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Veröffentlicht am 15.12.2018

Mit Foodtruck zu neuen Ufern

Einmal Liebe zum Mitnehmen
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Die fast Dreißigerin Lily ist die begnadete Chefköchin eines Münchner Luxushotels, die ihre Gäste mit ausgefallenen Events und exklusiven Speisen bei Laune hält. Freund Torsten ist zwar verheiratet und ...

Die fast Dreißigerin Lily ist die begnadete Chefköchin eines Münchner Luxushotels, die ihre Gäste mit ausgefallenen Events und exklusiven Speisen bei Laune hält. Freund Torsten ist zwar verheiratet und gleichzeitig einer der Hotelchefs, doch mit ihm scheint sie neben dem beruflichen Erfolg ihr privates Glück gefunden zu haben. Umso schlimmer, als Lily einen Tag nach einem Megaevent die Kündigung aufgrund von Fehlverhalten bekommt und Torsten sie auch noch fallen lässt. Tief verletzt lässt Lily München hinter sich und reist zu ihrer Familie, die allerdings auch nichts anderes zu tun hat, als ihr ständig in die Parade zu fahren und sie am liebsten als Leihmutter an einen abgehalfterten Herzog verschachern würde. Da wird es Lily zu bunt und besucht ihren Vater in Irland, wo sie ihre Wunden lecken kann und sich mit einem eigenen Foodtruck wieder ins Arbeitsleben zurückkämpft, wobei auch ihr Hobby Surfen nicht zu kurz kommt. Ihr köstliches Essen ist bald in aller Munde, so dass auch Collum Sullivan dem nicht wiederstehen kann. Oder ist es etwa die Köchin, die ihm nicht aus dem Kopf geht?
Frieda Bergmann hat mit ihrem Buch „Einmal Liebe zum Mitnehmen“ einen sehr unterhaltsamen und gefühlvollen Roman vorgelegt, der den Leser von der ersten Seite an in die Handlung hineinzieht, wo er an der Seite von Lily so einige Höhen und Tiefen erlebt, aber auch eine emotionale Reise mitmacht, die an die schönsten Plätze Irlands führt. Der Schreibstil ist locker-flockig und gleichzeitig bildhaft, die irischen Schauplätze werden ebenso farbenprächtig geschildert wie der Event zu Beginn des Buches. Der Leser hat ein schönes Kopfkino und kann sich alles wunderbar vorstellen. Die Autorin lässt den Leser hautnah an Lilys Seite gleiten und sie von Grund auf kennenlernen. Dabei bleiben ihre Gefühle und Gedanken ebenso wenig verborgen wie ihre Eigenheiten, mit sich selbst oder Toten zu sprechen, sich in Selbstzweifeln zu ergehen, aber ihre Zähigkeit und Schlagfertigkeit zu bewundern, mit der sie sich durch ihre engste unangenehme Verwandtschaft kämpft und ihren Gegnern Paroli bietet.
Die Charaktere sind sehr lebensecht und detailliert ausgearbeitet, so dass sie realitätsnah und authentisch wirken. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen, mit ihnen fühlen, leiden und sich ihnen nah fühlen. Lily ist eine ehrgeizige und resolute Frau, die genau weiß, was sie will. Als Chefin einer Küchencrew muss sie einen harten Kurs fahren, der nicht jedem gefällt und ihr zum Verhängnis wird. Sie liebt das Kochen und ihre Gäste zu verwöhnen, gleichzeitig ist sie durch den Jobverlust verunsichert und innerlich gekränkt, da sie sich angegriffen fühlt. Das macht sich in ihren schnellen und explosiven Ausbrüchen bemerkbar. Collum ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, der sich zwar immer mit einer neuen Dame an seiner Seite zeigt, sich aber nicht binden will. Er ist einfühlsam, offen und freundlich, und bleibt auch bei Konflikten eher sachlich, als sich aus der Reserve zu locken. Lilys Vater Nial ist ein feiner Kerl, der seine Tochter unterstützt, während der Rest ihrer Familie leider nur Snobs und Egoisten sind, die Lily auf jede nur mögliche Art unterbuttern oder rumkommandieren wollen.
„Einmal Liebe zum Mitnehmen“ bezieht sich nicht nur auf Lilys Foodtruck-Menüs, sondern ist ein Roman, der sich mit Verlustängsten und der Suche nach dem wahren Glück beschäftigt. Beschwingt und unterhaltsam erzählt, schenkt er dem Leser kurzweilige Lesestunden mit tollen Bildern. Eine verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 15.12.2018

Gemeinsam zweisam

Das Café der kleinen Kostbarkeiten
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Weihnachten steht vor der Tür und die 65-jährige Luise, die seit 5 Jahre Witwe ist, möchte diesmal nicht mit ihrem Sohn und seiner Familie feiern. Vielmehr möchte sie das Versprechen einlösen, dass sie ...

