400-seitige Debütroman der Autorin Charlotte McConaghy, erschienen am 26.08.2020 im S. FISCHER Verlag. Das Buch erzählt von Franny in einer Zeit, in der fast alle Tiere, Vögel ...

Das Buch “Zugvögel” ist der 400-seitige Debütroman der Autorin Charlotte McConaghy, erschienen am 26.08.2020 im S. FISCHER Verlag. Das Buch erzählt von Franny in einer Zeit, in der fast alle Tiere, Vögel und Fische auf der Erde bereits ausgestorben sind. Franny fühlt sich insbesondere den Vögeln, aber auch der Wildheit des Meeres besonders verbunden, mehr als den Menschen und so wundert es kaum, dass sie selbst eher ruhelos und am liebsten auf Wanderschaft ist, immer auf der Suche nach Freiheit und dem Meer. Als die letzten Küstenseeschwalben ihre vermeintlich letzte Reise von Grönland in die Antarktis antreten, beschließt Franny auf der Suche nach Erlösung ihre Küstenseeschwalben zu begleiten und sich so den Naturgewalten des Atlantiks anzuvertrauen.
Die Autorin hatte mich bereits mit ihren ersten Worten:
“Die Tiere sterben. Bald sind wir hier ganz allein.” (Teil 1, Kapitel 1)
Der Schreibstil ist kraftvoll, poetisch und wunderschön und ruhig zugleich und schafft es, die Wildheit und Kraft der Ozeane und gleichzeitig auch die Anmut und Eleganz der Vögel auf beeindruckende und bewegende Weise zu beschreiben ohne je mit dem Finger auf Schuldige zu zeigen. Aufgrund der Thematik über die Sorge des Artensterbens ist der Roman von einer fast schon greifbaren Melancholie geprägt, die zudem durch tiefe Traurigkeit und Verzweiflung von Franny verstärkt wird, aber weit über den Klimawandel und das Artensterben allein hinausgeht.
Der Leser wird nicht nur auf die beschwerliche Reise in die Antarktis, sondern auch auf eine Reise in die Vergangenheit von Franny mitgenommen – genau genommen in mehreren Zeitschienen, die unabhängig voneinander erzählt werden. Was auf den ersten Blick verwirrend zu sein scheint, gibt dem Buch aber eine zusätzliche Dynamik und verstärkt den symbolhaften Charakter. Insbesondere die Eigenarten der Protagonistin Franny haben für mich einen herausragenden symbolischen Charakter: Einmal wirkt sie wie ein Vogel, oder auch das Meer und als Leser kann man immer wieder erahnen, welchen Schaden ihre Seele nimmt, wenn sie sich wider ihrer Natur verhält.
Aber auch die anderen Charaktere sind großartig. Insbesondere die Crew des Fischerbootes, mit dem Franny reist, ist ziemlich exzentrisch und es treffen viele unterschiedliche Einzelschicksale aufeinander, die die Stimmung des Buches nur noch weiter untermalen.
Für mich avanciert dieses Buch als mein persönliches Lese-Highlight des Jahres. Ich bin zutiefst beeindruckt, wie man mit Stille und beispielsweise dem Nicht-Vorhandensein von Vogelgezwitscher einen so starken Nachhall erzeugen kann, wie aber auch gleichzeitig die Liebe, Kraft, Wildheit, Anmut, Eleganz und Fragilität alles Seins thematisiert wird, ohne mit dem Finger zu zeigen und gleichzeitig auch ein hoffnungsvolles Ende zu bieten. Dieses Buch hat mich zutiefst bewegt und wird mir sicherlich noch lange im Gedächtnis bleiben.
Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 26.08.2020

Motivierende Grundstimmung aber für mich etwas zu oberflächlich

Find Your Magic
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"Find Your Magic – Eine Reise Zu Dir Und Deiner Bestimmung” von Conni Biesalski ist am 03.06.2020 bei dem GRÄFE UND UNZER Verlag erschienen und umfasst 240 Seiten. Die Autorin teilt in diesem Buch ihre ...

