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Veröffentlicht am 11.05.2023

Blick auf die Guckkastenbühne

Das Café ohne Namen
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„Man sollte sich immer ein bisschen mehr Hoffnung als Sorgen machen. Alles andere wäre doch blödsinnig, oder?“

Es ist die Geschichte von Robert Simon, der in Wien ein Café eröffnet. Ein Café ohne Namen, ...

„Man sollte sich immer ein bisschen mehr Hoffnung als Sorgen machen. Alles andere wäre doch blödsinnig, oder?“

Es ist die Geschichte von Robert Simon, der in Wien ein Café eröffnet. Ein Café ohne Namen, aber dafür mit Seele. Dabei liest sich die Erzählung nicht wie eine Geschichte, sondern es fühlt sich beim Lesen an wie das Betrachten eines Dioramas, wie der Blick auf eine Bühne. Sozusagen eine Guckkastenbühne, auf die wir neugierig einen Blick werfen dürfen. In diesem Fall eindeutig eine Volksbühne, denn es sind keine Heldenrollen, die dort aufziehen, sondern Menschen aus der Nachbarschaft, Gescheiterte, Trinker, Hoffnungsvolle und Hoffnungslose. So bunt wie das Leben ist eben auch die Besetzungsliste der Gäste des Cafés. Wir sehen Menschen auf diese Bühne treten, begleiten sie ein Stück weit und verlieren sie wieder. Und immer wieder wird geträumt. Wach und schlafend. Dies alles in einem unaufgeregten, ruhigen Erzählton, der Raum für Gedanken gibt. Selten habe ich in einem Buch so viele schöne Sätze gefunden. Immer wieder mag man beim Lesen innehalten, dem Gelesenen nachspüren und die Formulierungen in seinem Geist und Herzen bewegen:

„Wohin gehen wir?“
„Nach Hause“, sagte Simon.
„Durch Wetter, Staub und Überdruss?“
„Klar“, sagte Simon. „Wie sollte es denn sonst gehen?“

Ich gebe offen zu, dass dies mein erster Roman von Robert Seethaler war. Ich konnte mich unbefangen und unvoreingenommen auf die Erzählung einlassen und wurde mit einem ganz besonderen Stück Literatur belohnt. Besonders reizvoll fand ich die Namensgleichheit von Autor und Protagonist, die Raum breitet für die Frage, wieviel Robert Seethaler wohl in Robert Simon stecken mag?

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Veröffentlicht am 10.05.2023

Vor deinen Gefühlen kannst du nicht fliehen

(Fly high) Finde deine Träume
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Nach einem brutalen Vorfall braucht Emily Zeit zu heilen. Sie ist jedoch nicht nur für sich allein verantwortlich, sondern erwartet ein Kind. Doch im Schoß ihrer Familie in Kalifornien hat Emily es geschafft, ...

Nach einem brutalen Vorfall braucht Emily Zeit zu heilen. Sie ist jedoch nicht nur für sich allein verantwortlich, sondern erwartet ein Kind. Doch im Schoß ihrer Familie in Kalifornien hat Emily es geschafft, nicht nur ihre seelischen und körperlichen Wunden einigermaßen zu kitten, sondern auch ihrem Sohn Benny alle Liebe zu geben. Nun fühlt sie sich jedoch eingeengt und will sich eine Auszeit nehmen bei Bennys Patenonkel Erik in Finnland. Der Überraschungsbesuch eskaliert, als sich Emily unbedacht als Eriks Ehefrau outet. Das ist sie zwar nur auf dem Papier, weil Erik sie damals in ihrer Notlage geheiratet hatte, aber der Haussegen mit dessen Freundin Maila hängt nun erstmal schief. Daher bringt Erik die beiden bei seinem besten Freund unter. Rasmus. Rasmus, Tätowierer und äußerlich Typ heißer Bad Boy, doch leider hatte sich Emily an genau diesem Typ Mann die Finger verbrannt. Rasmus wiederum blickt auf einen schlimmen Verlust zurück und erträgt die Gegenwart des kleinen Benny kaum.