Weihnachten steht vor der Tür und die 65-jährige Luise, die seit 5 Jahre Witwe ist, möchte diesmal nicht mit ihrem Sohn und seiner Familie feiern. Vielmehr möchte sie das Versprechen einlösen, dass sie und ihr verstorbener Mann Hubert sich gegenseitig gegeben haben: noch einmal Weihnachten in Lübeck verbringen. So macht sie sich nun allein, in Gedanken bei Hubert, der sie auf einem Foto begleitet, auf den Weg in die alte Hansestadt, wo das weltbekannte Marzipan hergestellt wird. Nachdem der Ankunft lässt sie sich in einem Café nieder, dass ihr so bekannt vorkommt, denn mit Hubert war sie schon einmal hier. Da muss man sich doch gleich wohlfühlen! Dazu trägt auch ihre neue Bekanntschaft, der Zuckerbäcker Ludwig bei, dem das Café gehört. Die beiden haben sich bald viel zu erzählen und kommen sich über die vielen herrlichen Backwaren schnell näher. Ob es für Luise noch einmal eine Liebe geben wird?
Jan Steinbach hat mit seinem Buch „Das Café der kleinen Kostbarkeiten“ einen wunderschönen und gefühlvollen Roman vorgelegt, der wunderbar in die jetzige Jahreszeit passt und das heimelige Gefühl von Weihnachten aufleben lässt. Der Schreibstil ist flüssig und vor allem bildhaft, der Autor versteht es prächtig, den Leser mit Luise nach Lübeck reisen zu lassen, wo er sich unsichtbar an ihrer Seite im Café niederlässt und die dortige wohlige Atmosphäre einatmen darf verbunden mit den schönen Gerüchen von Backwaren und frisch gebrühtem Kaffee, während die Kundschaft sich die Klinke in die Hand gibt und einige Schicksale durch die Tür wehen. Allen voran aber steht Luise im Fokus, die sich ihren Erinnerungen hingibt und endlich aus ihrem Alltag ausbricht, um etwas Neues zu wagen. Die festlich geschmückte geschichtsträchtige Stadt baut aufgrund der schönen Beschreibungen vor dem inneren Auge des Lesers ebenso auf wie das Interieur des Cafés mit seinen Torten sowie die Verführungen, die in Ludwigs Backstube das Licht der Welt erblicken. Auch die Rezepte im Anhang sind ein Pluspunkt, denn man kann als Leser gar nicht anders, als diese einmal auszutesten.
Die Charaktere sind liebevoll gestaltet und in Szene gesetzt worden. Sie wirken lebendig und authentisch, so dass der Leser sich gut mit ihnen identifizieren kann. Sie wachsen einem beim Lesen regelrecht ans Herz, dass man sich gar nicht trennen mag. Luise ist eine patente Frau, die ihren Mann sehr geliebt hat. Sie liebt auch ihren Sohn, aber diesmal muss sie etwas für sich selbst tun. Luise liebt das Backen und hat das Herz am rechten Fleck. Aber manchmal plagen sie auch Zweifel an ihrer eigenen Courage, dann macht sie einen Schritt zurück. Zu lange ist sie schon allein, zu lange war sie verheiratet, als dass sie daran glauben könnte, nochmal das Glück der Liebe zu finden. Ludwig ist ein freundlicher Mann, der seinen Beruf liebt und sich in seinem Café zuhause fühlt. Diese Atmosphäre lässt er auch seinen Gästen zuteilwerden, die alle herzlich willkommen sind. Auch Ludwig ist seit Jahren einsam und hat nicht mehr daran geglaubt, der Liebe nochmals zu begegnen. Er ist auf liebenswerte Weise hartnäckig und einfühlsam.
„Das Café der kleinen Kostbarkeiten“ hat alles, was es für eine wunderschöne Weihnachtsgeschichte braucht: Atmosphäre, tolle Beschreibungen der Örtlichkeiten, warmherzige Protagonisten und eine liebevolle Geschichte aus dem wirklichen Leben, wie sie jeden Tag irgendwo passieren kann. Gerade das macht das Buch besonders und verdient jede einzelne Leseminute. Absolute Empfehlung für eine echte Entdeckung!

