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Veröffentlicht am 06.11.2016

Eine Liebe gegen alle Konventionen

Zu keiner anderen Zeit
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Anfang des 20. Jh. Bei einer Reise nach Wien lernen sich die Amerikanerin Helena Schmitz und der attraktive Leutnant Graf Karl August von Greiffenwalde einen Tag vor Ausbruch des 1. Weltkrieges kennen ...

Anfang des 20. Jh. Bei einer Reise nach Wien lernen sich die Amerikanerin Helena Schmitz und der attraktive Leutnant Graf Karl August von Greiffenwalde einen Tag vor Ausbruch des 1. Weltkrieges kennen und verlieben sich ineinander. Schnell wird geheiratet und das Paar zieht nach Mähren auf das Gut Solmeritz. Während ihr Ehemann in den Krieg ziehen muss, bleibt die Verwaltung des Gutes in den Händen von Helena, die von ihrer Schwägerin Natalia dabei unterstützt wird. In der Zeit großer Entbehrungen und harter Arbeit lernen sich die beiden Frauen immer besser kennen und kommen sich auch näher, was für die herrschenden Moralverhältnisse als völlig unmöglich und verboten gilt. Als ihr vermeintlich toter Ehemann Karl August mit schweren Verletzungen aus dem Krieg zurückkommt, dauert es nicht lange, bis er das Geheimnis zwischen Helen und Natalia entdeckt. Karl August verweist Natalia vom Hof. Doch was wird nun aus Helen? Wird sie bei ihrem Ehemann bleiben und die Farce einer Ehe aufrechterhalten?

Barbara Martina Strebel hat mit ihrem Buch „Zu keiner anderen Zeit“ ihr Debüt vorgelegt, einen sehr spannenden historischen Roman vor der Kulisse des 1. Weltkrieges, dessen Handlung an interessanten Schauplätzen wie Wien und einem Gut in Mähren stattfindet. Der Schreibstil ist flüssig und fesselnd, schnell wird der Leser in die vergangene Zeit katapultiert, um den Kriegsausbruch ebenso mitzuerleben wie das Schicksal von Helen. Der Spannungsbogen wird gemächlich aufgebaut, steigert sich aber innerhalb der Geschichte immer mehr, was durch die häufigen Wechsel der Perspektiven sowie durch die besondere Erzählweise der Autorin noch unterstützt wird. Der historische und politische Hintergrund sowie die gesellschaftlichen Konventionen wurde von der Autorin akribisch recherchiert und wunderbar mit der Handlung verwoben, so dass der Leser bei der Lektüre das Gefühl hat, alles hautnah mitzuerleben und wie ein unsichtbarer Beobachter zu agieren.

Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet mit ihren Schwächen und Eigenheiten, wodurch sie sehr authentisch und recht lebendig wirken. Helen ist eine sympathische Frau, die aus einer wohlhabenden Familie stammt und der man bisher jeden Wunsch erfüllt hat. Dabei wirkt sie keinesfalls verwöhnt, dafür intelligent und zupackend, eine starke Persönlichkeit. Das ist auch nötig, denn durch den Krieg wird sie gezwungen, sich durchzubeißen und ihrem Leben eine eigene Richtung zu geben, ihren Überzeugungen zu folgen und auf ihr Herz zu hören, auch wenn es anderen nicht gefallen sollte. Karl August ist ein Mann seiner Generation, auf Zuverlässigkeit und Verantwortung gedrillt, den gesellschaftlichen Normen zu entsprechen. Er legt mehr Wert auf die Außenwirkung und bringt wenig Verständnis für Andersdenkende auf. Natalia ist ebenfalls eine sehr sympathische Protagonistin, die sich vor Verantwortung und harter Arbeit nicht scheut, die ihre Gefühle aber auch nicht verstecken will, selbst wenn es dem Zeitgeist von damals nicht gefällt.

„Zu keiner anderen Zeit“ ist ein wundervoller und spannungsgeladener historischer Roman über Freundschaft, Liebe, den Krieg und die Auflehnung an damalige moralische Vorstellungen. Alle Historienliebhaber, die gut recherchierte Geschichten lieben und einem ungewöhnlichen Handlungsverlauf nicht abgeneigt sind, werden mit diesem Buch wunderbar unterhalten. Absolute Leseempfehlung für ein echtes Highlight!

