Profilbild von Evy_Heart

Evy_Heart

Lesejury Star
offline

Evy_Heart ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Evy_Heart über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.12.2020

Klischeekeule

His Package – Schmutzige Geheimnisse
0

Ich fand die Idee mit dem Paket witzig und wollte einen Liebesroman lesen. Deswegen habe ich es angefordert. Leider ist der Text für mich nicht gut gelungen. Kurz gesagt: Wer dieses Buch lesen möchte, ...

Ich fand die Idee mit dem Paket witzig und wollte einen Liebesroman lesen. Deswegen habe ich es angefordert. Leider ist der Text für mich nicht gut gelungen. Kurz gesagt: Wer dieses Buch lesen möchte, sollte den Realismus an der Türe abgeben und sich flauschige Klischeepantoffeln anziehen.

Rezi enthält Spoiler!

Worum geht es?

Die kratzbürstige Katzenbesitzerin Lilith liebt es, böse über ihre Mitmenschen nachzudenken, während Schönling Liam "Eiskalte Engel"-mäßig vor seiner Stiefschwester flüchtet.

Meine Meinung

Lilith ist eine sarkastische Frau und Humor ist der einzig positive Punkt im Buch. Es gibt viele witzige Dialoge. Diese kommen jedoch nicht bei mir an, weil ich mit der Figur von Anfang an nicht warmgeworden bin. Lilith erzählt viel Böses, wirkt aber eher passiv und handelt nur selten danach. Ihr Fernstudium wird nur erwähnt und spielt für die Charakterisierung eine Rolle, mehr nicht. Sie kommt mit ihren Chefs klar, hat sogar eine beste Freundin - die jedoch erst am Ende kurz auftaucht. Auf mich wirkt Lilith nicht negativ, sondern nur möchtegern-plump. Außerdem findet sie Liam SOFORT attraktiv und als Sahne auf der Kirsche ist Lilith einen Monat nach der ersten Begegnung bereits schwanger ... Den Hintergrund für ihr Verhalten, dass sie nicht so werden wollte, wie ihre Eltern sie haben wollten, fand ich sehr interessant. Es wird aber von dem ständigen Wunsch der Erzählerin überdeckt, Lilith fies darzustellen. Das gemeine Mädchen, das vom Prinzen geheilt wird. Für mich hat die Figur gar keine Substanz, man merkt, dass sie eine Nebenfigur war, für die die Autorin ein Spin-Off haben wollte. Denn als Nebenfigur stelle ich sie mir witzig und als einen guten Gegenpol vor.

Ähnliches gilt für Liam: Typisch "männlich" mag der Lilith sofort, körperlich und geistig, und ohnehin haben die beiden wenige Probleme, die sie gemeinsam lösen müssen. Liam ist "der Einzige", der hinter Liliths Fassade blickt und hat für vieles Verständnis. Und er hat eine Stiefschwester, die mit ihm schlafen will, um ihn erobert zu haben. Ziemlich eindimensional. Genauso eindimensional wie ihr Ende.

Die Nebenfiguren eint, dass sie alle einzigartig, aber etwas skurill sind. Dazu zählen Liams Geschäftspartner sowie Liliths Chefs und deren Ehenfrauen. Jede Figur hat ein paar Auftritte, aber sie wirken wie Gags, die lustig sein sollen, aber nicht lustig sind.

Das Päckchen aus dem Klappentext spielt bald keine Rolle mehr, sondern es geht nur noch um Liliths Bösartigkeit und Liams Schwester.

Der Schreibstil wirkt etwas verkrampft und der Erzählstil gewollt. Immerhin ist die Erotik-Szene kreativ.

Fazit

"His Package" ist eine Geschichte, die das Rad nicht neu erfunden hat, sondern alle Klischees bedient, die man bedienen kann. Und die man schnell vergisst.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.11.2020

Chronologie des Fallens

JIMI
0

Ich hatten von Jimi Hendrix bisher nur gehört und wollte etwas über diesen berühmten Musiker erfahren. Daher habe ich dieses Buch angefordert. Letztlich habe ich mehr über das Musikbusiness gelernt als ...