Veröffentlicht am 15.12.2018

In der Liebesküche geht das Licht aus...

Taste of Love - Rezept fürs Happy End
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Vicky Miller hat als Wirtschaftsjournalistin anderes im Kopf als eine von ihrem Chefredakteur aufgezwungene Reportage über Single-Kochkurse. Aber was soll sie machen? Sie fügt sich in ihr Schicksal und ...

Vicky Miller hat als Wirtschaftsjournalistin anderes im Kopf als eine von ihrem Chefredakteur aufgezwungene Reportage über Single-Kochkurse. Aber was soll sie machen? Sie fügt sich in ihr Schicksal und besucht einen Männerkochkurs, wo sie dem attraktiven Anwalt Mitch O’Leary als Kochpartner zugeteilt wird. Die beiden sind sich bereits innerhalb ihres Freundeskreises begegnet. Obwohl Vicky anfangs mit Mitch so gar nichts anfangen kann, entpuppt sich der Kochkurs nach und nach als gar nicht so schlimm, denn Vicky muss feststellen, dass Mitch gar nicht so übel ist und sie sich viel zu erzählen haben, auch wenn sie so gegensätzlich sind. Ob es zwischen den beiden wohl funkt? Liebe geht bekanntlich durch den Magen…
Poppy J. Anderson hat mit „Taste of love – Rezept fürs Happy End“ den Abschlussband ihrer Taste of love-Reihe vorgelegt. Der Schreibstil ist locker-flockig und mit jeder Menge humorvoller Dialoge durchsetzt, die dem Leser immer wieder Lachsalven entlocken oder ein Grinsen ins Gesicht zaubern. Schon mit der ersten Seite wird der Leser regelrecht in die Geschichte hineingesogen und kann sich ihr bis zum finalen Schluss nicht mehr entziehen. Diesmal entführt die Autorin den Leser in die kulinarische Welt, wo es um einen Männerkochkurs geht. Beschreibung der Zutaten und Speisen sind in diesem Buch allerdings diesmal leider nicht zu finden, dafür trifft der Leser auf alte Bekannte aus den Vorgängerbänden. Für jemanden, der die Reihe nicht kennt, ist das weniger schön, für alle anderen ein runder Abschied bei Beendigung des Buches.
Die Charaktere sind wieder einmal durchweg schön skizziert und mit Ecken und Kanten versehen, wie sie auch im wirklichen Leben vorkommen. Sie wirken durchweg sehr realitätsnah und authentisch. Vicky ist eine intelligente und ehrgeizige Frau, die mehr mit ihrem Verstand als mit ihrem Äußeren zu punkten weiß. Sie ist nicht die typische Traumfrau, nach der sich alle Männer umdrehen. Dafür ist sie nicht auf den Mund gefallen, kann sich schlagfertig wehren und ist ein Zahlengenie. Doch insgeheim hat sie auch eine verletzliche Seite und übertönt gerade durch ihre schnelle Zunge ihre Unsicherheit. Mitch ist der Frauenheld par excellence, der mit seinem Charme und seiner Attraktivität alle Damen um den Finger wickelt und vor Selbstbewusstsein strotzt. Manchmal wirkt er recht arrogant und selbstsicher, doch auch er besitzt Einfühlungsvermögen und jede Menge Witz. Die weiteren Protagonisten können ebenfalls mit ihren Geschichten punkten und geben der Handlung zusätzlichen Input.
„Taste of love – Rezept fürs Happy End“ ist ein schöner Abschluss der Serie, der noch einmal mit einer spritzigen Liebesgeschichte und tollen Dialogen aufwarten kann. Im Vergleich zu den Vorgängerbüchern gilt es, in diesem Buch allerdings einen Abstrich zu machen, denn hier gibt es weder Rezepte noch Speisenbeschreibungen, wie sie die anderen Bände aufweisen und dem Titel der Bücher Sinn verleihen. Unterhaltsam und sehr kurzweilig, deshalb auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 09.12.2018

Wie ein Abend das ganze Leben verändern kann

Als das Leben vor uns lag
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1950 Spanien. Nina, Julia, Lola und die Zwillinge Martha und Olga besuchen gemeinsam ein katholisches Klosterinternat und haben sich miteinander angefreundet. Einen Abend, bevor Martha und Olga das Internat ...

