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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.06.2017

Es ist immer genug Liebe da

Nero Corleone kehrt zurück
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Man mag sie oder man mag sie nicht - ich mag Elke Heidenreich, ihre Literatur und ihre Stimme, denn sie liest selbst.

Ein wunderbarer zweiter Teil mit Nero Corleone, dem freiheitsliebenden Giggolo-Kater, ...

Man mag sie oder man mag sie nicht - ich mag Elke Heidenreich, ihre Literatur und ihre Stimme, denn sie liest selbst.

Ein wunderbarer zweiter Teil mit Nero Corleone, dem freiheitsliebenden Giggolo-Kater, der von Deutschland die Nase voll hat. Ich habe mehr als einmal laut gelaut, die Geschichte geht runter wie Öl und war für meinen Geschmack zu schnell vorbei. Beim aufmerksamen Hören hat das vordergründig etwas trivial erscheinende Buch Tiefgang und erzählt mehr als nur die Geschichte eines schwarzen Katers.

Meiner Meinung kann man den zweiten Teil hören, ohne den ersten Teil "Nero Corleone" zu kennen.

Die Scheidung von Robert hat Isolde freundschaft hinter sich gebracht, ihr neuer Liebhaber ist pflegeleicht, so dass sie sich ohne Hindernisse, mit Sack und Pack nach Italien in das Ferienhaus aufmacht. Dieses Mal möchte sie länger bleiben. Nicht dass sie nicht nach Deutschland zurück könnte, dort hat sie immer noch eine kleine Wohnung für den Fall der Fälle. Die Zeit in Italien erscheint zwar unspektakulär, aber Isolde nicht weniger zufrieden. Allerdings trauert sie immer noch ihrem heißgeliebten Kater Nero nach. Er hatte eines Tages die Fahrten zwischen Deutschland und Italien satt und sich entschieden, in Bella Italia zu bleiben. Mehrmals wurde er von Nachbarn gesichtet, jedoch nirgends heimisch. Eines Tages läuft Isolde die kleine Elsa zu, die sie in ihr Herz schließt, Elsa wird zutraulich und zieht ein. Und da taucht doch tatsächlich auch wieder der alte Nero auf, unabhängig wie immer, aber glücklich, regelmäßig Futter und ein Zuhause zu haben. Isolde telefoniert regelmäßig mit ihrem Freund, der sie in Italien besucht, jedoch mit dem präsenten Nero und seinem Platz im Haus, nicht klar kommt. Isolde kommt dann nicht mehr mit dem Freund klar. Aber siehe da, nicht nur Nero kommt zu Isolde zurück, sondern auch ihr Ex-Mann Robert. Und wenn sie nicht gestorben sind, fahren sie immer noch glücklich zwischen Italien und Deutschland hin und her, dieses Mal mit zwei Katzen im Gepäck, denn es war immer genug Liebe da.

Nein, die Geschichte ist nicht kitschig und schon gar nicht trivial, vermutlich muss man aber Katzen mögen, um sie wirklich zu verstehen.

Für Katzenliebhaber und Heidenreich-Fans ein Muss und großer Lesespaß

Veröffentlicht am 15.06.2017

Eve Zvichanzi Nyemba schreibt aus voller Seele

Look Within - Aus voller Seele
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Die Gedichte des kleinen Bändchens stammen von Eve Zvichanzi Nyemba, eine Autorin aus Simbabwe mit Zeichnungen von der Australierin Amy Laidlaw. Sie hat auch das Titelbild entworfen, bei dem ich etwas ...

Die Gedichte des kleinen Bändchens stammen von Eve Zvichanzi Nyemba, eine Autorin aus Simbabwe mit Zeichnungen von der Australierin Amy Laidlaw. Sie hat auch das Titelbild entworfen, bei dem ich etwas zwiegespalten bin. Man assoziiert es zwar sofort mit Afrika. Dennoch wundere ich mich über die Wahl der Künstlerin. Ich kann keinen Zusammenhang zwischen ihr und der Autorin feststellen.

