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Veröffentlicht am 15.09.2016

"Ich will diesem Mädchen nichts tun"

Das Falsche in mir
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Lukas Salfeld führt ein völlig normales Leben: guter Job bei einer Sicherheitsfirma, verheiratet, zwei Töchter. Doch dieses Leben ist nur Schein, denn er hat als Jugendlicher seine Freundin Marion ermordet ...

Lukas Salfeld führt ein völlig normales Leben: guter Job bei einer Sicherheitsfirma, verheiratet, zwei Töchter. Doch dieses Leben ist nur Schein, denn er hat als Jugendlicher seine Freundin Marion ermordet und zehn Jahre im Gefängnis abgesessen. Seine Familie weiß nichts davon, denn Lukas hat seinen dunklen Trieb im Griff. Oder doch nicht? Denn in seiner gemütlichen Heimatstadt Leyden verschwindet ein junges Mädchen, das Marion erschreckend ähnlich sieht. Und Lukas kann sich einfach nicht mehr erinnern, was er zur Tatzeit gemacht hat…

Dieses Buch lässt mich etwas zwiegespalten zurück. Die Passagen, in denen der Täter mit seinem Trieb ringt, gehen so unglaublich tief unter die Haut, sind erschreckend, düster und doch kann man diesen Mann manchmal einfach nur bemitleiden. Ebenso eindringlich geschildert ist der Kampf, den Lukas jeden Tag auf sich nimmt um ein ganz normaler Mensch zu sein. Das Falsche in mir startet sehr gut, verliert sich dann aber in der zweiten Buchhälfte etwas. Den erzählerischen Wechsel zwischen Lukas, Marions Tagebuch, der Ermittelnden Sina Rastegar u.a. gefiel mir zu Anfang noch ganz gut, gegen Ende war es für mich einfach zu viel des Guten und störte den Ablauf der Geschichte. Ebenso konnten mich einige Wendungen nicht recht überzeugen, manche Verbindungen waren für mich einfach zu früh zu erahnen, weswegen ich später etwas enttäuscht war; nicht zuletzt über die Auflösung des ganzen Falls.

Christa Bernuth hat hier einen soliden Krimi geschrieben, der sich recht flüssig lesen lässt und trotz weniger Schwächen spannende Unterhaltung bietet.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Irre Schnitzeljagd auf den Spuren des Blues

Roadkill
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Der 47jährige Daniel Erikson hat ein kleines finanzielles Problem: für die Verwirklichung seines musikalischen Projekts Rock-&-Roll-Revival hat er sich ordentlich Kohle bei dem russischen Gauner Prisratjewitsch ...

Der 47jährige Daniel Erikson hat ein kleines finanzielles Problem: für die Verwirklichung seines musikalischen Projekts Rock-&-Roll-Revival hat er sich ordentlich Kohle bei dem russischen Gauner Prisratjewitsch geliehen. Dieser will das Geld aber blöderweise zurück und macht Daniel auf brutale Weise klar, dass er dafür auch über Leichen gehen würde. Doch Daniel hat erfreulicherweise einen Notgroschen daheim im Safe liegen. Dachte er zumindest. Der Safe ist leer; bis auf eine CD, die ihm in einem Song Hinweise auf den Verbleib des Geldes liefert. Ein irrer Roadtrip auf der Spur der Geldes beginnt, immer entlang des berühmten Blues Highway; und immer auf der Flucht vor den Schergen des Russen: dem Profikiller Moog und dem unkontrollierbaren Irren Rabidoso...

Eyre Price hat hier den klassischen Roadtrip quer durch die USA mit vielen interessanten Fakten über den Blues gespickt; man erfährt Einiges zu den großen Könnern und wichtigen Stationen dieser Musikrichtung. Die Songs mit den Hinweisen kann man sich auf der Homepage des Verlags anhören, sodass man der Geschichte auch akustisch gut folgen kann. Ein echter Pluspunkt, wie ich finde. Die ersten Kapitel waren noch etwas holprig, doch dann findet Price seinen Rhythmus und erzählt seine Story in einem so flüssigen, witzigen Stil, dass sie einem Actionfilm gleich blitzschnell vorüberzieht.

