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Veröffentlicht am 17.11.2016

Verzaubert

Hexendreimaldrei
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„Vergessen Sie nicht“, sagt Lady Grey eindringlich, bevor sie die Tür hinter mir schließt, „die Vereinigung verfolgt jeden Ihrer Schritte. Wenn Sie das Wohlergehen des Frosches nicht gefährden wollen, ...

„Vergessen Sie nicht“, sagt Lady Grey eindringlich, bevor sie die Tür hinter mir schließt, „die Vereinigung verfolgt jeden Ihrer Schritte. Wenn Sie das Wohlergehen des Frosches nicht gefährden wollen, halten Sie sich an unsere Abmachung….“(S. 137)

Auf dem Kirchenklo verkrochen, weil die stattfindende Hochzeit nicht die eigene ist? Für Olivia kein Fauxpas, schließlich ist der Bräutigam ihre große Liebe. IHRE! Und nicht etwa die der glücklichen Braut. Verzweifelt zündet sie ein Streichholz an und sieht sich alsbald einem Love-Parade-tauglichen Feerich gegenüber.

Dieser ist bereit der unglücklichen Olivia einen Wunsch zu erfüllen. Kaum darüber nachgedacht hat sie es auch schon ausgespuckt. Der fremdheiratswillige Märchenprinz landet als Frosch in Olivias Tasche. Beim Anblick des quackenden Etwas in ihrem Badezimmer, bereut Olivia aber ganz schnell den unvorsichtig geäußerten Wunsch.

Auf der Suche nach einer Möglichkeit dem Frosch seine menschliche Gestalt zurück zu geben, gerät Olivia in ein durch und durch magisches Abenteuer. Glaubt sie zuerst noch daran, die Sache schnell und problemlos abwickeln zu können, lernt Olivia doch relativ schnell und schmerzhaft, dass frau mit übersinnlichen Mächten nicht spielen sollte.

Claudia Tomans Debütroman erzählt uns ein Märchen neu. Auf den ersten Blick könnten wir also denken alles wird uns bekannt und vertraut sein. Doch weit gefehlt, geschickt verwebt die Autorin das Märchen mit Auszügen der Literatur. Sie führt uns durch eine weltbekannte Stadt lenkt unseren Blick aber weit weg von dem Offensichtlichen in die Welt der Magie und Fantasie. So verwundert es auch nur auf den ersten Blick, wenn steinerne Statuen zu sprechen beginnen oder längst verstorbene Schauspieler Olivia auf ihrer Suche unterstützen.

Durch die Geschichte tragen die sympathische Protagonistin Olivia, der treulose Frosch aber auch die „Bösewichte“ lesen sich schön, nicht, dass frau sie unbedingt ins Herzen schließen müsste, aber ihr Handeln wird stimmig dargestellt, die Hintergründe glaubhaft beleuchtet, somit fällt es leicht Verständnis und Wohlwollen auch für sie zu entwickeln.

Nicht zuletzt gewinnen die LeserInnen Olivias heimliche Helferleins bald sehr lieb. Sind sie es doch, die die oftmals strandende Protagonistin aufbauen und versuchen auf den rechten Weg zu führen ohne ihr dabei jedoch mit erhobenem Zeigefinger zu begegnen.

Der wunscherfüllende Feerich schließlich, der für Olivias Unglück verantwortlich zeichnet ist zum einen ein ganz und gar lästiger Geselle, der aber gerade wegen seiner Exzentrik zum Sympathieträger wird.

Durch stimmungsvolle Umgebungsbeschreibungen, die sich geschmeidig ins Gesamtwerk der Geschichte fügen und sie nicht überladen oder belasten schafft die Autorin es uns ganz in ihre Welt zu ziehen.

Grundsätzlich ist das Spiel mit Worten und ihre beinah magisch verzaubernde Wirkung eines der größten Talente Claudia Tomans. Sie erzählt Olivias Geschichte so leichtfüßig und eingängig, dass wir uns beim Lesen sofort daheim fühlen. Dabei vermeidet sie aber, die vielen Frauenromanen längst zu eigen gewordene Oberflächlichkeit. Sie schafft es vielmehr uns mit der Protagonistin lachen zu lassen und nicht über sie, was in vielen anderen Geschichten der Fall ist und mitunter ein schales Gefühl beim Lesen vermittelt.

Obwohl Auftakt einer Trilogie, ist das Buch in sich abgeschlossen und hinterlässt die LeserInnen nicht mit einem unangenehmen Cliffhanger. Dennoch macht es aber ganz große Lust aufs Weiterlesen.

Ein wunderbares Buch für ein paar magische Stunden, bei einer guten Tasse Tee – Maulbeerblatt muss es aber nicht unbedingt sein.