Eve Zvichanzi Nyemba widmet den Band ihren Eltern, Dank derer sie lernen und wachsen konnte. Sie konnte studieren und machte ihren Master in Internationale Beziehungen. Heute lebt Nyemba in Harare und lehrt an der International Business School. Auch heute noch werden Mädchen in Simbabwe sehr traditionell erzogen, Frauenbild und Rollenverteilung sind meist altmodisch und ganz bestimmt nicht gleichberechtigt. Weitere Steine wirft Präsident Mugabe in den Weg, der dikatorisch regiert. Es werden viel häufiger Werke von Schriftstellern verlegt als von Schriftstellerinnen. 1990 wurden die Zimbabwe Women Writers (ZWW) gegründet, um genau diesen Frauen ein Forum des Austauschs zu schaffen.

Die Autorin setzt sich in ihren Gedichten mit der Gleichberechtigung auseinander, klagt die einseitige westliche Berichterstattung über Afrika an, thematisiert Unterdrückung und Gewalt. Ihr Werke sind schnörkellos, klar, direkt, manchmal vielleicht sogar ein bisschen einfach, deshalb konnte Bettina Weiss fließend und klar, fast 1:1 übersetzen. Ich habe die Gedichte auf Englisch gelesen und immer wieder mit der deutschen Übersetzung verglichen. Mir gefällt gut, was ich da auf Deutsch lesen.

Für alle, die afrikanische Literatur, v.a. von ihren starken weiblichen Vertreterinnen, lieben - ein wunderschönes Lesemuss.

Veröffentlicht am 14.06.2017

Starker Inhalt, schwache Sprache

Hobos-Trail
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Ich habe dieses Buch in einer Leserunde gelesen und der Austausch mit dem Autor Marlin half mir, das Buch besser zu verstehen. Marlin wird übrigens nie mit Nachnamen genannt. Sein interessanter Lebenslauf ...

Ich habe dieses Buch in einer Leserunde gelesen und der Austausch mit dem Autor Marlin half mir, das Buch besser zu verstehen. Marlin wird übrigens nie mit Nachnamen genannt. Sein interessanter Lebenslauf ist im Klappentext erwähnt.

Schon lange interessiert mich die Hobo-Bewegung Nordamerikas, die berühmte Vertreter wie Jack London und Woody Guthrie hervorbrachte. Ein Hobo ist ein Wanderarbeiter, der auf der Suche nach Arbeit quer durch das Land reist. Das Transportmittel der Wahl sind Züge oder besser gesagt, offene Güterzugwaggons, Boxcars genannt, manchmal auch Zugdächer. Selbstverständlich war dies den Bahnbediensteten ein Dorn im Auge und sie machten Jagd auf die blinden Passagiere.

Hobos Trail springt direkt ins Jahr 1870 in eine Zeit, in der viele Hobos unterwegs sind. Es ist die Zeit der sog. Reconstruction nach dem Sezessionskrieg, in der die Südstaaten wieder in die Union eingegliedert werden, der Ku-Klux-Klan die befreiten Sklaven jagt und die Indianerkriege ausbrechen. In dieser Zeit der Umbrüche und Krisen bricht auch Bill nach einem Streit mit seinem Vater auf und schließt sich drei jungen Hobos an - Jack, Joe und Tom. Nach einem Zwischenfall, bei dem ein Bahnbediensteter zu Tode kommt, trennen sich die Wege der jungen Männer. Bill reist mit Tom weiter und Jack, der indianische Wurzeln hat, macht sich mit Joe zusammen auf. Marlin hat die Handlung so geschickt in zwei Stränge geteilt und bringt mehr Spannung hinein. Bill und Tom werden des Mordes verdächtigt und per Steckbrief gesucht. Jack und Joe lernen ihre zukünftigen Frauen kennen und schließen sich einem Sioux-Stamm an. Sie treffen auf Menschen, die ihnen sehr wohlgesonnen, aber auch solche, denen sie ein Dorn im Auge sind. Marlin streut geschickt alle Themen der Zeit in die Handlung, sei es der Ku-Klux-Klan, Greueltaten, die gegenüber den Indianern verübt, die entweder niedergemetzelt oder unter menschenunwürdigen Bedingungen in Reservate gesteckt werden. Letztendlich finden Jack und Joe ihren vermeintlichen Frieden als Mitglieder eines Stamm der Sioux in einem abgelegenen Tal. Bill trifft in Utah auf die Mormomen, deren Lebensstil ihn sehr beeindruckt. Hier schließt sich der Kreis zu Marlins Biografie, dessen Religionszugehörigkeit ungewöhnlicherweise im Klappentext gedruckt steht, "Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage". Selbstverständlich habe ich wieder im Internet recherchiert, wie so oft bei dieser Lektüre, und lerne, dass es sich dabei um die Religionsgruppe der Mormonen handelt. Das erste Mal werden die Mormonen bereits im 4. Kapitel kurz erwähnt und genau bei dieser Religionsgruppe landet auch Bill und "empfand gute Gefühle für sie". Musste das so sein, hätte er nicht weiterhin in den Wäldern als Trapper leben können?