Ich hatten von Jimi Hendrix bisher nur gehört und wollte etwas über diesen berühmten Musiker erfahren. Daher habe ich dieses Buch angefordert. Letztlich habe ich mehr über das Musikbusiness gelernt als über Jimi.

Worum geht es?

"Jimi" beleuchtet auf 350 Seiten das Leben und Sterben des berühmten Gitarristen.

Meine Meinung

Für mich war das Buch ein Kraftakt, weil es sehr, sehr langatmig ist und viele Details und vor allem Namen genannt werden. Den Anfang mit Jimis Kindheit fand ich interessant, aber besonders am Ende zieht sich die unaufhörliche Katastrophe in die Länge.

Mein Problem war vor allem der Erzählstil: Er ist nicht trocken, nicht protokollarisch - aber sehr akribisch. Und wenig wertend. Das ist gut, weil sich der Autor nicht wichtiger nimmt als seinen Gegenstand. Das nimmt dem Buch aber auch Spannung, weil man niemanden hat, der einen durch das Buch führt, der neue Aspekte, Emotionen liefert. Denn das Ende ist ja bekannt.

Außerdem ist Hendrix jemand, der sich sowohl politisch und gesellschaftlich nur wenig geäußert hat. Er war ein schüchterner Mann, der gern Musik gemacht hat und in den Mühlen des Business zerrieben wurde. Es gibt nur wenig von ihm, umso mehr ÜBER ihn.

Im Gegensatz dazu fand ich die Einblicke in die Musikwelt der 60er Jahre super. Dass Musiker ausgenutzt, instrumentalisiert wurden. Und es wird klarer, warum es auch heute noch Stars gibt, die mit Skanalen auffallen - weil Künstler-Sein kein 40-Stunden-Job ist, bei dem man abends nach Hause kommt, sondern bei dem man manchmal monatelang unterwegs ist, immer dem Druck standhalten muss. Ich habe beim Lesen Ekel vor den Strukturen entwickelt und bin jetzt ein bisschen des-ilusioniert.

Fazit

Nichtsdestotrotz stellt sich die Frage: Braucht es NOCH ein Buch über Hendrix? Ob der Text neue Fakten liefert, können Kenner besser beurteilen. Für mich war es interessant, aber ich habe kein Gefühl für Hendrix bekommen - weder für ihn als Musiker mit seinen künstlerischen Ansichten noch für ihn als Privatperson.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.10.2020

Heureka!

Find Me Finde mich
0

Nachdem "Call me by your name" für mich eine Offenbahrung war, die das Gay Romance-Genre wieder auf seine Wurzeln zurückgeführt hat, zur klassischen Liebesgeschichte, war ich skeptisch, ob ich "Find me" ...

Nachdem "Call me by your name" für mich eine Offenbahrung war, die das Gay Romance-Genre wieder auf seine Wurzeln zurückgeführt hat, zur klassischen Liebesgeschichte, war ich skeptisch, ob ich "Find me" erwerben sollte. Denn die Kritiken zu Acimans weiteren Büchern sind durchwachsen und schon bei CMBYN fand ich den Stil eher denkend. Letztlich entschied ich mich für die englische Version und rezensierte ausführlich. Als Netgalley die deutsche Version als Rezensionsexemplar anbot, nutzte ich die Gelegenheit, um zu vergleichen.

**Inhalt in Kürze*

"Finde mich" ist in 5 Kapitel gegliedert, die mit italienischen Begriffen aus der Musik überschrieben sind und ziemlich passend sind. Das Buch schreitet chronologisch voran, beschreibt jedoch erst im letzten Kapitel die Beziehung zwischen Elio und Oliver. Davor widmet sich das Buch der Liebe seines Vaters Samuel zur jüngeren Miranda und der Liebe alten Michels zum jüngeren Elio. Das Alter herrscht als Thema vor, genauso wie die These, dass alle Dinge zum richtigen Zeitpunkt passieren und sich Kreise schließen.

