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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.12.2017

Prädikat unbedingt hörenswert

Die andere Seite des Himmels
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Die 12jährige Jean, genannt Bean, lebt zusammen mit ihrer älteren Schwester Liz bei ihrer Mutter, einer psychisch labilen Künstlerin, die weder beruflich noch persönlich einen Fuß auf den Boden bekommt ...

Die 12jährige Jean, genannt Bean, lebt zusammen mit ihrer älteren Schwester Liz bei ihrer Mutter, einer psychisch labilen Künstlerin, die weder beruflich noch persönlich einen Fuß auf den Boden bekommt und meist mit sich selbst beschäftigt ist. Deshalb beschließen die Schwestern alleine quer durch Amerika zu ihrem Onkel Tinsley in die erzkonservative Kleinstadt Byler im Bundesstaat Virginia aufzubrechen. Tinsley ist zwar kauzig, sorgt jedoch mit ganz viel Einfühlungsvermögen für die Mädchen. Da die Mädchen sich etwas Taschengeld verdienen möchten, landen sie beim stadtbekannten Scheusal Maddox und das Unglück nimmt seinen Lauf.

Die Erzählung wird aus Beans Sicht erzählt, die mit viel Selbstbewusstsein, einem eisernen Willen, kindlicher Naivität, aber auch mit viel Gerechtigkeitssinn gesegnet ist. Die Mädchen möchten nicht weiter wie ihre Mutter leben, die sobald ein Problem auftaucht, flieht. Sie wollen trotz einiger Schwierigkeiten in Byler bleiben, fühlen sich dort wohl und das erste Mal so richtig Zuhause.

Ich habe bereits Jeannette Walls Schloss aus Glas im Kino gesehen und war begeistert. Auch bei "Die andere Seite des Himmels" zeigt sich ihre große Stärke des genauen Erzählens. Sie beschreibt exakt und fesselnd, analysiert die Gesellschaftsstruktur Virginias in den 70er Jahren und lässt die Problematik des Vietnamkriegs und der Rassendiskriminierung intelligent einfließen. Ihr ist ein hinreißender, atmosphärisch dichter Roman gelungen, der von mir das Prädikat unbedingt hörenswert erhält.

Veröffentlicht am 05.12.2017

Betrogene und Betrügerin

Adele Spitzeder
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Eigentlich ging ich davon aus, dass mich ein Roman erwartet, habe dann aber schon nach wenigen Seiten festgestellt, dass es sich um ein Sachbuch handelt, was aber meinem Lesevergnügen keinen Abbruch tat.


Julian ...

Eigentlich ging ich davon aus, dass mich ein Roman erwartet, habe dann aber schon nach wenigen Seiten festgestellt, dass es sich um ein Sachbuch handelt, was aber meinem Lesevergnügen keinen Abbruch tat.


Julian Nebel schafft es auf 176 Seiten, sauber recherchiert einen der unglaublichsten Fälle in der deutschen Kriminalgeschichte darzustellen: Die Dachauer Bank der Adele Spitzeder. Der Untertitel verrät bereits Näheres: Der größte Bankenbetrug aller Zeiten. Vielleicht nicht "der", aber "einer".


1872 verlieren Tausende von Menschen, v.a. in und um München ihr gesamtes Erspartes, weil sie auf die Bankgeschäfte einer Adele Spitzeder hereinfielen. Es handelte sich bei ihr um eine relativ erfolglose Schauspielerin, dazu Frauen sowie einem Leben in Saus und Braus nicht abgeneigt. Sie erfand ein Schneeballsystem, das anfangs gut lief, dann jedoch wie jedes dieser Systeme implodierte. Erschwerend kam hinzu, dass Spitzeder keine Kauffrau war, sie führte weder Bücher, noch überwachte sie ihre Angestellten, die sich ebenfalls großzügig an den Spareinlagen bedienten. Letztendlich wandert Adele Spitzeder ins Gefängnis, verliert alles und wird im Alter von 63 Jahren anonym auf einem Münchner Friedhof beerdigt.

Der Fall ist nach wie vor brandaktuell; man denke nur an den Hedgefonds-Skandal. Durch das Buch konnte ich nachvollziehen, wie normale Menschen auf eine solche Maschen hereinfallen, denn nicht nur die Bankiers, auch die Sparer sind von purer Gier gesteuert. Ich habe durch die Lektüre viel über das äußerst spannende und außergewöhnliche Leben der Adele Spitzeder und die kulturgeschichtlichen Geschehnisse ihrer Zeit gelernt.

Veröffentlicht am 24.11.2017

366 Aphorismen

... durch's Jahr kommen
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Bernd Desinger veröffentlichte in dem handlichen Büchlein "... durch's Jahr kommen" 366 Aphorismen. Ja, 366 - er hat auch an die Schaltjahre gedacht. Es ist außerdem immerwährend zeitlos. Bei den Sinnsprüchen ...