In diesem Roman prallen zwei schwer traumatisierte Menschen aufeinander, und verheilt geglaubte Wunden reißen wieder auf. Vor der Kulisse von Helsinki erleben wir, wie Emily und Rasmus neue Hoffnung schöpfen und sich zaghaft einander öffnen. Ganz zauberhaft sind die Szenen auf Rasmus´ kleiner Insel mit einem Mökki, sozusagen einer cozy Wochenendhütte. Überhaupt ist das finnische Setting ein Garant für Wohlgefühl. Es gibt leckere Korvapuusti und sogar eine finnische Superkraft namens Sisu. Ein richtiger Roman, um sich einzukuscheln und in die Geschichte einzutauchen – und es wird ein tiefer Sprung, denn uns erwartet ein ganzer Ozean an Gefühlen!

Mir gefiel das Ende ganz besonders gut; es war tatsächlich genau das Ende, wie ich es mir gewünscht hätte. Und sogar noch ein bisschen mehr als das!

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Veröffentlicht am 06.05.2023

Im Land der Gletscher, Wasserfälle und Vulkane

Island
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Ein großformatiges Schmuckstück erwartet uns mit „Island – Das Land aus Feuer und Eis“ von arsEdition. Der Band ist der Auftakt einer neuen Länderreihe für die ganze Familie. Ich hatte die Vulkaninsel ...

Ein großformatiges Schmuckstück erwartet uns mit „Island – Das Land aus Feuer und Eis“ von arsEdition. Der Band ist der Auftakt einer neuen Länderreihe für die ganze Familie. Ich hatte die Vulkaninsel bereits 2018 besucht, sowohl den Süden als auch den äußersten Norden der Insel. Ich muss gestehen, dass ich beim Lesen dieses wunderbaren Buches immer wieder vor Entzücken aufjauchzen musste! Der Wiedererkennungswert, und damit auch die Authentizität sind wahnsinnig hoch. Ich konnte geliebte Orte und Sehenswürdigkeiten wiederentdecken, gleichzeitig aber auch viele neue Details erfahren.

Besonders gefällt mir, dass sich das Buch auch verschiedenen Lebensbereichen wie z.B. der isländischen Küche widmet. Hier hatte unsere ganze Familie viel Spaß, zu identifizieren, was wir damals selbst gekostet hatten, etwa das Lavabrot oder Snúður. Übrigens: Wer denkt, Skyr zu kennen, sollte sich vor einer Reise nach Island auf eine irrsinnig große Geschmacksvielfalt einstellen! Weitere faszinierende Themenfelder sind die Vogelwelt, die Sagenwelt Islands und vor allem auch das alltägliche Leben. In letzteres bekommt man auf einer Reise nur bedingt Einblick, da bietet dieses Buch hilfreiche Erkenntnisse. Uns war es immerhin in unserer Zeit in Akureyri möglich, zumindest ein klein wenig am Alltag in Island teilzuhaben.
Mein einziger Kritikpunkt ist das Kapitel über den Walfang, wo sehr großzügig über die Problematik des Themas hinweggegangen wird. Da hätte ich mir ein wenig mehr Mut zu einem Bekenntnis gewünscht.

Die Zeichnungen im Inneren dieses kleinen Buchschatzes sind modern und wahnsinnig gut gelungen, die Ausstattung ist äußerst edel. Für uns persönlich kommt das Buch schon einem Erinnerungsalbum gleich. Wer noch nicht dort war, geht natürlich mit anderen Gefühlen an so einen Band heran, findet dann aber komprimiertes und sehr schön aufbereitetes Wissen für Familien und Kinder ab 10 Jahren.

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Veröffentlicht am 03.05.2023

Nordsee-Idylle vs. Ruhrpott-Realität

Wo der Seewind flüstert. Die St.-Peter-Ording-Saga
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Die 17-jährige Sabine träumt im Sommer 1959 von einer Reise an den Gardasee. Doch statt La Dolce Vita erwartet sie völlig ungeplant ein Sommer an der Nordsee, wo sie ihrer älteren Tante im Pensionsbetrieb ...

Die 17-jährige Sabine träumt im Sommer 1959 von einer Reise an den Gardasee. Doch statt La Dolce Vita erwartet sie völlig ungeplant ein Sommer an der Nordsee, wo sie ihrer älteren Tante im Pensionsbetrieb helfen muss. Ihre anfängliche Enttäuschung schlägt schnell in Begeisterung um, denn sie verliebt sich in St. Peter, in den Strand – und in Tom mit den meergrünen Augen. Doch die Liebe wird auf eine harte Probe gestellt, weil Sabine nach einem unbeschwerten Sommer zurück zu ihren Eltern ins Ruhrgebiet reisen muss.