Ich habe durch die Lektüre wirklich viel amerikanische Geschichte gelernt und deren Zusammenhänge verstanden, allerdings hat mir die Sprache enorme Schwierigkeiten bereitet. Auf Rechtschreibfehler und den Nichtgebrauch des ß möchte ich nicht weiter eingehen, genauso wenig auf Schweizer Begriffe wie z.B. innert für innerhalb, binnert für binnen, Conducteur für Schaffner usw. Was ich aber nicht tolerieren kann, sind wild eingestreute englische Wörter für die es zum einem kein Glossar gibt, zum anderen Dialoge lächerlich wirken lassen. Die Protagonisten sprechen nämlich so: "Mit der Union Pacific Railroad, die hat dort eine new Train Station seit 1867... bei der New Town Cheyenne." Oder "Das sind good news,...", "... Sonst jagt uns die Trainpolice!". Ich kann verstehen, dass der Autor dadurch das Sprachgewirr der ersten Siedler deutlich machen will. M.E. ist dieser Versuch kläglich gescheitert und macht mir das Lesen einfach nur schwer. Noch weniger kann ich jedoch tolerieren, dass das Wort "Neger" eingesetzt wird und zwar nicht weil in dieser Passage in der Sprache von 1870 gesprochen wird, sondern weil ich Marlin schlichtweg Unwissenheit unterstelle. Es muss nicht mehr diskutiert werden, dass es sich bei diesem Begriff in der heutigen Zeit zweifelsfrei um eine Beleidigung handelt.

Aufgrund der sprachlichen Mängel gibt es nur drei Sternchen und nicht vier, die inhaltlich absolut berechtigt wären.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Früher war doch nicht alles besser

Comeback mit Backpack
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Ich selbst bin seit über 25 Jahren mit dem Reisefieber infiziert und springe auf alle ungewöhlichen Reisebeschreibungen an. Also, Buch aufgeschlagen und innerhalb von drei Tagen komplett durchgeschmökert. ...

Ich selbst bin seit über 25 Jahren mit dem Reisefieber infiziert und springe auf alle ungewöhlichen Reisebeschreibungen an. Also, Buch aufgeschlagen und innerhalb von drei Tagen komplett durchgeschmökert. Mein Fernweh wurde durch die Lektüre noch mehr gesteigert. Gitti Müller vergleicht sehr anschaulich zwischen analogem und digitalen Reisen. Sie arbeitet genau Vor- und Nachteile beider Reisearten heraus und mir hat gut gefallen, dass sie dem Leser nicht weismachen möchte, dass früher alles besser war.

Die Autorin reiste zwischen 1980 und 2015 quer durch Mittel- und Südamerika als sog. Backpackerin, d.h. mit einem Rucksack, kleinem Budget, allein oder in Begleitung eines Freundes, einer Freundin oder ihres Sohnes. Sie reist sehr achtsam, nachhaltig und vorbildlich, d.h. sie reist mit Herz und Verstand, um Land und Leute kennenzulernen. Gitti Müller erlernt sogar eine Sprache der indigenen Bevölkerung, um sich mit ihnen besser verständigen zu können. Sprache öffnet Einblicke und Herzen. Sie ist glaubhaft interessiert am Leben der Menschen in einem fremden Land, weitab der Touristenpfade und sie erwartet schon gar nicht deutsche Bedingungen in Chile oder Argentinien. Sie zögert nicht, die gleichen Transportmittel wie die Einheimischen zu nehmen, seien es wacklige Propellermaschinen, zugige Ladeflächen von LKWs oder ein einfaches Fahrrad. Mit dem Essen scheint sie ebenfalls nicht zimperlich zu sein. Diese Art der Annäherung hat mir sehr imponiert.