Bernd Desinger veröffentlichte in dem handlichen Büchlein "... durch's Jahr kommen" 366 Aphorismen. Ja, 366 - er hat auch an die Schaltjahre gedacht. Es ist außerdem immerwährend zeitlos. Bei den Sinnsprüchen bin ich etwas hin- und hergerissen; manche sind sehr auf den Punkt, andere aber auch irgendwie schon zu oft gehört, unsinnig, altklug, dann aber auch wieder humorvoll. Manche gefallen mir mehr, manche weniger. Jedoch muss ich sagen, dass mich die Mehrheit nicht überzeug. Ich hatte die Überlegung, jeden Morgen des neuen Jahres mit einem Aphorismus zu starten, das Büchlein vielleicht sogar an Weihnachten zu verschenken, allerdings erscheint mir dafür der Inhalt zu schwach und zu abgedroschen.

Diese Sinnsprüche haben mir besonders gut gefallen:
"Im Nachhinein verklären sich die Dinge."
"Dem Tod ist es gleich, ob dein Infarkt durch einen Herzfehler oder durch Stress verursacht wurde."
Dann gibt es aber auch Stilblüten wie z.B.:
"Schlechter Rat ist billig."
Schon 1 Mio. mal gehört:
"Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht."
Quellen werden übrigens nicht erwähnt.
Unverstanden:
"Es gibt keine Atheisten."

Machen Sie sich Ihr eigenes Bild. Empfehlen will ich es nicht.

Veröffentlicht am 22.11.2017

12 Monate Sex und dann sterben

Das Jahr der Frauen
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Frank Stremmer, ein frustrierter, sexistischer und so gar nicht empathischer NGO-Mitarbeiter aus Genf geht mit seinem Psychotherapeuten Dr. Yves Niederegger passend zum Jahresanfang eine skurrile Wette ...

Frank Stremmer, ein frustrierter, sexistischer und so gar nicht empathischer NGO-Mitarbeiter aus Genf geht mit seinem Psychotherapeuten Dr. Yves Niederegger passend zum Jahresanfang eine skurrile Wette ein, sozusagen als guter Vorsatz: Er schläft jeden Monat, ein Jahr lang mit einer Frau und danach bringt er sich um. Soviel zum Auslöser der Geschichte, dabei ist Stremmer frauenfeindlich, nimmt Drogen, säuft, reist durch die Welt, von Schweden über Japan Mallorca bis nach Zentralafrika. Schnell wir der Protagonist extrem unsympathisch und der Leser muss aufpassen, dieses Gefühl nicht auf die Handlung an sich zu projizieren. Genau darin liegt die Schwierigkeit. Erschwerend kommen Stremmers Gedankensprünge hinzu, denen man konzentriert folgt, um dann mit einem "und so weiter und so fort" vor den Kopf gestoßen zu werden. Emails inkl. der Emailadressen und Betreffzeilen werden im Telegrammstil heruntergerattert. Sitzungen zwischen Stremmer und Niederegger werden eingestreut sowie immer detailliert beschriebene Bettgeschichten - das Ganze nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Englisch und Französisch.

Christoph Höhtker analysiert so genau, erschafft Charaktere, die so skurril, dass sie schon wieder realistisch sind. Er ist gesellschaftskritisch und lässt die Handlung in einem furiosen und sehr überraschenden Ende gipfeln.

Erich Wittenberg liest grandios und erleichtert das recht anstrengende Zuhören.

Für mich handelt es sich bei "Das Jahr der Frauen" um einen Roman, der verwirrt und schockiert. Den man verstehen muss, damit er gefällt.

Veröffentlicht am 19.11.2017

Wie Sie gesund und einfach abnehmen

Bio-Size statt Plus-Size
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Victoria Fromm ist es auf lediglich 60 Seiten gelungen, alle wichtigen Punkten zum Thema Abnehmen zu benennen und berichtet zusätzlich noch über ihre eigenen Erfahrungen. Dabei schreibt sie erfrischend ...

Victoria Fromm ist es auf lediglich 60 Seiten gelungen, alle wichtigen Punkten zum Thema Abnehmen zu benennen und berichtet zusätzlich noch über ihre eigenen Erfahrungen. Dabei schreibt sie erfrischend humorig, sehr flüssig und hebt sich dadurch glücklicherweise von der Ausführlichkeit und Kompliziertheit anderer Ratgeber ab. Zuerst dachte ich, der Ratgeberteil hätte etwas ausführlicher sein können. Aber nein, gerade das hätte er nicht! Die Quintessenz, die Fromm zusammenfasst, mit allen praktischen Tipps ist vollkommen ausreichend. Die einzelnen Punkte sind chronologisch aufgebaut. Der Abnehmwillige beginnt logischerweise mit einer Entgiftung. Danach folgen allgemeine Infos zur Ernährung sowie zu einzelnen Lebensmitteln, Sport und Schlaf. Dabei ist die Autorin niemals abgehoben oder besserwisserisch, sie macht ihren Lesern Mut und bringt das Thema ganz genau auf den Punkt. Nach dieser kurzen Lektüre kann der Leser sofort loslegen abzunehmen und ich bin mir sicher, dass es von mehr Erfolg gekrönt sein wird als mit jedem anderen Ratgeberbuch.
Absolut empfehlenswert.