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Veröffentlicht am 15.12.2023

Spannender Ermittler-Krimi mit München-Flair

Kant und das Leben nach dem Tod
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„Kant und das Leben nach dem Tod“ ist Marcel Häußlers dritter Kriminalroman über den Münchner Hauptkommissar Kant. Wie seine Vorgänger funktioniert auch dieser Band wunderbar als solider und spannender ...

„Kant und das Leben nach dem Tod“ ist Marcel Häußlers dritter Kriminalroman über den Münchner Hauptkommissar Kant. Wie seine Vorgänger funktioniert auch dieser Band wunderbar als solider und spannender Ermittler-Krimi, diesmal mit besonders atmosphärischen Einblicken in die Münchner Viertel, über die man seltener liest.

Der Fall, mit dem Kant und seine Kollegen in diesem Band zu tun haben, beginnt recht grausig, nämlich mit einer zerstückelten Leiche. Die Spur führt in eine Hochhaussiedlung im nördlichen Brennpunktviertel, wo sich so manche kuriose Gestalten tummeln und so einige einsame alte Menschen leben. Drohen sie ebenfalls Opfer zu werden? Während die Polizei von Tür zu Tür geht, trifft die junge Antonia aus Portugal ein, um ihren Großvater, den letzten lebenden Verwandten, aufzusuchen – aber irgendetwas stimmt nicht. Geschickt führt der Roman die beiden Handlungsstränge parallel, ohne dass gleich offensichtlich würde, wie sie miteinander zusammenhängen. Das regt die Rätselfreude an, sodass bereits in der Mitte des Buches schon ein Haufen Theorien gebildet und über den Haufen geworfen worden sind.

Die große Stärke des Autors und seiner Kant-Reihe ist der Fokus auf die Tat und die Ermittlungen. Die eher lustlosen Kurzausflüge in das Privatleben des Ermittler-Teams hätte man sich hingegen getrost sparen können, denn sie wirken eher wie überflüssiges Beiwerk. Derweil ist die Aufklärung des Falls und das Lüften der vielen Geheimnisse und Ziehen von Querverbindungen eine echte Freude für Menschen, die Lust am Knobeln und Tüfteln haben. Häppchenweise liefert der Roman neue Erkenntnisse aus ganz verschiedenen Quellen, die sich nach und nach zu einem Bild zusammensetzen, sodass man kurz vor den Ermittler*innen auf des Rätsels Lösung kommt (oder zumindest kommen kann) – ein äußerst befriedigendes Gefühl.

Mit „Kant und das Leben nach dem Tod“ legt Marcel Häußler erneut einen soliden Ermittler-Krimi vor, der den Prozess der Aufklärung ganz genau begleitet. Klare Leseempfehlung für alle, die beim Lesen gern mitermitteln.

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Veröffentlicht am 15.12.2023

Humorvoller Krimi mit Schwächen

Die mörderischen Cunninghams. Irgendwen haben wir doch alle auf dem Gewissen (Die mörderischen Cunninghams 1)
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Es gibt solche Bücher, an die hat man ab Seite 1 ganz bestimmte Erwartungen – und ist umso enttäuschter, wenn sie nicht voll erfüllt werden. Ein solches Buch ist „Die mörderischen Cunninghams. Irgendwen ...

Es gibt solche Bücher, an die hat man ab Seite 1 ganz bestimmte Erwartungen – und ist umso enttäuschter, wenn sie nicht voll erfüllt werden. Ein solches Buch ist „Die mörderischen Cunninghams. Irgendwen haben wir doch alle auf dem Gewissen“ von Benjamin Stevenson. Ein Kriminalroman, der sich viel auf der Metaebene aufhält und einige gelungene Pointen vorzuweisen hat, insgesamt aber doch nicht so 100-prozentig funktioniert.

Die allseits unbeliebte und in so manches Verbrechen verstrickte Familie Cunningham veranstaltet ein Familientreffen in einem abgelegenen Hotel in den verschneiten Bergen. Protagonist Ernest Cunningham ist aufgrund einer alten Geschichte in Ungnade gefallen und möchte das Ganze schnell hinter sich bringen. Jedoch treten sogleich einige unvorhergesehene Hindernisse auf. Wie könnte es anders sein, taucht gleich zu Beginn des eher ungemütlichen Get-Togethers eine Leiche auf – und die Gemüter laufen heiß, ebenso wie die Verdächtigungen. Ab jetzt schaut jeder misstrauisch über die Schulter, und alle graben nach den Skeletten in den Kellern der anderen – von denen es so einige gibt.

