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Veröffentlicht am 29.03.2023

Zart und schön wie ein Eisvogel

Der Ruf des Eisvogels
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Es ist nicht nur die Lebensgeschichte von Olga, die wir in diesem Roman begleiten, sondern auch ein Stück deutsche Geschichte. Der Roman setzt im Jahr 1991 ein, wenige Jahre nach der Wiedervereinigung, ...

Es ist nicht nur die Lebensgeschichte von Olga, die wir in diesem Roman begleiten, sondern auch ein Stück deutsche Geschichte. Der Roman setzt im Jahr 1991 ein, wenige Jahre nach der Wiedervereinigung, und Olga wird von ihrer Tochter und ihrer Enkelin als Überraschung zum 66. Geburtstag in die alte Heimat nach Ginsterburg in der Uckermark „entführt“. Ein Schock für Olga, die bisher ihre Vergangenheit unter Verschluss gehalten hatte und nun schlagartig damit konfrontiert wird. Und so erfahren wir von den Ereignissen, die Ende der 1930er Jahre ihren Anfang nahmen. Nein, eigentlich schon früher – mit Olgas tragischer Geburt, die zugleich den Tod ihrer Mutter bedeutete.

Der Roman ist hervorragend erzählt mit wunderbar ausgeformten Charakteren und es entsteht ein lebendiges Bild der damaligen Zeit. Die Entwicklungen von Familie/Freunden und Zeitgeschehen sind sehr geschickt verwoben und chronologisch raffiniert angeordnet. Die zahlreichen Zeitsprünge ergeben absolut Sinn und führen unweigerlich zum Höhepunkt der Erzählung hin; zahlreiche Hinweise und Andeutungen bereiten das Ende schon durch den ganzen Roman hindurch vor, so dass dieses absolut glaubwürdig erscheint.

Für mich entwickelte sich beim Lesen ein wahrer Sog, der mich das Buch kaum noch aus der Hand legen ließ, weil ich unbedingt wissen wollte, wie es in der Gegenwartsebene von 1991 weitergeht bzw. wie es Olga in der Vergangenheit erging. Besonders die „Eisvogel-Stunden“ am frühen Morgen wärmten mir die Seele. Andere Vorkommnisse schnitten mir förmlich ins Herz, und einige grauenhafte Begebenheiten wie die russische Besatzung in Kühlungsborn brannten sich mir schmerzhaft ein. Dennoch habe ich diese Schilderungen nie als reißerisch empfunden. Im Buch heißt es lapidar und treffend: „Man begegnet in seinem Leben vielen Leuten, aber nur wenigen Menschen.“ Umso schöner, dass man in dieser wunderbaren Erzählung so viele Menschen treffen darf.

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Veröffentlicht am 22.03.2023

Herzensbuch und Highlight

Die Bibliothek der Hoffnung
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Als im zweiten Weltkrieg London in den Luftangriffen des Blitz zerbombt wird, flüchten viele Menschen, Kinder werden aufs Land verschickt. Aber auch eine noch nicht fertiggestellte Underground-Station ...

Als im zweiten Weltkrieg London in den Luftangriffen des Blitz zerbombt wird, flüchten viele Menschen, Kinder werden aufs Land verschickt. Aber auch eine noch nicht fertiggestellte Underground-Station wird zum Shelter, zum Schutzraum für tausende Menschen. Dort unter der Erde entsteht zusätzlich zu den kargen Schlafgelegenheiten eine eigene kleine Welt mit einem Theater, einem Café und sogar einer Bibliothek.