Zwei Passagen empfinde ich jedoch als langatmig. In denen werden dem geneigten Leser sehr detailliert Tipps zur Thromboseprophylaxe und Yogaübungen für den gestressten Reisenden erklärt.

Den roten Faden verlor ich jedoch, als die chronologische Reihenfolge der Reisen nicht mehr eingehalten wurde. Anfangs verglich Gitti Müller eine analoge Reise aus dem Jahr 1980 mit einer digitalen aus dem Jahr 2015. Sie sprang nun einige Male zwischen diesen Reisen hin- und her. Dieser Wechsel wiederholt sich nun einige Male. Dann jedoch wird wild zwischen den Jahren sowohl im analogen als auch im digitalen Bereich hin- und hergesprungen - von 1980 nach 2005, zurück nach 1986 um dann wieder im Jahr 2015 zu landen. Das hat mich irritiert. Da man aber auch jedes Kapitel als separaten Reisebericht lesen kann, fällt dies nicht so sehr ins Gewicht. Ich hätte jedoch einem chronologischen Aufbau besser folgen können.

Nichts desto trotz, Gitti Müller hat viel zu erzählen und wird sicherlich noch die eine und andere Reise unternehmen, von denen ich gerne wieder lese. Unbedingt lesenswert für wahrhaftige Backpacker und ehrlichen Traveller.

Veröffentlicht am 31.05.2017

Schuster, bleib bei deinen Leisten!

Maria und der Patriot
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Der Klappentext verspricht viel: Hans-Werner Honert, der sich als Regisseur, Drehbuchautor und Produzent von div. Tatort- und Polizeiruf 110-Sendungen einen Namen gemacht hat, beschäftigt sich in seinem ...

Der Klappentext verspricht viel: Hans-Werner Honert, der sich als Regisseur, Drehbuchautor und Produzent von div. Tatort- und Polizeiruf 110-Sendungen einen Namen gemacht hat, beschäftigt sich in seinem Erstlingswerk mit dem Rohwedder-Mord. Karsten Rohwedder wurde 1991 als Chef der Treuhandanstalt ermordert. Man vermutet die RAF hinter diesem Attentat, hat aber bis heute die Täter nicht gefasst.

Zum Inhalt: Maria reist als Kind Anfang der 90er mit ihrer Mutter aus Ostdeutschland aus in die USA. Ihr Vater war als Bodyguard Rohwedders tätig und ist seit dem Mord untergetaucht. Als junge Frau bekommt sie einen interessanten Auftrag: Sie soll einen Dokumentarfilm über diesen Mord drehen. Der Auftrag entwickelt sich, als Maria beginnt Fragen zu stellen, zu einem Kampf um Leben und Tod. Honert entwickelt zwei Hauptblickwinkel, einmal der von Maria und einmal der von Jack, Marias Freund, der kurz vor Beginn des Auftrags bei einem Autounfall ums Leben kam.

Der Roman nimmt langsam Fahrt auf, erst nach ca. 200 Seiten kommt etwas mehr Spannung auf, echte Thrillerelemente fehlen. Die Hintergründe des Rohwedderer Mordes werden m.E. nícht ausreichend bearbeitet. Für mich ist der Roman weder Fisch noch Fleisch, d.h. weder ein spannender Politthriller, noch eine mitreißende Liebesgeschichte. Das Potential wäre da.

Ich werde mir zukünftig gerne wieder einen Tatort aus Honerts Feder anschauen, von weiteren Büchern werde ich vermutlich Abstand nehmen. Für Leser, die wie ich einen Politikthriller erwarten, Zeitverschwendung.