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Veröffentlicht am 24.11.2019

Ereignisreiche Ferientage auf Rügen

Abenteuer auf Rügen - Lilly, Nikolas und die Piraten
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Mit dem Rügen-Abenteuer der beiden Geschwister Lilly und Nikolas fing alles an! Steffi Bieber-Geske befand sich auf einer Mutter-Kind Kur auf der schönen Ostseeinsel und war auf der Suche nach einem Kinderbuch ...

Mit dem Rügen-Abenteuer der beiden Geschwister Lilly und Nikolas fing alles an! Steffi Bieber-Geske befand sich auf einer Mutter-Kind Kur auf der schönen Ostseeinsel und war auf der Suche nach einem Kinderbuch über Rügen für ihren Sohn. Als sie keines fand, schrieb sie kurzerhand selber eines, das sie im Eigenverlag veröffentlichte - um bald festzustellen, dass sie eine Marktlücke entdeckt hatte. Und so wurde ihr Buch zum Grundstein für den qualitätvollen kleinen Verlag "Biber & Butzemann", der darauf spezialisiert ist, spannende Ferienabenteuer herauszugeben, die inzwischen, mit wechselnden Hauptfiguren, an den unterschiedlichsten Orten Deutschlands spielen und auf sehr kindgerechte Weise interessantes Wissen vermitteln über die jeweilige Region und darüberhinaus tolle Tipps zu Ausflugszielen geben, die sich für Familien wirklich lohnen.

Doch kommen wir zum ersten Band der Reihe, die inzwischen rund sechzig Bücher umfasst, - reisen wir mit Lilly, Nikolas und deren Eltern auf die Insel Rügen und verleben wir eine so vergnügliche wie informative Zeit, während der wir einige interessante Orte besuchen und zum krönenden Abschluss einer der alljährlich stattfindenden Aufführungen der Klaus Störtebeker - Festspiele beiwohnen, des legendären Piraten, den wir zusammen mit den Geschwistern besser kennenlernen!

Ein wenig enttäuscht sind Nikolas und seine Schwester zu Anfang schon, als ihnen klar wird, dass die Ostsee im Juni noch nicht zum Baden einläd. Aber es gibt so viel zu sehen und zu erleben, dass sie sehr bald schon ihren anfänglichen Kummer vergessen. Sandburgen kann man trotzdem bauen, und Ausflüge machen auch! Und wofür gibt es denn das schöne Hallenbad! Überhaupt haben sich die Eltern der beiden Kinder gut überlegt, was ihnen gefällt und an welchen Ausflügen Lilly und Nikolas Freude haben können. Sei es nun der bestens ausgestattete Hallenspielplatz "Pirateninsel", die Tauchgondel im Ostseebad Sellin, von der aus man das Treiben unter Wasser beobachten kann, die Fahrt mit dem mehr als hundert Jahre alten Rasenden Roland, der Besuch im Jagdschloss Granitz, dessen fast vierzig Meter hohen Aussichtsturm die Kinder begeistert, doch auch mit wackligen Knien erklimmen, oder die Mahlzeit im Restaurant "Nautilus", in dessen Gastraum es aussieht wie in einem U-Boot. Das so etwas Kindern gefällt, kann man sich gut vorstellen - und ganz nebenbei lernen sie Spannendes über den französischen Schriftsteller Jules Verne, dessen Tauchschiff "Nautilus" das Lokal seinen Namen verdankt.