Der Roman war für mich ein bewegendes Highlight. Zum einen berührt die Geschichte allein schon aufgrund ihres historischen Hintergrunds. Zum anderen schenkt uns die Autorin mit Bibliothekarin Clara und deren Freundin Ruby zwei großartige Heldinnen, die beide ein Herz aus Gold haben und – in Rubys Fall – auch das Herz auf der Zunge tragen. Aber auch all die anderen Bewohner:innen habe ich beim Lesen rasch in mein Herz geschlossen, allen voran Beatty und Marie. Die beiden jüdischen Mädchen mussten vor der deutschen Besatzung von der Kanalinsel Jersey flüchten und finden in der Bethnal Green Station Schutz und Zuwendung. Zusammen mit den „Kanalratten“, wie sich die Kinder des Shelter selbst nennen, können sie sich in den Büchern der Bibliothek in fremde Welten flüchten und finden bei Clara und Ruby Wärme und Sicherheit.

Die Geschichte schildert unbeschönigt das Leben in London während des Kriegs mit all seinen Ängsten, Nöten und Gefahren, aber auch den unglaublichen Zusammenhalt der Menschen. Dabei trifft die Autorin genau den richtigen Ton, um die typisch britische Haltung zu vermitteln, dass jede/r seinen noch so kleinen Beitrag für die Gemeinschaft leistet. Darüber hinaus beschwört dieser wunderbare Roman die Magie von Büchern, die Kindern Abenteuer ermöglicht, misshandelten Ehefrauen Auswege aufzeigt und die Menschen auch in dunkelsten Zeiten träumen lässt.

Dieses Buch hat mich lachen und weinen lassen, ist mir direkt ins Herz gegangen und wird dort bleiben.

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Veröffentlicht am 22.03.2023

Kommt nur langsam in Fahrt

Emerdale 1: Two Sides of the Dark
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Taylor ist ein Teil von Emerdale, eines geheimen Forschungsprojekts, in dem Menschen durch Genveränderungen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten ausgestattet werden. Als die gesamte Anlage von Emerdale vernichtet ...

Taylor ist ein Teil von Emerdale, eines geheimen Forschungsprojekts, in dem Menschen durch Genveränderungen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten ausgestattet werden. Als die gesamte Anlage von Emerdale vernichtet werden soll, kann Tay mit einem der Wissenschaftler in letzter Sekunde fliehen. Getarnt nehmen die beiden ein neues Leben in Los Angeles auf, Taylor geht sogar zur Schule und lernt dort Jonathan kennen. Ihre telekinetischen Fähigkeiten verbirgt sie geschickt, genauso wie Jonathan dies mit seinen Ängsten und Gefühlen nach einem schlimmen Unfall tut. Während sich die beiden Außenseiter langsam anfreunden, wachsen in Taylor Zweifel, ob Emerdale tatsächlich vollständig zerstört wurde, und wem sie wirklich vertrauen kann.

Ich hatte mit dem Einstieg in die Story tatsächlich so meine Probleme. Die Story ist nicht nur ein wenig Slow Burn, sondern schleppt sich recht mühsam über die Seiten. Ich gebe offen zu, dass ich mich nur halbzufrieden 300 Seiten lang durchgearbeitet habe, ehe die Story plötzlich in Fahrt kam! Dann gab es auf einmal eine richtig rasante Handlung, jede Menge Action und vor allem Entwicklungen, und es stellt sich einfach nur die Frage: Warum nicht gleich so? Die Geschichte enthält zahlreiche vielversprechende Ansätze und Ideen. Da gibt es das Zenit, eine Art illegalen Fight Club, der ein absolut stimmungsvolles und cooles Setting darstellt. Auch die verschiedenen Dales faszinieren mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten, die aber auch leider erst in den letzten paar Kapiteln des ersten Bands zur Sprache und zum Einsatz kommen.

Insgesamt hätte eine deutliche Straffung der Geschichte wirklich gut getan. Da stellt sich mir wieder einmal die Frage, warum man aus einer an sich großartigen Idee eine Dilogie strickt und die Story mit mächtigen Längen auf zwei Teile streckt anstatt sich für einen ausgewogenen Einzelband im genau richtigen Tempo und Umfang zu entscheiden. Ich bin nun gespannt, wie sich der zweite Teil liest.