„Hexendreimaldrei“ ist der erste Teil einer Trilogie, es folgten noch „Jagdzeit“ und „Goldprinz“.

Veröffentlicht am 17.11.2016

Gut gemachter 2er Teil

Das verbotene Eden 2
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„Sie kamen ohne Vorwarnung“, stieß die Frau aus. „Aus heiterem Himmel, mitten während der Abendandacht. Es ging so schnell, dass wir das Warnsignal erst hörten, als es schon zu spät war. Es war ein verdammter ...

„Sie kamen ohne Vorwarnung“, stieß die Frau aus. „Aus heiterem Himmel, mitten während der Abendandacht. Es ging so schnell, dass wir das Warnsignal erst hörten, als es schon zu spät war. Es war ein verdammter Alptraum.“

Juna hat mit David ihren Stamm verlassen, nicht nur ein Skandal sondern auch vor dem Hintergrund, dass sich die Situation zwischen Männern und Frauen zunehmend zuspitzt, für viele Menschen ein Denkanstoß, der sie an die Abgründe dessen bringt was sie bislang zu glauben meinten.

Gwen, Junas’ Gefährtin bleibt mit gebrochenem Herzen zurück, ihre anstehende Prüfung zur Heilerin wird für sie eine anscheinend unüberwindbare Hürde, da sie von Selbstzweifeln und Kummer geplagt kaum zur Konzentration fähig ist.

Abseits der privaten Tragödien schmieden die FührerInnen der Männer als auch der Frauen bereits Pläne wie das jeweils andere Geschlecht vernichtend geschlagen und in die Unterdrückung geführt werden kann.

Noch ehe Gwen richtig begreift wie ihr geschieht, befindet sie sich mit einem Corps Brigantinnen auf einem Himmelfahrtskommando um eine der wichtigsten Personen im Lager der Männer zu töten.

Logan ist der aktuelle Champion im Lager der Männer und bringt damit viel Macht in die Reihen seines Stammes. Sehr bald muss er aber erkennen, dass er nicht viel mehr ist als der Spielball der Mächtigen.

Inmitten eines weiteren drohenden Krieges lernen Logan und Gwen sich kennen und müssen ihre Vorurteile gegenüber dem jeweiligen anderen Geschlecht versuchen abzulegen, wollen sie überleben.

Teil 2 der Eden-Trilogie knüpft direkt an das Ende von Teil 1, wird aber nun von zwei anderen ProtagonistInnen erzählt.

Thiemeyer setzt konsequent die Geschichte weiter fort und bleibt dabei seinem Schreibstil und den Charakteren treu. Als LeserIn fühlt man sich also sehr schnell wieder in der Geschichte zuhause.

Bereits in Teil 1 aufgetauchte Fragen werden allerdings wieder nicht beantwortet und auch diesmal bleiben die Motive der Charaktere an der Oberfläche. Eine wirklich tiefgreifende Auseinandersetzung mit den Beweggründen einzelner Personen findet nicht statt.

Insgesamt ist auch der zweite Teil der Eden-Trilogie ein schönes Leseerlebnis, so die LeserInnen nicht allzu kritisch an den Stoff herangehen und Fakten als gegeben akzeptieren.

Veröffentlicht am 17.11.2016

Auftakt der Trilogie

Das verbotene Eden 1
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„Ich weiß es nicht. Wir waren aus unerklärlichen Gründen einfach wütend aufeinander. Wir stritten uns, schlugen uns, plötzlich zog sie das Messer. Erst später erfuhr ich, dass das Virus daran schuld war.“ ...

„Ich weiß es nicht. Wir waren aus unerklärlichen Gründen einfach wütend aufeinander. Wir stritten uns, schlugen uns, plötzlich zog sie das Messer. Erst später erfuhr ich, dass das Virus daran schuld war.“ (S.101)

2080 – 65 Jahre nach dem Zusammenbruch. Männer und Frauen leben nach Geschlechtern getrennt in kleinen bis mittelgroßen Gruppen zusammen.

Die Männer haben sich in die Ruinen der zivilisierten Welt zurückgezogen und nutzen die letzten Überreste der industrialisierten Welt, wie etwa Verbrennungsmotoren und Schusswaffen.

Die Frauen hingegen haben sich in natur belassene Gegenden zurückgezogen, wo sie versuchen dem natürlichen Jahreskreis zu folgen und sich selbst zu versorgen. Während bei den Männern eine fast 100 % Rückkehr zum christlichen Glauben zu beobachten ist, halten die Frauen an einer wicca-ähnlichen Naturreligion fest und verehren eine Vielzahl an Göttinnen.