Der Höhepunkt aber ist natürlich die Aufführung des Störtebeker-Abenteuers, das die Kinder hautnah miterleben dürfen, ganz fasziniert nicht nur von der Flugshow mit den Greifvögeln, die sie hernach sogar - vorsichtig! - berühren dürfen, sondern vor allem vom Leben und Wirken des berühmt-berüchtigten Piraten, der im späten 14. Jahrhundert die Ostsee unsicher gemacht hatte und um den sich eine ganze Reihe Legenden ranken, denen Lilly und ihr Bruder gebannt lauschen. Als die Ferientage schließlich mit einem Spaziergang zum Schloss Ralswiek, einem beliebten Ort für Eheschließungen, und, schon auf dem Heimweg, mit einem Besuch des Meeresmuseums in Stralsund zu Ende gehen, sind alle ein wenig traurig. Doch da ist die Aussicht, spätestens im nächsten Jahr wiederzukommen - und außerdem wartet zu Hause noch eine tolle Überraschung auf die Geschwister, die sich ihre Eltern für sie ausgedacht haben....

Damit geht ein kurzweiliges, fröhlich erzähltes und nett illustriertes Buch zu Ende, das Kinder und deren Eltern nebst Großeltern gleichermaßen erfreut und neugierig macht nicht nur auf einen eigenen Rügen-Urlaub sondern auf weitere Ferienbücher aus dem unterstützens- und ganz sicher empfehlenswerten Verlag mit dem lustigen Namen Biber & Butzemann!

Veröffentlicht am 24.11.2019

Wer erbt schon ein Detektivbüro?

Die Nordseedetektive. Das geheimnisvolle Haus am Deich
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Seit Erich Kästners bemerkenswertem Klassiker der Kinderliteratur "Emil und die Detektive", aber spätestens seit den wenige Jahre später erschienenen spannenden Romanen der Vielschreiberin Enid Blyton ...

Seit Erich Kästners bemerkenswertem Klassiker der Kinderliteratur "Emil und die Detektive", aber spätestens seit den wenige Jahre später erschienenen spannenden Romanen der Vielschreiberin Enid Blyton erfreuen sich Kriminalromane für Kinder ungebrochener Beliebtheit! Längst ist der Dschungel der Kinderkrimis undurchdringlich geworden und man muss schon Glück haben, auf solche zu stoßen, die ein wenig herausragen aus dem Überangebot. Die Reihe um die Nordseedetektive ist schon wegen seiner erfrischenden Charaktere eine solche erfreuliche Vertreterin ihrer Gattung!

Die Kinderliedermacherin Bettina Göschl und der allseits bekannte Autor der Ostfriesenkrimis Klaus-Peter Wolf haben sich vor nicht langer Zeit zusammengetan, um Kinderkrimis zu schreiben - eine gute Idee, wie man nach der Lektüre des ersten Bandes um die selbsternannten Nordseedetektive Lukas, Emma und Vater Mick - auch gibt es noch Mutter Sarah, die allerdings hier nicht auftaucht, weil sie als Schauspielerin und Sängerin durch die Lande tourt - feststellen kann! Die Krimis haben eine für die Zielgruppe angenehme Länge, erfreuen mit nicht zu kleiner Schrift und durchgängigen, sehr ansprechenden Illustrationen, für die Franziska Harvey verantwortlich zeichnet.