*Was ist mir beim Lesen aufgefallen?*

Die Übersetzung: Thomas Brovot hat großartige Arbeit geleistet. Der Text liest sich flüssig und sämtliche Stolperstellen bzw. komische Worte erwiesen sich auch im Original als unstimmig. Ich habe das in Büchern bereits anders erlebt.

Das Sprachniveau: Ich hatte mit meinem englischen B1-Level vermutet, dass ich den Großteil verstehe und mir nur ein paar Details fehlen. Tatsächlich liest sich die deutsche Version genauso wie die englische, ich habe mich nur in Details geirrt und manche Aspekte wirkte in meiner Muttersprache deutlicher. Ich habe aber im Englischen manche Fehlstellen mit eigenen Gedanken gefüllt und mich gewundert, dass sie im Deutschen fehlen.

Das Grundthema: Aciman arbeitet sich am "Alter" ab und nachdem ich das Buch zweimal gelesen habe, fällt mir auf, wie wenig Substanz das hat. Philosophie-Freunde werden sich freuen, aber bis auf die Szene zwischen Elio und Oliver hat das nichts mit der Realität zu tun. Beziehungen mit Altersunterschieden gründen sich auf mehr als eine schwierige Beziehung zum (toten) Vater und ein paar pseudo-philosophischen Sprüchen. Sie basieren auf (zum Zeitpunkt des Kennenlernens) ähnlichen Einstellungen und Zielen - wie jede normale Beziehung. Aber natürlich gibt es Hürden, weil sich Körper unterschiedlich entwickeln - das bedeutet vor allem, Verantwortung für einen Partner zu tragen, der irgendwann hilfsbedürftig wird oder damit klarzukommen, dass es irgendwann so kommen könnte. Aciman romantisiert hier zum Wohle des gedanklichen Diskurses, was für mich nichts als eine Mogelpackung ist.

*Fazit**

"Finde mich" kann man lesen, muss man aber nicht. Es ist ein unterhaltsames Buch, das sich gut lesen lässt, aber man sollte gern philosophische Bücher lesen und Paare unterschiedlichen Alters nicht abstoßend finden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.10.2020

Zwei Fehlstellen.

Immer wieder Gerner
0

Ja, ich bin eine. Eine dieser Leute, die "Jo Gerner" kennen, ohne GZSZ zu suchten. Ich habe ein paar Folgen gesehen, wusste aber auch aus mancher Reportage, dass sein "Alter Ego" Wolfgang Bahro irgendwo ...

Ja, ich bin eine. Eine dieser Leute, die "Jo Gerner" kennen, ohne GZSZ zu suchten. Ich habe ein paar Folgen gesehen, wusste aber auch aus mancher Reportage, dass sein "Alter Ego" Wolfgang Bahro irgendwo dahinter existiert. Vom Buch erhoffte ich mir spannende Erlebnisse aus dem Drehalltag und einen Blick auf den Schauspieler Wolfgang B. Letztlich pendelt das Buch stets zwischen beiden Schwerpunkten, verliert sich aber etwas.

**Worum geht es?*

Der Text zeichnet kapitelweise den Weg des Schauspielers und Aspekte der Figur.

*Wie hat es mir gefallen?*

Bahros Werdegang ist spannend und es ist erstaunlich, mit welchen bekannten Schauspielern er schon zusammen gearbeitet hat. Ich fand es erfrischend zu sehen, dass er aim klassichen Theater angefangen hat und später zum Kabarett kam. Ich mochte auch seine Reflexionen, sei es über Rollen, die er nicht angenommen hat oder Personen, bei denen er ins Fettnäpfchen getreten ist. Das macht ihn nahbar und sympatisch. Allerdings gerät besonders die erste Hälfte zu einem Feuerwerk der Namen - wer in Bahros Alter ist, kennt die meisten seiner Weggefährten, ich hatte nur zu wenigen einen Bezug und ich hatte Probleme, mich reinfallen zu lassen. Eine Sonderstellung nimmt Charles Rettinghaus ein, Bahros guter Freund und einer der bekanntesten Synchronsprecher Deutschlands. Rettinghaus' Kontaktfreudigkeit in Verbindung mit seinem Job öffnet Bahro manche Tür - was für mich als Leserin sehr spannend war.

