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Veröffentlicht am 08.12.2022

Eine Geschichte übers Anderssein

Total irre
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Inhalt:

Karli empfindet seine Familie als total verrückt. Seine Mutter hat Übergewicht und verbringt ihren Tag damit, immer neue Dinge zu erfinden. Überall im Haus liegen Gerätschaften und Werkzeuge herum. ...

Inhalt:

Karli empfindet seine Familie als total verrückt. Seine Mutter hat Übergewicht und verbringt ihren Tag damit, immer neue Dinge zu erfinden. Überall im Haus liegen Gerätschaften und Werkzeuge herum. Am liebsten kreiert sie Neuerungen für für Karlis Vaters Rollstuhl. Denn dieser möchte demnächst unbedingt an einem Rollstuhlrennen teilnehmen. Und Patenonkel Henry? Der weiß gar nicht so genau, wer er gerne sein möchte. Jeden Tag kommt er mit glitzernden Frauenklamotten an und möchte, dass man ihn mit einem neuen Namen anspricht.

Das ist Karli alles viel zu viel. Als die Schule dann ein Klassenfest plant, ist sich Karli sicher, dass er seine Familie nicht dabei haben möchte. Die Mitschüler würden ihn für seine Familie an den Pranger stellen. Soviel ist klar. Am besten scheint es zu Hause nichts von dem Fest zu erzählen.

Karli war sich, bis vor Kurzem sicher, dass die Schule ein Hort sozialer Konformität ist. Dass hier alle relativ normal sind. Doch beim Besuch der Mittelstufendisco werden ihm die Augen geöffnet. Denn dort lernt er Jona kennen. Jona kann richtig gut tanzen und sieht umwerfend aus. Doch Jona hat, das stellt Karli bald fest, ein Handykap: Sie kann ihn nicht hören. Sie ist taub.

Das Kennenlernen von Jona geht gehörig schief, denn Karli ist nur mit einer schwach ausgeprägten Sozialkompetenz gesegnet.

Als dann auch noch in der Schule das Projekt, „Schönstes Klassenzimmer“, ausgerufen wird, an dem Robin, Karlis bester Freund und auch Karli gerne teilnehmen wollen, droht Karlis Leben endgültig aus den Fugen zu geraten. Eigentlich wollte er nur den Hauptgewinn, Karten für DIE Band der Schule, die „Golden Devils“, gewinnen. Doch letztlich wird ihm durch das Projekt klar, dass auch Robin ein großes Problem hat und alles andere als „normal“ ist.
Karli wird nichts anderes übrig bleiben, als seine Konstruktionen von Normalität zu überdenken.



Meinung:

Jutta Nymphius greift in ihrer Geschichte „Total irre“ ein sehr wichtiges Thema auf, nämlich, dass jeder Mensch seine Ecken und Kanten hat und dass es wichtig ist, sich für andere Menschen nicht zu verbiegen. Sie berichtet vom „Anderssein“. Der Protagonist ihrer Geschichte „Total irre“, Karli, hat das Gefühl, dass er in einem Umfeld aufwächst, in dem sich jeder in Extremen verliert. Karli möchte aber einfach nur sein Leben unbeschwert leben und eines möchte er dabei auf keinen Fall: auffallen.

Der Übergang zwischen Normalität und Abnormität ist auch bei Karli fließend. Beispielsweise nennt er heimlich sein einziges Barthaar, auf das er mächtig stolz ist, Ferdi. Nach und nach muss Karli lernen, dass gerade die kleinen Eigenheiten, die jeder hat, einfach zum Leben dazugehören.

Zu einem starken Umdenken bewegt ihn hier Jona. Das Mädchen, das ihn erstmals von seiner Jugendliebe Lina ablenkt, und seine ganze Aufmerksamkeit fordert. Denn Jona ist anders. Als Karli feststellt, dass sie taub ist, reagiert er zunächst harsch. Doch Jona lässt sich davon nicht unterkriegen. Sie betitelt Karli eiskalt als „Arschloch“ und lässt ihn einfach stehen. Jona ist selbstbewusst, sie steht mitten im Leben. Karlis Unsicherheiten und seinen tappsigen Versuch mit ihr zu kommunizieren, lächelt sie einfach weg. Damit muss Karli erst mal umgehen lernen.

Jona ist also Karlis erster Schritt auf dem Weg zum Umdenken. Doch es folgt noch ein weiterer. Denn Karlis bester Freund hat ein großes Problem, das sich nach und nach herauskristallisiert.

Jutta Nymphius bringt einige Themen in ihrem nur 176 Seiten umfassendem Buch unter. Sie berichtet vom Anderssein, vom Erwachsenwerden, von der ersten Liebe und erzählt von psychischen Problemen, die man eben nicht einfach tolerieren, sondern ernst nehmen sollte. Diese wichtigen Botschaften in einem Buch komprimiert und gelegentlich auch pointiert, das hat mir sehr gefallen.

Einige Szenen wurden mir hier jedoch etwas zu schnell abgehandelt. So entwickelten sich die Gefühle von Jonas, erst für Lina - dann für Jona, doch recht zügig/sprunghaft. In einer weiteren Szene ist Karli gezwungen eine Figur zum Umdenken zu bewegen, die über Jahre hinweg eine feste Ansicht vertreten hat. Dies gelingt ihm dann innerhalb eines kurzes Wortwechsels.

Erwähnenswert ist auch noch die Einleitung eines jeden Kapitels. Diese werden mit kurzen Fakten aus der Tierwelt eingeleitet, die sich sehr gut auf das Verhalten des Menschen übertragen lassen. Zu Beginn des Buches berichtet Jonas von einer Zeitschrift namens Fun und Facts, die er sich gerne vom Nachttisch seiner Mutter stibitzt. Im Speziellen handelt es sich hier um die Ausgabe „Junge Wilde – Was wir von der Tierwelt übers Erwachsenwerden lernen können.“ Diese kurzen Kapitelanfänge waren nicht nur unterhaltsam, sondern zugleich sehr informativ.



Fazit:


Geschickt erzählt Jutta Nymphius eine Coming-of-Age-Geschichte, die durch ihre Glaubwürdigkeit und Alltäglichkeit überzeugt. Ihr Protagonist sucht nach Individualität, obwohl er zunächst in seiner Umgebung Konformität verlangt, stellt dann aber schnell das „Diktat der Mehrheit“ auf den Prüfstand.

Das Buch erscheint streckenweise etwas übereilt und nimmt in diesen Teilen wenig Rücksicht auf seine Charaktere, sondern treibt nur die Handlung voran. Im Großen und Ganzen gelingt es „Total irre“ allerdings, vor allem in seinen stärksten Passagen, informativ und humorvoll zu unterhalten.

Von mir gibt es, mit kleinem Punkteabzug, eine volle Leseempfehlung für Jugendliche und junggebliebene Leser/innen.

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Veröffentlicht am 15.11.2022

Ein spannendes Märchen für jüngere LeserInnen

Luzies Märchen
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Inhalt:


Als das neueste Thema der Schreibwerkstatt, „Märchenhafte Geschichten“, verkündet wird, ist Luzie begeistert. Sie liebt orientalische Märchen und möchte unbedingt eines davon auf Papier bringen. ...

Inhalt:


Als das neueste Thema der Schreibwerkstatt, „Märchenhafte Geschichten“, verkündet wird, ist Luzie begeistert. Sie liebt orientalische Märchen und möchte unbedingt eines davon auf Papier bringen. Frieda, Luzies Freundin, hingegen schreibt eher ungern. Ihre Leidenschaft gilt dem Zeichnen. So überlegen sich die beiden Mädchen, dass Frieda ja auch Luzies Geschichte illustrieren könnte.

Eine gute Geschichte braucht auch ein gutes Schreibheft. Und so kommt es, dass Luzie und Frieda an diesem Nachmittag dem kleinen Lädchen „Geschenke und Schreibwaren“ einen Besuch abstatten. Hier arbeitet die Mutter von Friedas Schulpatenkind Elias, Jasmina. Sie wird bestimmt bei der Auswahl helfen können.

Im Laden findet Frieda auch bald, was sie sucht. Darüber hinaus entdecken die beiden Mädchen aber auch noch eine Vitrine mit Schmuckstücken. Und mitten darin liegt ein großer Anhänger mit einem bunt leuchtendem Skarabäusanhänger.

Amir, Jasminas zweiter Sohn, zögert nicht lange. Er holt den Anhänger aus dem Glaskasten und legt ihm Frieda um. Gerade, als sich Frieda im Spiegel bewundert, kommt Jasmina mit selbstgebackenen Keksen daher. Die Kinder bekommen natürlich welche angeboten. Kaum hat Luzie einen Biss genommen, wird ihr plötzlich schwindelig und dann geht alles ganz schnell. Der Teppich, auf dem Amir, Elias, Luzie, Frieda und die Katze Samira gerade stehen, beginnt zu vibrieren und wenig später hebt er sogar vom Boden ab!

Die Kinder nebst Katze befinden sich bald darauf auf dem Weg in das größte Abenteuer ihres Lebens. Es scheint, als würde sich Luzies und Friedas Geschichte wie von selbst schreiben, denn wenig später befinden sie sich ganz weit über der Stadt. Die Radwege, die es hier geben sollte, sind nicht mehr zu sehen. Stattdessen entdecken die Kinder ein Schiff auf einem Fluss, das von Arbeitern mit Tauen flussaufwärts gezogen wird. Auf den Straßen fahren Pferdekutschen anstatt Autos. Sind sie gerade mitten in der Vergangenheit gelandet?

Der Teppich landet erst einige Zeit später. Sein Ziel ist ein Marktplatz, in einer Welt mit orientalischem Flair. Ein Junge namens Mo empfängt Luzie, Frieda und ihre Freunde. Mo ist ganz aufgeregt. Denn vor Kurzem ist etwas ganz Schreckliches passiert. Die Kinder des Sultans sind mitten in der Märchenstunde des Geschichtenerzählers verschwunden. Eine Prophezeihung besagt, dass Kinder kommen würden, die in der Lage sind, das Wasser zu finden und alles zum Guten zu wenden.

Luzie, Frieda und ihre Freunde zögern nicht lange. Sie machen sich auf den Weg in den Palast, um das Rätsel zu lösen.

Wird es ihnen gelingen das Wasser zu finden und die beiden Kinder des Sultans zurück in den Palast zu bringen?



Meinung:


Anna Reiz schreibt mit „Luzies Märchen – von den ungeschriebenen Seiten“ den ersten Band einer fantastischen und abenteuerlichen Reise auf einem fliegenden Teppich. Im Mittelpunkt ihrer Geschichte stehen die beiden Mädchen Luzie und Frieda, die eigentlich nur auf der Suche nach einem Heft für ein Schreibprojekt waren und von einem Moment auf den anderen mitten im größten Abenteuer ihres Lebens stecken.

Dieses kleine Büchlein für Kinder ab acht umfasst lediglich 136 Seiten. Anna Reiz gelingt es ohne Hektik ein Märchen zu erzählen, das einen für kurze Zeit aus dem Alltag und mitten hinein in eine orientalische Welt katapultiert.

Jede Seite dieses Buchs ist ein kleines Abenteuer. Denn kaum sind die Kinder auf dem Marktplatz gelandet, werden sie vor eine große Aufgabe gestellt. Sie machen sich auf den Weg zum Palast, um das Rätsel rund um die verschwundenen Kinder des Sultans und das Wasser zu lösen und stoßen schon bald auf weitere offene Fragen. Denn der Palast sieht irgendwie genauso aus, wie auf Friedas zuletzt gezeichnetem Bild. Zudem gibt es auch eine Geschichte rund um den Skarabäusanhänger und natürlich wollen Luzie, Frieda, Elias und Amir auch dem Geschichtenerzähler helfen, der für seine Tat ins Verlies gewandert ist.

Nicht selten frage ich mich beim Lesen von Kinderbüchern, ob manche Szenen nicht zu brutal für die Zielgruppe sein könnten. Bei „Luzies Märchen“ stellte ich mir diese Frage nicht einmal. Anna Reiss Markenzeichen ist ein gut lesbarer Stil, der gekonnt eine überschaubare Handlungen in Szene setzt und immer wieder skurrile Figuren, wie sprechende Mäuse, Feen oder Dschinn, zuführt.
Diese werden aber allesamt sympathisch und nie gruselig dargestellt.

Untermalt wird die Geschichte von Anna Reiss mit fantasievollen Schwarz-weiß-Zeichnungen von Sabine Marie Körfgen, die vom Stil her dem Bild auf dem Cover ähneln.



Fazit:


„Luzies Märchen – von den ungeschriebenen Seiten“ von Anna Reiss richtet sich an ein überwiegend junges Publikum. Dieses wird von der ersten bis zur letzten Seite gut unterhalten. Anna Reiss ist eine kunstfertige Erzählerin. Nie brutal, schadenfroh oder reißerisch. Sie führt ihre Rätsel auf eine nachvollziehbar rationale Art vor. Diese werden zu einem Puzzlespiel und führen immer tiefer in ihre interessante, lebendige Welt.

Begleitet wird dieses 136 Seiten umfassende Büchlein von Schwarz-Weiß-Bildern der Illustratorin Sabine Marie Körfgen, die die Geschichte lebendig werden lassen.

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Veröffentlicht am 18.10.2022

Verspricht eine Menge Spaß

Dein verrücktes Zeichenbuch – Draw me ... fruity, slimy, shiny, planty – Von YouTuberin Foxy Draws
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Inhalt:

Wer kennt das nicht: Man würde ja so gerne mal wieder ein wenig kreativ werden. Doch irgendwie fehlen die Ideen für ein passendes Projekt. Und damit sinkt die Motivation zu Stift und Papier zu ...

Inhalt:

Wer kennt das nicht: Man würde ja so gerne mal wieder ein wenig kreativ werden. Doch irgendwie fehlen die Ideen für ein passendes Projekt. Und damit sinkt die Motivation zu Stift und Papier zu greifen doch gleich wieder schlagartig.

Foxy Draws wurde schon oft von ihren Followern gefragt, woher sie die Inspirationen für ihre Zeichnungen nimmt. Die Autorin hat dafür ein Geheimrezept, dass sie in ihrem Buch, „Dein verrücktes Zeichenbuch – Draw me ... fruity, slimy, shiny, planty“, gerne weitergibt. Und das lautet: Addiere deine kreativen Ideen.

Was genau hinter diesem Satz steckt und wie die Umsetzung dieser Kreativformel spielend leicht gelingt, das erfährt der Leser bereits auf den ersten zwei Seiten des Buches. Nimm dir eine Malvorlage, kombiniere sie mit einem Begriff und heraus kommt eine kreative Malidee.

Damit ein niedrigschwelliger Einstieg ins Projekt gelingt, hat Foxy Draws gleich zu Anfang ihres Buches eine große Auswahl an Begriffen zusammengestellt. Im Buch selbst finden sich allerhand Malvorlagen, die man kopieren, abzeichnen oder auch direkt im Buch verwenden kann.

Bevor es losgeht, verrät die Autorin auf einer Seite ein paar Tipps für Schattierungen, die einem Bild mehr Tiefe verleihen und es somit lebendiger wirken lassen können.

Und dann heißt es auch schon zu Stift und Buch bzw. Papier greifen. Kombiniere z.B. die Vorlage „Ahornblatt“ mit dem Begriff „fruity“. Hier kann man kreativ werden oder sich an die Anleitung der Autorin halten. Heraus könnte, wie bei Foxy Draws Beispiel ein Ahornblatt mit Kiwimusterung kommen.

Eigene Meinung:

Bereits das Cover des Buches gibt dem Leser schon einen kleinen Einblick in die Projekte, die den Leser des Buches auf den folgenden Seiten erwarten. Das Prinzip von Foxy Draws zwei Elemente, nämlich eine Malvorlage mit einem willkürlich ausgewähltem Begriff zu kombinieren, und dadurch die Kreativität in Gang zu setzen und ziemlich verrückte Bilder zu erschaffen, hat mir vom ersten Moment an sehr gefallen.

Wer schon einmal kreativ tätig war, der weiß, dass eines besonders wichtig ist, um Projekte umzusetzen, die zu begeistern wissen: Spaß an der Sache. Und den bekommt der Leser von der ersten Seite an gleich mitgeliefert. Denn die Autorin lässt dem Leser immer genügend Spielraum für die Umsetzung eigener Ideen.

Die Begriffe im Buch kann man ausschneiden. Die Autorin empfiehlt, sich sodann ein Glas zu nehmen und die Zettelchen hineinzugeben. So kann man für jedes Projekt einen Zufallsbegriff ziehen und bekommt immer wieder neue Ideen für neue Projekte geliefert.

Näheres zu den Begriffen und Malvorlagen:

Die Begriffe sind hier in zwei Sprachen abgebildet. Auf der einen Seite in englisch. Dreht man den Zettel um, findet man die deutsche Übersetzung. Beispiele: Checkerty, festively, dreamy, fruity, icy, birdly ... (kariert, festlich, verträumt, fruchtig, eisig, wie ein Vogel …)

Die Malvorlagen enthalten viele einfache Buchstabenformen und darüber hinaus interessante Motive wie eine Torte, ein Haus, einen Kürbis, einen Fotoapparat, einen Globus, einen Stuhl, eine Kaffeekanne u.v.m..

Zwar gibt es hier eine reichliche Auswahl an Motiven, doch hätte ich mir dennoch gewünscht, dass weniger Buchstaben und dafür noch mehr Motive abgebildet worden wären. Zumal die Form der Buchstaben sehr simpel gehalten und auch einfach über ein Schreibprogramm am PC abrufbar gewesen wären.

Was mir sehr gefallen hat, ist, dass die Autorin hier nicht vorgibt, mit welchen Materialien und auf welchem Papier man zeichnen muss. Der kreative Leser ist, was die Umsetzung betrifft, in vielerlei Hinsicht frei. So kann er direkt ins Buch zeichnen, Filz-, Bunt-, Aquarellstifte oder einen Farbkasten benutzen. Sollte er sich dafür entscheiden direkt ins Buch zu zeichnen, so findet er am Ende auch noch drei Seiten, auf denen er testen kann, ob die Farben bzw. Stifte durch das Papier durchdrücken.

Die Projekte sind so aufgebaut, dass der Leser als erstes das fertige Motiv sieht. Danach folgt eine sehr kurz gehaltene, bebilderte Schritt-für-Schritt-Anleitung. Und dann kommt auch schon die Malvorlage für den Selbstversuch. Anschließend findet der Leser immer noch einige weitere Vorlagen, die er – ganz nach Belieben – mit dem Begriff des aktuellen Projekts oder mit einem neuen Begriff aus dem Zufallsglas kombinieren kann.

Fazit:

„Dein verrücktes Zeichenbuch – Draw me ... fruity, slimy, shiny, planty“ von Foxy Draws ist nicht nur ein Buch über Kreativitätstechniken und Braintools, sondern verspricht von der ersten Seite an eine Menge Spaß und Ideen für verrückte, kreative Projekte.

Das Buch rät dazu, Projekte verspielt und zunächst mit ungehemmter Kreativität zu beginnen. Zeit, Ideen auf ihre Tauglichkeit zu prüfen, in eine Bewertungsphase einzutreten sowie berechtigte Selbstkritik anzubringen, bleibt in der Folge noch genug. Stets gilt es aber Ideenkiller zu vermeiden.

Was die Umsetzung betrifft, so variieren die Projekte im Schwierigkeitsgrad. Zum entsprechenden Schwierigkeitsgrad gibt es vorweg keine Hinweise der Autorin. Das muss man schon selbst herausfinden. Etwas schade fand ich, dass die fertigen Bilder computergeneriert aussehen. Die sind schön anzusehen, aber schwer nachzumachen. Eine hohe Erwartungshaltung birgt aber bekanntlich das Risiko der Enttäuschung.

Das Buch ist ein Impulsgeber, der unvorhergesehene Lösungen aus den Köpfen der Kreativen herauskitzelt und sie auf neue Wege führt.

Das Werk eignet sich meines Erachtens auch hervorragend als Geschenk für Jugendliche und junggebliebene Erwachsene.

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Veröffentlicht am 13.09.2022

Buchreihe für SciFi-Fans

Aurora erleuchtet
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Achtung: Diese Rezension enthält Spoiler zu den Vorbänden

Inhalt:


Scarlett, Finian und Zila sind verwirrt. Befanden sie sich eben nicht noch in einer großen Schlacht? Merkwürdig ist auch, dass die Planeten ...

Achtung: Diese Rezension enthält Spoiler zu den Vorbänden

Inhalt:


Scarlett, Finian und Zila sind verwirrt. Befanden sie sich eben nicht noch in einer großen Schlacht? Merkwürdig ist auch, dass die Planeten des Sonnensystems plötzlich verschwunden sind. Nirgendwo kann man auch nur noch einen einzigen Stern erkennen. Es herrscht vollkommene Dunkelheit.

Kaum sind sich die Freunde darüber bewusst geworden, dass sie dem Tod nochmal von der Schippe gesprungen sind, da sehen sie auch schon eine Rakete auf sich zukommen. Haben die drei überlebt, um jetzt sterben zu müssen?

Während Scarlett, Finian und Zila also dem Tod erneut ins Auge blicken müssen, befindet sich Tyler an einem ganz anderen Ort (und in einer ganz anderen Zeit). Vage erinnert sich der Anführer des Squad 312 an einen Kampf und daran, dass der „Sternentöter“ (Saediis und Kals Vater) vom Erdboden verschluckt schien und mit ihm die Waffe, die Aurora hätte helfen können, das Ra'haam zu besiegen. Nachdem Tyler wieder voll bei Sinnen ist, muss er feststellen, dass er sich auf einem fremden Schiff in der Gefangenschaft der Ungebrochenen befindet. Deren Anführerin ist keine andere andere als Saedii und die genießt es doch ein wenig zu sehr, das Kommando zu haben …

Aurora und Kal vagabundieren derweil durch Raum und Zeit. Sie müssen feststellen, dass sie irgendwie in die Zukunft gelangt sind. Hier gibt es eine ältere Version von Tyler – was erst mal stark gewöhnungsbedürftig ist - und irgendwie hat es das Ra'haam hier geschafft, die Herrschaft zu übernehmen.



Meinung:


Dieser Band, das sind die Leser von Jay Kristoff und Amie Kaufman vermutlich längst gewohnt, setzt die geheimnisvolle Geschichte um die Protagonisten nicht nur unterhaltsam und spannend fort, sondern weckt auch Interesse für die Philosophie hinter der Geschichte, ohne belehrend zu sein.

Nach der großen Schlacht am Ende des zweiten Bandes bestand nur noch wenig Hoffnung für das Squad 312. Im dritten Band müssen die Freunde feststellen, dass die hoffnungslose Situation, in der sie sich befanden, nicht besser geworden ist. Verbunden mit dem ungläubigen Staunen über das Phänomen, noch am Leben zu sein.

Denn nur einer der Gruppe ist – zumindest mit einer Version seiner selbst – in der Gegenwart verblieben. Nämlich Tyler. Er befindet sich jedoch in Gefangenschaft einer Gruppe Syldrathi, die unter der Führung der Tochter des Sternentöters, Saedii, stehen. Und die ist, das wissen Leser der Reihe, herrschsüchtig, brutal und autoritär. Ein falsches Wort, ja, eigentlich nur ein falscher Blick genügen, damit sie ihre Aggressionen auslebt.
Und wäre das nicht alles schon schwierig genug, so muss Tyler der Tatsache ins Auge blicken, dass seine geliebte Aurora Academy kurz davor ist, dem Ra'haam zum Opfer zu fallen.

Der Rest des Squads wurde in der Zeit verstreut. So befinden sich Scarlett, Finian und Zila in der Zukunft. Der verkleinerte Trupp muss schon bald feststellen, dass er mitten in einer Zeitschleife gefangen ist. Eine Zeitschleife, an deren Ende stets der Tod steht. Ihre Aufgabe besteht also zum einen darin zu überleben und gleichzeitig nicht die Wirklichkeit zu verändern, um keine neue Realität herzustellen.

Aurora und Kal haben es derweil mit einer dystopischen Zukunft zu tun. Nicht nur, dass die Waffe, die das Ra'haam hätte besiegen können, verschollen ist. Auch bekommen sie es bald schon mit dem verschollen geglaubten Despoten Caersan (dem Sternentöter) zu tun.

Der Anfang des Buches focussiert auf Zila, Scarlett und Finian. Die sich hierbei wiederholende Zeitschleife zeigt den Weg zur Meisterschaft schwarzhumoriger Erzählkunst.



Fazit:


Wer das Team des Squad 312 in den Vorbänden ins Herz geschlossen hat, weiß spannende, unterhaltsame und interessante Charaktere zu schätzen. Hinzu kommen im jüngsten Band vor allem die Schauwerte des Romans: Imposante Zerstörungsorgien, komplexe Helden und ein unüberschaubares Katastrophenszenario. Geschickt und routiniert baut das Autorenduo auch im dritten Band die Spannung auf und entwickelt mit großem Gespür für die Psychodynamik der Figuren das Tableau einer extrem komplexen Welt.

„Aurora erleuchtet“ reiht sich in den Kontext einer außergewöhnlichen Buchreihe ein, die ich jedem ans Herz legen kann.




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Veröffentlicht am 23.08.2022

Eine Geschichte über ein Tabuthema

Point of View
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Inhalt:

Als Lucas eines Morgens nach dem Aufwachen zum Handy greift und dieses nicht mehr funktioniert, gerät er in Panik. Der Laptop zeigt nur noch ein blinkendes Fragezeichen an. Beide Geräte sind, ...

Inhalt:

Als Lucas eines Morgens nach dem Aufwachen zum Handy greift und dieses nicht mehr funktioniert, gerät er in Panik. Der Laptop zeigt nur noch ein blinkendes Fragezeichen an. Beide Geräte sind, das wird Lucas schnell klar, von einem Virus befallen. Warum, das kann er sich erklären.

Als Lucas Vater von den funktionsunfähigen Geräten erfährt, lässt er nicht lange mit sich handeln. Handy und Laptop soll sich sein Kollege Jérôme anschauen. Sébastien arbeitet in einer Computerfirma, dort hat man Ahnung. Das Problem wird vermutlich schnell gelöst sein.

Durch das,was Sébastien jedoch kurze Zeit später erfährt, droht er vollends den Boden unter den Füßen zu verlieren. Jérôme zeigt ihm ein Foto seines Sohnes, das diesen vollkommen rasiert, mit Öl eingerieben abbildet. Ob Lucas Opfer eines Pädophilen geworden ist? Sébastien wird schnell von seinem Kollegen und langjährigem Freund beruhigt. Denn der zwar sorgfältig gelöschte, aber für Jérôme noch zugängliche Browserverlauf zeigt, dass Lucas alleine in einer Nacht über 140 Pornos angeschaut hat. Lucas ist pornosüchtig.

Lucas Zensuren sind unterdessen immer schlechter geworden. Die Lehrer berichten davon, dass er mitten im Unterricht einschläft. Er isst ungesund und zu viel, hat stark zugenommen und interessiert sich kaum noch für seine Körperhygiene. Er hat keine Freunde, sitzt nur noch zu Hause in seinem Zimmer und schläft zu wenig. Ist all dies seiner Pornosucht geschuldet? Sébastien scheut das Gespräch mit dem Sohn. Aber es scheint wohl unvermeidbar.



Meinung:

Patrick Bard spricht mit seinem Roman, „Point of View – Wenn du nicht wegschauen kannst“, kein leichtes Thema an, soviel steht fest. Völlig unverblümt, offen und unverstellt nähert sie sich Themen, die für die meisten mit Tabus behaftet sind. Lucas ist pornosüchtig. Mit elf Jahren hat er sich illegal Filme und Serien auf den PC geladen und ist dabei durch ein Pop-Up auf seinen ersten Pornofilm aufmerksam geworden. Vielleicht war es die Neugierde, die ihn weitergeführt hat. Mit vierzehn Jahren zeigt er bereits signifikantes Suchtverhalten.

Immer auf der Suche nach dem einen Mädchen mit dem bestimmten Merkmal, klickt er sich von einem Video zum nächsten. Er hat bereits tausende Pornos gesehen. Er kennt mittlerweile Praktiken, die er in seinem Alter nicht kennen sollte. Es gibt Filme zum Thema Cosplay, die ihn aktuell sehr beschäftigen. Da sieht man Wonder Woman, Vampire, Zombies oder Androide beim Akt. Es fallen Worte, die Lucas anfangs vielleicht noch nichts sagten. Also klickt er auf den Link.
Das zentrale eskalierende Moment in seiner Sucht. Das Buch nimmt sich das Recht, dabei auf Triggerwarnungen zu verzichten. Hier fragte ich mich, ob die Altersempfehlung, ab 14 Jahren, angemessen ist. Denn natürlich ist man auch als Leser/in neugierig. Wie schnell ist so ein Wort gegoogelt?

Jugendbücher sollen den Erfahrungshorizont der Gegenwart abbilden. Das tut Patrick Bard mit seinem Buch, das steht fest. Denn Lucas durchlebt seinen persönlichen Albtraum. Durch das Schauen von Pornofilmen findet er eine innere Sicherheit, eine Routine. Er kommt zur Ruhe. Ohne diese Filme findet er nicht mehr in den Schlaf. Ihm fehlt etwas. Er fühlt sich leer, einsam und unsicher. Der Autor stellt hier sehr gut dar, was eine Sucht bewirken kann. Daraus auszubrechen ist nicht einfach. Für Lucas ist das ein Ding der Unmöglichkeit.

Lucas benötigt die Hilfe seiner Eltern. Doch die Mutter leidet unter Depressionen und findet kaum Kraft den eigenen Alltag zu bewältigen. Der Vater ist resolut, er kämpft sich für seine Familie durch den Alltag. Das zusätzliche Problem ist eine Last für Sébastien. Ein Gespräch mit dem Sohn ist für ihn keine einfache Sache. Stellenweise greift Patrick Bard die Perspektive von Lucas Vater auf, was hilft, sich auch in dessen Perspektive zu versetzen. Sicher macht Sébastien auch Fehler, doch diese bleiben für den Leser nachvollziehbar.

Die Pornos prägen Lucas sexuelles Wissen, seine sexuelle Praxis und vor allem seine sexuelle Imagination. Sein erster Kontakt zu einem Mädchen verläuft nach dem game plan, den er durch die Videos vermittelt bekommen hat. Das mag auf den Leser schockierend und vielleicht auch kurzzeitig amüsant wirken. Lucas jedoch versteht die Welt nicht mehr. Er wird abgewiesen, ausgelacht und noch weiter ausgegrenzt. Und das ist vermutlich noch ein relativ harmloser Verlauf der Dinge, im Vergleich zu dem, was wohl passiert wäre, hätte das Mädchen, dem er ein Nacktfoto von sich schickt, dieses vielleicht noch im Internet geteilt.

Patrick Bard erzählt aber nicht nur von Lucas Sucht und den Auswirkungen dieser auf sein gesamtes Leben. Der Autor setzt zu dem Zeitpunkt an, in dem Lucas Suchtverhalten von seinen Eltern entdeckt wird. Psychologisch akkurat wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, wobei Zeitsprünge und Perspektivwechsel die Spannung erhöhen.

Gelegentlich werden kurze Blicke in die Zukunft eingeworfen. Beispielsweise wie sich Sébastien vor einem Richter wiederfindet, der ihn damit konfrontiert, dass er nicht gleich einen Therapeuten aufgesucht hat. Das macht neugierig.

Patrick Bard berichtet bis zu dem Zeitpunkt, als Lucas Sucht ein Ende findet. Und das in einem Buch, das lediglich 224 Seiten umfasst. Die Erzähl-Dynamik ist also hoch. Manchmal ging es mir persönlich aber ein wenig zu schnell.



Fazit:

Patrick Bards Romane wurden mehrfach ausgezeichnet. Bereits auf den ersten Seiten von Point of View ahnt man warum. In diesem Buch geht es um einen Jungen, der auf einen Link klickt und nach und nach in die Pornosucht abgleitet. Es erzählt von der Erotisierung einer Kindheit. Von Gewalt- und Pornographie-Darstellungen, die Ängste auslösen und mittelfristig zu Abstumpfung und Empathieverlust führen.

Dass der Leser, auch wenn es sich um einen Roman handelt, viel über extreme Pornografie lernen kann, wird schnell klar. Es ist sicherlich immer ein Balanceakt bei solchen Büchern. Eine kleine Triggerwarnung wäre aber sicherlich angezeigt gewesen.

Dennoch ist dieses Buch eine Bereicherung im Bereich Jugendbuch, zumal Pornosucht noch immer zu den absoluten Tabuthemen gehört.

Das Buch ist sicherlich ein Instrument der Reflektion und der Erkenntnis. Junge Menschen sollten dabei aber begleitet werden.

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