Über die Zeit vor dem Zusammenbruch und den Zusammenbruch selbst ist wenig bekannt, die wenigen Menschen, die aus dieser Zeit noch am Leben sind, bleiben wortkarg und verschlossen.

Gemeinsam mit der Zivilisation ging auch Wissen und Bildung zu großen Anteilen verloren. Vor allem bei den Frauen gibt es kaum mehr Menschen, die des Lesens mächtig sind.

David und Juna wachsen in ihren jeweiligen Welten auf, geprägt von ihrer Umgebung kennen sie nichts anderes als Hass auf das andere Geschlecht, eine Welt in der Männer und Frauen gemeinsam, gleichberechtigt leben können, scheint ihnen nicht nur utopisch sondern schier unmöglich.

Seit Männer und Frauen in einem brüchigen, äußert gefährdeten Frieden leben, der gegenseitige Zugeständnisse beinhaltet. Die Frauen überlassen den Männern, so sie gewaltfrei durch ihre Gebiete ziehen, einen Teil ihrer Ernten. Um den Fortbestand der menschlichen Rasse zu gewährleisten, kommt es bei diesen Treffen vereinzelt auch zu Geschlechtsverkehr. Männliche Säuglinge überlassen die Frauen nach der Geburt den Männern.

Thomas Thiemeyer zeichnet mit dem ersten Teil seiner „Eden-Trilogie“ einen Plot um ein interessantes Thema. Wenn Männer und Frauen in erbitterter Feindschaft miteinander leben, wie lange könnte die menschliche Rasse noch überleben?

Genau mit dieser Frage müssen sich auch die ProtagonistInnen im Buch auseinander setzen. Der Graben des gegenseitigen Misstrauens zwischen den Geschlechtern scheint immer größer zu werden, immer weniger Kinder werden geboren und die gewaltsamen Übergriffe beiderseits nehmen in bedrohlichem Ausmaß zu.

So interessant die Geschichte an sich auch ist, so hapert es doch ein wenig an der Umsetzung. Menschen sprechen 65 Jahre nach dem Zusammenbruch der Zivilisation im Mittelalter-Style miteinander, es gibt so gut wie kein Wissen über das industrielle Zeitalter, Bildung ist verpönt, dennoch haben es beide Geschlechter geschafft, traditionelle Handwerke zu einer gewissen Perfektion zu bringen. Das wirkt unglaubwürdig und lässt die LeserInnen immer wieder stocken.

Seltsam muten einzelne Dialoge an, die Stämme sind einerseits überraschend fortschrittlich, doch in ihrem Gebaren scheinen sie hilflos was wenig authentisch wirkt, gibt es doch noch immer Zeitzeugen des Zusammenbruchs und Menschen, die sich aber gänzlich aus dem Geschehen heraushalten bzw. sich den Umständen angepasst haben.

David und Junas’ Beweggründe bleiben blass und ihre charakterlichen Eigentümlichkeiten werden leider kaum herausgearbeitet. So werden die inneren Zwiespälte in die sowohl David als auch Juna geraten kaum behandelt und schnell dem Voranschreiten der Geschichte geopfert.

Was das Buch dennoch vermag ist in den Bann zu ziehen, zwar kann man sich als LeserIn an einzelnen oben erwähnten Sachverhalten stoßen aber trotzdem gelingt es Thiemeyer eine Atmosphäre aufzubauen, die es den LeserInnen kaum ermöglicht das Buch auf die Seite zu legen. Entspannend ist auch, dass der Autor auf einen Cliffhänger trotz Trilogie verzichtet und die Geschichte abschließt.

Eine etwas hölzerne aber durchaus spannende Dystopie, die noch mit zwei Folgebänden aufwartet.

Veröffentlicht am 17.11.2016

Böser Humor

Immer wieder dasselbe und am besten nichts Neues
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Unser Staatsfunk überträgt schamlos die Gehirnamputiertenperformance eines Rapper-Duos namens Trackshittaz, das einen sexistischen Deppertensong namens „Woki mit deim Popo!“ zum Besten gibt, wozu einige ...

Unser Staatsfunk überträgt schamlos die Gehirnamputiertenperformance eines Rapper-Duos namens Trackshittaz, das einen sexistischen Deppertensong namens „Woki mit deim Popo!“ zum Besten gibt, wozu einige großer Töchter meiner Heimat, die sich um Sexstangen ringeln, im leuchtenden Vollgummilook ihre Hinterteile wackeln lassen.(S. 117)

Oben genanntes Zitat gibt unglücklicherweise keine satirische, überzogene Beschreibung des österreichischen Gebührenfernsehens wieder, sondern ist ein Tatsachenbericht. Trackshittaz sind ein real existierendes Musikduo und traten mit dem genannten Lied beim Eurovisions-Songcontest auf.