Für mich nicht so interessant waren Bahros Figuren-Sammelleidenschaft und seine Tauch-Passion, aber manchem Leser wird das gefallen, weil es ihn menschlich macht.

Außerdem hätte ich gern mehr Infos zum Drehen und zu Bahros derzeitiger Arbeit gehabt.

Stilistisch ist das Buch ok. Bahro (bzw. das Duo) geben dem Buch einen Erzählstil, er mich an meine Oma erinnert - als würde man jemandem etwas sehr bewusst erklären. Auf mich wirkt das gewollt, es ist aber auch ne persönliche Präferenz.

*Fazit**

"Immer wieder Gerner" hat eine positive Energie und ich hatte Spaß beim Leben. Inhaltlich fehlte mir etwas und der Stil war nicht mein Fall. Im Gros der Celebrity-Biografien aber eher top.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.10.2020

Er kann es einfach.

Markus Kavka über Depeche Mode
0

Als MTV groß wurde, war ich noch zu klein, um das hip zu finden. Und trotzdem gab es diesen "Markus Kavka", diese coole Socke mit den zu Spikes gestylten Haaren und dem bayrisch angehauchten "Herrschaften!", ...

Als MTV groß wurde, war ich noch zu klein, um das hip zu finden. Und trotzdem gab es diesen "Markus Kavka", diese coole Socke mit den zu Spikes gestylten Haaren und dem bayrisch angehauchten "Herrschaften!", der erst die Neuigkeiten moderierte und später neben Nora Tschirner zum Aushängeschild des Senders wurde. Als Depeche Mode groß wurden, war ich ebenfalls zu klein, um das cool zu finden. Und trotzdem verirrten sich die traurigen Synthie-Klänge in mein fünf-jähriges Hirn und weckten die Melancholikerin in mir, bevor ich wusste, wie man das Wort buchstabiert. Eine Fähigkeit, die später nur mancher Lebenspartner und der Anblick zerstörter DDR-Bauten in Perfektion beherrschten.

Und wenn man Markus Kavka fragt, ob er ein Buch über seine Lieblingsband schreibt, dann stochert er nicht, wie andere Autoren der Reihe, planlos herum, als würde er das Sternchen in der Buchstabensuppe suchen, sondern er liefert. Er plaudert aus dem Nähkästchen, als hätte er nie etwas anders gemacht und als Leser fragt man sich, warum das Buch so wenige Seiten hat, obwohl man Kavka auch einen Roman abkaufen würde. Ernsthaft: Sehr gern habe ich dem 17-Jährigen Markus über die Schulter geschaut, während er seine ersten Gehversuche gemacht hat, sei es im Musik-Hören oder Musik-Machen.

Als Rahmenhandlung dienen Songs und später Interviews, die er mit der Band, in verschiedenen Kostellationen, geführt hat. Während man Kavka im Großteil des Buches durch seine Jugend folgt, erzählt er im letzten Viertel von den Interviews - seiner Nervosität, aber vor allem seinem Eindruck von den Bandmitgliedern. Er hat zu jedem einen Bezug - während einer eher kumpelhaft ist, ist der andere intellektuell fordernd und man spürt, dass da mehr als als Anhimmeln. Kavka gibt dem Leser das Gefühl, einen von ihnen zu sein und dass auch die Band ganz normal sei.

Nur mit der Chronologie hatte ich Probleme - manchmal wusste ich nicht, in welchem Jahr wir uns befinden - mir kam die Reihenfolge nicht ganz eindeutig vor.

**Fazit**

Ein "ganz Großer" des deutschen Jugendfernsehens erzählt mit Witz und Respekt von den "ganz Großen" des Synthie-Pop. Eine Stunde Spaß zum Mitnehmen, bitte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere