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Veröffentlicht am 06.06.2024

Frauenmorde in der Provence

Verräterisches Lavandou (Ein-Leon-Ritter-Krimi 10)
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Remy Eyssen hat auch seinen 10. Roman um den Rechtsmediziner Leon Ritter und die stellvertretende Polizeichefin Isabelle Morell im idyllischen Ferienort Lavandou angesiedelt. Die Idylle wird jedoch durch ...

Remy Eyssen hat auch seinen 10. Roman um den Rechtsmediziner Leon Ritter und die stellvertretende Polizeichefin Isabelle Morell im idyllischen Ferienort Lavandou angesiedelt. Die Idylle wird jedoch durch grauenhafte Frauenmorde gestört, die in ihren Ausmaßen an einen Mord erinnern, der vor vielen Jahren schon einmal an einer Frau verübt wurde. Die Zeit läuft den Ermittlern davon und auch Isabelle und Leon geraten in Gefahr.

Vorliegend handelt es sich mit „Verräterisches Lavandou“ um den zweiten Roman, den ich von Remy Eyssen gelesen habe. Ich musste feststellen, dass sich der Autor nicht durch Einfallsreichtum auszeichnet. Dieser Krimi erinnert nicht nur an einen der Vorgänger, „Mörderisches Lavandou“, er ähnelt diesem nahezu. Wieder schlägt der Mörder seinen Opfern Körperteile ab, die er so platziert, dass sie schnell gefunden werden. Wiederum befindet sich der Mörder in einigen Fällen bereits auf dem Rücksitz des Autos seines Opfers. Es kommt in der Folge zu weiteren Wiederholungen, auch Isabelle befindet sich wieder an einem finsteren Ort und muss gerettet werden. Mehr an Wiederholungen möchte ich nicht aufführen, um nicht zu viel zu verraten. Ständig wiederkehrend ist außerdem, dass die Protagonisten allzu oft ein falsches Lächeln aufsetzen. Die Hauptprotagonisten Leon und Isabelle sind durchaus sympathisch, ihr Privatleben nimmt sehr viel Raum ein. Obwohl der Autor falsche Spuren legt, ist das Ende vorhersehbar. Der Krimi konnte mich nicht überzeugen. Die landschaftliche Atmosphäre ist gut beschrieben, daher vergebe ich für das Buch drei Sterne.

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Veröffentlicht am 28.05.2024

Trubel am Ammersee

Die Kranichfrauen
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Nach Kriegsende lebt die 20-jährige Paula in München und soll nach dem Willen ihrer Eltern möglichst rasch verheiratet werden. Paula hat jedoch etwas anderes vor, sie beabsichtigt, den Sommer gemeinsam ...

Nach Kriegsende lebt die 20-jährige Paula in München und soll nach dem Willen ihrer Eltern möglichst rasch verheiratet werden. Paula hat jedoch etwas anderes vor, sie beabsichtigt, den Sommer gemeinsam mit ihrer Freundin Anna am Ammersee zu verbringen. Vor allem aber freut sie sich auf die elegante Familienjacht Kranich, Paula ist eine begeisterte Seglerin. Auf dem Gelände des Segelklubs sind amerikanische Soldaten stationiert. Sie planen, die Jacht als Kriegsbeute in die USA zu überführen. Da fassen Paula und Anna den Plan, die Kranich zu entführen.

Renate Greil hat ihren sorgfältig recherchierten ersten historischen Roman in der idyllischen Voralpenlandschaft rund um den Ammersee angesiedelt. Sämtliche Schauplätze sind so authentisch beschrieben, dass sich der Leser sofort hineinversetzen kann. Im Jahr 1947 ist der Krieg endlich vorbei, aber Lebensmittel sind noch knapp. Die Situation ist besonders für Kinder schwierig, als der amerikanische Captain Bill für Freizeitbeschäftigung im Segelclub sorgt. Die Freude darüber ist nicht nur bei den Kindern groß, sondern auch bei Paula und Anna. Eröffnet sich für die beiden doch die Möglichkeit, ihrem Alltag im Elternhaus zu entfliehen und einer sinnvollen Beschäftigung nachzugehen. Was gar nicht so einfach ist, da die jungen Frauen noch nicht volljährig sind und die Einwilligung ihrer Väter benötigen. Anhand von Paula und Anna werden die strengen gesellschaftlichen Wertevorstellungen dieser Zeit sichtbar. Mittels der Figur des jungen Juden Eli zeigt die Autorin auf, wie sehr Antisemitismus und nationalsozialistische Ideologien immer noch in Teilen der Bevölkerung vorhanden waren.
Es hat mich sehr beeindruckt, dass Anna und Paula sich keinen Widrigkeiten beugen und ihr Leben letztendlich selbst bestimmen, jede auf ihre Weise. Obwohl die Erzählung in der Mitte stellenweise etwas langatmig und von Wiederholungen geprägt war, habe ich mich sehr gut unterhalten gefühlt. Ich vergebe für diesen Roman vier Sterne und spreche eine Leseempfehlung aus.

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Veröffentlicht am 15.05.2024

Tragische Flüchtlingsschicksale

Zeit zu verzeihen
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Im letzten Kriegsjahr 1945 beginnt für die im ostpreußischen Allenstein und Wartenberg lebenden Menschen die Flucht. Rosa kehrt mit ihren drei Söhnen, darunter Viktor, wieder in die Heimat zurück. Sie ...

Im letzten Kriegsjahr 1945 beginnt für die im ostpreußischen Allenstein und Wartenberg lebenden Menschen die Flucht. Rosa kehrt mit ihren drei Söhnen, darunter Viktor, wieder in die Heimat zurück. Sie leben nun für lange Zeit in Polen. Barbara versucht mit ihrem Baby den letzten Zug in den Westen zu erreichen. Ein sowjetischer Offizier entreißt ihr das Kind und legt es in der Toilette des Bahnhofs ab. Das kleine Mädchen wird von Rosa und ihren Söhnen gefunden und von zwei Flüchtlingsfrauen später mitgenommen. Sie nennen das Kind Clara. Im Jahr 1965 lernen sich Clara und Viktor an der Ostsee kennen, nicht ahnend, dass sie sich vor vielen Jahren in einem Ort in Ostpreußen schon einmal begegnet sind. Die beiden jungen Menschen lernen sich näher kennen und lieben. Clara lebt in der DDR und Viktor in der BRD, zwischen den beiden liegt die Grenze. Sie riskieren eine abenteuerliche Flucht, allerdings wird Clara verraten. Sie ist bereits schwanger und wird in das berüchtigte Frauengefängnis Hoheneck eingewiesen. Unter entsetzlichen Umständen bringt sie dort ihren Sohn zur Welt, der ihr bald darauf weggenommen wird. Dank ihrer Liebe bleibt Clara standhaft und auch Viktor kämpft für sie und sein Kind.

Das Cover spiegelt Zerissenheit von Menschen inmitten einer idyllischen Gegend wider. Erneut ist Hera Lind ein ergreifender Roman gelungen, der auf wahren Begebenheiten beruht. Die Autorin spannt in ihrer Erzählung einen Bogen um die Geschehnisse im Kriegsjahr 1945, über das Regime in der DDR, bis hin zur Gegenwart. Tief ergriffen war ich von der Mutterliebe und Opferbereitschaft Rosas, die täglich 30 Kilometer gelaufen ist, um dem kleinen Viktor ein rohes Ei ins Krankenhaus zu bringen. Zu dieser Zeit gab es nicht viel und es hat dem Kind geholfen, zu überleben.
Im Jahr 1965 lebt Clara in der DDR und hat gerade eine Ausbildung als Krankenschwester abgeschlossen. Durch Zufall erfährt sie von ihrer leiblichen Mutter Barbara, die über Jahrzehnte in Sibirien Grauenhaftes durchgemacht hat und sich nun in einer psychiatrischen Einrichtung in der BRD befindet. Ich habe mit Barbara gefühlt, als sie nach der Gefangenschaft feststellen muss, dass ihr Mann eine neu Familie gegründet hat und ihre Tochter Clara für sie unerreichbar ist. Für Clara und Viktor kann es keine gemeinsame Zukunft geben, außer Clara flüchtet aus der DDR.
Als ich von Claras entsetzlicher Haft unter unmenschlichen Bedingungen, ihrer Schwangerschaft und Geburt gelesen habe, sind mir die Tränen gekommen und ich musste unterbrechen. Wie qualvoll muss es für eine Mutter sein, von ihrem Kind getrennt zu werden. Ich bewundere Clara für ihre Kraft an die Liebe zu glauben und nicht aufzugeben. Später besitzt Clara sogar die Größe, jenen zu verzeihen, die sie verraten haben. Hera Lind versteht es mitreißend zu erzählen und Emotionen zu wecken. Ich vergebe für diesen auf wahren Tatsachen beruhenden Roman fünf Sterne und spreche eine Leseempfehlung aus.

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Veröffentlicht am 20.04.2024

Emotional berührend

Der Wind kennt meinen Namen
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Isabel Allende erzählt in ihrem neuen Roman zwei unterschiedliche Geschichten, die sich über einen Zeitraum von 80 Jahren erstrecken. Beide Geschichten haben das Leid geflüchteter Kinder zum Inhalt, die ...

Isabel Allende erzählt in ihrem neuen Roman zwei unterschiedliche Geschichten, die sich über einen Zeitraum von 80 Jahren erstrecken. Beide Geschichten haben das Leid geflüchteter Kinder zum Inhalt, die um ihre Leben bangen müssen und ihre Familien verloren haben. Der sechsjährige jüdische Junge Samuel Adler aus Wien wird nach der Pogromnacht 1938 von seiner Mutter mit einem Kindertransport nach England geschickt. Das Mädchen Anita Diaz flieht mit seiner Mutter aus El Salvador in die USA, wo beide getrennt werden.

Die Autorin hat ihren Roman in zwei Zeitebenen und auf zwei Kontinenten angelegt. „Der Wind kennt meinen Namen“ ist ein sehr berührender Roman, dessen Hauptprotagonisten Samuel und Anita sind. Isabel Allende schildert das Grauen der Pogromnacht 1938 in Wien und die Not der jüdischen Menschen anhand von Samuel und seiner Familie schonungslos. Samuels Vater ist verschwunden, die Familie hat alles verloren. In ihrer Verzweiflung bleibt Samuels Mutter nur ein Ausweg um ihn zu retten – sie schickt ihren kleinen Sohn mit einem Kindertransport nach England. Die berührende Abschied von seiner Mutter auf dem Wiener Bahnhof, seine Einsamkeit wird Samuel ein Leben lang begleiten.
Im Jahr 2019 spielt sich in den USA eine ähnliche Szene unter anderen Umständen ab – die siebenjährige Anita flieht mit ihrer Mutter aus dem von Bürgerkrieg zerrütteten El Salvador in die USA und wird von ihrer Mutter getrennt. Isabel Allende verknüpft die Schicksale der beiden, von Flucht und Entbehrungen gezeichneten Menschen auf beeindruckende Weise. Unterschiedliche Epochen und Schauplätze, eines ist gemeinsam – der unbeugsame Willen der Mütter, ihre Kinder zu retten und ihnen ermöglichen, zu leben. Dafür ist den Müttern kein Opfer zu groß. Der Roman ist eine eindringliche Warnung gegen das Vergessen, zugleich aber auch von Optimismus und dem Willen zu leben geprägt. Samuel findet Trost in der Musik und Anita flüchtet sich in eine Fantasiewelt. Das Buch „Der Wind kennt meinen Namen“ist sehr emotional und bildhaft erzählt, besticht zudem durch seine kraftvolle Ausdrucksweise. Ich vergebe für diesen Roman fünf Sterne und spreche eine Leseempfehlung aus.

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Veröffentlicht am 03.04.2024

Im Rhythmus der Wellen

Und Großvater atmete mit den Wellen
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Im Jahr 1943 wird das Handelsschiff der Brüder Konrad und Sverre Bjerke von Japanern im Indischen Ozean angegriffen. Die Brüder geraten geraten getrennt voneinander in Gefangenschaft. Konrad verschlägt ...

Im Jahr 1943 wird das Handelsschiff der Brüder Konrad und Sverre Bjerke von Japanern im Indischen Ozean angegriffen. Die Brüder geraten geraten getrennt voneinander in Gefangenschaft. Konrad verschlägt es auf die Insel Java, wo er die Krankenschwester Sigrid kennenlernt. Beide kommen sich näher und verlieben sich. Dann wird Java von den Japanern besetzt und Konrad gerät erneut in Gefangenschaft. Sigrid wird mit ihrer Mutter sowie ihrer kleinen Schwester in ein Frauenlager eingeliefert. Ihrer aller Zukunft ist ungewiss. Werden Konrad und Sigrid jemals miteinander leben können?

Trude Teige hat bereits mit „Als Großmutter im Regen tanzte“ einen umfassend recherchierten Roman vorgelegt. Im Mittelpunkt der Erzählung stand Junis Großmutter Thekla. Der Roman „Und Großvater atmete mit den Wellen“ umfasst nun das Schicksal von Junis Großvater Konrad. Die Autorin erzählt anhand ihrer Hauptfiguren Konrad, Sigrid und Sverre von den Nöten und Entbehrungen, denen die europäische Bevölkerung Südostasiens unter der grausamen Herrschaft der Japaner während des 2. Weltkrieges ausgesetzt waren. In den Lagern herrschten Hunger und Krankheiten, nicht wenige Menschen wurden während der Gefangenschaft brutal getötet, was Trude Teige schonungslos schildert. Sie erzählt aber auch auch vom Überlebenswillen und der Hoffnung der Menschen, von Freundschaft, Liebe und Hilfsbereitschaft. Der Erzählstil der Autorin ist einzigartig, sie zeichnet ihre Protagonisten mit viel Empathie. „Egal, ob es stürmt oder ganz ruhig ist, die Wellen treffen das Land immer im gleichen Rhythmus. Und wenn du Angst hast oder traurig bist, musst du mit dem Meer atmen.“ So hat es Konrad immer gehalten, es hat ihm Mut und Zuversicht gegeben und er erzählt es seiner Enkelin Juni. Trude Teige ist wiederum ein sehr eindrucksvoller, berührender Roman gelungen, der mir lange in Erinnerung bleiben wird. Ich vergebe für das Buch fünf Sterne und spreche eine Leseempfehlung aus.

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