"Find Your Magic – Eine Reise Zu Dir Und Deiner Bestimmung” von Conni Biesalski ist am 03.06.2020 bei dem GRÄFE UND UNZER Verlag erschienen und umfasst 240 Seiten. Die Autorin teilt in diesem Buch ihre Erfahrungen zu sich selbst und seiner Bestimmung zu finden. Das Buch umfasst außerdem praktische Anregungen zur Morgenmeditation, Fantasie-Übungen und konkrete Vorschläge, sich auszuprobieren, damit wir endlich in Aktion kommen.
Am Anfang des Buches war ich etwas skeptisch und ich bin es auch immernoch, nun aber auf andere Weise. Am Anfang hatte ich zunächst Probleme reinzukommen – die Inhalte wirkten für mich etwas aufgesetzt und fast schon spirituell. Das wurde dann im Laufe des Buches besser und die Motivation und die Lebensfreude der Autorin war durch ihre Worte fast schon greifbar. Das finde ich auch immernoch sehr beeindruckend. Inhaltlich muss ich aber leider feststellen, dass das Buch sehr oberflächlich erscheint. Hier gibt es vermutlich viele andere klassische Werke dieses Genres, auf die man stattdessen zurückgreifen sollte.
Die Inhaltliche Hauptaussage des Buches ist aber definitiv richtig, wir sollten endlich etwas tun: Nur über Dinge nachzudenken, mag zwar ein paar Fehler vermeiden, ermöglicht uns aber auch nicht, an ihnen zu wachsen. Außerdem wären wir in einem Jahr immer noch an der Stelle, wo wir heute sind. Aber das ist natürlich schnell vermittelt. Stattdessen gibt es einige autobiografische Informationen sowie Anregungen und Tipps, wie man sich praktisch in Richtung seiner Bestimmung vorarbeiten kann. Hier scheint allerdings der Fokus auf die Instagram & Co. Generation gelegt zu werden. Auch sprachlich fühlte ich mich etwas zu alt für dieses Buch. Lesen lässt es sich aber trotzdem sehr gut.
Für mich war es definitiv nicht das richtige Buch des Genres, aber als Wissenschaftlerin habe ich vermutlich einfach etwas anderes erwartet.

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Veröffentlicht am 26.08.2020

Kein Grundlagenbuch aber regt zum Nachdenken an

Du bist ok, so wie du bist
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Das Buch “Du bist ok, so wie du bist – Beziehung statt Erziehung: Was Kinder wirklich stark macht" von Katharina Saalfrank ist am 06.05.2020 als Neuauflage auf 240 Seiten im GRÄFE UND UNZER Verlag erschienen. ...

Das Buch “Du bist ok, so wie du bist – Beziehung statt Erziehung: Was Kinder wirklich stark macht" von Katharina Saalfrank ist am 06.05.2020 als Neuauflage auf 240 Seiten im GRÄFE UND UNZER Verlag erschienen. Die Autorin appelliert in diesem Buch an die Unterschiede zwischen der Erziehung von Kindern und der Beziehung zu Kindern.
Das Buch führt nicht nur geschichtliche Hintergründe für die Wandlung der Herangehensweise in der Kinder-Erziehung/-Beziehung an, sondern stellt vor allem auch die heutigen Bedürfnisse und Rahmenbedingungen vor. Die Autorin gibt außerdem auch unterschiedliche Beispiele aus der Praxis, was in der Erziehungsweise schief laufen kann. Hier fehlen mir persönlich häufig die Gegenbeispiele, wie es laufen sollte. Die kommen im Buch leider sehr kurz. Stattdessen soll sich der Leser wieder auf seine eigene Intuition verlassen. Wie wir das allerdings lernen und den Mut entwickeln, Ratgeber Ratgeber sein zu lassen, dazu müssen wir vermutlich erst in eine entsprechende Beratungsstunde.
Das Buch wird außerdem als Grundlagenbuch beworben. Hier finde ich gut, dass im Buch durchaus auch wissenschaftliche Erkenntnissse mit einbezogen werden. Allerdings ist mir die Auseinandersetzung mit den Ergebnissen viel zu einseitig und über die Relevanz der Studien lässt sich ohne weitere Recherche leider nur wenig sagen.
Ich fand die Lektüre wirklich gut, vor allem auch da man die Beziehung zu seinen Eltern und Mitmenschen plötzlich in einem etwas anderen Licht sieht. Allerdings könnte das Buch etwas mehr auf den Punkt sein, um wirklich nachhaltig hilfreich zu sein. Aber so hilft es hoffentlich bereits ein Umdenken anzuregen.
Aus meiner Sicht durchaus eine Lektüre wert, vermutlich wird man sich danach aber nach weiteren Büchern umschauen müssen ;)