Der Erzähler, Ernest Cunningham, leitet ein mit den Regeln des klassischen Kriminalromans à la Agatha Christie und hält nicht hinter dem Berg damit, dass er genau diese Art Krimi nun zum Besten geben wird. Seine direkte Ansprache der Leserschaft nebst haufenweise Metareferenzen zur Struktur des Buchs oder dem Lektorat schaffen ein aufmerksamkeiterregendes Setting. Der selbstironische Tonfall des Erzählers, der kaum ein gutes Haar an seiner Familie lässt, tut sein Übriges, dem Buch einen humorvoll-subversiven Tonfall zu verleihen. Leider bleibt hinter den cleveren Ausdrucksweisen und den sorgfältig geplanten Pointen die Krimihandlung deutlich zurück. Spätestens ab der Mitte des Buchs verlaufen die Entwicklungen eher zäh und die Spannung kann nicht mehr mit den Erwartungen mithalten. Zudem sind zuletzt die Verhältnisse deutlich weniger skurril, als man zu Beginn annehmen würde, sondern eher traditionell. Streckenweise verstrickt der Erzähler sich in Details, die vielmehr umständlich als erhellend wirken, sodass ein eigenes Mitermitteln und Mitdenken langsam unmöglich wird.

„Die mörderischen Cunninghams“ ist ein humorvoller Kriminalroman mit originellen Ideen, viel Witz und großem Potenzial, das er jedoch nicht ausschöpft. Während Stil und Ausdruck des Buchs für sich genommen eine wahre Freude sind, so können doch der Kriminalfall und seine Auflösung weder so recht überzeugen noch mitreißen. Als Krimi also wenig empfehlenswert, als humoristischer Roman schon eher.

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Veröffentlicht am 15.12.2023

Kriminalroman mit ungewöhnlichem Setting, der auf Distanz bleibt

Der sonderbare Fall der Rosi Brucker
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Das Setting, das Tina Seel für ihren neuesten Kriminalroman „Der sonderbare Fall der Rosi Brucker“ gewählt hat, mutet fast wie eine andere Welt an: ein kleines pfälzisches Dorf in den Siebzigerjahren, ...

Das Setting, das Tina Seel für ihren neuesten Kriminalroman „Der sonderbare Fall der Rosi Brucker“ gewählt hat, mutet fast wie eine andere Welt an: ein kleines pfälzisches Dorf in den Siebzigerjahren, in dem Nächstenliebe, Gemeinschaftssinn und Toleranz Fremdwörter zu sein scheinen. Diese überzogen negative Darstellung mutet bisweilen bizarr an, sorgt aber zugleich für ein durchaus interessantes Leseerlebnis.

Dass die geistig behinderte Rosi Brucker ermordet wurde, erfährt der kleine Ort Allweiler erst mit einiger Verzögerung. Der Finder der Leiche, Bäckerlehrling Hasel, ergreift nämlich die Gelegenheit beim Schopf und fordert von den begüterten Eltern der jungen Frau ein Lösegeld, anstatt ihren Tod zu vermelden. Damit setzt er die Polizei, die insgesamt nicht so auf Zack ist, auf eine völlig falsche Spur, sodass sie erfolglos durchs Dorf ermittelt und mit nahezu allen Bewohnern spricht, von denen sich einer unsympathischer und empathieloser erweist als der nächste. Beim Lesen fällt es bisweilen schwer, aus diesem Wust an menschlichen Abgründen noch eine Identifikation mit irgendeiner Figur zustande zu bringen. Die Polyphonie der vielen Stimmen, die zu Wort kommen, lässt sowieso nur wenig Zeit für individuelle Figurenzeichnung. Obendrein bedient sich die Autorin einer äußerst indirekten Erzählweise mit vielen Rückblenden und indirekter Rede, die eine deutliche Distanz zum Geschehen aufbaut. Kurz gesagt: Man bleibt immer außen stehen. Wenn man das vor dem Hintergrund der abgeschotteten Dorfgemeinschaft liest, kein ungeschickter Kniff, jedoch teils etwas anstrengend zu lesen.

Was Tina Seel hingegen meisterhaft gelingt, ist, einen sehr konkreten Eindruck eines bestimmten Milieus heraufzubeschwören. Von der Ausdrucksweise über die Auswahl der Figuren mit ihren diversen Hintergründen und Geheimnissen – alles lässt das Bild dieses (aus moderner Sicht) rückständigen Dörfchens lebendig und präsent erscheinen. Die Kriminalhandlung ist zudem durchaus solide, wenn auch nicht gerade geprägt von überraschenden Wendungen. Insbesondere die Figur Hasels, der sich disruptiv auf die Ermittlungen auswirkt, sorgt für Spannung.

Insgesamt ist „Der sonderbare Fall der Rosi Brucker“ ein durchaus lesenswerter Kriminalroman mit starken Elementen einer Milieustudie, der jedoch nicht immer angenehm zu lesen ist und mit extrem unsympathischen Figuren und einer deutlichen Distanz zur Leserschaft daherkommt.

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Veröffentlicht am 15.12.2023

Eiskalt, schwedisch, tödlich – ein berührender Krimi

Im Herzen so kalt (Ein Fall für Maya Topelius 1)
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Mit „Im Herzen so kalt“ entführt Sandra Åslund ins winterliche Östersund im nördlichen Schweden, wo die Winter kalt und weiß sind. Das Buch reitet hier und da vielleicht etwas zu sehr auf seinem Lokalkolorit ...

Mit „Im Herzen so kalt“ entführt Sandra Åslund ins winterliche Östersund im nördlichen Schweden, wo die Winter kalt und weiß sind. Das Buch reitet hier und da vielleicht etwas zu sehr auf seinem Lokalkolorit herum, ist aber insgesamt ein überaus spannender Krimi, der auch harte Themen berührt.