Ein wenig Kritik will ich doch auch üben: Einige Wendungen haben für mich nicht so ganz zum Buch gepasst. Auch war die Story an mancher Stelle einfach zu gewollt, die Figur Rabidoso beispielsweise soll den durchgeknallten, irren Brutalo abgeben, wirkt aber leider oft einfach nur überzeichnet und lächerlich; man kauft sie dem Autor nicht wirklich ab.

Insgesamt ist Roadkill vielleicht nicht der klassische nervenaufreibende Thriller, sorgt aber trotz kleinerer Schwächen für gute Unterhaltung und bietet einen schönen musikalischen Background. Gerne mehr davon!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm

Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm
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Anna Lehtonen leidet an zunehmendem Gedächtnisverlust und wohnt deswegen in einem Pflegeheim. Obwohl sie schon nicht mehr alleine leben kann, hat sie auch noch einige klare Erinnerungen an glücklichere ...

Anna Lehtonen leidet an zunehmendem Gedächtnisverlust und wohnt deswegen in einem Pflegeheim. Obwohl sie schon nicht mehr alleine leben kann, hat sie auch noch einige klare Erinnerungen an glücklichere Zeiten: das Leben auf ihrer kleinen finnischen Insel mit ihrem Verlobten Antti. Was mit Antti passiert ist und wie sie schließlich in dem Pflegeheim gelandet ist, erfährt man erst durch das Zusammensetzen mehrerer Erinnerungsfetzen.

„Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm“ hat es wirklich in sich. Auch wenn es nicht direkt bestätigt wird, scheint Anna an Demenz zu leiden und der Leser erlebt ihre Entwicklung von einem relativ normalen Geisteszustand zu völliger Verwirrung hin mit. In Erinnerungsfetzen und unklar umrissenen Rückblenden kehrt man mit Anna zurück nach Finnland und zu ihrem späteren Wohnsitz London. Die zunehmende Verwirrung von Anna macht es nicht einfach ihr Leben chronologisch nachzuvollziehen, die einzelnen Lebensabschnitte verschwimmen manchmal ineinander; zwischenzeitlich ist der Leser schon fast genau so verwirrt wie sie und kann nicht mehr zwischen Realität, Erinnerung und Wahnvorstellung unterscheiden. Hinzu kommt noch, dass manche Ereignisse im Laufe der Geschichte unterschiedlich dargestellt werden, Anna kann nicht mehr genau sagen was wie abgelaufen ist und füllt diese Lücken mit ihrer außergewöhnlichen Phantasie bzw. mit ihren Wunschvorstellungen. Nicht alle aufgeworfenen Fragen und Gegebenheiten werden am Ende aufgeklärt, einfach weil Anna diese Dinge selbst nicht (mehr) beantworten kann.

Selja Ahava erzählt diese besondere Geschichte in ganz leisen, fast poetischen Tönen. Klare und ausdrucksstarke Beschreibungen der Natur und von Annas Umgebung zeichnen ein deutliches Bild und gerade durch seine wunderschöne Sprache wird „Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm“ ganz intensiv und wirkt noch lange nach.

Mich hat dieses Buch wirklich sehr beeindruckt und ich würde es jedem, der Interesse an etwas außergewöhnlicher Literatur hat empfehlen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Frauen von Carcassonne

Die Frauen von Carcassonne
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Frankreich, 1942: der Kampf gegen die Deutschen ist verloren, Frankreich besiegt. In Carcassonne lebt die 18jährige Sandrine trotzdem relativ unbehelligt mit Schwester und Haushälterin ein recht behütetes ...

Frankreich, 1942: der Kampf gegen die Deutschen ist verloren, Frankreich besiegt. In Carcassonne lebt die 18jährige Sandrine trotzdem relativ unbehelligt mit Schwester und Haushälterin ein recht behütetes Leben. Eines Tages rettet sie einen Ertrinkenden aus dem Fluss, doch bevor sie mehr erfahren kann, wird sie selbst niedergeschlagen und muss nun ebenfalls aus dem Fluss gezogen werden. Zu Hilfe kommt ihr der smarte Raoul, Mitglied der örtlichen Résistance, in deren Arbeit Sandrine mehr und mehr eingebunden wird.