Der Roman nimmt uns mit in eine spannende Zeit. Der Krieg ist vorbei, die Menschen atmen durch und träumen von der Ferne. Das Lebensgefühl ist hervorragend getroffen, auch in Kleinigkeiten wie Frisuren, der Mode oder der Musik. Ebenfalls authentisch erzählt ist das Eltern-Kinder-Verhältnis, wie es damals üblich war. Da bestimmen die Eltern über den Kopf der Tochter hinweg, Widerspruch kommt gar nicht erst auf, zumal die Figur der Sabine generell recht brav und duckmäuserisch angelegt ist.

Mir gefielen ganz besonders die Schilderungen aus dem Dorf St. Peter mit dem Tourismus, der damals noch in den Kinderschuhen steckte. Anfangs gibt es noch nicht einmal fließendes Wasser im Dorf; dieses muss täglich am Brunnen geholt werden. Oder auch die umständliche Kommunikation per Brief, wo beim Reisen regelmäßig die Post überholt wird! Auch die bescheidene Lebensweise ist sehr realistisch erzählt. Allerdings war mir der Umgang der Menschen miteinander und der Fortgang der Handlung insgesamt zu viel „Friede, Freude, Eierkuchen“. Eine einzige schwierige Person hat es in das Buch geschafft, alle anderen Figuren sind außergewöhnlich freundlich, hilfsbereit und gut. Da hätte ich mir deutlich weniger Weichzeichner gewünscht, denn das hat die schöne Geschichte gar nicht nötig. Ich bin nun sehr gespannt auf die Fortsetzung der Geschichte, denn der Handlungsort St. Peter hat mich wirklich eingefangen!

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Veröffentlicht am 03.05.2023

Von wegen beschauliche Idylle

Abschied auf Italienisch
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„Schuld ist derjenige, der ein Geheimnis nicht für sich behalten kann und stattdessen die Wahrheit spricht.“

Commissario Vito Grassi lässt sich nach einem aufsehenerregenden Mafia-Prozess aus ...

„Schuld ist derjenige, der ein Geheimnis nicht für sich behalten kann und stattdessen die Wahrheit spricht.“

Commissario Vito Grassi lässt sich nach einem aufsehenerregenden Mafia-Prozess aus Rom ins beschauliche Ligurien versetzen, wo sein kürzlich verstorbener Vater ihm ein Haus hinterlassen hat. Kaum dort angekommen, stolpert er sozusagen gleich in einen Mordfall – und eine zweite Leiche wird kurz darauf in seinem eigenen Olivenhain entdeckt! Und schon findet sich Vito anstelle in Ruhe und Beschaulichkeit in einem Wahnsinn aus Kompetenzgerangel, Ermittlungen und der Suche nach der Wahrheit.

Eingebettet in die Landschaft an der ligurischen Küste am Rande der Cinque Terre erwarten uns jede Menge italienische Lebensart, Wildschweine und kantige Charaktere. Da wird morgens beim Caffé an der Bar heiß diskutiert und analysiert, wie die AS Roma gespielt hat.

Der Kriminalfall selbst ist solide konstruiert, und die Ermittlungsarbeit geht zielstrebig voran, so dass beim Lesen keine Längen oder Sprünge auftreten. Die tatsächlich etwas verwirrenden Zuständigkeiten der verschiedenen italienischen Polizei-Institutionen wie Carabinieri und Polizia di Stato spielen eine große Rolle für die Handlung und sind fast schon zu ausführlich erklärt, so dass man für die Lektüre wirklich überhaupt kein Vorwissen benötigt. Es ist ein richtig schöner Krimi zum Mitraten, zum Spekulieren und Kombinieren.

Im Verlauf des Romans lernt man den Commissario, seine Mitbewohnerin und seine Kollegin immer besser kennen, und besonders die Frauenfiguren sind starke und eigenwillige Charaktere, die der Geschichte ihre Würze geben. Der Autor hat bereits verraten, dass es eine Fortsetzung geben wird. Man darf sich also freuen, diese starken Charaktere wiederzutreffen und ihre Entwicklung zu verfolgen.

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