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Veröffentlicht am 13.05.2024

Behalte immer mehr Träume in Deiner Seele, als die Wirklichkeit zerstören kann. - Indische Weisheit

Die Blumentöchter (Die Blumentöchter 1)
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Bloomington Hall ist das einzige Zuhause, das die 28-jährige Grafikdesignerin Dalia Carter kennt. Ihre ledige Mutter Camelia starb bei ihrer Geburt, deshalb wuchs Dalia bei ihren Großeltern in Cornwall ...

Bloomington Hall ist das einzige Zuhause, das die 28-jährige Grafikdesignerin Dalia Carter kennt. Ihre ledige Mutter Camelia starb bei ihrer Geburt, deshalb wuchs Dalia bei ihren Großeltern in Cornwall auf, die eine Gärtnerei führten und sowohl ihr als auch ihren vier Cousinen eine unbeschwerte Kindheit bescherten. Kurz nach dem Tod ihrer Großmutter Rose wird in deren Nachlass ein alter Brief gefunden, der Dalia erstmals den Namen ihres Vaters offenbart, der aus Mexico stammt und den Dalia noch nie kennengelernt hat. Da Dalia sich momentan in einer Sinnkrise befindet, ist die Suche nach ihrem leiblichen Vater für sie ein willkommener Anlass, nicht nur ihn zu finden, sondern sich auch darüber klar zu werden, wie es in ihrem Leben weitergehen soll. Deshalb reist sie mit den wenigen Informationen, die sie hat, Hals über Kopf nach Mexico und wandelt auf den Spuren ihrer Mutter Camelia, um ihren Vater zu finden. Dabei kreuzt auch die Liebe ihren Weg…
Tessa Collins hat mit „Die Blumentöchter“ den ersten unterhaltsamen Roman ihrer Blumenkinder-Serie vorgestellt, der mit wechselnden Zeitebenen sowie zwei Liebesgeschichten vor der farbenprächtigen und geschichtsträchtigen Kulisse Mexicos den Leser zu fesseln weiß. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil pendelt zwischen Camelias Vergangenheit und Dalias Gegenwart. Der Leser steht sofort an Dalias Seite, wo er zuerst durch die vielen Namen ihrer großen Verwandtschaft völlig verwirrt wird, um dann gemeinsam mit ihr eine abenteuerliche Reise in das Land ihres leiblichen Vaters zu reisen und dort die sogenannte Nadel im Heuhaufen zu suchen. Die farbenfrohen Landschaftsbeschreibungen sowie die eingeflochtenen Hintergrundinformationen der Mayakultur sind der Autorin gut gelungen, nehmen teilweise aber einen sehr großen Raum in der Handlung ein und lassen die eigentliche Geschichte von Dalia in den Hintergrund treten. Dalia selbst erfährt durch die mexikanische Bevölkerung viel Unterstützung für ein nahezu aussichtsloses Unterfangen, sie gewähren ihr nicht nur eine großzügige Gastfreundschaft, sondern laden sie direkt in ihr Leben ein. Die Spurensuche gestaltet somit sich einfacher als gedacht, obwohl alles schon 28 Jahre her ist. Doch die Autorin versteht es gut, alles plausibel miteinander zu verknüpfen. Die Handlung liest sich leicht und flüssig, erinnert an Romane von Lucinda Riley, wobei sie leider etwas Spannung vermissen lässt, um die Geschichte lebhafter zu machen.
Die Charaktere wurden liebevoll gestaltet und in Szene gesetzt, ihre menschlichen Ecken und Kanten können den Leser überzeugen, der sich als unsichtbarer Zaungast unter sie mischt, um keinen Moment zu verpassen. Dalia ist eine mutige Frau, die allerdings oftmals auch sehr blauäugig agiert. Das Gefühl, ihre Wurzeln zu suchen und kennenzulernen, ist gut nachvollziehbar. Pablo ist ein ehrlicher und liebenswerter Mann, für den Hilfsbereitschaft oberstes Gebot ist. Seine Mitbewohner sind ein fröhlicher Haufen, die gute Laune verbreiten. Ricardo ist ein ernsthafter Mann, der fast zu spät erkennt, was wirklich wichtig ist. Seine Mutter Fernanda nimmt den Leser mit ihrer Weitsicht, ihrer Großzügigkeit sowie ihrem riesigen Herzen sofort für sich ein.
„Die Blumentöchter“ bieten mit einem Mix aus Familiengeheimnis, Liebe, unterschiedlichen Zeitebenen sowie historischem Hintergrund gute Unterhaltung, die zwar nicht tiefsinnig ist, jedoch eine schöne Auszeit vom Alltag gewährt. Die Seiten segeln dem Leser regelrecht durch die Finger. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 29.04.2024