Veröffentlicht am 05.11.2016

Der Lebensbaum

Das Marillenmädchen
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Bereits seit ihrer Kindheit lebt die alte Elisabetta Shapiro in einem alten Haus in Wien, wo im Garten ein Marillenbaum steht, den ihr Vater gepflanzt hat und von dessen Früchten ihre Mutter Marmelade ...

Bereits seit ihrer Kindheit lebt die alte Elisabetta Shapiro in einem alten Haus in Wien, wo im Garten ein Marillenbaum steht, den ihr Vater gepflanzt hat und von dessen Früchten ihre Mutter Marmelade machte, die auch heute noch eine Versuchung ist, da Elisabetta die Tradition des Marmeladekochens übernommen hat. Die Marmelade weckt Erinnerungen in Elisabetta und umhüllt sie wie eine warme Decke. Während des 2. Weltkrieges blieb nur sie von ihrer jüdischen Familie übrig und konnte der Deportation nach Dachau entkommen. Um nicht ganz in ihrer Einsamkeit und in Gedanken an die Vergangenheit zu versinken, vermietet Elisabetta Zimmer. Als eine junge deutsche Tänzerin namens Pola bei ihr einzieht, begegnet ihr Elisabetta aufgrund ihrer eigenen Familiengeschichte zuerst mit Ablehnung. Doch mit zaghaften Schritten lernen sich die beiden unterschiedlichen Frauen kennenlernen und schon bald zeigen sich mehr Gemeinsamkeiten zwischen ihnen, als sie gedacht hätten.

Beate Teresa Hanika hat mit ihrem Buch „Das Marillenmädchen“ einen wunderschönen, gefühlvollen Roman vorgelegt, dem der Zauber der Vergangenheit und der Gegenwart innewohnt und diese auf wunderbare Weise miteinander verbindet. Der Schreibstil ist poetisch, teilweise melancholisch und anrührend, die Autorin bedient sich einer bildgewaltigen Sprache, die vor dem inneren Auge des Lesers einen Film ablaufen lässt. Die Geschichte ist in zwei Handlungsstränge unterteilt, der eine erzählt von Elisabetta und ihren Erinnerungen, der andere schildert das Leben von Pola. Sehr geschickt versteht es die Autorin, beide Stränge miteinander zu verflechten und dem Leser mit behutsamer Hand die ganze Trauer und die schmerzhaften Erinnerungen zu vermitteln. Stück für Stück entblättert Beate Teresa Hanika die ganze Geschichte und wirbt um Vergebung und einen Neuanfang ohne Altlasten.

Die Charaktere sind sehr liebevoll ausgearbeitet und wirken aufgrund ihrer Eigenheiten sehr authentisch und lebensecht. Elisabetta hat in ihrem Leben schon so viel durchgemacht und einmal zu oft Abschied nehmen müssen, so dass sie nun eher zurückgezogen lebt und etwas schrullig und unnahbar wirkt. Sie lebt in ihrer Vergangenheit, hält leise Zwiegespräche mit ihren Schwestern. Elisabetta hält ihre Familie und ihre Lieben in Gedanken am Leben und zehrt davon, um nicht von ihrer Einsamkeit verschlungen zu werden. Die junge Pola stammt aus München und war mit Elisabettas Enkelin Rahel eng befreundet, verdankt ihr sogar zum Teil ihre Ballettkarriere. Pola ist ebenfalls eher zurückhaltend, trägt sie doch eine Schuld mit sich herum, deren Offenbarung sie fürchtet. Auch die Protagonisten, die die Vergangenheit Elisabettas füllen sowie in Polas Leben eine Rolle spielen, sind sehr intensiv ausgearbeitet und unterstützen diese doch so bittersüße und melancholische Stimmung des Romans.

„Das Marillenmädchen“ ist ein sehr gelungenes Buch über ein einsames Leben in der Vergangenheit, dem Aufarbeiten von schlimmen Erfahrungen und dem Vorausschauen auf ein glücklicheres Leben. Es geht um Verzeihen und das Handausstrecken, um die Seele zu erleichtern und endlich Frieden zu finden. Alle, die sich vor anspruchsvollen Büchern nicht scheuen, werden hier auf wunderbare Weise unterhalten und einiges mit in den eigenen Alltag nehmen. Ein Roman, den man nicht so schnell vergisst. Absolute Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 05.11.2016

Gut oder Böse?