Vorliegender erster Band erzählt so witzig wie aufregend und ohne unnötig zu verkomplizieren, wie alles begann mit den unkonventionellen Nordseedetektiven, wie nämlich unsre Protagonisten, die Janssens, quasi über Nacht nicht nur zu Besitzern einer alten und ziemlich heruntergekommenen Villa werden, sondern mit dem Haus auch die Profession des verstorbenen Onkels geerbt haben. Letzterer war ein cleverer Privatdetektiv, wie die Janssens bald herausfinden, bei dem das Geld aber offensichtlich knapp war, denn das Erbstück, die Villa, ist dringend reparaturbedürftig, es gibt keinen Strom und die Heiztanks sind auch leer! Nun, von derartigen Lappalien lassen sich Vater Mick, der rothaarige Lebenskünstler mit den beiden linken Händen und dem unpraktischen Kopf und seine beiden ebenso rothaarigen Kinder, die voller nützlicher Ideen stecken und sich mit Improvisationen aller Art auskennen - Kunststück, mussten sie sich doch, wie vermutet werden darf, ihr ganzes Leben lang irgendwie behelfen! - nicht entmutigen. Was kostet die Welt, das kriegen wir schon hin - scheint das Motto der Familie zu sein. Und recht haben sie, zumal das Glück auf der Seite der fröhlichen Janssens ist - und alsbald schon der erste Klient vor der Tür steht, eine reichlich seltsame Dame, die auf der Suche nach ihrem verschwundenen Ehemann ist. Zuversichtlich, den Gatten zu finden und zudem mit einer tüchtigen Anzahlung verlockt, die sie dringend brauchen können, denn der Magen knurrt schon ganz gehörig, nehmen Mick, Lukas und Emma den Auftrag an! Bewaffnet mit dem Handbuch für Detektive, das der Onkel zum Glück ebenso hinterlassen hat wie einen Koffer voller Werkzeuge, gehen sie systematisch zu Werke - und geraten alsbald in eine spannende und nicht ungefährliche Geschichte, und gleichzeitig von einem Missgeschick ins nächste, woran der bislang erfolglose Schriftsteller Mick nicht ganz unschuldig ist! Doch obwohl sie blutige Anfänger im Detektivgeschäft sind, lösen sie am Ende auf ihre eigene pfiffige Weise den Fall, bei dem nichts so ist, wie es zunächst den Anschein hatte....

Fazit: ein erheiternder und etwas anderer Kriminalroman für Kinder, bei denen Spaß und Kriminalfall gleichwertig nebeneinanderstehen, der sicherlich keinen großen Anspruch auf Kinderliteratur a la Kästner stellt, was aber der Spannung und dem Vergnügen keineswegs Abbruch tut. Im Gegenteil wartet man, längst gut Freund mit der rothaarigen Familie, schon neugierig auf den nächsten Fall....

Veröffentlicht am 18.11.2019

Austerndiebe, Austernbarone, Klimawandel - und zwei Morde!

Winteraustern
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"Im Herzen Franzose", so bezeichnet sich der 1982 in Ost-Berlin geborene Autor Alexander Oetker selbst, und so ist es nur folgerichtig, dass sein Commissaire Luc Verlaine, der dem Leser in vorliegendem ...

"Im Herzen Franzose", so bezeichnet sich der 1982 in Ost-Berlin geborene Autor Alexander Oetker selbst, und so ist es nur folgerichtig, dass sein Commissaire Luc Verlaine, der dem Leser in vorliegendem Kriminalroman bereits zum dritten Mal begegnet, genau das ist: ein echter Franzose! Ein Bonvivant, der gerne isst, trinkt, die Frauen und das Leben liebt und dazu noch ein sehr erfolgreicher Kriminalist ist. Eine willkommene Abwechslung nach so düsteren und gescheiterten, oft dem Trunk hingegebenen Ermittlern der Krimiwelt, wie sie vor allem die Skandinavier mit Vorliebe zu erschaffen pflegen.
Als Schauplatz der Reihe um den gelassenen Genießer Luc Verlaine, der nach erfolgreichen Berufsjahren in Paris aus familiären Gründen zurückkehrt zu seinen Ursprüngen, nämlich dem Aquitaine, hat der Autor eine der wohl schönsten Regionen Frankreichs gewählt, denn nicht nur ist das Aquitaine der Inbegriff des "Savoir Vivre", sondern zeichnet sich auch aus durch kilometerlange Traumstrände, die es zum Paradies für Surfer und Meeresliebhaber machen, und durch grandiose Farben, denn alles im Aquitaine ist intensiv und wunderschön - ein Fest für alle Sinne! Zudem liegt nur zwanzig Kilometer von der Küste entfernt mit dem Medoc, Saint Emilion und Pomerol die traditionsreichste Weinregion Frankreichs und man kann wohl sagen der ganzen Welt.
Aber noch etwas befindet sich im Aquitaine - das Bassin d'Archachon nämlich, eine riesige Bucht des Atlantiks und Zentrum der französischen Austernzucht!
Genau hier, unter den Austernfischern, lässt Alexander Oetker diesmal seinen Commissaire ermitteln. Die Austern sind nicht nur die Spezialität schlechthin dieser Gegend und nehmen einen Sonderplatz in der französischen Küche ein, dürfen gerade an Weihnachten auf keiner Tafel fehlen, sondern sind dazu noch ganz offiziell französisches Kulturgut!