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Veröffentlicht am 26.08.2020

Im Netz der Reykjavík Noir Trilogie: Ein gelungener Auftakt

Das Netz
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"Das Netz” von Lilja Sigurðardóttir ist am 16.06.2020 auf 360 Seiten im DuMont Buchverlag erschienen und bildet den Auftakt zur Reykjavík Noir Trilogie. Sonja, eine junge Mutter, hat das Sorgerecht für ...

"Das Netz” von Lilja Sigurðardóttir ist am 16.06.2020 auf 360 Seiten im DuMont Buchverlag erschienen und bildet den Auftakt zur Reykjavík Noir Trilogie. Sonja, eine junge Mutter, hat das Sorgerecht für ihren Sohn wegen der Affäre zu einer Frau, Agla, verloren. Nun braucht Sonja Geld, um sich einen guten Anwalt leisten zu können und ihren Sohn wiederzubekommen. Agla hat zwar Geld, kämpft allerdings mit den Auswirkungen des isländischen Finanzcrashs, in den sie verwickelt ist. Sonjas einziger Ausweg scheint das kurzzeitige Schmuggeln von Kokain. Bei ihren Besuchen am Flughafen beginnt der kurz vor der Pension stehende Zollbeamten Bragi allerdings zu ahnen, dass ihr fast schon zu perfektes Auftreten eine Fassade ist. Zwischen Sonja, Bragi und Agla entspinnt sich ein Netz der Kriminalität, in dass die drei sich immer weiter zu verstricken scheinen.
Die Handlung des Buches ist sehr komplex, allerdings wirkt sie dabei nie künstlisch oder gar negativ – ich war jedenfalls sehr positiv überrascht über die Komplexität und Vielschichtigkeit der Erzählung die dabei so verdammt realistisch wirkt. Dabei gibt es aber keinen starken Spannungsbogen, die Spannung wird eher unterschwellig aufgebaut und kommt ohne viel Blut und Gewalt aus. Für diesen Spannungsaufbau helfen auch die recht kurzen Kapitel, die immer wieder die Geschehnisse aus Perspektive der drei Haupt-Protagonisten erzählen.
Die Gestaltung der Charaktere ist sehr gelungen. Wir haben es hier mit sehr vielschichtige Charakteren zu tun, die keine Klischees bedienen. Und auch wenn sich die Charaktere immer mehr im Netz der Kriminalität zu verstricken scheinen, schafft es das Buch trotzdem, dass man Sympathien für die Charaktere entwickelt und ihre Entscheidungen durchaus versteht. Die Autorin reizt sehr gekonnt aus, dass es nicht nur Schwarz und Weiß, Gut und Böse oder Richtig und Falsch gibt, sondern sehr viele Abstufungen dazwischen und zeigt uns damit sehr eindrucksvoll, wie auch wenige (falsche) Entscheidungen dazu beitragen können, dass man sich mehr und mehr im Netz der Kriminalität verfangen kann.
Der Schreibstil ist alles in allem recht einfach gehalten, trägt aber auch eine gewisse Dunkelheit in sich und liest sich sehr flüssig. Ich hatte sehr viel Spaß beim Lesen. Ich habe lediglich etwas von der Atmosphäre Islands vermisst, auch das Ende ist mir etwas zu offen gestaltet, aber das ist vermutlich dem geschuldet, dass es der Auftakt einer Trilogie ist.
Ich hatte jedenfalls sehr viel Lesespaß mit diesem Buch, und empfehle es sehr gern weiter!

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