Die Guten
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Helen, die aus einem ungeliebten Elternhaus stammt, kümmert sich nach der Scheidung von Ehemann Dwight liebevoll um ihren kleinen Sohn Oliver und schlägt sich mit Catering-Jobs und als freie Fotografin ...

Helen, die aus einem ungeliebten Elternhaus stammt, kümmert sich nach der Scheidung von Ehemann Dwight liebevoll um ihren kleinen Sohn Oliver und schlägt sich mit Catering-Jobs und als freie Fotografin durch. Doch sie ist mit der Situation überfordert und fängt an, jeden Tag abends ein Glas Wein mehr zu trinken. Bei einer Autofahrt auf dem Weg ins Krankenhaus, weil es Oliver schlecht geht, wird sie von der Polizei angehalten. Da sie unter Alkoholeinfluss stand, wird ihr das Sorgerecht für Oliver entzogen, der nun bei seinem Vater und dessen neuer Familie leben wird. Helen hat das Gefühl, ihr Leben ist in einer Abwärtsspirale, als sie auf einer Party, bei der sie wieder beim Catering aushilft, das reiche und hundeverrückte Ehepaar Ava und Swift Havilland kennenlernt. Ava nimmt Helen sogleich unter ihre Fittiche und päppelt sie wieder auf. Schon bald geht Helen im Hause Havilland ein und aus, übernimmt Aufgaben, die Ava ihr zuträgt und fotografiert die Hunde, Freunde und Bekannte. Die Großzügigkeit der Havillands kennt keine Grenzen, sie wollen Helen sogar dabei unterstützen, das Sorgerecht für Sohn Oliver zurück zu bekommen, nachdem sie ihn kennengelernt haben. Auch Oliver ist von Swift begeistert und nähert sich auch seiner Mutter wieder an. Aber dann kommt der schicksalhafte Tag, an dem alles in die Brüche geht. Alles?

Joyce Maynard hat mit ihrem Buch „Die Guten“ einen wirklich sehr interessanten und unterhaltsamen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig, der Leser erlebt alles aus der Sicht von Helen und möchte oftmals eingreifen, eine Warnung ausstoßen oder Helen einfach nur den Kopf waschen. Aber leider kann sie einen ja doch nicht hören! Die Autorin versteht es wirklich, den Spannungsbogen von Seite zu Seite minimal zu steigern und die Neugier des Lesers zu wecken, was sich wohl hinter verschiedenen Verhaltensweisen verbirgt und wie sich alles entwickelt. Der Roman gleicht einer Charakterstudie und hält dem Leser einmal mehr den Spiegel vor mit der Frage „Wie würdest Du reagieren, wie würdest Du entscheiden, hättest Du das geahnt?“

Die Charaktere sind sehr unterschiedlich angelegt und sehr interessant ausgearbeitet. Helen ist eine eher zurückhaltende Frau, geprägt von einer unglücklichen Kindheit und einer ebenso verkorksten Ehe, auf sich allein gestellt und fast am Rande der Gesellschaft. Sie wirkt oftmals naiv und leicht zu manipulieren. Helen nimmt sich andere nicht nur zum Vorbild, sie ordnet sich ihnen regelrecht unter. Für die Freundschaft mit Ava und Swift lässt sie alte und auch neu gewonnene Freunde im Stich, denn ihre Welt dreht sich nur noch um das Ehepaar und ihren Sohn. Sehr schön zu beobachten ist ihre Entwicklung im Laufe der Handlung, denn zu Beginn wirkt Helen wenig sympathisch, da sie eher apathisch und kraftlos wirkt. Ava sitzt im Rollstuhl und ist völlig abhängig von ihrem Ehemann Swift. Dabei tritt Ava sehr selbstbewusst auf und ist großzugig bei allem und jeden in ihrem Umfeld. Swift ist ein Lebemann, laut, dröhnend, wie ein großes Kind, das ständig in Aktion ist und alles nachholen muss, was es im Leben eventuell verpasst hat. Er versteht sich hervorragend mit Helens Sohn Oliver und lockt den Jungen aus seiner Starre heraus zurück ins Leben. Auch die anderen Protagonisten sind sehr gut ausgestaltet und tragen ihren Teil dazu bei, der Handlung mehr Spannung und Leben einzuhauchen.