Kriminalinspektorin Maya wird mit ihrem Kollegen Pär aus dem großstädtischen Stockholm ins provinzielle Östersund geschickt, um bei der Aufklärung der Ermordung eines Umweltaktivisten zu unterstützen – ein kleiner Kulturschock für alle Beteiligten. Aufgrund des Umweltengagements des Opfers gerät sogleich die regionale Forstwirtschaft in den Fokus der Ermittlungen. Sollte eine unliebsame Stimme mundtot gemacht werden, die Raubbau an der Natur kritisierte? Oder geht es vielleicht doch eher um Persönliches? Besonders brisant an dem Fall: Die Leiche wurde von einem blitzgescheiten kleinen Mädchen entdeckt, das sich nicht so ganz von den Ermittlungen fernhalten kann. Eine Herausforderung für Maya, die zugleich auch in Sorge um eine gute Freundin ist, die gerade traumatische Ereignisse aus ihrer Vergangenheit verarbeitet.

„Im Herzen so kalt“ berührt viele Themen, manche davon auf gelungenere Weise als andere. Gerade das Thema Monokultur und Abholzung kommt immer wieder auf, jedoch meist eher auf eine steife Art und Weise, die sich nicht so recht in die Romanhandlung einfügen will. Gleiches gilt für eine Reihe recht bemühter Referenzen zu schwedischen Redensarten oder Spezialitäten – ganz so touristisch müsste es im Krimi doch nicht zugehen. Im Bereich zwischenmenschlicher Beziehungen brilliert der Roman jedoch mit einer Ermittlerin, die oft die richtigen Fragen stellt, aber auch mit einigen Schwächen zu kämpfen hat, gerade im Umgang mit ihren Kollegen aus der Provinz. Das Verhältnis Groß- zu Kleinstadt kommt immer wieder in ausdrucksstarker Weise zur Geltung. Daneben kann auch die Krimihandlung durch viele unerwartete Wendungen und eine ganze Reihe geschickt gelegter falscher Fährten überzeugen.

Insgesamt ein gelungener Krimi, der viele interessante Figuren und eine spannende Handlung mitbringt.

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Veröffentlicht am 12.11.2023

Gelungene Mischung aus Grusel und Humor

Zwielicht 18
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Die Bewertung einer Sammlung von Texten unterschiedlicher Autorinnen, wie es die 18. Ausgabe des Zwielicht-Magazins ist, ist natürlich immer eine kleine Herausforderung. Wie in jeder Anthologie gibt es ...

Die Bewertung einer Sammlung von Texten unterschiedlicher Autorinnen, wie es die 18. Ausgabe des Zwielicht-Magazins ist, ist natürlich immer eine kleine Herausforderung. Wie in jeder Anthologie gibt es sowohl Texte, die positiv hervorstechen, als auch solche, die deutlich abfallen. Im Fall von „Zwielicht 18“ ist den Herausgebern Achim Hildebrand und Michael Schmidt jedoch trotz dieser unvermeidlichen Schwankungen eine stimmige Zusammenstellung mit vielen kleinen Highlights gelungen.

In dieser Ausgabe stehen aktuelle Texte von etablierten Autor
innen wie auch Newcomern älteren Texten aus dem Bereich Sci-Fi und Horror gegenüber. Zumeist handelt es sich bei Letzterem um Erstübersetzungen von Erscheinungen aus Magazinen des 20. Jahrhunderts, wo sich so manche Perle versteckt, die ohne „Zwielicht“ womöglich nie an die Oberfläche geraten wäre, allen voran der schräg-komische Text „Die Körperformer kommen!“ von Winston K. Marks. Insgesamt lässt die Zusammenstellung eine gewisse Vorliebe für Bodyhorror und Humor durchblicken – von beidem gibt es auch in dem kaum weniger bizarr-witzigen Text „Merkwürdig“ von Karin Reddemann zur Genüge.

Düsterer und ernster geht es an anderer Stelle in der Sammlung zu. Ein besonderes Highlight für Fans von Mythologie ist Christian Blums „So schreiten keine ird’schen Weiber“, das gekonnt eine Milieustudie mit Mythen des Altertums verbindet. Betroffen macht Erik Hausers „Der Allesschluck“, wohl mit Abstand die düsterste Geschichte in der kompletten Ausgabe, die kindliches Trauma ins Auge fasst. In variierender Qualität tummeln sich auf den übrigen Seiten der Anthologie besessene Mähdrescher und garstige Achterbahn-Betreiber, kosmische Gottheiten und mysteriöse Tiere.

„Zwielicht 18“ ist eine spannende und abwechslungsreiche Zusammenstellung von Kurzgeschichten aus den Bereichen Sci-Fi und Horror sowie deren Schnittstelle, die mit einigen Überraschungen aufwartet. Auch wenn nicht jeder Text in der Sammlung überzeugen kann, so hält sie doch genügend Highlights bereit, um echten Schauergenuss zu garantieren.

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