In einem zweiten Handlungsstrang begleitet der Leser den Mönch Arinius auf seiner gefährlichen Mission im Jahre 340 n. Chr. Er versucht einen magischen Codex vor der Zerstörung zu bewahren.

Kate Mosse hat diese fiktive Geschichte um einige reale Ereignisse gesponnen und es geschafft, dass sich Wahrheit und Fiktion zu einem unterhaltsamen und informativem Ganzen verbinden. Die Angst und Beklemmung, die das Leben in dieser Zeit mit sich brachte, wird sehr gut herausgearbeitet. Diese ständige unterschwellige Bedrohung, die Bespitzelung durch die eigenen Nachbarn und die Willkür, mit der Juden und andere „unbequeme“ Mitbürger inhaftiert werden, schnüren dem Leser teilweise selbst die Kehle zu. Auch die Charaktere sind der Autorin sehr gut gelungen, die Figur der Sandrine beispielsweise ist zunächst noch das naive Mädchen, entwickelt sie sich im Laufe des Buches aber zu einer starken Persönlichkeit, die für ihre Überzeugung alles riskiert. Einziger Kritikpunkt meinerseits ist der Versuch Übersinnliches mit in die Geschichte zu packen, denn gerade die Arbeit der Menschen, die damals täglich ihr Leben im Kampf gegen die Deutschen riskiert haben, werden hier durch Hexerei & Zauberei etwas ins Lächerliche gezogen.

Mir hat „Die Frauen Carcassonne“ insgesamt recht gut gefallen, allerdings hat für mich der übersinnliche Part so überhaupt nicht in die Geschichte gepasst und deswegen bekommt das Buch von mir 4 von 5 Punkten.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Der Kupfersternträger

Der Teufel von New York
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Timothy Wilde lebt im New York des Jahres 1845. Er ist Mitglied der frisch gegründeten Polizei, ein "Träger des Kupfersterns" wie er es gerne bezeichnet. Bei einem nächtlichen Kontrollgang findet er ein ...

Timothy Wilde lebt im New York des Jahres 1845. Er ist Mitglied der frisch gegründeten Polizei, ein "Träger des Kupfersterns" wie er es gerne bezeichnet. Bei einem nächtlichen Kontrollgang findet er ein kleines Mädchen, das nur im Nachthemd bekleidet und mit Blut besudelt durch die Straßen irrt. Auf der Flucht vor - ja vor wem eigentlich? Timothy ermittelt und stößt auf ein fürchterliches Verbrechen, bei dessen Aufklärung er nicht nur gegen die üblichen Widrigkeiten zu kämpfen hat, sondern sich auch mit dem allgegenwärtigen Hass gegen irische Einwanderer und das Papsttum beschäftigen muss.

Lyndsay Faye hat hier einen tollen Serienauftakt abgeliefert, ihre Geschichte ist sehr anschaulich und flüssig geschrieben und ließ sich nur schwer aus den Händen legen. Die New Yorker Szenerie ist sehr bildhaft beschrieben, man sieht Timothy vor dem geistigen Auge durch den städtischen Sumpf waten. Wilde ist ein vielschichtiger Charakter, den man auch durch die Verwendung der erzählerischen Ich-Perspektive sehr gut kennen und schätzen lernt. Zunächst etwas naiv und planlos nimmt er seine Rolle als Polizist immer mehr an und der Leser kann diese Entwicklung gut nachvollziehen.

Neben der Spannung kommt aber auch der historische Aspekt nicht zu kurz. Jedem Kapitel sind kurze Ausschnitte aus Zeitungen, Briefen o.ä. vorangestellt, die die aufgeheizte Stimmung zur damaligen Zeit mehr als deutlich machen. Authentisch ist auch die verwendete Gaunersprache „Flash“, die von zwielichtigen Gestalten gesprochen wurde und deren Übersetzung man im Anhang des Buches finden kann. Die Entstehung des ersten Flash-Wörterbuches wird gekonnt in die Story eingearbeitet.

Mir hat „Der Teufel von New York“ wirklich sehr gut gefallen und ich warte jetzt sehnsüchtig auf den zweiten Teil dieser vielversprechenden Reihe um die ersten Kupfersternträger des Big Apple.