„Die Guten“ ist ein sehr eindringlicher Roman, der einmal mehr zeigt, wie geschickt Manipulation sein kann und wie stark man sein muss, sich dieser zu entziehen. Die Frage „Was ist wirklich wichtig?“ kann man als Leser kaum ausblenden. Alle, die gern gesellschaftskritische Romane lesen und auch Charakterstudien mögen, werden dieses Buch auf jeden Fall mögen. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 30.10.2016

Die Liebe ist selbstlos...

Als der Himmel zerriss
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Mitte des 19. Jh. Irland. Die junge Emily zieht mit ihrem Vater von England auf ein Gut nach Irland. Doch sie sind dort nicht willkommen, denn sie haben zum einen nicht die richtige Konfession, zum anderen ...

Mitte des 19. Jh. Irland. Die junge Emily zieht mit ihrem Vater von England auf ein Gut nach Irland. Doch sie sind dort nicht willkommen, denn sie haben zum einen nicht die richtige Konfession, zum anderen leiden die Pächter unter den hohen Abgaben und können ihre Familien mehr schlecht als recht ernähren. Sowohl die Einstellung des neuen Verwalters Ronald Tuppence als auch die Bekanntschaft mit dem Einheimischen Brendan und seiner Familie ändern die Lage nicht. Als eines Tages Emilys Vater erschossen wird und auch Ronald auf Reisen gehen muss, steht die junge Frau ganz allein da mit dem großen Besitz. Aber der steht plötzlich mitten in der Nacht in Flammen, und Emily weiß nicht, wohin sie gehen soll. Was soll jetzt aus ihr werden? Und wer hat ihren Vater auf dem Gewissen?

Stephanie Rapp hat mit ihrem Buch „Als der Himmel zerriss“ einen sehr einfühlsamen historischen Roman vorgelegt, der allein schon durch seinen wunderschönen Erzählstil besticht. Der geschichtliche Hintergrund über die Zustände in Irland, die Glaubenskonflikte und die furchtbare Armut der Bevölkerung wurden von der Autorin wunderbar mit der Handlung verflochten. Viele Dinge erschüttern sehr, wenn man von Toten am Straßenrand liest, der Verlust von mehreren Ernten hintereinander oder auch die Funktion eines Armenhauses zur damaligen Zeit. Die Beschreibungen der Landschaften sind so bildgewaltig, dass man sich vor dem inneren Auge mal in Irland, mal auf einem Schiff Richtung Australien und in dem warmen Klima Tasmaniens wähnt, die sowohl eindrucksvoll als auch einschüchternd sein können.

Die Charaktere sind sehr individuell und liebevoll ausgestaltet, sie sind nicht perfekt, sondern wirken besonders durch ihre Eigenheiten, Stärken und Schwächen. Emily ist eine junge Frau, die bisher behütet aufwuchs. Der Umzug nach Irland zeigt ihr nun eine Welt, die bisher weit weg war: Entbehrungen und der Armut. Am Anfang wirkt Emily noch recht naiv, doch je weiter die Handlung fortschreitet, umso mehr staunt der Leser über ihre Entwicklung. Sie wird mutiger und selbstsicherer, beißt sich durch und hilft selbstlos anderen. Ronald wirkt charmant und erfahren, dabei allerdings auch undurchschaubar und berechnend. Brendan ist ein ehrlicher und offener Mann, der selbstlos denen Unterstützung angedeihen lässt, die diese dringend benötigen. Er versucht, die Dinge von mehreren Seiten zu betrachten und sich von anderen Ansichten zu überzeugen. Auch die anderen Protagonisten, allen voran die kleine Deidre, verhelfen der Geschichte mit ihren eigenen kleinen Episoden zu einem wundervollen Rahmen, der einem oftmals das Herz öffnet.

Der christliche Aspekt spielt in diesem Roman eine große, wenn auch nicht aufdringliche Rolle. Die Zwiegespräche von Emily mit Gott, die Hilferufe, das Halten der alten Bibel und auch der Moment, an dem sie Gott körperlich spürt, sind so eindrucksvoll beschrieben, dass man den Atem anhält und dem Moment nachspürt.

„Als der Himmel zerriss“ ist ein eindrucksvoller historischer und christlicher Roman, der so viel Schreckliches, aber auch so viel Schönes erzählt und Gedanken auf die Reise schickt. Wenn ein Buch so etwas vermag, dann ist es ein ganz besonderes. Absolute Leseempfehlung für eine Reise in die Vergangenheit par excellence!!!