Vertrauen heißt an Gott zu Glauben mitten in allem „Warum“. – Nancy Parker Brummett

Ins Herz geprägt
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1883. Theresa Plane, die mit dem betuchten Edward Greystone verlobt ist, lebt bei ihrem Großvater, dem eine Druckerei gehört. Leider hat dieser große Schulden angehäuft und sich deshalb mit zwielichtigen ...

1883. Theresa Plane, die mit dem betuchten Edward Greystone verlobt ist, lebt bei ihrem Großvater, dem eine Druckerei gehört. Leider hat dieser große Schulden angehäuft und sich deshalb mit zwielichtigen Gestalten eingelassen, für die er Gravurplatten herstellt, um Falschgeld zu produzieren. Als Theresas große Liebe und Ex-Verlobter Broderick Cosgrove, der als verdeckter Secret Service Ermittler an dem Falschgeldfall arbeitet, auf der Bildfläche erscheint, spielt Theresas Welt völlig verrückt. Während ihre alten Gefühle für Broderick an die Oberfläche drängen, muss sie sich gleichzeitig darum kümmern, wie sie die Schulden ihres Großvaters bezahlen kann. Als ihr Großvater ermordet wird und Theresa in den Fokus sowohl des Secret Service als auch der Fälscherbande gerät, versucht Broderick, sie mit allen Mitteln zu schützen. Dabei stehen ihm seine Gefühle im Weg und bringen ihn und Theresa in große Gefahr…
Crystal Caudill hat mit „Ins Herz geprägt“ einen sehr unterhaltsamen spannenden historischen Roman vorgelegt, der neben einer spannenden Kriminalgeschichte auch eine schöne Romanze für den Leser bereithält. Der flüssige, farbenfrohe und fesselnde Erzählstil lässt den Leser schnell in die Vergangenheit reisen, wo er sich an die Seite von Theresa heftet und mit ihr gemeinsam ein gefährliches Abenteuer erlebt. Theresa führt einen Kampf gegen Windmühlen, während sie einerseits ihre Integrität und den Namen ihrer Familie verteidigt, andererseits aber auch die Schulden ihres Großvaters begleichen muss. Sie hat kaum Zeit, um ihren ermordeten Großvater zu trauern, sondern muss sich gegen allerlei zwielichte Gestalten behaupten, die sie bedrohen und teilweise auch körperlich zusetzen. Broderick und Edward sind ihr die meiste Zeit keine große Hilfe, denn die beiden konzentrieren sich darauf, sich gegenseitig anzufeinden und Theresa als ihren Schutzschild zu benutzen, wobei Edward ganz deutlich hervorkehrt, wo der Platz der Frau zur damaligen Zeit zu sein hat. Die Autorin versteht es hervorragend, die Spannung von Seite zu Seite durch überraschende Wendungen in die Höhe zu schrauben und den Leser immer wieder vor Rätsel zu stellen, die es zu lösen gilt, um das Puzzle zu lösen. Während die Verwicklungen zunehmen, stehen auch die widerstreitenden Gefühle Theresas im Raum, die zwar mit Edward verlobt ist, deren Herz aber immer noch Broderick gehört, obwohl er sie vor 5 Jahren einfach hat sitzenlassen. Der Leser erlebt Theresas Gefühlsbarometer hautnah mit und kann dieses gut nachvollziehen. Der christliche Aspekt ist wunderbar mit der Handlung verwoben, dreht sich um Vergebung und Verzeihen, vor allem aber um Vertrauen in Gott, dass dieser niemanden im Stich lässt und Wächter über das eigene Handeln ist.
Die Charaktere sind liebevoll mit menschlichen Eigenschaften ausgestaltet, so dass der Leser sich schnell in ihrer Mitte wiederfindet. Theresa ist eine mutige, entschlossene Frau, der Ehrlichkeit, Familie und Freundschaft eine Menge bedeuten. Edward ist ein herrischer Mann, der unbedingt seinen Willen durchsetzen will und dem dafür jedes Mittel recht ist. Broderick ist ein vertrauenswürdiger und treuer Kerl, der zwischen zwei Stühlen sitzt und jedem gerecht werden will. Lydia ist Theresa eine wunderbare Freundin, die sie immer wieder daran erinnert, was wichtig ist. Aber auch Protagonisten wie Alexander, Nathaniel oder Cat spielen starke Rollen in dieser Geschichte.
„Ins Herz geprägt“ besticht nicht nur mit einer sehr spannenden Kriminalhandlung, sondern auch mit einer schönen Liebesgeschichte. Der Leser klebt ab der ersten Zeile an den Buchseiten und erlebt bei einer rasanten Handlung ein tolles Kopfkino, wobei auch die Gefühlsachterbahn in Schwung kommt. Absolute Leseempfehlung!!!

Veröffentlicht am 29.04.2024

Wandlung ist notwendig wie die Erneuerung der Blätter im Frühling. – Vincent van Gogh

Hyazinthenschwestern
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1848 Boxhagen/Berlin. Nach dem Tod der Eltern und des Bruders Heinrich sind die riesigen Hyazinthenfelder der Familie in den Besitz der fünf Sonntag-Schwestern Clara, Ludmila, Amalie, Alba und Ottilie ...

1848 Boxhagen/Berlin. Nach dem Tod der Eltern und des Bruders Heinrich sind die riesigen Hyazinthenfelder der Familie in den Besitz der fünf Sonntag-Schwestern Clara, Ludmila, Amalie, Alba und Ottilie übergegangen. Während die unverheiratete Alba sich liebevoll um die Blumenfelder kümmert und sich ansonsten sehr zurückzieht, sind ihre Schwestern alle verheiratet und leben mit ihren Familien auf dem großen Areal, hegen aber kaum Kontakt zu Alba, obwohl sie früher ein Herz und eine Seele waren. Seit dem Tod von Bruder Heinrich ist jedoch nichts mehr, wie es einmal war, ein großer Streit entzweit die Geschwister immer mehr, zumal auch der Verkauf der Hyzinthenfelder im Raum steht. Alba versucht mit allen Mitteln, sich mit ihren Schwestern wieder zu versöhnen und die Felder in Familienbesitz zu halten. Als eines Tages ein fremder Mann namens Kasimir auftaucht und sich als neuer Gärtner ausgibt, verliebt sich Alba Hals über Kopf in ihn und folgt ihm blindlings nach Berlin, ohne zu wissen, dass Kasimir insgeheim plant, einen Aufstand anzuzetteln…
Rebekka Eder hat mit „Hyazinthenschwestern“ einen historischen Roman vorgelegt, der zwar mit schön gemalten Bildern begeistert, aber mit einer recht düsteren Handlung dafür sorgt, dass die Lesefreude nur begrenzt ist. Nicht nur der blumige und teils recht umständliche Erzählstil ist sehr anstrengend zu lesen, auch die ständig wechselnden Protagonisten sowie die recht kryptischen Andeutungen zu Beginn verlangen dem Leser einiges ab, der Geschichte überhaupt folgen zu können. Die wechselnden Perspektiven der einzelnen Schwestern tun ihr Übriges dazu. Eigentlich ist es immer unterhaltsam, verdeckte Familiengeheimnisse aufzudecken und die „Leichen“ im Keller der einzelnen Charaktere zu finden, doch in dieser Handlung gibt es von allem zu viel davon. Während der historische Hintergrund um die Märzrevolution mit der Geschichte der Sonntag-Familie verwebt wird und auch einige Aufmerksamkeit verdient hat, wird der Leser von den zwischenmenschlichen Beziehungen der Schwestern untereinander regelrecht erschlagen. So erscheinen einem die Revolution in Berlin und das Miteinander der Schwestern wie ein Krieg auf unterschiedlichen Schlachtfeldern mit großen Parallelen. Die Auflösung, warum die Schwestern überhaupt im Clinch liegen, hat frustrierend lange gedauert und den Leser schon fast zur Aufgabe gezwungen. Damit sollte wohl Spannung erzeugt werden, hat aber leider nur das Gegenteil bewirkt. Hyazinthen stehen in der Blumensprache für Lebensfreude, Liebe und Feinfühligkeit – dies ist in der Geschichte kaum zu finden.
Die Charaktere sind gut skizziert und in Szene gesetzt, jedoch bleiben sie dem Leser fremd, so dass ihm nur die Position als Zaungast bleibt, die Geschichte zu verfolgen. Alba ist eine zurückhaltende Frau, die unter dem Verhalten ihrer Schwestern sowie unter Schuldgefühlen leidet. Clara ist eine gutmütige Person, die wie eine Vermittlerin wirkt. Ludmilla ist hart wie Kruppstahl, Ottilie unversöhnlich und abweisend. Auch Amalie verhält sich merkwürdig, wirkt teils wie ein verwöhntes Kind, um dann doch wieder Freiheitsdrang durchscheinen zu lassen.
„Hyazinthenschwestern“ ist ein historischer Roman mit einigen Geheimnissen, die der Leser während der Lektüre ans Tageslicht bringen soll. Dies gestaltet sich jedoch durch die ständigen Perspektivwechsel, die Sprünge zwischen Gegenwart und Vergangenheit sowie die durchweg düstere Atmosphäre der Geschichte als sehr schwierig. Die Blumensprache ist zwar ganz nett, doch gibt es darüber bereits unterhaltsamere Lektüre. Für dieses Buch ist Durchhaltevermögen gefragt, deshalb leider keine Empfehlung, das kann die Autorin eindeutig besser!

Veröffentlicht am 22.04.2024

Wer oder was für Dich bestimmt ist, wird immer seinen Weg zu Dir finden. – Unbekannt

Ich verspreche, dich zu finden
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1940. Aus ihrem Baumhausversteck müssen der 13-jährige Dietmar und die 10-jährige Brigitte aus ihrem Spielversteck heimlich beobachten, wie ihre Eltern von den Nazis verhaftet werden und damit ihre unbeschwerte ...

1940. Aus ihrem Baumhausversteck müssen der 13-jährige Dietmar und die 10-jährige Brigitte aus ihrem Spielversteck heimlich beobachten, wie ihre Eltern von den Nazis verhaftet werden und damit ihre unbeschwerte Kindheit abrupt beendet wird. Auf sich allein gestellt machen sich die beiden Kinder auf den Weg über Belgien nach England zu Dietmars Tante, doch kaum auf englischem Boden, werden die beiden getrennt. Doch Dietmar schwört, Brigitte wiederzufinden.
2017 recherchiert die erfolgreiche Investigativjournalistin Quenby Vaughn gerade in einem alten Spionagefall aus dem 2. Weltkrieg, als sie über den Anwalt Lucas Hough das Angebot seines Mandanten, dem Amerikaner Daniel Knight, erreicht, eine vermisste Frau ausfindig zu machen. Dem Auftrag kann Quenby aufgrund der Informationen einfach nicht widerstehen, zumal sie bald feststellen muss, dass es Verbindungen zwischen ihrem Spionagefall und der Suche nach der vermissten Frau gibt…
Melanie Dobson hat mit „Ich verspreche, Dich zu finden“ einen sehr berührenden, facettenreichen historischen Roman vorgelegt, der den Leser nicht nur in die Vergangenheit eintauchen lässt, sondern ihn gleichzeitig Protagonistin Quenby an die Seite stellt, um mit ihr die Rätsel der Vergangenheit aufzudecken und miteinander zu verknüpfen. Der flüssige, farbenfrohe und empathische Erzählstil lässt den Leser wechselweise in die Kriegstage des vergangenen Jahrhunderts sowie in die Gegenwart des Jahres 2017 reisen. Der Leser erlebt die beiden Kinderfreunde Brigitte und Dietmar bei ihrem gemeinsamen Spiel und beobachtet dann die Verhaftung der Eltern, die Flucht sowie die Trennung der beiden. Die starke Verbindung zwischen den beiden Kindern ist allgegenwärtig und durch nichts zu trennen. Gleichzeitig schaut der Leser Quenby bei ihren Recherchen über die Schulter, wobei er auch Quenbys eigenes Schicksal immer mehr kennenlernt. Die Autorin schafft es hervorragend, ihre Handlungsstränge nach und nach miteinander zu verknüpfen, so dass sich das Kaleidoskop der Geschichte langsam zusammenfügt. Dabei lässt sie nicht nur die Grausamkeiten der Kriegszeit im Kopf des Lesers lebendig werden, sondern berührt auch dessen Herz mit den einzigartigen Schicksalen ihrer Protagonisten, wobei sie es keine Minute an Spannung fehlen lässt. Die Handlung führt den Leser auf eine Achterbahn der Gefühle, immer in der Hoffnung, dass sich Dietmar und Brigitte endlich wiedersehen werden. Der christliche Aspekt, der sich mit Schuld, Verlust, Vergebung, Neuanfang und Vertrauen in Gott beschäftigt, hält sich in diesem Roman sehr im Hintergrund.
Die Charaktere wurden liebevoll ausgearbeitet und mit authentischen menschlichen Zügen ausgestattet. Der Leser hängt sich sofort an ihre Fersen, um keinen Augenblick der Ereignisse zu versäumen. Dietmar ist ein hilfsbereiter mutiger, starker Junge/Mann, der auch wenn ihn Jahrzehntelang Schuldgefühle plagen, immer zu dem Wort steht, das er einmal gegeben hat. Brigitte muss lange ein schwieriges Schicksal ertragen und sehnt sich doch insgeheim immer nach ihrem alten Freund Dietmar. Quenby hat selbst einiges auf ihren Schultern zu tragen, doch lässt sie sich davon nicht unterkriegen. Sie ist ehrlich, offen und sehr akribisch, wenn es um ihre Arbeit geht. Lucas ist ein integrer Mann mit einer guten Prise Humor, auf den man sich verlassen kann.
„Ich verspreche, Dich zu finden“ besticht nicht nur mit einer spannenden, berührenden historischen Handlung, sondern überzeugt vor allem mit den intensiven Schicksalen der Protagonisten, die den Leser mitten ins Herz treffen. Spannung, gut dosierte Wendungen sowie die Arbeit an der Zusammensetzung der Schicksalsfäden machen diesen Roman zur absoluten Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 22.04.2024

Manchmal musst du dich von etwas Altem trennen, um etwas Neues zu beginnen. - Unbekannt

Eddas Aufbruch
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1968. Die 19-jährige Edda stammt aus wohlhabendem Hause. Ihre Eltern haben ihre Zukunft schon verplant, doch Edda sehnt sich nach Freiheit und reist nach Paris, um dort für einige Zeit als Au-Pair zu arbeiten. ...