Winterzeit ist Austernzeit! Dann sind sie reif, die glibbrigen und doch festen Meeresfrüchte, werden zu Tausenden von Tonnen geerntet, können ganz frisch in den kleinen Häfen der Region verkostet werden oder landen auf Millionen von Tellern in ganz Frankreich.
Luc Verlaine ist nicht nur leidenschaftlicher Austernesser, wie man leicht vermuten kann, sondern darüber hinaus der Sohn eines Austernfischers, verfügt also über profunde Kenntnisse dieses Metiers, die ihm bei seinen Ermittlungen nützlich sind. Der rechte Mann am rechten Ort also! Doch gerne hätte er darauf verzichtet, die an Pfählen festgebundenen Leichen von zwei jungen Männern finden zu müssen, als er eines frühen Morgens mit seinem Vater Alain auf einem Gendarmerieboot unterwegs ist, das allnächtlich im Bassin patrouilliert, um die kostbaren Meeresfrüchte vor den zahlreichen Austerndieben zu schützen, die den Züchtern erhebliche finanzielle Einbußen bescheren.
Die Väter der jungen Männer sind Austernzüchter wie Vater Alain, und letzterer begreift vielleicht als einziger wirklich die Tragweite ihres Todes für die hinterbliebenen Familien, denn gemäß der Tradition führen die Söhne das Geschäft der Austernzucht weiter - eigentlich, denn auch hier hat natürlich ein Bruch stattgefunden, wollen die Söhne sich nicht zwingenderweise mit der harten und nur für die Austernzüchter mit großen Pfründen wirklich einträglichen Profession ein Leben lang auseinandersetzen. Und ein solcher, der "Austernbaron" der Gegend nämlich, gerät sehr bald schon ins Visier der Kommissare, zu denen neben Verlaine auch sein komplizierter baskischer Kollege Etxeberria und die attraktive Anouk, die gleichzeitig die Frau ist, die Luc liebt, gehören. Jener reiche Mann, Chevalier mit Namen, hat, nachdem sein Vorschlag, mit Überwachungskameras das nächtliche Treiben im Bassin zu kontrollieren, abgelehnt wurde, nämlich höchstselbst dafür gesorgt, dass seine Austern nicht gestohlen werden, indem er einfach ein privates Sicherheitsteam des Nachts zu den Austerbänken schickt. War der Tod der beiden Jungen also eine Art Kollateralschaden?
Die Ermittlungen, im Zuge derer der Leser nicht nur gemeinsam mit Luc und seinen Kollegen die Hintergründe der Morde aufzudecken versucht, sondern während derer er auch so einiges erfährt über die wirtschaftlichen und ökologischen Bedingungen der Austernzucht, auf die der Klimawandel gravierende Auswirkungen hat, gestalten sich kompliziert und es dauert, bis Verlaine auf Umwegen endlich auf der richtigen Spur ist und zur Lösung des Rätsels findet, die allseits für Überraschung sorgen dürfte....