Peter Strasser legt auf charmante Art und Weise den Finger in die Wunden der österreichischen Volksseele. Da wo wir gern ein wenig drüberschauen, sei es nun Fremdenhass, immer dreisterer Rechtsruck der FPÖ, spießbürgerliches Kleinbürgertum, Coaching- und TherapeutInnenwahn oder schlichtweg der Irrglaube, für jedes Zipperlein gäbe es ein „Pulver“ (=Medikament).

Dabei immer mit dabei der Vollmops „Paul“, der in regelmäßigen Abständen „äußerln“ getragen werden muss und dessen Hauptmahlzeiten aus Sachertorten mit ordentlich Schlagrahm bestehen.

„Paul“ bildet dabei nicht selten das Glied zur Aussenwelt, denn der Protagonist (ein Abbild von Peter Strasser?) verschließt sich nur zu gern in seiner Beamtenwohnung und ertränkt seine Höllenqualen, die eine Pragmatisierung nun mal so nach sich ziehen gern mit Prontopax Forte.

Das Buch weist eine sehr präsente österreichische Färbung auf, manche Sachverhalte sind vielleicht für deutsche LeserInnen nicht verständlich, der Humor wie auch der Zynismus sind es aber immer.

Peter Strasser führt das Schwert der Worte mit feiner Klinge. Für die LeserInnen verschwimmt dabei ganz rasch die Grenze zwischen Mitlachen und dem unheimlichen Gefühl, der Autor mache sich einen Spaß auf Kosten seiner LeserInnenschaft.

Böser Humor gepaart mit Faktenwissen regt uns zum Nachdenken an und nach so manchem herzlichen Lacher müssen wir uns fragen wie weit ist das KleinbürgerInnentum auch in unserem eigenen Alltag eine tragende Rolle spielt.

Veröffentlicht am 17.11.2016

Pageturner

Erebos
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„Ich bin nicht sicher. Möglicherweise. Es kann sein, dass er das tut. Dass er beginnt, seine Wirkung zu entfalten.“
Der Bote nickte zufrieden.
„Siehst du. Warte ab. Es wird weitergehen und der Rest liegt ...

„Ich bin nicht sicher. Möglicherweise. Es kann sein, dass er das tut. Dass er beginnt, seine Wirkung zu entfalten.“
Der Bote nickte zufrieden.
„Siehst du. Warte ab. Es wird weitergehen und der Rest liegt dann in deinen Händen, Sarius.“ (S.272)

Nick besucht die Oberstufe in London. Er ist gut in die Klassengemeinschaft integriert, bis eine geheimnisvolle CD die Runde zu machen beginnt. Ehemalige Freunde schotten sich ab, erscheinen tagelang nicht zum Unterricht, wirken ausgemergelt und stehen augenscheinlich unter hohem Druck.

Nick ist gierig darauf, die CD auch zu erhalten, aber sie zu bekommen stellt sich als äußerst schwierig heraus. Niemand der sie besitzt spricht darüber und alle die sie haben, scheinen sich zu verändern.

Als Nick schließlich in den erlauchten Kreis aufgenommen wird, stellt er fest, dass Erebos ein Computerspiel ist. Was er allerdings auch feststellen muss, ist das dieses Spiel sich nicht kontrollieren lässt sondern vielmehr selbst die Kontrolle übernimmt.

Ursula Poznanski beschreibt in ihrem Jugendthriller geschickt wie rasch Menschen in soziale Zwickmühlen geraten und für in Aussicht gestellte Belohnungen, so surreal sie scheinen mögen, bereit sind alle Moral über Bord zu werfen.

Ihre ProtagonistInnen gestaltet sie detailreich und liebevoll, allerdings verwirrt die große Anzahl an auftretenden Personen die LeserInnen des Öfteren. Hier wäre weniger vielleicht mehr gewesen.

Ins Hintertreffen gerät auch die gewählte Umgebung des Romans, so braucht es schon einiges an Vorstellungskraft um London als Umgebung zu visualisieren. (Mir gelang es sehr leicht, habe ich doch erst ein Wochenende vor Lesen des Buchs dort verbracht. ? )

Der Plot ist durchdacht und wird konsequent verfolgt. Poznanski strebt in bester Thriller-Manier einem scheinbar unausweichlichem Höhepunkt entgegen und schafft es dadurch die LeserInnen auf Stunden in ihrer Geschichte gefangen zu halten.

Ein Page-Turner für junge Menschen und jungebliebene „Alte“.