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Veröffentlicht am 14.03.2023

Buchliebhaber:innen ins Herz geschaut

Book Love
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Was habe ich mich bei diesem kleinen Büchlein verstanden gefühlt! Und ertappt! Und genau auf den Punkt richtig beobachtet! Und gut aufgehoben!

Um nichts anderes als die grenzenlose Liebe zu Büchern geht ...

Was habe ich mich bei diesem kleinen Büchlein verstanden gefühlt! Und ertappt! Und genau auf den Punkt richtig beobachtet! Und gut aufgehoben!

Um nichts anderes als die grenzenlose Liebe zu Büchern geht es in „Book Love“, und gerade wir Buchliebhaber:innen kennen diese doch in allen Facetten. Da werden Bücher gestreichelt, an ihnen geschnüffelt, man bekommt den Blues nach dem Beenden eines Buches. Herrje, wenn ich das jemandem in „real life“ erzähle, halten mich alle für seltsam, aber wir Vielleser:innen seufzen alle ganz verträumt, weil sie es ja so gut verstehen. Und das ist für mich auch die Botschaft dieses Büchleins, dass man sich in all den liebevollen Zeichnungen wiedererkennen und verstanden fühlen darf! Buchliebe pur!

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Veröffentlicht am 14.03.2023

Wahrheit und Lüge

Gletschergrab
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Am Ende des Zweiten Weltkriegs stürzt ein Flugzeug auf dem Vatnajökull in Island ab und wird im Schneesturm vom Gletscher einverleibt. Ganz in Vergessenheit geraten ist es nie, denn als es zur Jahrtausendwende ...

Am Ende des Zweiten Weltkriegs stürzt ein Flugzeug auf dem Vatnajökull in Island ab und wird im Schneesturm vom Gletscher einverleibt. Ganz in Vergessenheit geraten ist es nie, denn als es zur Jahrtausendwende vom abschmelzenden Eis wieder freigegeben wird, wird ein von langer Hand vorbereiteter Plan in Gang gesetzt. Plötzlich landen in Keflavik Militärmaschinen, es gibt geheime Transporte, und auf dem Vatnajökull wimmelt es vor Soldaten.
Von Anfang an wird mit Verschwörungstheorien gespielt. Protagonistin Kristín wird bei ihrer Arbeit im Ministerium von einem aufgebrachten Querulanten mit absurden Vorwürfen bombardiert, doch dann berichtet ihr Bruder von der Bergrettung plötzlich von Soldaten auf dem Eis. Sein letztes Lebenszeichen. Was verbirgt sich dort, wofür der amerikanische Geheimdienst sogar zu töten bereit ist? Eine Bombe? Ein gefährliches Virus? Die Gerüchteküche brodelt, und plötzlich schwebt Kristín in Lebensgefahr.

Der Thriller beginnt ein wenig schleppend. Wenn man sich durch den zähen und etwas undurchsichtigen Anfang gekämpft hat, wird man aber belohnt mit einer hochspannenden Story, die nun ein ordentliches Tempo vorlegt. Die Ereignisse überschlagen sich und es kommt zu atemberaubenden Flucht- und Kampfszenen. Mit Gewalt wird dabei nicht gerade zimperlich umgegangen. Das raue Wetter und die schwierigen Straßenverhältnisse in Island sowie natürlich vor allem der Gletscher im Schneesturm tragen als Kulisse maßgeblich zur Dramatik bei. Doch hinter all der Action geht es um Wahrheit und Lüge, um Gerüchte und vor allem irrsinnige Verschwörungstheorien. Und nicht zuletzt um die Frage: Was ist die geheimnisvolle Operation Napoleon?

Wohlgemerkt wurde der Thriller bereits 1999 geschrieben. Die Neuauflage erfolgt jetzt im Zusammenhang mit seiner Verfilmung fürs Kino.

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