1968. Die 19-jährige Edda stammt aus wohlhabendem Hause. Ihre Eltern haben ihre Zukunft schon verplant, doch Edda sehnt sich nach Freiheit und reist nach Paris, um dort für einige Zeit als Au-Pair zu arbeiten. Schon bald hat sie sich eingelebt und neue Freunde gefunden. Student Marcel lässt ihr Herz höher schlagen, allerdings ist der junge Mann voller Zorn und Hass auf alles Deutsche, was die sich anbahnende Beziehung immer wieder schwierig macht und auch in Edda den Wunsch weckt, mehr über ihre Eltern und deren Einstellung zum Nationalsozialismus zu wissen. Bisher sind diese ihr bei Fragen immer wieder ausgewichen, vor allem ihr Vater. Zurück im heimischen Frankfurt entdeckt Edda alte Feldpostbriefe ihres Vaters an ihre Mutter, die in Edda immer größere Fragen und Zweifel hervorrufen und sie diesen nachgeht. Als Marcel sie in Frankfurt besucht und Edda ihm von ihren Entdeckungen erzählt, muss ihre Beziehung durch eine harte Belastungsprobe. Marcel sinnt auf Rache, aber auch Edda muss einige Entscheidungen treffen…
Beate Rösler hat mit „Eddas Aufbruch“ einen unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der in einer aufgeladenen Zeit in Deutschland verortet ist und sowohl die politischen motivierten Studentendemonstrationen als auch den von der jungen Generation gewünschten gesellschaftlichen Umbruch thematisiert. Der flüssige und bildhafte Erzählstil lässt den Leser schnell in die vergangene Zeit eintreten und sowohl die Demo gegen den Berliner Schah-Besuch als auch die Ermordung von Benno Ohnesorg hautnah miterleben. An der Seite von Edda reist der Leser mit nach Paris, beobachtet ihr Leben dort und vor allem die wachsende Beziehung zu Marcel, die Edda nachhaltig prägt. Marcels Hass auf alles Deutsche erklärt sich durch den Verlust der Mutter, die von den Nazis bei ihrer Arbeit im Widerstand ermordet wurde, was für Edda erst einen Kampf gegen Windmühlen bedeutet, aber dann zum eigenen Nachdenken und Hinterfragen zwingt. Die Sprachlosigkeit von Eddas Eltern verdeutlicht, wie sehr die damalige Generation eine Wand des Schweigens ob ihres eigenen Engagements in der Nazizeit aufbaute und die nachkommende Generation damit zusätzlich belastete, was die Gruppierung einer kriminellen Gruppe wie die RAF noch zusätzlich begünstigte. Die Autorin lässt den damaligen politischen Hintergrund gut in ihre Handlung einfließen, wenn diese auch teilweise recht langatmig sind und den Lesefluss etwas beeinträchtigen.
Die Charaktere sind mit menschlichen Ecken und Kanten versehen und wirken dadurch glaubwürdig und authentisch. Trotzdem kann der Leser keine richtige Nähe zu ihnen aufbauen und folgt ihnen als stiller Beobachter bei ihren Unternehmungen. Edda ist eine junge, sympathische Frau mit großem Freiheitsdrang hervorgerufen durch ihr sehr autoritäres Elternhaus. Sie ist gewitzt, aber oftmals auch sehr naiv, erst unter Marcels Einfluss stellt sie Dinge immer mehr in Frage. Marcel ist ein Mann voller Wut und Rachegedanken, die sich erst spät offenbaren und verdeutlichen, dass ihm die Gefühle anderer völlig egal sind. Eddas Ex-Freund Kai zeigt sich zu Beginn noch als ewiger Student, lustlos, nur auf sein Vergnügen bedacht, doch entwickelt er sich zu einem verlässlichen Mann.
„Eddas Aufbruch“ ist durchweg eine unterhaltsame Lektüre über eine Familiengeschichte mit gehütetem Geheimnis sowie der Generation der 60er Jahre mit gut recherchiertem historischem Hintergrund. Die sehr umfangreichen politischen Ausführungen führen leider oft zum Querlesen und zu einer eingeschränkten Leseempfehlung.