Veröffentlicht am 29.10.2016

Die Molinari-Schwestern

Das Mitternachtsversprechen
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Die alleinerziehende Mutter Vera ist Journalistin und recherchiert für einen Radiosender, der starken Frauen eine Reihe widmen möchte. Auch ihre Großmutter Teresa war so eine Frau, die nach dem Krieg 1948 ...

Die alleinerziehende Mutter Vera ist Journalistin und recherchiert für einen Radiosender, der starken Frauen eine Reihe widmen möchte. Auch ihre Großmutter Teresa war so eine Frau, die nach dem Krieg 1948 und dem Verlust der Eltern in Turin mit ihrer Schwester Lidia gemeinsam das familieneigene Café Molinari hat wieder auferstehen lassen, wobei sie auch die alten Familienrezepte wieder hervorholten, die sich großer Beliebtheit erfreuten. Als sie in den alten Hinterlassenschaften ihrer Großmutter ein Foto findet, ist Vera überrascht, drei Schwestern zu sehen. Wer ist die dritte Frau auf dem Bild? Vera macht sich auf den Weg nach Italien um der Geschichte auf den Grund zu gehen und schon bald steckt sie mitten in einem düsteren Familiengeheimnis.

Mascha Vassena hat mit ihrem Buch „Das Mitternachtsversprechen“ einen sehr spannenden und teils historischen Roman um Familiengeheimnisse und die Liebe vorgelegt. Der Schreibstil ist schön flüssig, bildhaft und wirkt manchmal sogar etwas melancholisch, der Leser findet sich sofort als unsichtbarer Schatten an Veras Seite und begleitet sie bei ihrem Unterfangen. Auch die Gefühle und Gedanken bleiben dabei nicht verborgen. Der Spannungsbogen wird gemächlich aufgebaut, steigert sich aber während der Handlung immer mehr bis zu einem überraschenden Finale. Besonders schön sind ist die Verschmelzung der Gegenwart mit der Vergangenheit gelungen. Durch die Kapitel wechseln sich die Zeiten oftmals ab und erzählen sowohl von der Zeit nach dem Krieg als auch die gegenwärtige Situation. Die Autorin schafft es durch geschickte Winkelzüge, den Leser immer wieder in die Irre zu führen und aufs Neue Spekulationen in Bezug auf die Handlung zu entwerfen. Die Landschaftsbeschreibungen sind so lebendig, man hat das Gefühl, durch Turin zu wandeln und alles mit eigenen Augen zu sehen. Auch das italienische Flair ist schön zu spüren, die Atmosphäre des Kaffeehauses wunderbar inszeniert. Es umweht einen der Duft nach Espresso und den Geschmack der schönen Pralinen kann man fast auf der Zunge spüren.

Die Charaktere sind individuell in Szene gesetzt und ausgearbeitet, sie haben ihre Stärken und Schwächen wie im normalen Leben. Deshalb wirken sie auch besonders authentisch und lebendig. Vera ist zu Beginn eine eher farblose Frau, mit der man erst warm werden muss, wobei das für eine Journalistin schon eher ungewöhnlich ist. Sie zeigte am Anfang noch zu wenig Biss für ihre Geschichte. Doch je mehr sie in die eigene Familienhistorie eintauchte, umso mehr nahm man die Veränderung an ihr wahr. Vera wurde mutiger und ehrgeiziger, sie stellt endlich offen Fragen und lässt sich nicht einfach abspeisen. Lidia ist eine harte Frau, die zudem recht kalt wirkt, aber sie lernt der Leser im Verlauf des Romans immer besser kennen und weiß um ihre Fähigkeiten und ihren Pragmatismus. Aurora ist eine sehr berechnende Person, die sich nur dafür interessiert, wer ihr von Nutzen sein kann. Sie will immer im Mittelpunkt stehen und gönnt niemanden etwas, wenn sie es nicht haben kann. Teresa ist eine gradlinige Frau, hilfsbereit und familienverbunden bis zu einem gewissen Grad.

„Das Mitternachtsversprechen“ ist ein sehr spannender und unterhaltsamer Roman mit historischen Anteilen, der bis zum Schluss sein Geheimnis bewahrt und so den Leser bis zum Ende in Atem hält mit jeder Menge Vermutungen um den Ausgang der Geschichte. Alle, die Familiengeheimnisse und –geschichten lieben, werden hier voll auf ihre Kosten kommen. Absolute Leseempfehlung!