Noch ein Frankreichkrimi? Das mögen sich viele potentielle Leser des vorliegenden Romans fragen - denn in der Tat gibt es kaum ein Land, dessen Regionen so gründlich auf Kriminalebene durchforstet sind wie Frankreich. Und dann ist es auch schwer, etwas wirklich Neues zu schreiben oder aus altbekanntem Stoff etwas ganz Eigenes zu machen. Doch genau das ist Alexander Oetker mit seiner Reihe um den Bilderbuchfranzosen Luc gelungen! Nicht nur sind die drei Bände typische Länderkrimis, geben also immer wieder Informationen zu Land, Leuten und den vielfältigsten Genüssen, die deren Leben bietet, sind also im besten Sinne ein wenig wie Urlaub, sondern sind immer auch, so sagt der Autor selbst, als Reiseempfehlung zu verstehen.
Und richtig - denn wer hätte nach den durchaus etwas düsteren, vor allem aber - was ungewöhnlich für Bordeaux und Umgebung ist - verschneiten "Winteraustern" nicht Lust, sich unverzüglich auf den Weg ins Aquitaine zu machen, pflückfrische Austern mit dunklem Brot, gesalzener Butter und einem Glas Muscadet zu genießen, durch das geschichtsträchtige, kulturell wie kulinarisch spannende und ganz bezaubernde Bordeaux zu streifen oder die Dune du Pilat zu erklimmen?
Und dann sind es natürlich die Charaktere, die für sich einnehmen, ihr Agieren untereinander und der herzliche Umgang miteinander, das Zwischenmenschliche, dem Alexander Oetker viel Raum gewährt und das gleichwertig neben dem zu lösenden Kriminalfall steht.
Es ist dieser eine Art von Krimi, die ich mag, einer, von dem trotz des tragischen Hintergrundes eine Leichtigkeit ausgeht, die eben auch über einer in Frankreich spielenden Geschichte, gleich welchem Genre man sie zuordnet, schweben muss. Ja, der Autor, der dazu auch noch ein begabter Schreiber und Erzähler ist, was man längst nicht als selbstverständlich voraussetzen darf heutzutage, hat alles richtig gemacht! Seinen Roman zu lesen war buchstäblich ein Genuss für alle Sinne, von dem man gar nicht genug bekommen kann.
Einem weiteren Fall des Franzosen Luc Verlaine, des Bonvivant und Liebhaber alles Schönen, all dessen, das das Leben lebenswert macht, darf man hoffentlich mit Vergnügen und Vorfreude entgegenblicken!

Veröffentlicht am 16.11.2019

Bee Merryweather stolpert ins nächste Verbrechen

Leichenschmaus im Herrenhaus (Bee Merryweather ermittelt 2)
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Nachdem die pensionierte Handarbeitslehrerin Bee Merryweather bereits im Vorläuferband "Todesklang und Chorgesang" ( den man am besten schon gelesen haben sollte, bevor man sich an den zweiten Band macht, ...

Nachdem die pensionierte Handarbeitslehrerin Bee Merryweather bereits im Vorläuferband "Todesklang und Chorgesang" ( den man am besten schon gelesen haben sollte, bevor man sich an den zweiten Band macht, denn er verrät soviel über die Handlung, dass einem die Spannung dann fehlen würde! ) ihr unglückseliges Talent, nämlich über Leichen zu stolpern, unter Beweis gestellt hat, darf sie nun auch in einem zweiten Band auftreten. Der Leser ahnt natürlich, dass die recht schusselige Bee, die sich auch noch um drei Katzen zu kümmern hat, neben ihrem doch etwas langweiligen Hobby, dem Häkeln von Eierwärmern, das sie gar zu einem recht florierenden Geschäft gemacht hat, auch weiterhin nicht die Finger, genauer gesagt ihre neugierige Nase, von Dingen lassen kann, die sie nichts angehen. Aber um ihr Gerechtigkeit zukommen zu lassen - sie kann doch wirklich nichts dafür, dass sie zugegen ist, als die Hündin der neuen Nachbarin eine Leiche ausbuddelt! Und dass sie sich dann später, nachdem sie sich bei der Geburtstagsfeier eben jener Nachbarin an einem indischen Gericht den Magen verdorben hat und schnellstmöglich eine Toilette aufsuchen muss, zufällig ins Zimmer des Gastgebers verirrt und diesen tot auffindet, erstochen mit einem Dolch, ist doch wirklich nicht ihre Schuld, oder?

Die Polizei allerdings, die bereits im ersten Band über Bees Schnüffeleien, die ihr damals um ein Haar das Leben gekostet hätten, alles andere als erfreut war, ist jedenfalls anderer Meinung und würde die Handarbeitslehrerin außer Dienst am liebsten in Gewahrsam nehmen, zu ihrem eigenen Schutz, denn durch ihre Unvorsichtigkeit bringt sie sich gar gerne in des Teufels Küche! Und mit den beiden Toten im winzigen Dörfchen South Pendrick im schönen Cornwall, Bees Domizil seit wenigen Jahren, hat sie auch ohne deren Einmischung genug zu tun. Doch Mrs. Merryweather, die in diesem Cosy Crime etwas verloren und traurig daherkommt, denn weder geht es voran mit der sich im Vorgängerband anbahnenden Beziehung zu dem sympathischen, aber entscheidungsschwachen Arzt Marcus Strong noch mit den Kontakten zu den Dorfbewohnern, die Bee trotz ihrer Bemühungen um Freundschaft oder doch wenigstens Integration nach wie vor als Außenseiterin betrachten.

Bee ist einsam, bringen wir es auf den Punkt! Und was machen einsame Menschen, die viel Zeit haben und denen noch dazu eine Aufgabe im Leben fehlt? Ganz recht, sie suchen sich eine Beschäftigung, die ihrem Wunsch nach Anerkennung und Akzeptanz einerseits und andererseits, wie in Bees speziellem Fall, ihrer Sehnsucht nach zwischenmenschlichen Kontakten entgegenkommt. Mit den Leuten reden, ihnen die passenden Fragen stellen, sie aushorchen und wenn möglich sogar belauschen - rein zufällig natürlich, wie Bee sich und den Polizisten einreden möchte! - das ist so ganz der ehemaligen Handarbeitslehrerin Ding! Dass sie dadurch, immer leicht unbeholfen wirkend und allzu oft schlotternd vor Angst, tatsächlich auch diesmal den Hintergründen der beiden Todesfälle, deren erster ein sehr seltsamer Unfall war, während man bei zweitem von geplantem Mord sprechen muss, auf die Spur kommt, verwundert mich als Leserin doch einigermaßen! Bees kriminalistischer Spürsinn ist doch recht schwach ausgeprägt, ihre Neugierde dafür umso stärker. Und wer neugierig ist, erfährt halt auch viel, und dann ist es nicht mehr schwer, Zwei und Zwei zusammenzuzählen. Der Leser tut das auch, und zwar schon einige Zeit bevor bei Bee der Groschen gefallen ist...

Nein, sie überzeugt mich nicht als Kriminalistin, die verwitwete Mrs. Merryweather - und sie mit Agatha Christies unvergesslicher, blitzgescheiter, vollkommen illusions- und daher furchtloser, gar nicht einsamer und angenehm in sich ruhender Miss Jane Marple zu vergleichen, halte ich für sehr weit hergeholt... Doch ist Bee sympathisch, hat ein gutes Herz und hätte ein wenig Glück in ihrem Leben verdient. Hoffen wir nur, dass sich ihre Beziehung zu dem unentschlossenen Arzt Marcus endlich weiterentwickelt und dass es ihr schließlich doch gelingt, ein paar gute Freunde zu finden, mit denen sie zusammenhocken und die sie von ihrem unguten Verlangen nach Mordgeschichten abbringen und sie hoffentlich davon abhalten würden, von einem Verbrechen ins nächste zu stolpern, die sie allesamt zwar irgendwie löst, bei denen sie sich aber jedesmal in Todesgefahr begibt, aus der sie andere befreien müssen. Dass sie zweimal Glück gehabt hat, unverdientes und geradezu unverschämtes Glück, sollte ihr zu denken geben....

Alles in allem habe ich hier zwar einen ganz netten "Wohlfühlkrimi", denn so sollte man das Sub-Genre "Cosy Crime" wohl übersetzen, gelesen, aber auch einen recht betulichen, spannungsarmen und sich von der Masse der zahlreichen Krimis seiner Art nicht abhebenden und nicht sonderlich tiefgehenden, was sich auf die handelnden Personen erstreckt, die bedauernswerterweise stark an der Oberfläche bleiben und bis zum Schluss viel zu blass bleiben, um mir als Leserin nachhaltig im Gedächtnis zu bleiben und den dringenden Wunsch nach weiteren Begegnungen mit der Protagonistin aufkommen zu lassen. Doch genau letzteres hätte ich mir gewünscht!

Veröffentlicht am 16.11.2019

Wie aus Rick ein Retter und aus Humphrey ein Held wurde

Das Geheimnis der Geister von Craggyford
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Ob es nun ihre gefühlvollen, berührenden Romane für Erwachsene sind oder ihre phantasievollen und ganz bezaubernden Bücher für junge Leser - Eva Ibbotson zu lesen ist immer ein Fest! Kaum jemand sonst ...

Ob es nun ihre gefühlvollen, berührenden Romane für Erwachsene sind oder ihre phantasievollen und ganz bezaubernden Bücher für junge Leser - Eva Ibbotson zu lesen ist immer ein Fest! Kaum jemand sonst erschafft so liebenswerte Charaktere, mit denen man unglaublich schnell vertraut wird, ganz so, als würde man sie schon ewig kennen, kaum jemand sonst auch webt so feine, zu Herzen gehende, nachdenklich machende Geschichten, in denen sie ihre Botschaften unaufdringlich und mit viel Charme, Humor und immer auch einer guten Portion Exzentrik zum Leser transportiert, wie die einst in Wien geborene englische Schriftstellerin, die im Jahre 2010 hochbetagt verstarb! Und ihre Botschaften sind immer die gleichen, welche Geschichte auch immer sie erzählte: soziales Bewusstsein und Toleranz, Respekt, Wertschätzung, freundlicher und verantwortungsvoller Umgang miteinander und mit der Welt, in der wir alle leben. Ihre Kinderbücher standen völlig zu Recht stets auf den renommierten Bücherlisten ihres Landes und die fantastischen unter ihnen, von denen die allermeisten in der Vor-Harry Potter-Zeit veröffentlicht wurden, erleben im Zuge von Joanne K. Rowlings Bestsellern eine wohlverdiente Renaissance!

An dieser Stelle habe ich das große Vergnügen, Eva Ibbotsons allererstes Kinderbuch, "Das Geheimnis der Geister von Craggyford" zu besprechen, das bereits 1975 unter dem englischen Titel "The Great Ghost Rescue" und in den 90er Jahren unter dem sehr passenden deutschen Titel "Aktion Geisterrettung" erschienen ist.

Sympathisch sind sie allemal, diese auf den ersten Blick gar nicht ansprechenden Gespenster mit ihren seltsamen, stark gewöhnungsbedürftigen Marotten, die sich aber flugs und dank der liebevollen Anteilnahme ihrer Schöpferin an ihrem Schicksal ins Herz des Lesers schleichen - um sich fest darin zu verankern! Man muss ja Mitgefühl haben mit dieser Geisterfamilie, die da so plötzlich ihrer Heimstatt, einem alten Schloss, beraubt wurde, das zu einem blitzblanken Ferienpark ausgebaut werden soll. Die Reinlichkeit, die von nun an in ihrem einst so gemütlichen, von Spinnweben überwucherten Spukschloss einziehen soll, ist überdies nichts, was ihrem Ektoplasma, dem Stoff, aus dem Geister nun mal gemacht sind, und das nur in schmutzigen Ecken erhalten und gepflegt werden kann, förderlich wäre! Guter Rat ist teuer - aber der glückliche Zufall und womöglich auch eine Art siebter Sinn führen die Geisterfamilie - Humphrey, den Schrecklichen, der vergeblich bemüht ist, seinem Namen Ehre zu machen, seine Eltern, die übel duftende Hexe und ihren geliebten Ehemann, den beinlosen Schottischen Kilt, samt den Geschwistern, George, der Schreiende Schädel, und die Wehklagende Winifred - eines schönen Tages direkt vor Ricks Bett in einem Jungeninternat irgendwo in England. Und sie hätten sich kein besseres Ziel aussuchen können, denn Rick ist ein besonderer Junge - wie alle Protagonisten in Eva Ibbotsons Romanen! Er hat, wie man so schön sagt, das Herz auf dem rechten Fleck, ist so hilfsbereit wie abenteuerlustig und macht sich darüberhinaus viele Gedanken um all die Missstände, über die man bereits vor über 40 Jahren zu reden begann, wie Klima, Umweltzerstörung und Artenschutz. Ein echter Pionier also, der gemeinsam mit der so klugen wie patenten Barbara, einziges Mädchen in der Jungenschule, deren Besuch ihr nur deshalb gestattet ist, weil sie die Tochter der Köchin ist, mit der man es sich unter keinen Umständen verderben möchte, einen Plan schmiedet, um den Fortbestand der Geister Großbritanniens, einer aussterbenden Spezies, zu sichern. Gemeinsam mit der Geisterfamilie macht sich Rick auf den Weg nach London, um beim Premierminister höchstpersönlich wegen eines Geisterreservats vorstellig zu werden, eine Reise, die äußerst turbulent verläuft, auf der sie weitere, ihrer Behausung beraubter Geister aufsammeln und an deren Ende sich ein gewisser Lord Bullhaven bereit erklärt, für das geplante Reservat seinen verkommenen Landbesitz Insleyfarne an der wilden schottischen Küste zur Verfügung zu stellen. Eine Falle, wie sich herausstellt, als es schon fast zu spät ist, denn Lord Bullhaven - man ahnt es schon bei der ersten Begegnung mit ihm - ist ein gar unsympathischer Zeitgenosse; er hasst Geister, wie er überhaupt alles hasst, was nicht britisch ist. Und Geister sind für ihn, man lese und staune, Ausländer!

Spätestens hier wird dem schon etwas älteren Leser klar, dass die Autorin, wie in den meisten ihrer Romane, eigene bittere Erfahrungen reflektiert, gehörte sie doch, als österreichischer Flüchtling in den frühen Nazijahren, zu eben jener unerwünschter Volksgruppe, der ob ihres vermeintlichen Andersseins in den Augen leider allzuvieler Menschen kein Platz auf unsrem Planeten zugebilligt wurde. Und indem Eva Ibbotson ihre Craggyford-Geister nebst allen anderen vertriebenen Angehörigen dieser Spezies einen Ort zum Leben fordern lässt, plädiert sie gleichzeitig für Toleranz allen Andersartigen gegenüber, ob Mensch, Tier, Geist oder Vampir, und deren Rechte auf Glück und Sicherheit.

Dass die Geister dem vom bösen Bullford angeordneten Exorzismus, der, obwohl er so fatale Folgen hat, ausgesprochen vergnüglich zu lesen ist, nicht zum Opfer fallen, darf fest vermutet werden, denn die Schriftstellerin, eine erklärte Anhängerin des Happy Ends, lässt ihre fantastischen und weniger fantastischen, auf jeden Fall aber phantasievollen Geschichten stets gut ausgehen. Doch wie ihr das im vorliegenden Roman gelingt und welche Rolle Rick und der reizende Geist Humphrey mit dem rosa Ektoplasma und dem sanften Gemüt, der so gerne schauerlich und schrecklich wäre, dabei spielen, soll an dieser Stelle selbstverständlich nicht preisgegeben werden! Denn eine Lektüre der Geschichte mit ihren so wundersamen und wunderbaren Charakteren, allen voran den Craggyford-Geistern, vor denen man sich wirklich nicht zu fürchten braucht, - schließlich sind die wahren Bösewichte immer nur die Menschen! - lohnt sich in jedem Fall!