1950 Spanien. Nina, Julia, Lola und die Zwillinge Martha und Olga besuchen gemeinsam ein katholisches Klosterinternat und haben sich miteinander angefreundet. Einen Abend, bevor Martha und Olga das Internat verlassen, spielen die fünf Frauen ein Pfänderspiel, wobei sie Mutproben bestehen müssen. Doch an diesmal geht etwas gehörig schief, was das Leben aller fünf Frauen richtweisend verändern wird. Nach diesem Abend sehen sich die Frauen dreißig Jahre lang nicht wieder, wenn sie auch lose Kontakt halten, bis Olga die Idee zu einem gemeinsamen Treffen hat und alle zusammentrommeln kann. Als die Frauen sich nach so langer Zeit wieder gegenüber stehen, bringen sie sich erst einmal gegenseitig auf den neuesten Stand, doch schon bald kommt das Gespräch auf die Ereignisse von damals und wie sehr dieses das jeweilige Leben geprägt hat…
Care Santos hat mit ihrem Buch „Als das Leben vor uns lag“ einen sehr fesselnden und tiefgründigen Roman vorgelegt, der den Leser von der ersten Zeile an packt und bis zum Ende nicht wieder loslässt. Der Schreibstil ist anrührend, packend und schön flüssig, er geleitet den Leser auf wunderbare Weise durch zwei unvergessliche Tage der Protagonistinnen, die zwar 30 Jahre auseinander liegen, aber so viel Sprengstoff beinhalten, so dass das Gefüge der einzelnen Leben auf wackelige Füßen steht. Die Autorin lenkt den Blick des Lesers geschickt durch die Handlung, indem sie ihm jede Protagonistin einzeln vorstellt und ihm Einblick in ihr Leben gewährt, damals wie gegenwärtig. So weiß der Leser schon mehr über jede einzelne Frau als die alten Freundinnen. Was sich am Abend vor 30 Jahren zugetragen hat, erfährt der Leser allerdings erst sehr viel später und hat somit jede Menge Zeit für Spekulationen. Der geschichtliche Hintergrund wurde von der Autorin sehr schön mit der Handlung verwoben, der Leser erlebt die Geschichte während der Francozeit und auch danach, der Zeit der Befreiung, wo Frauen endlich in der Lage waren, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und nicht nur zur Ehefrau und Mutter verdammt waren. Die Autorin hat den jeweiligen Zeitgeist sehr schön eingefangen und gibt ihn an den Leser weiter.
Die Charaktere sind sehr differenziert und individuell angelegt. Sie wirken aufgrund ihrer Eigenheiten sehr realitätsnah und authentisch. Der Leser kann sich in sie hineinversetzen, mit ihnen fühlen und leiden. Olga ist eine resolute Frau und war schon immer die Anführerin. Sie muss das letzte Wort haben und wirkt sehr ichbezogen. Ihr Privatleben ist dagegen eher 08/15, wahrscheinlich muss sie deshalb alle bevormunden, um wenigstens etwas Spannung in ihr Leben zu bringen. Mit ihr wird man nicht wirklich warm. Ihre Zwillingsschwester Martha ist das absolute Gegenteil, sie ist eher zurückhaltend, da sie sich Olga gegenüber nicht behaupten kann. Man hat fast Mitleid mit ihr, doch sie kann mit ihrer Art beim Leser punkten. Julia ist eine sehr sympathische Frau, die eine erfolgreiche Karriere als Politikerin gemacht hat. Auch die anderen Frauen stehen jede für sich und ihre Lebensentwicklung in den letzten 30 Jahren, die den Leser immer wieder überraschen kann.
„Als das Leben vor uns lag“ ist ein rundum gelungener fesselnder Roman über fünf Schicksale vor historischem und politischem Hintergrund, die miteinander verwoben sind und deren Entwicklung. Alles wird vor dem Leser wunderbar Stück für Stück entblättert und lässt keine Wünsche offen. Absolute Leseempfehlung für ein wirklich anrührendes Buch!

Veröffentlicht am 09.12.2018

Fesselnder Eintritt in eine Hamburger Reederfamilie

Die Villa am Elbstrand
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Als Tochter eines Melkers stammt Sophie Brix aus eher ärmlichen Verhältnissen, doch durch eine glückliche Fügung lernt sie die Hamburger Reederstochter Anna Nieland kennen, die ihr eine gute Freundin wird ...

Als Tochter eines Melkers stammt Sophie Brix aus eher ärmlichen Verhältnissen, doch durch eine glückliche Fügung lernt sie die Hamburger Reederstochter Anna Nieland kennen, die ihr eine gute Freundin wird und sie 1912 als ihre Gesellschafterin nach Hamburg in den Nielandschen Haushalt holt. Sophie muss sich in der Großstadt Hamburg erst einmal zurechtfinden, ist sie doch eher ein Kind vom Land. Zudem gilt es, sich der Sympathie der Familie NIeland verdient zu machen, was Sophie aber schnell gelingt. Doch die Welt ist in Aufruhr, der erste Weltkrieg steht vor der Tür und mit ihm kommen schwierige Zeiten auf die Menschen zu, auch die Nielands werden nicht davon verschont, Sophies Bruder Willy dient auf einem Kriegsschiff. Als der Krieg immer länger zu dauern droht, will auch Sophie etwas dagegen unternehmen, sie krempelt die Ärmel hoch und heuert als Krankenschwester auf einem Lazarettschiff an…
Charlotte Jacobi ist mit ihrem Buch „Die Villa am Elbstrand“ eine wundervolle historische Familiensaga gelungen, die den Leser von Anfang an in den Bann schlägt. Der Schreibstil ist flüssig und gefühlvoll, dabei plastisch und bildgewaltig, der Leser als unsichtbarer Statist hautnah an Sophies Seite verweilen und mit ihr so einige Schicksalsschläge durchleben, die sich prägend auf ihr Leben auswirken werden. Die Autorin hat den historischen Hintergrund akribisch recherchiert und sehr gekonnt mit ihrer Handlung verwoben. So lässt sie die Zeit vor und während des ersten Weltkrieges sehr gekonnt in ihrer Geschichte wiederaufleben und gibt dem Leser einen sehr detaillierten Einblick in diese recht grausame und entbehrungsreiche Zeit, die vor niemandem Halt macht und alle Gesellschaftsschichten trifft. Auch der Einblick sowohl in die betuchte Gesellschaft und in die der Bediensteten gibt dem Leser einen guten Eindruck von den damaligen Lebensumständen.
Den Charakteren wurden von der Autorin liebevoll Leben eingehaucht, sie besitzen Ecken und Kanten, die sie sehr realitätsnah und individuell wirken lassen, so dass der Leser sich ihnen schnell verbunden fühlt und mit ihnen fühlen kann. Sophie ist eine junge Frau aus einfachen Verhältnissen, die mit ihrer sympathischen und freundlichen Art schnell die Herzen ihrer Mitmenschen zu erobern weiß. Sie ist hilfsbereit und engagiert, packt mit an und wirkt auf ihre Art sehr mutig und stark. Die Art, wie sie sich auf das Leben einlässt, ringt dem Leser Respekt ab. Freundin Anna stammt aus einer wohlhabenden Familie, doch sie ist eine resolute Frau, die sich nicht auf ihrer Herkunft ausruhen möchte, sondern viel lieber im Familienunternehmen mitarbeiten will. Anna ist für ihre Zeit schon recht fortschrittlich und weiß genau, was sie will. Annas Großmutter ist der Familienvorstand und wirkt oftmals wie ein Drachen, doch sie bellt nur, beißt aber nicht, im Herzen ist sie ein lieber Mensch. Annas Bruder Willy ist ein netter Kerl, der ein gutes Verhältnis zu seiner Schwester pflegt. Auch die übrigen Protagonisten wissen mit ihrem Auftreten zu überzeugen.
„Die Villa am Elbstrand“ ist ein wunderbarer Schmöker, der alles in sich vereint, damit der Leser unvergessliche Lesestunden hat: historischer Hintergrund mit einer ansprechenden Familiensaga sowie Liebe und Krieg, spannend erzählt. Verdiente Leseempfehlung für eine echte Entdeckung!